Nage-no-Kata Seminar im Kodokan (Video)

Nage-no-Kata, Katame-no-Kata, Gonosen-no-Kata und verwandte Kata
tutor!
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Nage-no-Kata Seminar im Kodokan (Video)

Beitrag von tutor! »

Ein kurzes Seminar wurde auf Video zur Verfügung gestellt:

http://www.canal-sport.fr/widget/kodoka ... ure-judo-2

Nun gibt es mehrere Videos von entsprechenden Seminaren, dies ist aber schon eine kleine Besonderheit, denn es unterrichtet Kariya Chikara, der normalerweise "nur" als Uke oder als Übersetzer für andere im Einsatz ist. Dabei ist er einer der vielleicht am meisten unterschätzten Lehrer am Kodokan (er gehört zur internationalen Abteilung). Außerdem gehört er definitiv zu meinen fünf liebsten Randori-Partnern.

Eine Freude, ihn einmal als "Chef" unterrichten zu sehen und - wer aufmerksam hinschaut und hinhört - bekommt das ein oder andere mit, was ich mir für Deutschland auch wünschen würde.
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HBt.
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Beitrag von HBt. »

Bei allem Lob für Chikara san - sehen wir hier nur die absoluten, grundlegendsten Strichübungen ... *
"(...)wer aufmerksam hinschaut und hinhört - bekommt das ein oder andere mit, was ich mir für Deutschland auch wünschen würde."
Ich habe aufmerksam beobachtet, gelauscht und konnte doch nichts Neues (in keiner Richtung) ausmachen ---> sollte ich? Für mich bedeutet das im Umkehrschluss, das Niveau der TR/ÜL und Kata-Übenden in Deutschland muss enorm gesunken sein.

Kaum vorstellbar.

#
Jetzt hab ich's: wir (deutsche Staatsbürger) passen einfach im (Schul)Unterricht nicht auf, sind abgelenkt, gelangweilt, hören nicht zu, benötigen mehr Unterhaltung (Reize) ;) .

Ernsthaft,
ich verstehe die Anspielung "bekommt das ein oder andere mit" nicht. Welche Lücke wird denn beim aufmerksamen Betrachten & Zuhören gestopft? Wer nicht aufpasst, muss halt nachsitzen oder er wird nicht versetzt. Irgendwann stört er die Klasse und bekommt einen Verweis ...


* phantastische Reduktion,
das muss ich zugeben.
tutor!
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Re: Nage-no-Kata Seminar im Kodokan (Video)

Beitrag von tutor! »

Oh, ich hab auch nichts für mich Neues mitbekommen - und ich kenne auch eine Reihe von Leuten, denen das ähnlich gehen dürfte. Das heißt konkret, dass man nicht nach Japan fahren muss, um Nage-no-Kata zu lernen. Auch nicht, um wirklich hohes Niveau zu erreichen.

Ich sehe aber auch viel in Deutschland: Dan-Prüfungen und angehende Dan-Prüflinge. Dort erlebe ich dann immer wieder, wie ziemlicher Murks in einigen Punkten eingebaut wird, der einfach nicht tot zu kriegen ist. Das sage ich auch vor dem Hintergrund, dass ich diesen Murks selbst irgendwann einmal so gelernt und leider Gottes auch so weitergegeben habe. Ich wünsche mir für Deutschland, dass eben dieser Murks endlich verschwindet.

Insofern ist das Niveau der ÜL/Trainer nicht gesunken (zumindest kann man das pauschal nicht so sagen), sondern nur sehr vereinzelt gestiegen.

Prägnantes Beispiel ist der Seoi-nage. Es hält sich wacker die Mär, dass Uke durch seinen Schwung fast von alleine über Tori purzelt. Auf dem Video wird jedoch eindeutig erklärt, dass dies nicht so ist - und auch warum das Quatsch ist. Es geht darum, dass Tori bei JEDER Technik ein entsprechendes Kuzushi macht (wird ebenfalls in den Vorbemerkungen erklärt). Tori nutzt die Vorwärtsbewegung von Uke, um genau dieses Kuzushi zu machen. Daraufhin purzelt Uke nicht über Tori, sondern versucht sein Gleichgewicht wieder herzustellen und leistet Widerstand, erhöht also seine Körperspannung. Dies wiederum spielt Tori in die Hände, der - wie auch im Kampf - nun leichter werfen kann.

