Trainingspläne und Stundenentwürfe

Hier geht es um die Trainingsgestaltung,-methodik,-formen.
Antworten
Der Bayer
Orange Grün Gurt Träger
Orange Grün Gurt Träger
Beiträge: 49
Registriert: 09.01.2012, 21:56
Bundesland: Bayern

Trainingspläne und Stundenentwürfe

Beitrag von Der Bayer »

Hallo an alle Trainer,

ich arbeite mittlerweile seit ein paar Jahren als Co-Trainer und Trainer. Vor 1,5 Jahren habe ich eine Trainer-C-Ausbildung gemacht und da auch einiges mitgenommen. Vorher habe ich sehr viel mit Türschwellendidaktik gearbeitet, sprich, mir erst, als ich in die Halle gekommen bin, Gedanken gemacht, was ich im Training machen werde.

Durch die Trainerausbildung habe ich dann angefangen, mir eine Spiele- und Übungensammlung anzulegen, um mein Training abwechslungsreicher zu gestalten (was mir leider immer noch nicht immer gelingt). Vorher habe ich immer die selben Spiele spielen lassen. Dies machte den Kindern zwar auch Spaß, aber ich denke, dass ihnen die Abwechslung noch besser gefällt. Arbeitet ihr mit einer Spielesammlung oder macht ihr, was euch gerade in den Sinn kommt?

Pro Halbjahr mache ich einen Trainingsplan, was sich noch nicht ganz so eingespielt hat (Da sind noch einige Unstimmigkeiten drin, was die Zeitplanung angeht. Aber das wird sich hoffentlich noch einspielen). Ich muss dazusagen, dass bei uns die Gruppen meist bei denselben Trainern üben, was die Planung erleichtert. Bei Ausnahmen erstellen mehrere Trainer den Trainingsplan. Arbeitet ihr mit langfristigen Plänen? Wenn ja, werden die dann von allen Trainern bei einer Trainerversammlung erstellt, vom Haupttrainer vorgegeben oder von den Trainern selbst erstellt?

Bei uns in der Trainerausbildung mussten wir einen Stundenentwurf entwerfen. Ich hatte vorher höchstens mal Stichpunkte zu den Einheiten gemacht. In den vorgegebenen Rahmen war aber auch eine Zeitspalte. In der Prüfung war das dann kein Problem, die Zeiten einigermaßen richtig festzulegen. Im späteren Trainingsbetrieb, als ich dann für jedes Training einen Stundenentwurf machte, merkte ich, dass es fast unmöglich ist (v.a. am Anfang), die Zeiten richtig einzuschätzen. Ich habe dann einen Mittelweg gefunden, meine Entwürfe halbwegs einzuhalten. Am Ende der Trainings habe ich dann immer aufgeschrieben, was ich nicht mehr schaffte. Ein Jahr hat es nun gedauert, dass ich behaupten kann zumindest alle Übungen, die ich geplant habe, umzusetzen. Wie macht ihr das? Arbeitet ihr mit ausgearbeiteten Stundenentwürfen oder seid ihr der Meinung, dass es der Zeitaufwand (ist ja auch nicht gerade gering), den man zum Planen braucht, nicht wert ist? Setzt ihr auch für die einzelnen Übungen auch Zeitvorgaben oder haltet ihr das für zu genau/kleinlich?

Ich denke, dass ein Arbeiten mit Trainingsplänen und v.a. Stundenentwürfen unerlässlich ist, um ein gutes Training zu halten (dazu muss man natürlich auch die geplanten Dinge gut umsetzen können). Meine Trainings sind meiner Ansicht nach viel besser und strukturierter (ist ja logisch) geworden, was sich auch bei den Lernfortschritten der Kinder zeigt. Der Aufwand lohnt sich also. Was denkt ihr?
Mit freundlichen Grüßen
Der Bayer
tutor!
Moderator
Moderator
Beiträge: 3879
Registriert: 08.08.2008, 10:41

Re: Trainingspläne und Stundenentwürfe

Beitrag von tutor! »

Du sprichst eines der wichtigsten und gleichzeitig problematischsten Punkte in der Praxis vieler Vereine an.

Es ist nicht weiter schwierig, eine gute Trainingseinheit zu geben, auch nicht zwei oder drei. Die Herausforderung besteht darin, nachhaltig(!) lernen zu fördern. Es geht nicht (nur) darum, für einen überschaubaren Zeitraum "gutes" Training zu machen - was immer man darunter verstehen mag - sondern sicher zu stellen, dass auf längere Sicht ein möglichst großer Zuwachs an Können und Wissen erreicht wird.

