Nage-no-kata: Technikfragen

Nage-no-Kata, Katame-no-Kata, Gonosen-no-Kata und verwandte Kata
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caesar
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Nage-no-kata: Technikfragen

Beitrag von caesar »

In meinem persönlichen Kampf mit der Nage-no-kata haben sich ein paar Fragen aufgetan. Der Krampf startet mal beim Harai-goshi. Laut Kodokan Textbook wird der letzte Schritt wie folgt beschrieben:
“Kodokan Textbook Nage-no-kata Seite 14“ hat geschrieben: Tori moves around his left foot backward to diagonally right side behind his right foot while pulling Uke with both of his hands and making Uke to move his right foot slightly forward to break Uke ’s balance diagonally forward to the right. Tori sticks his right hip firmly against Uke ’s abdomen and throws Uke by sweeping up as sliding his right leg along Uke ’s right leg.
Ich habe jetzt unterschiedliche Ausführungen des letzten Schritts gesehen und bin etwas verwirrt, ob es hier ein „richtig“ gibt oder ob man es einfach machen kann, wie man am besten damit klarkommt. Im Lehrvideo (https://youtu.be/bkhBZzE2HpM?si=L9iSMouuXZRDnnDV&t=958) macht Tori einen etwas verkleinerten Schritt in Bewegungsrichtung und setzt den linken Fuß etwas hinter die Linie seines rechten Fußes, Uke hat nach der Drehung von Tori seine Beine parallel.

In der wohl besten Nage-no-kata, zumindest laut Titel (https://youtu.be/0c2TCk8xRIc?si=pNxTBZLagD7UlqSb&t=140), bewegt sich der linke Fuß quasi gar nicht mehr nach hinten, sondern nur zur Seite, auf Linie des rechten Fußes, Uke hat sein rechtes Bein minimal weiter vorn.

Das Video der Weltmeister von 2022 (https://youtu.be/PpM0xTCIbFk?si=Num0RqauTyyRp3lX&t=138), 2023 konnte ich nicht finden, zeigt auch einen größeren Schritt, etwas vor die Linie der Hacke des rechten Fußes und Ukes Füße sind einen halben Schritt versetzt und haben kaum noch Bodenkontakt. (Hier fällt mir auch noch das stark versetzte Tsugi-ashi auf)

Im Seminarvideo von 2018 (https://youtu.be/t_ei5biRF_M?si=phdnquR5L9iBt-L7&t=1548) macht Tori auch erst einen relativ normalen Schritt und korrigiert diesen dann etwas kürzer, als er die Position statisch halten soll. In der Demonstration danach wählt er den Schritt direkt etwas kleiner und weiter nach außen.

Mir scheint also ein etwas kleinerer Schritt besser, wobei die Weltmeister von ’22 und das Lehrvideo einen größeren Schritt zeigen. Das Lehrvideo hat im Vergleich zur WM aber relativ wenig Hüftkontakt, die Weltmeister zeigen es mMn sehr übertrieben, dass Uke auf der Hüfte von Tori aufliegt.

Die Frage ist für mich, was ist jetzt der beste Weg oder ist es völlig individuell? Die Position von Tori zu Uke ist in allen Beispielen recht unterschiedlich finde ich.

Auf dem alten Lehrvideo (https://youtu.be/YOcVfmmMBLY?si=bz2WtdKBTaVUuUe2&t=128) sind die Tsugi-ashi Schritte recht groß, die Eindrehbewegung dann aber sehr kurz und sogar hinter die Hacke des rechts Fußes.
tutor!
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Re: Nage-no-kata: Technikfragen

Beitrag von tutor! »

Bei Harai-goshi ist entscheidend, dass Uke mit Toris drittem Schritt aus dem Gleichgewicht gebracht wird, genauer gesagt: er muss so auf den Vorderfuß gebracht werden, dass er vollkommen labil steht. Wie weit Tori dabei seinen linken Fuß nach hinten in Bewegungsrichtung setzen muss, hängt von mehreren Faktoren ab.

Wenn Tori kleiner als Uke ist, wird er einen größeren Schritt machen müssen, als wenn er größer ist. Auch spielt es eine Rolle, ob und wie stark Uke Gegenspannung aufbaut. Wenn Uke eher freiwillig nach vorne kommt, muss Tori den Abstand vergrößern, wenn Uke stärker dagegen zieht und kleinere Schritt macht, ist das nicht mehr erforderlich.

Der dritte Schritt selbst ist also ein eher schlechter Indikator für gut oder weniger gut. Entscheidend ist die Distanz von Toris Standfuß zu Ukes Füßen nach der Drehung. Die sollte etwa von Toris Ferse bis Ukes Fußspitze eine halbe bis ganze Fußlänge sein.Ist der Abstand zu groß, wird Tori seine Hüfte nur noch schwer einsetzen können und es wird eher ein Ashi-guruma als ein Harai-goshi. Ist er kürzer, ist das Gleichgewicht meist nicht ausreichend gebrochen.