Eine andere Sache ist das Tsugi-ashi, bei dem niemals der nachgezogene Fuß dicht an den führenden Fuß herangezogen wird.

Eigentlich alles Sebstverständlichkeiten, von denen BTW viele sagen, dass das für sie genauso selbstverständlich ist, jedoch zeigt die Realität meist ein anderes bild.
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Querschnitt

Beitrag von HBt. »

(...) Eigentlich alles Sebstverständlichkeiten, von denen BTW viele sagen, dass das für sie genauso selbstverständlich ist, jedoch zeigt die Realität meist ein anderes Bild.
Dann sollte man exakt diesen Umstand erkunden, analysieren warum das so ist. Beteiligt sind eingangs drei Personen: der TRAINER, Uke & Tori. ... auch kann man eine Videokamera
beim Üben aufstellen (wenn es hilft!?).
An mangelhafter Information ist heute jeder der DREI selbst schuld. Daran sollte es also nicht liegen. Quellen sind vielfältig vorhanden und zugänglich.

Wenn sich im wirklichen Leben eine signifikante Differenz einstellt ist das sehr bedenklich. Warum? Weil die Nage no kata schon immer (klug) reduziert war ---> wir sie sogar im Ausbildungsprogramm der noch nicht graduierten Judoka verankert haben. Sollen wir (die Judogemeinschaft) die Kata weiter vereinfachen?

Traurig,
doch wenn das nun einmal der Ist-Zustand ist ... hat man ja eine Arbeitsgrundlage.

#
Und doch ist es müßig (unerschüttert immer wieder auf die selben Kinkerlitzchen hinzuweisen). Nur ein positives Beispiel geben, kann vielleicht auf Dauer etwas Gutes erreichen.

^ Danke für das Video und die kurze Erklärung.

HBt.

Nachtrag zum ISN innerhalb der NnK:
(...)
Es hält sich wacker die Mär, dass Uke durch seinen Schwung fast von alleine über Tori purzelt.
Das alleine ist natürlich Unsinn. Und selbstverständlich gehen hier unterschiedliche Funktionsphasen derart in einander über, so dass von außen betrachtet schnell der geschilderte Eindruck entstehen kann ... leider ist das überdeutliche Darstellen wollen dieser herausgearbeiteten Phasen auch dooooof. Es sieht nicht nur blöd aus, sondern erfordert im EXTREMEN auch ein vollständiges Blocken /Stoppen des Überkopfschlages (der Hilfsbewegung), Toris Struktur muss den Hammer aufnehmen ... das ist für beide Parteien blöd, also wird sich sehr wahrscheinlich etwas zwischen den beiden Extrempunkten aufbauen, ... an dieser Stelle kann man jetzt endlos weiter debattieren oder analysieren & synthetisieren.
Wir wissen was der Standard umreißt und was wir demonstrieren sollen ---> üben dürfen wir auch einmal etwas anderes, wenn wir den Standard (umsetzen) können ... von alleine stürzt Uke auf jeden Fall nicht über das Hindernis Tori ;-).

Wollten wir alleine nur Tsukuri /Kuzushi /Tsukuri / Kake üben, darstellen, demonstrieren ... benötigten wir (heute) für den Seoinage keine Aushol-Überkopf-Abwärtsbewegung von Ukes Arm nicht (der Faustboden haut auf den Lukas /Schädeldach) ... u.s.w.
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Der Wurm im zweiten TE-WAZA der NnK

Beitrag von HBt. »

Warum hält eigentlich immer der SeoiNage (für ...) her???

Stellen wir uns blöd und und frieren das Bild ein, exakt an der Stelle an der Uke durch Körperspannung (und resultierender Streckung) mit aufschließendem Schritt (damit wir u.a. auf den Achsen bleiben) Widerstand gegen das Kuzushi leistet (leisten soll, vorher hat er Tori noch auf den Kopf gehauen - wollte er zumindest).