Die sorgfältige Planung und anschließende Auswertung einer Übungseinheit ist hierfür eine Voraussetzung. Eine mittel-/langfristige Planung muss aber noch hinzu kommen. Genau daran scheitert es aber oftmals nach meiner Beobachtung. Damit erkläre ich mir auch, dass nach etwa 2 Jahren so viele Leute wieder mit Judo aufhören.
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
Techniques are only the words of the language judo (Cichorei Kano, 24.12.2008)
Der Bayer
Orange Grün Gurt Träger
Orange Grün Gurt Träger
Beiträge: 49
Registriert: 09.01.2012, 21:56
Bundesland: Bayern

Re: Trainingspläne und Stundenentwürfe

Beitrag von Der Bayer »

Danke für deine Meinung, Tutor. Habe ich dich richtig verstanden, dass deiner Meinung nach viele Leute wieder mit dem Judo aufhören, weil das Training nicht langfristig geplant ist?

Mich würde auch interessieren, wie bei euch in der Planung die ersten drei Punkte umgesetzt werden.
Von allen anderen Trainern natürlich auch ;)

Will mal über den Tellerrand (den eigenen Verein) hinausschauen, weil ich denke, dass man bei uns auch noch was verbessern könnte. Ich weiß aber noch nicht was. Da müssen dann auch alle Trainerkollegen mitspielen, was auch nicht immer einfach ist. Dem einen ist der Aufwand zuviel, dem anderen die Debatten, die man aufgrund verschiedener Ansichten immer führen darf/muss.
Mit freundlichen Grüßen
Der Bayer
tutor!
Moderator
Moderator
Beiträge: 3879
Registriert: 08.08.2008, 10:41

Re: Trainingspläne und Stundenentwürfe

Beitrag von tutor! »

Ich bin der festen Überzeugung, dass Stagnation in der eigenen Entwicklung ein wesentlicher Grund - neben anderen - für viele Leute ist, mit dem Judo aufzuhören. Genauso bin ich davon überzeugt, dass man das Problem der Stagnation durch eine bessere Planung zumindest abschwächen kann. Dazu kommen noch Probleme im Umgang mit Heterogenität und nicht optimaler Differenzierung.

Ich selbst kann leider mit meinem Verein nicht als Positivbeispiel dienen, denn als ich vor vielen Jahren eine volle Stelle an einer Ganztagsschule 80km von meinem Wohn- und Vereinsort entfernt bekommen habe, habe ich aufgehört regelmäßiges Vereinstraining zu geben. Das, was ich allgemein kritisiere, habe ich auch in der Praxis meines eigenen Vereins zu kritisieren. Leider!

Einige Probleme, die ich sehe:
  • keine klaren Zielvorstellungen der Trainer: viele denken in Inhalten und nicht in dem, was die Lernenden durch das Training erwerben sollen. Leider kennen die meisten den Unterschied noch nicht einmal (Vielleicht einmal nach den Begriffen Lehrziel, Lernziel, Kompetenz googlen)
  • Lernvoraussetzungen werden nicht systematisch geschaffen, bevor sie benötigt werden
  • das Gelernte wird nicht systematisch gefestigt
  • Wiederholungen beinhalten oftmals keine Qualitätsverbesserung im Sinne einer Lernspirale (u.a. eine Folge von Punkt 1 + 3)
  • Einzelne Teile eines Trainings haben einfach nur die Funktion "Spaß" - ohne einen Beitrag zu einer systematischen Entwicklung zu leisten
Ein Grund für die Stagnation der Schüler ist auch oft die Stagnation der Lehrer.... wer nicht systematisch an sich selbst arbeitet, wird auch nicht andere systematisch weiterbringen können.
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
Techniques are only the words of the language judo (Cichorei Kano, 24.12.2008)
Der Bayer
Orange Grün Gurt Träger
Orange Grün Gurt Träger
Beiträge: 49
Registriert: 09.01.2012, 21:56
Bundesland: Bayern

Re: Trainingspläne und Stundenentwürfe

Beitrag von Der Bayer »

Ich bin auch der Meinung, dass Stagnation v.a. beim Trainer ein großer Faktor ist, warum Leute mit Judo aufhören.

