Was ist das optimal Kraftraining für Judo?

Hier geht es um die Trainingsgestaltung,-methodik,-formen.
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Fritz
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Re: Was ist das optimal Kraftraining für Judo?

Beitrag von Fritz »

Das ist im Prinzip richtig, stößt aber auch auf Grenzen.
Wenn z. B. gerade im Wettkampf 2 technisch gleich versierte Kämpfer gegenüber stehen, ist dann mehr Kraft als der Gegner zu haben ein Nachteil ??

Sicher nicht.

Als reiner Breitensportler, der Judo als Freizeitausgleich betreibt sicherlich kein Thema, aber für den, der auf Turnieren erfolgreich sein will, durchaus eine sinnvolle Sache.
Die Frage ist nur, ob die Zeit, die für Krafttraining aufgewendet wird, nicht einfach besser auf der
Matte beim Üben der Techniken verwendet wäre... Denn die andere Lösung, um aus der
Sache "2 technisch gleich versierte Kämpfer" herauszukommen, wäre ja, etwas an
der "technischen Seite" zu verbessern ;-) Nebenbei - der Umgang mit gleich schweren oder schwereren
Übungspartner ist an sich auch schon eine Art gezieltes Krafttraining - und zwar optimal abgestimmt
auf die Erfordernisse des Judo...
Mit freundlichem Gruß

Fritz
Gast

Re: Was ist das optimal Kraftraining für Judo?

Beitrag von Gast »

Fritz hat geschrieben:Die Frage ist nur, ob die Zeit, die für Krafttraining aufgewendet wird, nicht einfach besser auf der
Matte beim Üben der Techniken verwendet wäre... Denn die andere Lösung, um aus der
Sache "2 technisch gleich versierte Kämpfer" herauszukommen, wäre ja, etwas an
der "technischen Seite" zu verbessern ;-) Nebenbei - der Umgang mit gleich schweren oder schwereren
Übungspartner ist an sich auch schon eine Art gezieltes Krafttraining - und zwar optimal abgestimmt
auf die Erfordernisse des Judo...
Auch das ist richtig,
deswegen habe ich ja auch den Unterschied vom Breitensportler zum Wettkampfjudoka gemacht.
Jeder Leistungssportler betreibt neben dem Techniktraining sicherlich auch Krafttraining, um neben der Perfektionierung der Technik auch ein Maximum an Kraft einsetzen zu können. Und ganz sicher darf es kein einfaches Gewichtestemmen sein, sondern sollte auf die Sportart abgestimmtes, funktionelles Krafttraining sein.
Für Judo evtl. dann Kniebeugen mit Zusatzgewicht (Kata-Guruma-Eingang + Kniebeugen + anschließend Wurf) o.ä., Zugübungen für die Arme z.B. Wurfeingänge mit schweren Partnern usw...

Wobei das jetzt eben nicht bedeutet, dass man dafür ins Fitnesstudio gehen muss, es gibt genug Übungen für die Matte, nur muss das halt über das normale Aufwärmtraining hinausgehen.
Lin Chung
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Re: Was ist das optimal Kraftraining für Judo?

Beitrag von Lin Chung »

Trotzdem falsch. Solange man die Techniken nicht richtig ausführt, wird man nicht ums Kraftbolzen herumkommen.
Grüße
Norbert Bosse
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kastow
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Re: Was ist das optimal Kraftraining für Judo?