Auch dieses Extrem (ich nenne das jetzt einmal so, mit anderer Bedeutung als oben ^) ist Unsinn. Denn dann benötigen wir ja gar keine Bewegung von Uke, er könnte einfach mit Körperspannung aufrecht stehen ... wir (Tori) würden ihn jetzt als einen Stamm einfach aushebeln und über uns stürzen lassen; wären wir dabei gemein (verändern etwas*), pflanzen wir den Baum leicht schräg mit dem Kopf zu erst in den Boden, er rutscht ... und jetzt beschleunigen wir ihn noch zusätzlich (Kake, Exekution).

Ist dieser geschildete Wurm der Hintergrund warum Seoinage immer wieder herhalten muss, sei es nun alleine für die beschriebene Mär.

*etws an den Haaren herbeigezogenes Beispiel, denn mit dem ISN der NnK geht das einfach nicht, er ist in seiner Ausführung absolut sicher
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Re: Der Wurm im zweiten TE-WAZA der NnK

Beitrag von tutor! »

HBt. hat geschrieben:
07.11.2017, 12:38
Warum hält eigentlich immer der SeoiNage (für ...) her???
Weil es so schön passt... und - soweit es mich betrifft - die Technik so schön weit vorne in der Kata vorkommt. Bei anderen ist es ja etwas komplizierter.

Genau das beschriebene Szenario ist - und darauf lege ich besonderen Wert - kein Unsinn, sondern exakt das, was sich auch im Randori zuträgt. Ich schriebe ja:

"...versucht sein Gleichgewicht wieder herzustellen und leistet Widerstand"

D.h., Uke hat zu Beginn sein Gleichgewicht natürlich etwas verloren, sonst könnte er es ja nicht wiederherstellen. Diesen Versuch des Wiederherstellens des Gleichgewichts vollzieht er durch eine Bewegung (ein Schritt mit links nach vorne neben seinen rechten Fuß) UND durch Aufbau von Körperspannung. Da es ihm jedoch nicht gelingt, sein Gleichgewicht wieder vollständig herzustellen, fällt er. Die erhöhte Körperspannung erleichtert dabei Tori die Kraftübertragung und Wurfkontrolle.

Dies gilt grundsätzlich für ALLE Techniken in ALLEN Kata. Nur ist genau dieser Punkt so gut wie nie Thema bei Lehrgängen etc.

Deshalb schrieb ich ja auch, dass derjenige, der AUFMERKSAM hinschaut, vieles finden würde, was ich mir für Deutschland wünsche.

PS: beim Ura-nage erklärt er dasselbe noch einmal, da er aber weder selbst wirft, noch werfen lässt (wohl dem Video geschuldet), ist es nicht in einer kompletten Wurfausführung zu sehen.
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Weil er exemplarisch besonders gut passt

Beitrag von HBt. »

^ mir musst Du das nicht erklären 'tutor!' - ich verstehe Dich in diesem Punkt ja ... ich verstehe aber nicht warum das (das - jetzt bitte allgemein und einpackend zu verstehen, global für die NnK, bzw. Nagewaza und eben das Randori) im
dunklen Deutschland nicht verstanden sein soll ---> sagen wir "gering ausgeprägt".

Diesen Versuch des Wiederherstellens des Gleichgewichts vollzieht er durch eine Bewegung (ein Schritt mit links nach vorne neben seinen rechten Fuß)
und über diesen Punkt kann man unendlich streiten ... und fragen, wie soll Uke mit links nach vorne aufschließen, wenn er rechts in eine ganz andere Richtung gezogen wird. Eingefrorenes Bild, Uke passiv!
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Re: Weil er exemplarisch besonders gut passt

Beitrag von tutor! »

HBt. hat geschrieben:
07.11.2017, 13:10
(...)
Diesen Versuch des Wiederherstellens des Gleichgewichts vollzieht er durch eine Bewegung (ein Schritt mit links nach vorne neben seinen rechten Fuß)
und über diesen Punkt kann man unendlich streiten ... und fragen, wie soll Uke mit links nach vorne aufschließen, wenn er rechts in eine ganz andere Richtung gezogen wird. Eingefrorenes Bild, Uke passiv!
Indem er seine rechte Schulter nach hinten zieht...... dabei Zug-Gegenzug aufbaut, was ihm das Vorkommen mit links ermöglicht..... und schon sind wir bei sehr, sehr feinen Details..... denn das kann nur gelingen, wenn er sein Gleichgewicht noch nicht vollständig verloren hat. Im Gegensatz z.B. zu Sasae-Tsuri-komi-ashi oder Kata-Guruma, bei denen das Gleichgewicht schon etwas weiter gebrochen ist.
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Wie gehts ?!