In meinem Verein haben alle Trainer spätestens mit mir vor eineinhalb Jahren den Trainer-C-Schein gemacht. Auch wenn die Ausbildung langwierig war, so hat sich bei uns im Team vieles verbessert. Da war ich selbst überrascht!

Deine genannten Probleme konnte ich in der Ausbildung ausmerzen. Vorher war mir auch so einiges nicht bewusst. :o
Wobei ein bisschen Spaß im Training auch vorhanden sein sollte ;)

Wir haben vor ein paar Monaten eine Anfängergruppe für Erwachsene ins Leben gerufen, die u.a. ich leite. Da durfte ich auch wieder einiges dazulernen, aber dann stagniere ich wenigstens nicht :D

Bin mal auf die Meinungen anderer gespannt!
Mit freundlichen Grüßen
Der Bayer
CasimirC
2. Dan Träger
2. Dan Träger
Beiträge: 515
Registriert: 08.02.2012, 22:45
Bundesland: Sachsen

Re: Trainingspläne und Stundenentwürfe

Beitrag von CasimirC »

tutor! hat geschrieben:Einzelne Teile eines Trainings haben einfach nur die Funktion "Spaß" - ohne einen Beitrag zu einer systematischen Entwicklung zu leisten[/list]
Ohne das gesamte Posting auf diesen Satz reduzieren zu wollen (mit dem meisten, was ansonsten gesagt wurde, stimme ich durchaus überein), möchte ich doch meine Sicht hierzu wiedergeben.

Meiner Meinung nach gibt es keine Übung, die ausschließlich die 'Funktion "Spaß" ' hat, denn man kann hinter jeder Übung einen pädagogischen, psychologischen oder methodischen Hintergrund sehen.

Ich wende z.B. in meinen Trainingeinheiten, abhängig von der Mitarbeit und der Form der Trainingsteilnehmer, sehr viele Spiele an. Diese haben jedoch vielerlei Funktionen: Sie sollen für Auflockerung sorgen, sie sollen für zusätzliche Anstrengung sorgen (wenn etwas Spaß macht, macht es auch mehr Spaß sich dabei auszupowern, als beim Krafttraining ;) ), sie sollen dem Gemeinschaftsgefühl dienen,...usw.
Ich nutze seit ein paar Monaten auch verstärkt Kooperationsübungen, die ich ins Training einbaue. Diese haben im Endeffekt (bis auf den "Auspowern-Charakter" die gleichen Funktionen wie Spiele.

Ich denke, dass man bei einer ausgewogenen Trainingsplanung daher auch Spiele und wettkampf-ferne bzw. nicht judospezifische Übungen einbauen sollte. Der lockernde Charakter solcher Übungen kann unglaublich gewinnbringend für eine Trainingseinheit bzw. für die Trainingsgruppe sein!
Theorie: Wenn alle wissen, wie es geht, und es geht nicht.
Praxis: Wenn es geht, und keiner weiß, warum.
tutor!
Moderator
Moderator
Beiträge: 3879
Registriert: 08.08.2008, 10:41

Re: Trainingspläne und Stundenentwürfe

Beitrag von tutor! »

CasimirC hat geschrieben:Meiner Meinung nach gibt es keine Übung, die ausschließlich die 'Funktion "Spaß" ' hat, denn man kann hinter jeder Übung einen pädagogischen, psychologischen oder methodischen Hintergrund sehen.
Beim Lesen meines eigenen Beitrages habe ich gemerkt, dass er etwas knapp geraten war und ich zwar meine Absicht wiederfand, diese jedoch nicht für jeden Leser deutlich wurde.

Ich wollte eine Reihe von "Häufigen Fehlern/Problemen" aufzählen. Und eines der Probleme ist, dass oftmals Übungsaktivitäten eingesetzt werden, ohne dass sie hinsichtlich einer "pädagogischen, psychologischen oder methodischen" Absicht reflektiert werden - einfach nur, weil sie Spaß machen sollen.

Dieselben Aktivitäten können zielgerichtet eingesetzt - so wie Du es beschreibst - natürlich ausgesprochen sinnvoll sein....
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
Techniques are only the words of the language judo (Cichorei Kano, 24.12.2008)
Der Bayer
Orange Grün Gurt Träger
Orange Grün Gurt Träger
Beiträge: 49
Registriert: 09.01.2012, 21:56
Bundesland: Bayern

Re: Trainingspläne und Stundenentwürfe

Beitrag von Der Bayer »

Sehe ich genau so (hatte tutors Post richtig verstanden). V.a. bei Kindern kann man mit Spielen viel erreichen, da ihnen meist nicht bewusst ist, was der Trainer damit bezwecken möchte. Und in einem Spiel verpackt kommt alles gleich viel schöner rüber :D (Dem Ganzen ist vorausgesetzt, dass sich der Trainer vorher die Übungen sinnvoll geplant hat.)

