Irgendwie ist ja eigentlich alles langweilig geworden, wir sind übersättigt ... das Forum ist doof, wir können alles kaufen, sind überall und nirgendwo,
die einen in Japan, die anderen schreiben ein Buch, manche wandern ab - versuchen ihr Glück beim Iaido ... oder wo auch immer, spielen Schach, sehen fern.
Doch nichts bewegt sich mehr. Wie soll es mit unserem Judo (Dasein!) weitergehen? Nach vierzig bis fünfzig Jahren Judotraining auf und neben der Matte???
Neue Impulse sind gewünscht, und mehr kann man nicht tun, Impulse setzen. Dieses ist mehr oder weniger die Ausgangsbasis eines Versuches und eines zum Ausdruck gebrachten
Wunsches:
Aufbauend auf zwei Übungsabende Taijiquan gingen wir wieder auf die Matte, erwärmten uns mit ein paar speziell ausgewählten Yoga-Übungen (passend zu meinem Konzept*) und typischem Qigong,
"U-Boot Spezialcocktail" ...
Der von mir verwendete Übungsrahmen
war eine Randoriaufgabe, dabei ist das Ziel selbstverständlich das völlig freie und damit echte Randori.
Randori EINS
Zwei Körper erhalten einen Auftrag sowie einen Namen, Uke & Tori.
Beide sollen verschiedene Maxime unbedingt beachten:
1)
eine aufrechte Körperhaltung, mit frei beweglichen Gelenken sicherstellen, bzw. immer
wieder zu dieser Ausrichtung zurückkehren ===> auch Tori
2)
Toris Auftrag lautet,
- störe das Gleichgewicht von Uke
- nenne deinem Partner die Wurftechnik mit der Du erfolgreich sein willst, nur diese Nagewaza (vielleicht die Tokuiwaza) darfst Du anwenden / vorbereiten
- schalte den unbedingten Willen zur Exekution (das Kake) aus
- alle Strategien die Du bislang angewendet hast, sind verboten ... erinnere Dich: Uke kennt exakt Deine Technik und Wurfabsicht
- wenn alles klappt und Du das Gleichgewicht des anderen Körpers stören, manipulieren kannst, gehe einen Schritt weiter:
konzentriere Dich mehr auf die Vorbereitung (das Tsukuri), stimmt dabei das Kuzushi (also die gegenseitige Abhängigkeit) ... dann darfst Du werfen!
3)
Ukes Auftrag lautet,
- zerstöre nicht die Wurfabsicht des Tori, Du kennst die Technik und den Auftrag Toris ... sondern achte einzig und alleine auf Deine eigene Ausrichtung (lass alles zu!), beobachte Deinen Schwerpunkt
- spanne bewusst eine Unterstützungsfläche auf, setze Deine Füße bewusst, löse den Griff der Gelenke
===> kontrolliere das Zentrum (im Raum, es baut sich ein physikalisches System auf), nimm das Zentrum ein
ES FOLGEN Variationen, erweiterte und andere Formulierungen (auch zur Kumikata), sowie Partnerwechsel ...
z.B.
- wir erlauben Tori noch etwas mehr, als nur den Fokus auf einer einzigen Nagewaza (irgendwann darf er wieder alles tun, was er will ===> nur nicht zum Zeitpunkt des Randori EINS)
- mit wir meine ich den Uke
mittlerweile kontrolliert Uke nämlich das komplette Geschehen(!)
===> Uke bleibt im Zentrum des Systems, er übt sich im Zhong Ding.
Er sinkt, er wurzelt, er verschiebt den Schwerpunkt ---> er behält zu jedem Zeitpunkt sein eigenes Gleichgewicht.
Alles ohne eigene Wurfabsicht, immer mit der Maxime: nichts zu zerstören, er lässt Tori machen was dieser will (das ist der Auftrag und die Illusion für unseren Partner) ...
die bekannten Meidbewegungen und Handlungen sind mir nicht erlaubt
(ich muss sie fallen lassen, loslassen --> dazu brauche ich Toris Hilfe, er sollte in diesem Stadium keine Impulse übertragen und auslösen,
weil ich dann durch kleinste Bewegungen und Handlungen der Hände, seine Wurfabsicht erfolgreich zerstören werde ... zerstören ist aber verboten. Zerstöre ich, habe ich verloren, weil ich damit automatisch die momentane Marschrichtung verlasse.)
Die erste Lektion lautet:
Ich kann nicht geworfen werden, wenn ich das ZENTRUM des Systems einnehme und kontrolliere
===> ich selbst werde zu diesem Punkt, alles dreht sich um diesen Punkt
==> spiele ich das Spiel des Anderen, gelten auch andere Gesetze ... ich verlasse damit das Taijiquan (wir kämpfen um den Ippon) und das Muster des Zhong Ding
=> die benannten Rollen haben sich in ihrer Dimension getauscht,
Tori ist zum Uke geworden und Uke zum Tori ... denn Tori empfängt plötzlich und ist damit Uke. Er rennt gegen das Zentrum, er läuft darum herum (merke: der innere Kreis kontrolliert den äußeren Kreis)
Daraus
ergeben sich naturgemäß viele Fragen und Aufgabenformulierungen für das weitere Judotraining.
Die Resonanz der Teilnehmer war außerordentlich positiv; die Gruppe ist gemischt (jung und alt, vom 4. Kyu bis zum 5. Dan, alles dabei), keine Leistungssportler, aber ein paar junge Stürmer sind dabei (das Zugeständnis an sie, war ein Bodenrandori mit ähnlicher Marschrichtung / Verhaltensregeln, erlaubt war dabei beinahe alles ... mit und ohne Jacke, ich trug keine ---> ein Zugeständnis an den Willen zum Austoben, so etwas passt aber nicht besonders ins Konzept. Hier muss man vorsichtig sein, sonst ist der gewünschte Effekt wieder weg).
Das größte Problem: die gewählte Manipulation durch Sprache, benötigt Hilfe / Unterstützung ... man muss als ÜL alle Einheiten mitmachen und als Bewegungs/Lösungsbeispiel dienen ... kurze Unterbrechnung - und demonstrieren, beispielhaft mit dem Partner zeigen was ihr gerade tut.
Das obige Zitat schickte ich am Morgen danach an einen Freund (es ist seine Trainingsgruppe, es sind seine Schüler), ich fasste kurz als E-Mail zusammen, ... 120 Minuten üben (mit vielen Partnerwechseln, passend zu den Aufgaben, man muss sich Zeit nehmen, so das man mit unterschiedlichsten Typen spielt). Das Randori EINS war dabei der Hauptteil.
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Diskussionen, Fragen, Ergänzungen, ähnliche Vorgaben ...?!
Wie gestaltet Ihr einen außer Haus Übungsabend?
Gruß,
HBt.
*Mein Ziel, mein Konzept verrate ich zu diesem Zeitpunkt nicht
"endlich nach belieben werfen können, ohne Mühe, jederzeit - oder es einfach seinlassen ... wer weiß"