Nage-No-Kata

Nage-no-Kata, Katame-no-Kata, Gonosen-no-Kata und verwandte Kata
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Sono Mama
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Re: Nage-No-Kata

Beitrag von Sono Mama »

tutor! hat geschrieben:
28.03.2022, 14:06
Mal ganz blöd gefragt: Wofür brauchst Du das? U

Ich wollte mich einfach mal wieder bei den verschiedenen Kata auf den "neuesten" Stand bringen bzw. mich einfach mal wieder richtig befassen und mein wissen auffrischen.
Sono Mama
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Re: Nage-No-Kata

Beitrag von Sono Mama »

tutor! hat geschrieben:
29.03.2022, 07:15
caesar hat geschrieben:
29.03.2022, 00:01
Wenn die Wahrnehmung an der Basis so ist, muss es irgendwo mal so vermittelt worden sein. Oder bei sehr vielen geht unabhängig voneinander der Gehörgang falsch.
Hier muss die Realität sich den Fakten noch angleichen.
Die beschriebene Wahrnehmung an der Basis ist leider traurige Realität. Sie ist Folge eines Narrativs, das einige "Kata-Experten" leider wohl bewusst, leider aber auch unbewusst entwickelt haben. Die derzeitige Kata-Kommission arbeitet intensiv daran, hier mehr Klarheit und Transparenz zu schaffen - übrigens nicht nut mit den Online-Seminaren, sondern auch schon zuvor mit Lehrgängen usw. Nur braucht eben alles seine Zeit, bis die Botschaften in die Breite angekommen sind.

Ein klein wenig kann ich zur Historie beitragen.

In Westdeutschland gibt es seit 1985 Kata-Meisterschaften zunächst nur für Nage-no-Kata (ich selbst war bei der ersten Auflage anwesend). Jeder LV durfte zwei Wertungsrichter stellen, Eine Lizenzierung o.ä. gab es nicht. Ein Punktesystem wurde zuvor erstellt. Dabei stellte sich heraus, dass die regionalen Vorstellungen von Nage-no-Kata - obwohl schon Jahrzehnte im Prüfungsprogramm für den 1. Dan - sehr unterschiedlich waren. Dies sorgte einerseits bei weniger erfolgreichen TN für Frust, andererseits jedoch wurden Diskussionen über die "richtige" Ausführung angeregt. Und natürlich diskutierte jeder auf der Basis des persönlichen Verständnisses...

In den Folgejahren hatte sich ein gewisser Standard etabliert. Nach der Wiedervereinigung trat mit erscheinen der ersten TN aus den neuen Ländern dasselbe Phänomen wieder auf. In Ost und West hatten sich unterschiedliche Eigenheiten herausgebildet. Zwischenzeitlich trennte sich der DJB vom DDK, was zur Folge hatte, dass nun der DJB in der Verantwortung für die Kata-Lehre stand. Dieser Verantwortung wurde versucht, durch Aufbau entsprechender Strukturen gerecht zu werden. Einige Kernpunkte:
  • es wurde ein Kata-Beauftragter benannt
  • die in den 1990er Jahren erschienen Kodokan-Videos wurden offiziell zu Leitmedien für den DJB
  • für jede Kata wurde ein Kümmerer benannt (ich war einer von ihnen)
  • auf deutschen Meisterschaften wurden schrittweise weitere Kata eingeführt
  • es wurde regelmäßig ein japanischer Lehrer nach Deutschland eingeladen (Shiro Yamamoto, heute 9. Dan)
  • einige Kata-Enthusiasten des DJB reisten mehr oder weniger regelmäßig nach Japan
Hierdurch konnten große Fortschritte gemacht werden. Es entstand aber auch so etwas wie eine "Kata-Elite", oder mit einer anderen Formulierung, ein Kreis, der ein elitäres Gefühl für sich selbst entwickelte.

Diese Elite machte natürlich eine Lernkurve mit, aber - und da entwickelte sich das oben angesprochene Narrativ - anstatt nun die eigene Lernkurve als solche nach außen auch zu kommunizieren, wurde Hinzugelerntes oftmals als "Neuerungen aus dem Kodokan" verkauft. Wenn man also irgendein Detail anders vermittelte als im Vorjahr, dann haben die meisten dies nicht damit erklärt, dass sie im Vorjahr das auch noch nicht so genau gewusst hätten, sondern damit, dass man es "neuerdings" so machen würde. Es entstand tatsächlich so etwas wie eine Legende, dass im Kodokan Arbeitsgruppen damit beschäftigt seien, die Kata-Standards permanent zu überarbeiten. Die Elite - und praktisch nur diese Elite - verfügte nicht zuletzt aufgrund persönlicher Kontakte über aktuelle Informationen, sozusagen exklusiv. Das Narrativ steuerte also Hierarchien.

Mit Einführung von Europa- und Weltmeisterschaften bröckelte dieses Narrativ jedoch. Dort zeigte sich, dass sich Deutschland teilweise auch mit/zu eigenen Interpretationen entwickelt hatte, wenngleich Fortschritte trotz aller oben genannter Probleme erheblich waren. Die ersten internationalen Meisterschaften waren mehr von Pleiten deutscher Paare gekennzeichnet, als von Erfolgen (auch die gab es jedoch). Dies wurde teilweise nicht ganz zu unrecht auf Bewertungen und den zu großen Einfluss einiger Nationen (ITA, ESP) zurückgeführt. Dabei wurde von vielen Seiten verkannt, dass Deutschland eben nicht die Weisheit direkt aus Japan importiert hatte...

Heute hält sich das Narrativ nur noch auf der lokalen Ebene. "Neu" ist dabei als relativer Begriff zu sehen. Viele selbst empfundene Eliten müssten eigentlich konstatieren, dass vieles, was sie für eine "Neuerung" halten, nur für sie "neu" ist. Das wäre aber gleichzeitig ein Eingeständnis, in der Vergangenheit eben nicht auf der Höhe gewesen zu sein - vielleicht auch bei Prüfungen nicht sachgemäß bewertet zu haben. Das "Narrativ der Änderungen" ist da schon komfortabler.

Heute verfügt der DJB in einigen Kata über absolute internationale Top-Experten. Was sie zu unterrichten haben, ist sicherlich für viele durchaus engagierte Menschen in den LV "neu" aber es sind keine Neuerungen der Kata, sondern schlicht Fortschritte.
Danke für diese ausführliche Antwort.

Das deckt sich in gewisser Weise mit meinen Erfahrungen, dass oftmals Leute mit der Aussage "das macht man jetzt so" oder "das ist die neueste Auslegung" Sachen vermitteln, die dann aber doch nicht so atemberaubend anders und neu sind.

Vielen Dank
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