Meine Ausgangspost war eigtl darauf bezogen, wie in anderen Vereinen oder wie andere Trainer ihr Training planen. Ob bei ihnen auch eine Spielesammlung, ein langfristiger Trainingsplan oder ein Stundenentwurf benutzt wird. Mich interessiert es, wie ihr das ganze handhabt und was ihr darüber denkt. Vllt könnt ihr ja auf meine Fragen im ersten Post antworten. Würd mich freuen!!!
Mit freundlichen Grüßen
Der Bayer
CasimirC
2. Dan Träger
2. Dan Träger
Beiträge: 515
Registriert: 08.02.2012, 22:45
Bundesland: Sachsen

Re: Trainingspläne und Stundenentwürfe

Beitrag von CasimirC »

Mein Beitrag war auch nicht als Kritik gedacht, sondern vielmehr als Ergänzung, aber wir sind uns ja darin einig, dass man bei der Trainingskonzeption schon darauf achten sollte, dass man seine Übungen mit Bedacht und im Hinblick auf weitergehende Funktionen auswählen sollte :)

Zur Frage bezüglich der Trainingsplanung im Allgemeinen:
Ich persönlich bin da noch zu keinem hundertprozentigen Ergebnis gekommen, ob eine langfristige Trainingsplanung geeigneter ist als eine kurzfristige.
Aktuell arbeite ich mit einem groben Plan, welche Schwerpunkte ich im Trainingsjahr/ -halbjahr setzen möchte. Aktuell in unserer 2.Kindergruppe (leistungsorientierte Anfänger u. Fortgeschrittene, Alter: 8-14 Jahre) sind das: Ausbau des individuellen Spezialwurfs ("Lieblingswurfs"), 1 gute Fußtechnik, die auch als Kombination genutzt werden kann, ein Konter gegen Eindrehtechniken und eine Eindrehtechnik zur anderen Seite. Die Kids sollen die Techniken so lernen, dass sie im Kampf zielgerichtet eingesetzt werden können, auf detaillierte technische Feinheiten wird verzichtet (dies ist in meinen Augen ohnehin eine Sache des Eigenstudiums, nicht des Vereinstrainings).
Dabei arbeite ich alle Felder nacheinander ab und wiederhole die Techniken immer mal wieder, um Routine in den Bewegungsablauf zu bringen. Ich habe mir jedoch keinen Plan gemacht, der besagt "am 13. März werd ich diese Trainingsinhalte vermitteln, am 25. Juni diese,...", sondern ich gehe flexibel nach Anforderungen und Leistungsstand der Trainingsteilnehmer vor. Heißt: Wenn eine Technik insgesamt ordentlich bis gut klappt, wird die nächste Technik angegangen, Feinschliff kommt später bzw. nach Rückmeldung bei Wettkämpfen.

Für die aktuelle Trainingseinheit mache ich mir jedoch einen festen Plan, den ich auch schriftlich festhalte und an den Rand der Matte lege, um ggf. nachzuschauen. Durch das Durchdenken der Trainingseinheit und der Trainingsziele kann man Trainingsteile und Übungen viel besser aufeinander abstimmen als durch die (auch von mir ab und an praktizierte) Schwellendidaktik.
Wobei ich an dieser Stelle sagen möchte, dass das Trainingskonzept auch mal kurzerhand über den Haufen geworden werden kann UND DARF, wenn sich während des Trainingsgeschehens spontan ein anderer Schwerpunkt ergibt.

Zusammenfassend: Trainingskonzepte und Trainingsplanungen sind als Hilfestellung für den Übungsleiter unglaublich wirksam, sollen jedoch nicht Spontaneität und Trainingskompetenz ersetzen. Mit anderen Worten: Sind sie empfehlenswert, aber nicht verpflichtend.
Theorie: Wenn alle wissen, wie es geht, und es geht nicht.
Praxis: Wenn es geht, und keiner weiß, warum.
Der Bayer
Orange Grün Gurt Träger
Orange Grün Gurt Träger
Beiträge: 49
Registriert: 09.01.2012, 21:56
Bundesland: Bayern