Beitrag von kastow »

Abgesehen von den bisher diskutierten Punkten ist Krafttraining zur Vermeidung bzw. Überwindung muskulärer Dysbalancen ein nicht zu vernachlässigender Trainingsinhalt für alle Zielgruppen. So entstehen durch unsere moderne Lebensführung mit ihren einseitigen Tätigkeiten häufig muskuläre Dysbalancen, die wöchentlich eine weitaus längere Zeitspanne dauern, als die meisten Menschen für Jûdô aufwenden. Auch Jûdô arbeitet häufig muskulär einseitig, wenn nicht zum Ausgleich z.B. auch Jû-no-kata geübt wird. Dehnübungen alleine stoßen aber an ihre Grenzen, diese Dysbalancen auszugleichen. Werden zusätzlich die Antagonisten der verkürzten Muskeln traininert, beschleunigt sich der Abbau der Fehlhaltungen. Mit jeder Kontraktion des Antagonisten muss sich der Agonist längen und arbeitet so der eigenen Verkürzug entgegen. Ohne diese Längung des Agonisten kann der Antagonist keine Arbeit verrichten. Gleichzeit stärkt der resultierende Muskelaufbau der Antagonisten den Körper an der entgegengesetzten Stelle der Verkürzungen und stärkt so zusätzlich die Körperhaltung an ihren Schwachpunkten. Die gesunde und den individuellen Voraussetzungen angepasste Mischung ist entscheidend - gerade auch außerhalb des Leistungssports.

*Edit: Rechtschreibung korrigiert
Zuletzt geändert von kastow am 16.02.2010, 14:45, insgesamt 2-mal geändert.
Herzliche Grüße,

kastow

Since the establishment of Kôdôkan jûdô, jûdô has become something that should be studied not only as a method of self-defence but also as a way of training the body and cultivating the mind. (Jigorô Kanô: MIND OVER MUSCLE)
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Re: Was ist das optimal Kraftraining für Judo?

Beitrag von Dr.K. »

Dem ist meiner Meinung nach beizupflichten; eine im Wettkampf-Judo ohne die entsprechende Explosivität angesetzte Technik ist zum Scheitern verurteilt, in dem Moment, in dem Uke die Situation erkennt und energisch und explosiv seine Gegenhandlung einleitet. Ich glaube im Übrigen nicht, dass man Kanos Judo-Philosophie mit dem modernen Wettkampf-Judo vergleichen kann. Aber nochmal zurück zu meiner Bitte: Mir ging es um Übungen, die über die von mir erwähnten Dinge hinausgehen, den Sportler fordern und zu allem Überfluss nicht abstumpfen lassen, sondern den Spaß am Trainieren erhalten; denn Judo soll ja auch Spaß machen ... ;)
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Fettzi
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Re: Was ist das optimal Kraftraining für Judo?

Beitrag von Fettzi »

Übungen im speziellen Bereich sind z.B.:
- Kniebeuge, während du deinen Partner im Kata-Guruma aufgeladen hast.
- dein Partner setzt sich auf die Weichbodenmatte, du greifst sein Revers, und reißt ihn explosiv an dich ran, bzw. drehst dann sogar ein
- du drehst locker Seoi-Nage ein, dein Partner, "klettert" an dir nach vorn, du spannst ihn ein, und musst ihn wieder nach hinten bringen, und explosiv auf eine Weichbodenmatte werfen
- für Uchi-Mata-Werfer, eine Weichbodenmatte hochkant aufstellen, das "Schwungbein" über die Matte haben, und an ihr entlang springen
- sog. "3er-Uchi-Komi" d.h. du drehst deine Spezialtechnik ein, und ein dritter fasst den Uke von hinten in Nacken und Gürtel und erhöht somit den Widerstand
- du greifst deinen Partner mit beiden Händen an den jeweiligen Revers, er greift genauso, nur außen. Du versuchst nun, durch kraft deine Arme gegen den Widerstand der seinigen zu heben

Das sind einige Beispiele, die auch im Leistungssport gängig sind...
Ich habe extra versucht Beispiele zu bringen, die dem Judo noch relativ ähnlich sind.
Andere Beispiele wären: klassisches Hangeln, Klimmziehen an der Judojacke, Zugschlitten mit Gewicht (mit Seil, bzw. Judojacke zu ziehen)
Lin Chung
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Re: Was ist das optimal Kraftraining für Judo?