Beitrag von HBt. »

tutor! hat geschrieben: Indem er seine rechte Schulter nach hinten zieht...... dabei Zug-Gegenzug aufbaut, was ihm das Vorkommen mit links ermöglicht..... und schon sind wir bei sehr, sehr feinen Details..... denn das kann nur gelingen, wenn er sein Gleichgewicht noch nicht vollständig verloren hat. Im Gegensatz z.B. zu Sasae-Tsuri-komi-ashi oder Kata-Guruma, bei denen das Gleichgewicht schon etwas weiter gebrochen ist.

:D

Ich behaupte, es findet sogar noch etwas mehr statt - die kleinen Details eben.

Und dafür ist jetzt der Austausch und eben der Besuch hochkarätiger Veranstaltungen (das kann auch ein kleiner Rahmen sein) vonnöten. Doch das Bild vom Zurückziehen der eigenen rechten Schulter (ich bin jetzt Uke) ist tatsächlich gut, man muss sich nämlich fragen, was diese (sagen wir) Aktion (dazu) statisch (und dynamisch?) & mechanisch bewirkt .................... alleine ein Gegenzug ist es ja nicht.

Guter Einwurf Tutor!.

Dankeschön,
und nun sind die anderen Forianer wieder am Ruder ;-) würde ich mich streiten wollen, würde ich behaupten: auch diese Maßnahme /dieses funktioniert nicht. Doch das gehört hier nicht her. Halten wir fest: man könnte weitere Fragen stellen.

Gruß,
HBt.
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Ich kann es nicht lassen ...

Beitrag von HBt. »

Judo lässt mich einfach nicht los.



hier einmal ein etwas betagtes Video mit S. Yamamoto san. Uke lässt ganz deutlich die von 'tutor!' beschriebene Mechanik vermissen, er stellt sich von ganz alleine auf die Zehenspitzen und streckt sich dabei -> es ist keine Gegenwehr auszumachen, ebenfalls keinerlei Versuch ein von Tori gestörtes Gleichgewicht (verwurzelt mit dem Fußboden, der Bezugsfläche /Ebene) wieder selbstätig zurück zu stellen. Er lässt sich einfach nur werfen.

Auch im nächsten (etwas jüngerem) Beispiel finden wir "dieses Detail nicht", absolut nicht ... im Gegenteil: Uke verzögert und hält zurück / bzw. kurz an /hält inne ... was auch immer, noch bevor Tori aktiv wird (im Sinne der Kontaktaufnahme und des verlangten Kuzushi).


Die Zeitlupe und die Betrachtung von Einzelbildern macht es möglich ;-)


Entschuldigung,
HBt.


#
Am Zusammenspiel von Uke & Tori sowie Tori & Uke - an dieser Schraube muss vielfach noch justiert, nachgezogen werden. Um zu ereichen was gefordert wird (hier 'tutor!') muss auch Tori einen Stopp einbauen, der im ungünstigsten Fall wie ein BLOCK ausschaut.
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auch hier sehen wir ...

Beitrag von HBt. »




nichts dergleichen.



Wo liegt jetzt das Problem?


u.s.w.,
HBt.
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Re: auch hier sehen wir ...

Beitrag von tutor! »

HBt. hat geschrieben:
07.11.2017, 16:01
Wo liegt jetzt das Problem?
Bei Sakamoto/Yokoyama Z.B. im zu kooperativen Uke (was häufig der Fall ist). Links ist es übrigens ein klein wenig besser als rechts.

Wenn die Technik mit sehr hoher Geschwindigkeit ausgeführt wird, ist es sehr, sehr schwierig, es trotzdem noch exakt zu machen (was Sakamoto auch jederzeit bestätigen würde).