Re: Trainingspläne und Stundenentwürfe

Beitrag von Der Bayer »

CasimirC hat geschrieben:Mein Beitrag war auch nicht als Kritik gedacht, sondern vielmehr als Ergänzung, aber wir sind uns ja darin einig, dass man bei der Trainingskonzeption schon darauf achten sollte, dass man seine Übungen mit Bedacht und im Hinblick auf weitergehende Funktionen auswählen sollte :)
Habe ich auch nicht als Kritik aufgefasst, sind in diesem Punkt derselben Meinung, wenn ich dich richtig verstanden habe.
CasimirC hat geschrieben:Zur Frage bezüglich der Trainingsplanung im Allgemeinen:
Ich persönlich bin da noch zu keinem hundertprozentigem Ergebnis gekommen, ob eine langfristige Trainingsplanung geeigneter ist als eine kurzfristige.
Darf ich fragen, wie lange du schon als Trainer arbeitest? Hast du eine Judo Trainerausbildung gemacht? Was bedeutet bei dir in diesem Zusammenhang kurz- bzw. langfristig?
Ich denke, dass eine langfristige Planung, die alle Ziele eines Halbjahres beinhaltet, die bessere Methode ist. Ich kam mit einer kurzfristigen Planung meist auch einigermaßen hin, aber halt nur einigermaßen. Durch eine langfristige Planung kann man die Ziele und Lehrinhalte immer im Blick behalten und neigt nicht dazu, von der Linie abzukommen.
CasimirC hat geschrieben:Aktuell arbeite ich mit einem groben Plan, welche Schwerpunkte ich im Trainingsjahr/ -halbjahr setzen möchte. Aktuell in unserer 2.Kindergruppe (leistungsorientierte Anfänger u. Fortgeschrittene, Alter: 8-14 Jahre) sind das: Ausbau des individuellen Spezialwurfs ("Lieblingswurfs"), 1 gute Fußtechnik, die auch als Kombination genutzt werden kann, ein Konter gegen Eindrehtechniken und eine Eindrehtechnik zur anderen Seite. Die Kids sollen die Techniken so lernen, dass sie im Kampf zielgerichtet eingesetzt werden können, auf detailierte technische Feinheiten wird verzichtet (dies ist in meinen Augen ohnehin eine Sache des Eigenstudiums, nicht des Vereinstrainings).
Dabei arbeite ich alle Felder nacheinander ab und wiederhole die Techniken immer mal wieder, um Routine in den Bewegungsablauf zu bringen. Ich habe mir jedoch keinen Plan gemacht, der besagt "am 13. März werd ich diese Trainingsinhalte vermitteln, am 25. Juni diese,...", sondern ich gehe flexibel nach Anforderungen und Leistungsstand der Trainingsteilnehmer vor. Heißt: Wenn eine Technik insgesamt ordentlich bis gut klappt, wird die nächste Technik angegangen, Feinschliff kommt später bzw. nach Rückmeldung bei Wettkämpfen.
Meine Trainingspläne sehen vom Aufbau her so aus: In die Spalten trage ich die Woche ein. Ich habe dann fünf verschiedene Zeilen: Fallschule, Standtechnik, Bodentechnik, Randori, Sonstiges. Die Zeilennamen sind selbsterklärend denke ich. Dann trage ich ein welche Techniken ich über welchen Zeitraum machen möchte. Es kann aber wie du schon geschrieben hast, auch mal eine Woche länger oder kürzer dauern. Aber so kam ich bis jetzt in meiner kurzen Trainerlaufbahn immer zu den Gürtelprüfungen hin.
CasimirC hat geschrieben:Für die aktuelle Trainingseinheit mache ich mir jedoch einen festen Plan, den ich auch schriftlich festhalte und an den Rand der Matte lege, um ggf. nachzuschauen. Durch das Durchdenken der Trainingseinheit und der Trainingsziele kann man Trainingsteile und Übungen viel besser aufeinander abstimmen als durch die (auch von mir ab und an praktizierte) Schwellendidaktik.
Wobei ich an dieser Stelle sagen möchte, dass das Trainingskonzept auch mal kurzerhand über den Haufen geworden werden kann UND DARF, wenn sich während des Trainingsgeschehens spontan ein anderer Schwerpunkt ergibt.
Hab mir da ein Schema angelegt, das ich dann ausfülle. Habe aber nach eineinhalb Jahren Trainertätigkeit immer noch nicht das richtige Maß gefunden, um die Stunden genau zu planen. Schreibst du dir auch auf, wie lange die Übungen durchgeführt werden, oder machst du das nach Bauchgefühl. Ich weis, dass man ein Training nicht 100%ig planen kann, aber mir hat es geholfen, die Trainings noch effektiver zu machen. Aber da muss jeder seinen eigenen Weg finden, denke ich.
CasimirC hat geschrieben:Zusammenfassend: Trainingskonzepte und Trainingsplanungen sind als Hilfestellung für den Übungsleiter unglaublich wirksam, sollen jedoch nicht Spontaneität und Trainingskompetenz ersetzen. Mit anderen Worten: Sind sie empfehlenswert, aber nicht verpflichtend.
Verpflichten kann man sowieso keinen, solche Pläne auszuarbeiten. Bei mir ist es auch immer sehr zeitaufwändig. Entweder mache ich was falsch, oder ich mache mir einfach zu viele Gedanken...
Trainingskompetenz kann man mit nichts ersetzen. Spontanität kann, muss aber nicht immer gut sein.
Ich denke, wer auf Dauer ohne Trainingspläne und Stundenentwürfe arbeitet, kann seine Judoka nicht gut genug fordern und fördern und wird infolge dessen auch einige von Ihnen verlieren.
Mit freundlichen Grüßen
Der Bayer
CasimirC
2. Dan Träger
2. Dan Träger
Beiträge: 515
Registriert: 08.02.2012, 22:45
Bundesland: Sachsen