Beitrag von Lin Chung »

Ich glaube im Übrigen nicht, dass man Kanos Judo-Philosophie mit dem modernen Wettkampf-Judo vergleichen kann.
...so ist das mal wieder schnell abgetan. Man will sich nicht damit beschäftigen, ist doch klar.
Das ist längst kein Judo mehr. Die vielen neuen Regeln tun ihr übriges. Meine Meinung.
Grüße
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Re: Was ist das optimal Kraftraining für Judo?

Beitrag von Dr.K. »

Lin Chung hat geschrieben:
Ich glaube im Übrigen nicht, dass man Kanos Judo-Philosophie mit dem modernen Wettkampf-Judo vergleichen kann.
...so ist das mal wieder schnell abgetan. Man will sich nicht damit beschäftigen, ist doch klar.
Das ist längst kein Judo mehr. Die vielen neuen Regeln tun ihr übriges. Meine Meinung.
Meine Absicht ist es nicht, irgendetwas abzutun und die Beschäftigung mit Traditionellem zu verweigern. Ich interpretiere die Aussage von Lin Chung so, dass das aktuelle Wettkampf-Judo nichts mehr mit dem Judo Kanos zu tun hat; das mag wohl sein, lässt sich aber wohl auch nicht mehr ändern; ich finde im Übrigen, dass die ursprünglichen Judo-Prinzipien in den alten Film-Aufzeichnungen sehr schön zu erkennen sind; aber das ist wirklich eine philosophische Diskussion ... (ein berühmter deutscher Dichter würde sagen: Das ist ein zu weites Feld" ;)

---

Vielen Dank an Otsche, ich werde das mal im nächsten Training probieren. Mir scheint, das lässt sich gut ins Training integrieren. :danke
Zuletzt geändert von Fritz am 16.02.2010, 23:56, insgesamt 2-mal geändert.
Grund: Zwei Beiträge vereint
Lin Chung
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Re: Was ist das optimal Kraftraining für Judo?

Beitrag von Lin Chung »

lässt sich aber wohl auch nicht mehr ändern
...auch damit ist es schnell wieder getan.

Nochmal, Krafttraining okay, wenn man Dysbalancen ausgleichen will, aber nur um des Judo willen, nein. Warum hat Kano wohl schwere Gegner geschafft, warum Mifune? Beide waren keine Modellathleten oder Kraftbolzen. Die Technik macht es.
ich finde im Übrigen, dass die ursprünglichen Judo-Prinzipien in den alten Film-Aufzeichnungen sehr schön zu erkennen sind; aber das ist wirklich eine philosophische Diskussion...
...entweder man erkennt die Judo-Prinzipien und setzt sie um oder eben nicht. Also, entweder wir machen Judo und dürfen das auch schreiben oder wir machen es nicht und nennen es Sambo, Ringen oder sonstwas.
Grüße
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Re: Was ist das optimal Kraftraining für Judo?

Beitrag von HBt. »

Kastow hat geschrieben:Auch Jûdô arbeitet häufig muskulär einseitig, wenn nicht zum Ausgleich z.B. auch Jû-no-kata geübt wird.
Bedenke Carsten,
jenes trifft nur zu, wenn Du als (Tori und Uke) Übling sowohl rechts als auch links die Kata "läufst".

Grüßle
Helge
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Re: Was ist das optimal Kraftraining für Judo?

Beitrag von Lin Chung »

Übrigens kann zuviel Krafttraining (wie z.B. die erwähnten Kniebeugen) zu späten Schäden führen.
Grüße
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Re: Was ist das optimal Kraftraining für Judo?