Im Lehrvideo oben (Mukai/Kariya) wollten sie es wohl überdeutlich machen.

Es ist jedoch eine Sache, die Theorie zu verstehen und Probleme bei der praktischen Umsetzung zu haben... und eine andere, sich die Theorie nach der nicht gekonnten Praxis zu basteln.
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Fritz
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Re: Nage-no-Kata Seminar im Kodokan (Video)

Beitrag von Fritz »

tutor! hat geschrieben:
07.11.2017, 09:41
Prägnantes Beispiel ist der Seoi-nage. Es hält sich wacker die Mär, dass Uke durch seinen Schwung fast von alleine über Tori purzelt. Auf dem Video wird jedoch eindeutig erklärt, dass dies nicht so ist - und auch warum das Quatsch ist. Es geht darum, dass Tori bei JEDER Technik ein entsprechendes Kuzushi macht (wird ebenfalls in den Vorbemerkungen erklärt). Tori nutzt die Vorwärtsbewegung von Uke, um genau dieses Kuzushi zu machen. Daraufhin purzelt Uke nicht über Tori, sondern versucht sein Gleichgewicht wieder herzustellen und leistet Widerstand, erhöht also seine Körperspannung. Dies wiederum spielt Tori in die Hände, der - wie auch im Kampf - nun leichter werfen kann.
Soweit so gut, er erklärt, daß der Arm nicht hart geblockt wird, sondern die Bewegung fürs Kuzushi genutzt wird.
tutor! hat geschrieben:
07.11.2017, 13:17
Indem er seine rechte Schulter nach hinten zieht...... dabei Zug-Gegenzug aufbaut, was ihm das Vorkommen mit links ermöglicht..... und schon sind wir bei sehr, sehr feinen Details..... denn das kann nur gelingen, wenn er sein Gleichgewicht noch nicht vollständig verloren hat.
Irgendwelches Zurückziehen der Schulter sehe ich nichts, war auch keine Erklärung dazu zu vernehmen.
Es wird nur auf den üblichen Schritt mit dem linken Bein ans rechte ran hingewiesen, der steht schon bei Otaki/Draeger drinnen und ist m.E. der Tatsache geschuldet, daß Uke seine Vorwärts-Bewegung nicht
abstoppt, meinethalben gern auch nicht mehr abstoppen kann (von wegen des Kuzushi) und halt weiterläuft. Da braucht man jetzt auch nichts groß hinein zu deuten, insbesonders, wenn man sich
sonst gegen Hineindeutereien vehement ausspricht ...

Ansonsten - wie immer - es fehlen die Erklärungen zum Warum: Warum Ukes Arm auf Toris Schulter, warum die "unübliche" Armhaltung von Tori (also der Griff nach oben) usw. usf.
Uki-Otoshi ist ja noch davor, da erklärt er was zum Abstand und daß beide Arme zu ziehen haben, ist sicherlich korrekt,
die Wurfausführung dann selbst - naja, da ist der Uke extrem fallwillig, fast aikidomäßig, sag ich mal ...

Den Rest schau ich mir später an ... ;-)
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Re: Nage-no-Kata Seminar im Kodokan (Video)

Beitrag von tutor! »

Fritz hat geschrieben:
07.11.2017, 16:22
(...)Irgendwelches Zurückziehen der Schulter sehe ich nichts, war auch keine Erklärung dazu zu vernehmen.
Es wird nur auf den üblichen Schritt mit dem linken Bein ans rechte ran hingewiesen, der steht schon bei Otaki/Draeger drinnen und ist m.E. der Tatsache geschuldet, daß Uke seine Vorwärts-Bewegung nicht abstoppt, meinethalben gern auch nicht mehr abstoppen kann (von wegen des Kuzushi) und halt weiterläuft. Da braucht man jetzt auch nichts groß hinein zu deuten, insbesonders, wenn man sich sonst gegen Hineindeutereien vehement ausspricht ...
Öhm... er sagt klar, dass Uke den Schritt zur Verteidigung macht.....