Re: Trainingspläne und Stundenentwürfe

Beitrag von CasimirC »

Ich habe eine ÜL-C-Lizenz und werde dieses Jahr den Trainer-C nachholen. Habe durch diese Ausbildung und durch das Lehramts-Studium ein wenig Erfahrung im Unterricht planen (und im Improvisieren :D ), bin seit ca. 5 Jahren verantwortlicher ÜL für mindestens eine Trainingsgruppe.

Ich stimme dir da grundsätzlich in allen Punkten zu, und ich finde auch deine Form der Trainingsplanung interessant. Gerade vor Gürtelprüfungen (das wollte ich noch dazu schreiben, habs aber vergessen) lege ich mir auch einen solchen Plan an, um wirklich sicher zu gehen, dass ich aus den zur Verfügung stehenden Trainingseinheiten die bestmögliche Vorbereitung raushole. Aber für die Trainingszeiten abseits von Prüfungen (die bei uns in der Regel nur 1-2 mal im Jahr stattfinden) nutze ich einen solchen langfristigen (als über mehrere Monate gehenden) Trainingsplan nicht. Kurzfristige hingegen (über ein paar Wochen) hingegen schon hin und wieder, z.B. aktuell.

Bei der Planung einzelner Trainingseinheiten wird in der Ausbildung (egal ob beim Studium oder im Sport) darauf Wert gelegt, dass man seine Trainingseinheiten minutiös plant und diese auch so durchzieht. Ich bin ganz ehrlich und sage: Das engt mich zu sehr ein, das mache ich äußerst ungern. Ich habe jedoch einen groben zeitlichen Rahmen für alle Trainingselemente, den ich nicht zu überschreiten versuche. Wenn ich etwas Neues ausprobiere oder die Trainingsgestaltung einmal komplett umstelle, dann schreibe ich mir zu den einzelnen Elementen auch einmal die vorgesehene zeitliche Dauer dazu. Im Regelfall habe ich das jedoch gut im Griff und kann sowohl bei der Planung als auch bei der Umsetzung einschätzen, wie lange die einzelnen Elemente dauern sollen.

Ich mache mir jedoch keine absolut detailierten Aufzeichnungen. Bei mir steht dann z.B. "Aufwärmen: Laufen mit verschiedenen Bewegungsformen; Gymnastik; lockeres Bodenrandori; lockeres Wettkampfspiel" - ich schreibe mir nicht auf, wieviele Bahnen/ Runden gelaufen werden, welche gymnastischen Übungen ich vormache, ob ich nun 4 oder 5 Bodenrandori machen lasse,...usw. Das ergibt sich meistens spontan. Beim Techniktraining wird das ganze dann schon ein wenig konkreter, insbesondere wenn ich eine neue Technik einführen möchte/ eine Technik vertiefen möchte. Dann schreibe ich mir die verschiedenen Uchi-komi-Formen usw. auf und mache vielleicht noch 1-2 Anmerkungen, worauf ich besonderes Wert legen möchte.
Theorie: Wenn alle wissen, wie es geht, und es geht nicht.
Praxis: Wenn es geht, und keiner weiß, warum.
Der Bayer
Orange Grün Gurt Träger
Orange Grün Gurt Träger
Beiträge: 49
Registriert: 09.01.2012, 21:56
Bundesland: Bayern