Beitrag von Dr.K. »

Als Rat Suchender im Forum bin (es ging mir um judobezogene Schnellkraftübungen für Wettkämpfer) möchte ich allen danken, die meinen Kenntnisstand bereichert haben und sagen, dass alles sein Maß braucht, d.h. mir ist es schon klar, dass das Verhältnis zwischen Technik, Koordination, Schnelligkeit und Kraft ausgewogen sein sollte. Aus diesem Grund ist es natürlich klar, dass jemand, der über enorme Kraftwerte verfügt, aber noch wenig Technik- und Koordination hat, kein im "klassischen Sinne" schönes Judo zeigt; bei Wettkämpfen sind es oft die Kämpfen mit langen Armen und abgebeugten Oberkörpern. Oft sieht man dies auch bei Spätbeginnern, die Krafttraining machen und (was trotz allem für die Vervollkommnung der Persönlichkeit und der körperlichen Ausgewogenheit gut ist) mit Judo anfangen. (Ausnahmen bestätigen die Regel - wie das Beispiel Dietmar Lorenz zeigt.)
Letztllich kommt es auf die Art und Weise der Ausführung, die Trainingsbedingungen, den Zustand des Sportlern etc. an; dieses Zusammenspiel muss berücksichtigt werden. (Wer bei diesem Wetter mit chronischer Bänderschwäche im Fuß und Holz-Clogs auf die Eisbuckelpisten in unseren Nebenstraßen geht, muss schon damit rechnen, sich den Fuß ganz zu versauen.) ;)
Warum das heutige Judo nicht mehr Judo genannt werden soll, verstehe ich nicht ganz; weil die Wettkämpfer zueinander nicht so kooperativ sind wie die Ukes von Kano oder Mifune? Das dort gezeigte ist doch entstanden, um Judo zu demonstrieren. Wie im übrigen sollte Judo dann heute heißen?
Aber ich schweife ab, mein Interesse waren Schnellkraftübungen, die ins tägliche Training integriert werden können.

Gruß D.
Lin Chung
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Re: Was ist das optimal Kraftraining für Judo?

Beitrag von Lin Chung »

abgebeugten Oberkörpern
...das ist das, was nicht sein sollte. Wer aufrecht kämpft, hat vor allem einen besseren Überblick....
Man sollte sowas reglementieren.
Grüße
Norbert Bosse
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Re: Was ist das optimal Kraftraining für Judo?

Beitrag von Dr.K. »

Das wird es ja nun dank der neuen Wettkampfbestimmungen auch; diese zeigen, dass es offenbar ein Umdenken in Bezug auf Passivität im Wettkampfverhalten gibt; die Umsetzung lässt - zumindest was die NODEM 2010 U17 angeht - nicht zu wünschen übrig. Arme grade, Oberkörper abgebeugt - Shido. Meiner Meinung die richtige Schlussfolgerung zum "Negativ-Judo" (Aber das gehört wohl in einen anderen Thread - oder?) ;)
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Re: Was ist das optimal Kraftraining für Judo?

Beitrag von tutor! »

Eigentlich wollte ich mich ja heraushalten, weil schon einige gute Beiträge geschrieben wurden und ich knapp mit der Zeit bin, aber vielleicht bringen ja ein paar (er-)klärende Worte den ein oder anderen etwas weiter.

Zunächst das fast schon leidige Thema Kraft. Kraft ist ein physikalische Größe, die nicht direkt zugänglich ist, sondern die wir nur an ihrer Wirkung erkennen können. Kraft ist immer dann im Spiel, wenn ein Körper seinen Bewegungszustand ändert oder ein Körper verformt wird. Physikunterricht 9. Klasse.....

Die Sportwissenschaft unterscheidet nun verschiedene Erscheinungsformen der Kraft, die sich danach unterscheiden, ob ein Körper eine besonders starke Beschleunigung erfahren soll (Explosivkraft, Schnellkraft), ein Körper besonders langandauernd bzw. häufig hintereinander beschleunigt werden soll (Kraftausdauer) oder ob ein besonders großer Widerstand überwunden werden soll (Maximalkraft).