BTW auch bei OTAKI/DRAEGER lesen wir: At the moment of body contact, as produced by Tori's tsukuri, Uke "floats" up against Tori, a condition which is ensured by Tori's pulling Uke and thus compelling him to move his trailing leg forward in an attempt to preserve his balance. ( S. 97)

Das ist alles nichts grundsätzlich Neues, nur eben erstens schwierig zu machen und zweitens oft überlesen.
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Nage-no-Kata: Kardinalfehler

Beitrag von HBt. »

Wenn die Technik mit sehr hoher Geschwindigkeit ausgeführt wird, ist es sehr, sehr schwierig, es trotzdem noch exakt zu machen (was Sakamoto auch jederzeit bestätigen würde).
So ist es.
Ebenfalls spielt die gewählte Ortsveränderung und die Distanz eine wesentliche Rolle im Umgang mit dem "Bud Spencer Hieb" oder eben dem "Hau den Lukas".
Es ist jedoch eine Sache, die Theorie zu verstehen und Probleme bei der praktischen Umsetzung zu haben... und eine andere,
sich die Theorie nach der nicht gekonnten Praxis zu basteln.
Kein Widerspruch von meiner Seite. "HBt." bastelt (ja) nicht ;-). Ich mag Bastler nicht, sie verstehen oftmals einfach nichts (von dem Fachgebiet in dem sie wildern).

@Fritz,
ich möchte 'Otaki & Draeger' gerne außen vor lassen. Mir reicht es vollkommen aus* wenn man mir sagt wie ich es machen soll und dann mache ich das, ganz einfach - ohne Theorie ;-) einfach so. Punkt.

Ich versuche nur die von 'tutor!' skizzierte MÄR (das Uke sich selbst wirft und dabei über Tori purzelt) nachzuvollziehen. Auf diese Weise könnte man Schritt für Schritt die Nage no kata durchgehen, nur Jigoro Kano können wir nicht um Rat fragen. Aber wir können Ukes Auftakt eindeutig beschreiben und festlegen. Damit fängt der SN schließlich an. Wie führt Uke diese von Kano eingeführte Hilfsbewegung aus und wie weit führt er sie aus. Von Mutodori und Blankwaffen sowie Atemi
haben wie uns schon vor grauer Vorzeit verabschiedet ... es bleibt die schnörkellose Bewegung des gesamten Bewegungsapparates von Uke übrig.

Uke strebt dieses Ideal an
und Tori reagiert ...

Punkt Eins muss noch endgültig kommuniziert werden, bevor der nächste Schritt erörtert werden kann.

HBt.

*dieses Beispiel wäre auch ein vertretbarer Standpunkt
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closed gate effect

Beitrag von HBt. »

(...)

BTW auch bei OTAKI/DRAEGER lesen wir: At the moment of body contact, as produced by Tori's tsukuri, Uke "floats" up against Tori, a condition which is ensured by Tori's pulling Uke and thus compelling him to move his trailing leg forward in an attempt to preserve his balance. ( S. 97)

Das ist alles nichts grundsätzlich Neues, nur eben erstens schwierig zu machen und zweitens oft überlesen.

Ganz und gar nicht. Ich habe immer ausdrücklich darauf hingewiesen und erklärt warum das so ist - und werde dieses immer tun.

Dummerweise hilft Uke diese Reaktion nicht den eigentlichen Wurf zu verhindern - sie unterstützt Tori über alle Maßen ... deshalb finde ich die Formulierung "Verteidigung" hier ungünstig gewählt.

#
Im Übungsbetrieb kann man diesen Teil ja einmal bewusst vergessen und sich hinterher das Ergebnis anschauen /auch fühlen.

---> dieser Punkt ist ein sehr alter Hut.

##
Weiter:

Wenn die "Bud Spencer Mechanik" stimmt, kommt es auch ganz automatisch zu dem besagten Schritt /oder dem Aufschließen von Ukes linker Körperhälfte.