Re: Trainingspläne und Stundenentwürfe

Beitrag von Der Bayer »

CasimirC hat geschrieben:Ich habe eine ÜL-C-Lizenz und werde dieses Jahr den Trainer-C nachholen. Habe durch diese Ausbildung und durch das Lehramts-Studium ein wenig Erfahrung im Unterricht planen (und im Improvisieren :D )
Das habe ich auch gemerkt, dass man in der Trainer C Ausbildung da großen Wert darauf legt. Vorher habe ich eigtl nur als Türschwellendidaktiker gearbeitet. Aber die Ausbildung hat mir doch einiges an Erkenntnissen gebracht, die ich nun versuche umzusetzen.
CasimirC hat geschrieben:Ich stimme dir da grundsätzlich in allen Punkten zu, und ich finde auch deine Form der Trainingsplanung interessant. Gerade vor Gürtelprüfungen (das wollte ich noch dazu schreiben, habs aber vergessen) lege ich mir auch einen solchen Plan an, um wirklich sicher zu gehen, dass ich aus den zur Verfügung stehenden Trainingseinheiten die bestmögliche Vorbereitung raushole. Aber für die Trainingszeiten abseits von Prüfungen (die bei uns in der Regel nur 1-2 mal im Jahr stattfinden) nutze ich einen solchen langfristigen (als über mehrere Monate gehenden) Trainingsplan nicht. Kurzfristige hingegen (über ein paar Wochen) hingegen schon hin und wieder, z.B. aktuell
Ich plane meist im Halbjahresrythmus. Das ist schon sehr in die Zukunft gegriffen, aber dann lohnt sichs auch. Abänderungen wird man so oder so vornehmen müssen, da man nichts ins Detail genau planen kann. Pläne über ein paar Wochen finde ich zu kurzfristig, da kann man auch ohne Plan gut hinkommen, denke ich. Aber das ist meine Meinung. Wenns für dich funktioniert, warum nicht?
CasimirC hat geschrieben:Bei der Planung einzelner Trainingseinheiten wird in der Ausbildung (egal ob beim Studium oder im Sport) darauf Wert gelegt, dass man seine Trainingseinheiten minutiös plant und diese auch so durchzieht. Ich bin ganz ehrlich und sage: Das engt mich zu sehr ein, das mache ich äußerst ungern. Ich habe jedoch einen groben zeitlichen Rahmen für alle Trainingselemente, den ich nicht zu überschreiten versuche. Wenn ich etwas Neues ausprobiere oder die Trainingsgestaltung einmal komplett umstelle, dann schreibe ich mir zu den einzelnen Elementen auch einmal die vorgesehene zeitliche Dauer dazu. Im Regelfall habe ich das jedoch gut im Griff und kann sowohl bei der Planung als auch bei der Umsetzung einschätzen, wie lange die einzelnen Elemente dauern sollen.

Ich mache mir jedoch keine absolut detailierten Aufzeichnungen. Bei mir steht dann z.B. "Aufwärmen: Laufen mit verschiedenen Bewegungsformen; Gymnastik; lockeres Bodenrandori; lockeres Wettkampfspiel" - ich schreibe mir nicht auf, wieviele Bahnen/ Runden gelaufen werden, welche gymnastischen Übungen ich vormache, ob ich nun 4 oder 5 Bodenrandori machen lasse,...usw. Das ergibt sich meistens spontan. Beim Techniktraining wird das ganze dann schon ein wenig konkreter, insbesondere wenn ich eine neue Technik einführen möchte/ eine Technik vertiefen möchte. Dann schreibe ich mir die verschiedenen Uchi-komi-Formen usw. auf und mache vielleicht noch 1-2 Anmerkungen, worauf ich besonderes Wert legen möchte.
Vllt habe ich mich falsch ausgedrückt oder so: Ich sehe, auch wenn ich das Training minutengenau plane, es so, dass es einen guten Trainer ausmacht, auf die Gegebenheiten und Situationen im Training zu reagieren und auch ggf. von seinem Plan ein bisschen abweichen muss!
Bei mir hats sehr viel geholfen, dass Training minutiös zu planen, als ich mit einer Trainerkollegin eine Anfängergruppe für Erwachsene, die aufgrund meines Studiums derzeit meine einzige Gruppe ist, die ich leite, gegründet habe. Es war so ausgemacht, dass ich den mittleren Teil (Techniktraining) und sie den Rest des Trainings hält. Ich war und bin immer noch begeistert, wie schnell die Erwachsenen meine Übungen trotz der Angst vorm Fallen umsetzen und so habe ich immer meinen Teil länger als geplant gehalten. Das habe ich mittlerweile dank minutengenauer Planung in den Griff bekommen. Aber auch wenn ich alleine Training halte, hilft es mir. Aber da jeder Trainer andere Vorlieben hat, kann ich natürlich nicht meine Meinung verallgemeinern.