Diese Erscheinungsformen der Kraft sind Hilfskonstrukte, denn sie beziehen sich erst einmal nicht auf das Zustandekommen der Kraft, also ihrer Generierung, sondern ordnen unterschiedliche Formen ihrer Wirkung auf irgendwelche (physikalischen) Körper. Wie kommt das aber zustande und welche Faktoren spielen dabei eine Rolle?

In der Muskulatur wird chemisch gebundene Energie (ATP) in Bewegung umgesetzt (Actin/Myosin). Diese Umsetzung wird durch das Nervensystem gesteuert bzw. veranlasst. Bei der Eigenbewegung des Körpers wirken unglaublich viele Muskelphasern zusammen, deren Arbeit koordiniert werden muss. Es gibt von daher keine Generierung von Kraft ohne Koordination! Bei jeder Bewegung des Körpers sind zwingend drei verschiedene Ebenen der Koordination beteiligt:
  • Intramuskuläre Koordination: Zusammenspiel aller Muskelphasern innerhalb eines Muskels
  • intermuskuläre Koordination der Synergisten: Zusammenspiel der Muskulatur, die bei einer Bewegung kontrahiert wird
  • Entspannung der Antagonisten: die Gegenspieler der Synergisten werden gedehnt und dürfen den Synergisten keinen Widerstand entgegensetzen.
Zur Schnellkraft

Kraft bedingt eine Änderung des Bewegungszustandes eines Körpers, per Definition also eine Beschleunigung. Unter Schnellkraft ist landläufig also eine Kraftfähigkeit gemeint, die jemanden in die Lage versetzt, hohe Beschleunigungen zu generieren. Neben den drei oben genannten Punkte ist hierfür die maximale Kontraktionsgeschwindigkeit der Muskulatur verantwortlich.

Eine Muskelfaser kann aber nicht schneller oder langsamer kontrahieren. Schnelle oder langsame Bewegungen werden durch einen dosierten Widerstand der Antagonisten, und/oder durch eine dosierte Rekrutierung von mehr oder weniger Fasern eines Muskels erzeugt. Die einzelne Faser arbeitet sozusagen "digital": entweder voll oder gar nicht....

Dennoch gibt es in der Muskulatur unterschiedliche Fasertypen: schnelle Fasern, langsame Fasern und intermediäre Fasern. Ihr Verhältnis ist genetisch bedingt und kann durch Training nur in sehr geringem Maß beeinflusst werden. Das bedeutet wiederum, dass für die Steigerung der Schnellkraft-Fähigkeiten in der Trainingspraxis im Prinzip nur die drei oben genannten Punkte relevant sind.

Schnellkraft entwickelt sich durch die Kopplung von Maximalkraft im Sinne der Verbesserung der intramuskulrären Koordination und der Technik. Dies ist dann auch das optimale Schnellkrafttraining.....

Bis hier hin haben wir nur über die Eigenbewegung gesprochen. Ziel des Judo ist es, den Gegner in eine Bewegung zu versetzen, in die er nicht will, oder ihn in einer Position zu fixieren, die er verlassen will. Das Ganze natürlich so, dass der Gegner dasselbe nicht mit mir machen kann. Kano formuliert sinngemäß: "Kämpfen bedeutet den Gegner zu kontrollieren und sich gleichzeitig nicht selbst kontrollieren zu lassen".

Will ich nun den Gegner werfen - ihn also in eine Bewegung versetzen, die er nicht will - brauche ich selbstverständlich Kraft. Ich muss ja seinen Bewegungszustand ändern. Die eigene Kraft ökonomisch einzusetzen ("seiryoku-zenyo") heißt nun, diese Kraft so einzusetzen, dass der Gegner im Idealfall möglichst keinen in der Praxis einen so geringen (äußeren) Widerstand wie möglich entgegensetzen kann.

Kanos Lehre und moderne Sportwissenschaft passen ganz hervorragend zusammen....
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Re: Was ist das optimal Kraftraining für Judo?