Will man aber künstlich die Trennung der Funktionsphasen herausstellen, ja dann ... sieht alles plötzlich etwas anders aus - aber nicht mehr im flüssigen Betrieb.
tutor!
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Re: closed gate effect

Beitrag von tutor! »

HBt. hat geschrieben:
07.11.2017, 17:16
Will man aber künstlich die Trennung der Funktionsphasen herausstellen, ja dann ... sieht alles plötzlich etwas anders aus - aber nicht mehr im flüssigen Betrieb.
Welche Funktionsphasen meinst Du ? Und in welche Sequenzen soll versucht werden, sie zu trennen?
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Phasen (und die Vermittlung-sMethoden)

Beitrag von HBt. »

Welche Funktionsphasen meinst Du ? Und in welche Sequenzen soll versucht werden, sie zu trennen?

Zum Einen selbstverständlich die Phasen der Antwort:
SN.
Und dann das geforderte Herausarbeiten des KUZUSHI, welches jetzt dazu führt, dass Uke gezwungen ist (über einen Fixpunkt - eine Achse) zu drehen / zu pendeln / auszugleichen /aufzuschließen ---> den Schritt zu machen! "Sprich der im Gleichgewicht (wir sollten für diesen speziellen Moment vielleicht eine passendere Umschreibung finden) gestörte Körper von Uke" ... wenn diese Sache (vielleicht kann man Organisation dazu sagen) erst gestört ist, kann sie nicht mehr bewusst in eine gewollte Richtung umgeordnet werden.

Nennen wir es These. Stimmt diese These (?), kann man die komplette Sequenz als einstudierte Bewegungsstudie entmystifizieren.

Mir ist einfach wichtig "das div. Aktionen (Aspekte /Sequenzen)" nahtlos ineinander übergehen, man oft naturgegebene Aspekte nicht wie am Reißbrett gezogen wieder erkennt (erkennen kann). Man kann allerdings grobe Fehler produzieren.

@tutor!,
besser kann ich meine Gedanken momentan nicht in Worte fassen ---> die Grippe (so ein blöder Virus) hat mich überfallen :cry:

Gruß und gute Nacht,
HBt.

Nachtrag (ganz schnell, die Suppe läuft):

hauen, blocken, Kuzushi, drehen / Platzwechsel, Gegenzug (Achse bilden) - Schritt, Finale und Kake
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SN 2:28

Beitrag von HBt. »



Lieber Andreas S.,
man sieht ganz eindeutig das Herr Smeikal nicht durch den dubiosen Zug am Arm "in den Parallelstand" kommt. 2 Minuten und 28 Sekunden. Nach weiteren 30 Sekunden ist Tim bereits zu müde um mit links noch parallel aufzuschließen.

Noch etwas genauer betrachtet' erkennt man, dass "der Tim" beim "Bud Spencer Hieb" ein Ziel anvisiert, das er niemals treffen kann. Wenn Alex einfach nur stehen geblieben wäre, dann wäre der Faustboden ca. 50cm bis 30 cm vor dem Lukas (hier Alexanders Nasenspitze) vorbei gesaust. Links war die Distanz etwas besser, wie ich finde.

Ich vermute einmal:
Tim & Alex wollten "den Block" herausarbeiten/überdeutlich betonen (eine Wettkampfvorgabe) ... mir gefällt das nicht.

Man könnte auch argumentieren, dass Uke im voraus weiß, dass "Lukas" ihm entgegenkommen wird. Alternativ benötige ich sogar eine größere Distanz, um später am quasi ausgestreckten Arm ziehen zu können ---> das (geforderte) Kuzushi zeigen zu können.

Die musikalische Untermalung nervt wie die Pest.

Gruß,
HBt.


PS
Bei Shiro Yamamoto erkennt man (so weit das überhaupt möglich ist, mit der gegebenen Bildverarbeitung oder dem Eingangsmaterial) eine bessere Distanz und auch einen etwas "anderen Hieb".
Sakamoto (& Partner)
ist natürlich spitze ... irgendwo hatten wir das schon einmal (ich glaube einer Dan-Prüfung oder All-japanischen Dings Bums)
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Video (NJV)

Beitrag von HBt. »

^ hier wird weder gezogen, noch wird ein Gegenzug (wie oben beschrieben) aufgebaut ---> aus dem dann das nahezu parallele Aufschließen Ukes erfolgen würde.

Kontext: SN r/l
Antworten