@CasimirC: Wie machst du das mit den Spielen? Hast du auch eine Spielesammlung oder versuchst du, es auch ohne so abwechslungsreich wie möglich zu gestalten.

Aber ich bin schon mal froh eine ausführliche Antwort bekommen zu haben. Und außerdem bin ich froh, dass auch andere viel Zeit in die Trainingsplanung stecken, und nicht nur ich mir eine so aufwändige Art, das Training zu planen, angeeignet habe.
Mit freundlichen Grüßen
Der Bayer
CasimirC
2. Dan Träger
2. Dan Träger
Beiträge: 515
Registriert: 08.02.2012, 22:45
Bundesland: Sachsen

Re: Trainingspläne und Stundenentwürfe

Beitrag von CasimirC »

Der Bayer hat geschrieben:@CasimirC: Wie machst du das mit den Spielen? Hast du auch eine Spielesammlung oder versuchst du, es auch ohne so abwechslungsreich wie möglich zu gestalten.

Aber ich bin schon mal froh eine ausführliche Antwort bekommen zu haben. Und außerdem bin ich froh, dass auch andere viel Zeit in die Trainingsplanung stecken, und nicht nur ich mir eine so aufwändige Art, das Training zu planen, angeeignet habe.
Bitte gern geschehen :) Ich freue mich auch immer, mich mit andere ÜL auszutauschen und neue Ideen aufzunehmen und auszuprobieren, das mit deinem Plan gefällt mir z.B. schonmal!

Ich habe eine Spielesammlung im Kopf, aus der ich bei der Planung immer das auswähle, was ich als passend empfinde/ was den Trainingsteilnehmern Spaß macht/ was schon lange nicht mehr gespielt wurde.
Ich werde mir jedoch im Laufe des Frühjahres vielleicht mal eine Spiele-Datenbank anlegen, um ein wenig zu sammeln (man kann sich ja schließlich nicht alles merken ;) ). Habe mich heute Mittag auch mal hier im Spiele-Forum umggeschaut und hab mir ein paar interessante Ideen rausgesucht, die ich demnächst ausprobieren möchte.
Theorie: Wenn alle wissen, wie es geht, und es geht nicht.
Praxis: Wenn es geht, und keiner weiß, warum.
Der Bayer
Orange Grün Gurt Träger
Orange Grün Gurt Träger
Beiträge: 49
Registriert: 09.01.2012, 21:56
Bundesland: Bayern

Re: Trainingspläne und Stundenentwürfe

Beitrag von Der Bayer »

CasimirC hat geschrieben:Ich habe eine Spielesammlung im Kopf, aus der ich bei der Planung immer das auswähle, was ich als passend empfinde/ was den Trainingsteilnehmern Spaß macht/ was schon lange nicht mehr gespielt wurde.
Ich werde mir jedoch im Laufe des Frühjahres vielleicht mal eine Spiele-Datenbank anlegen, um ein wenig zu sammeln (man kann sich ja schließlich nicht alles merken ;) ). Habe mich heute Mittag auch mal hier im Spiele-Forum umggeschaut und hab mir ein paar interessante Ideen rausgesucht, die ich demnächst ausprobieren möchte.
Ich habe mir mit einem sehr guten Freund und Trainerkollegen auch eine Spielesammlung angelegt. Kann ich nur empfehlen, da entdeckt man immer wieder Neues, auch wenn mans selber eingefügt hat. :D
Ich habe, bevor ich sie angelegt habe, auch alles möglichst abwechslungreich aus dem Kopf geplant. Aber entweder funktionieren meine Gehirnzellen nicht richtig oder meine Spielesammlung ist doch schlauer... :dontknow
Mit freundlichen Grüßen
Der Bayer
Antworten