Das Seminarvideo ist kein so gutes Beispiel, weil Tori (Nambo) hier versucht zu demonstrieren, was der Lehrer (Samejima) erklären will. Man sieht auch, dass er sein Standbein noch leicht korrigiert, nachdem er sich gedreht hat.
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Re: Nage-no-kata: Technikfragen

Beitrag von caesar »

Dass jetzt nur der Schritt nicht zur Beurteilung ausreicht, ist soweit klar.

Mir war aufgefallen, dass es zwei unterschiedliche "Stile" gibt den letzten Schritt zu machen. Einmal eher diagonal mit mehr Distanz und einmal im Halbkreis und dann kürzer zum anderen Bein.
Da die Kata-Paare im Normalfall gleichgroß, oder Uke leicht größer, sind, kam die Frage bei mir auf.
tutor! hat geschrieben:
16.03.2024, 18:52
er muss so auf den Vorderfuß gebracht werden, dass er vollkommen labil steht.
Diesen Punkt haben die Weltmeister von 2022 aus meiner Sicht auf die Spitze getrieben, so weit, dass es unrealitisch ist.

Die Korrektur im Seminarvideo war mir auch aufgefallen, wodurch für mich die etwas kürzere Variante als scheinbar besser aufkam.

Ich schau einmal, wie ich mit deinem Hinweis klarkomme
caesar
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Re: Nage-no-kata: Technikfragen

Beitrag von caesar »

Kommen wir zum nächsten Problem, wieder ein Distanzproblem, diesmal Sasae-tsuri-komi-ashi.

Im Kata Textbook steht: "Movement 2: Tori takes again one step backward by Tsugi-ashi from his left foot. Uke takes one step forward by Tsugi-ashi from his right foot so as to try to protect his stability. During this sequence, Tori retreats his right foot diagonally backward to his right, as drawing an arc, without stopping from Tsugi-ashi movement and turns the toe inward while turning his body to his left"

Ich hatte es auch erst so gelernt, dass in einem Halbkreis, einem Bogen der Schritt nach außen erfolgt, um so mehr Kraft übertragen zu können. Dann gab es irgendwann die Empfehlung, den Schritt einfach nur diagonal nach außen zu machen, um mehr Zeit zu haben und deutlicher den Gleichgewichtsbruch zeigen zu können.
Dieser Unterschied zeigt sich auch in den Lehrvideos des Kodokan. Im alten Lehrvideo (https://youtu.be/YOcVfmmMBLY?si=tKGmkl6M-IGPYkFu&t=212) ist es eher die Zirkelbewegung, im neuen Lehrvideo (https://youtu.be/bkhBZzE2HpM?si=EC37YPg63rcsb_gg&t=1164) das diagonale Raustreten aus der Bewegung.
Das WM-Paar von '22 macht so einen Mix https://youtu.be/5r5K3ip_lYw?si=Rgrao2QQjwH2EaoE&t=179, während die von '18 deutlich nach hinten gehen https://youtu.be/0c2TCk8xRIc?si=8u74v02opzeI1_tH&t=211 .
Im Seminar 2018 wird darauf gar nicht eingegangen https://youtu.be/t_ei5biRF_M?si=unThR3UyFsSEfuR2&t=1937 dafür auf die Bewegung nach der Blockade. In der Darstellung der 2 Varianten tritt Tori beide Male beim Schritt nach außen auf die gleiche Höhe wie das blockierende Bein.
In der Kangeiko-Demonstration sieht es noch etwas extremer aus, als würde noch vor die Linie getreten werden https://youtu.be/STLyObRrzps?si=Arh6Wbjg5roZ-OIK&t=163

Ich persönlich komme eher mit der gedrehten Variante zu recht, mir wurde aber zuletzt immer öfter davon abgeraten und zur Variante mit mehr Distanz geraten. Hier bekomme ich dann mit meinem Uke Probleme, ordentlich das Gleichgewicht zu halten.
tutor!
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Re: Nage-no-kata: Technikfragen

Beitrag von tutor! »

Das alte Lehrvideo ist suboptimal, die anderen deutlich besser.

Man muss immer genau schauen, was die Idee zur Erzeugung des Gleichgewichtsbruchs ist. Bei Sasae-tsurikomi-ashi in der Nage-no-kata sind es zwei Elemente:
1. Der Rhythmuswechsel von Toris Schritten
2. Die Verlängerung(!) der Bewegung des nachziehenden Fußes, nach dem zweiten Schritt.

Durch die Verlängerung des Schritts wird Uke weiter nach vorne gezogen, als er eigentlich möchte. Durch den Rhythmuswechsel kann Uke seine Bewegung nicht anpassen. Toris Standfuß beim Wurf muss also von Joseki aus gesehen (bei Rechtsausführung) etwas (!!!) hinter den linken Fuß gesetzt werden.

Viele übertreiben dies und geraten dadurch in eine labile Position. Leider wird auch von Bewertenden oft ein übertriebenes nach schräg hinten gehen erwartet. Ich persönlich finde das neue Lehrvideo am gelungendsten. Es hängt aber sehr viel davon ab, Uke aktiv nach vorne kommt (was er nicht sollte) oder ob er Widerstand gegen Toris Zug entwickelt.
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