Beitrag von Dr.K. »

Hi tutor!
Fühle mich im positiven Sinne ausreichend belehrt und glaube, dass deine Antwort sowie die Otsches eine wertvolle Anregung für das weitere Training sind.

Danke

D.
lothar
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Re: Was ist das optimal Kraftraining für Judo?

Beitrag von lothar »

Lin Chung hat geschrieben:Übrigens kann zuviel Krafttraining (wie z.B. die erwähnten Kniebeugen) zu späten Schäden führen.
Sorry Lin Chung!
Aber das sind doch nun Binsenweisheiten - oder in deiner Wortwahl zu bleiben: "..so ist das mal wieder schnell abgetan."
Ein Zuviel kann bei jeder sportlicher Aktivität zu Schäden führen. Dies ist sicherlich nicht auf das Krafttraining beschränkt. Vielmehr sind es gerade deine exemplarisch erwähnten Kniebeugen, die bei uns in der Reha einen extrem hohen Stellenwert genießen. Bei richtiger Ausführung und zur rechten Zeit sind sie für den Aufbau nach Knieverletzungen nicht wegzudenken!
Die Vorteile des Krafttrainings wurden auch in diesem Faden schon hinreichend erwähnt, eine Wiederholung erspare ich mir deshalb. Aber es belustigt mich doch immer wieder, wie hartnäckig sich die Uralt-Vorurteile gegenüber dem Kraftsport halten und anscheinend niemals ausrotten lassen.

...so ist das mal wieder schnell abgetan!
Mit freundlichem Gruß

Lothar
Lin Chung
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Re: Was ist das optimal Kraftraining für Judo?

Beitrag von Lin Chung »

Tja Lothar, glaube, was du glauben willst. Die Zeit wird es zeigen.
Es gibt genug Judoka, die Rückenprobleme, Knieprobleme usw. haben.
Aber sowas sieht man nicht, wenn man noch jung ist.
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Re: Was ist das optimal Kraftraining für Judo?

Beitrag von tutor! »

Lin Chung hat geschrieben:Es gibt genug Judoka, die Rückenprobleme, Knieprobleme usw. haben.
Aber sowas sieht man nicht, wenn man noch jung ist.
Die Frage muss aber sein, woher genau diese Probleme kommen!

Falsch dosiertes Krafttraining, falsche Übungsauswahl und falsche Übungsausführung können - und werden im Zweifel - zu Verletzungen und Spätschäden führen. Das gilt übrigens nicht nur für Krafttraining, sondern für jede Form körperlicher Betätigung.

In den 1960er und 1970er Jahren gab es kaum Erkenntnisse über die Zusammenhänge von langfristiger Gesundhaltung und Trainingsdosierung. In dieser Zeit wurde aus Unkenntnis wirklich schwer gesündigt. In den 1980er Jahren begann ein Umdenken und heute ist es so, dass es qualifizierte Trainier und eine sportmedizinische Begleitung gibt. Während es z.B. zu meiner Zeit keinerlei Gesundheitskontrollen durch Verbandsärzte gab, werden die heutigen Kadermitglieder mindestens einmal im Jahr orthopädisch untersucht.

Heute lernen die jugendlichen Leistungssportler Übungen wie Kniebeugen und Umsetzen wie im Techniktraining. Erst wenn die Technik stimmt, werden die Gewichte langsam erhöht. Nicht so wie früher, wo man sich draufpackte, was man gerade noch bewältigen konnte....
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Fritz
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Re: Was ist das optimal Kraftraining für Judo?

Beitrag von Fritz »

tutor! hat geschrieben:In den 1960er und 1970er Jahren gab es kaum Erkenntnisse über die Zusammenhänge von langfristiger Gesundhaltung und Trainingsdosierung. In dieser Zeit wurde aus Unkenntnis wirklich schwer gesündigt.
Fomulieren wir es etwas "freundlicher" ;-)
Es wurde in den 60/70ern die Datenbasis per Feldversuch geschaffen für Erkenntnisse in den 80er ;-)
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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