Toshiro Daigo schreibt in seinem Buch über die Kodokan-Wurftechniken im Kapitel "Hane-goshi" auf Seite 236, 1. Absatz, folgenden Satz:
"Uke und Tori haben beide gefasst, wobei Uke sich in Rechtsauslage (Migi-kamae) und Tori sich in der natürlichen Stellung rechts (Migi-shizentai) befinden."
Wie bezeichnet man im Judo die Rechts- bzw. die Linksauslage fachtechnisch? Ist es so richtig, wie Daigo es schreibt? Er bezeichnet die Rechtsauslage als "Migi-kamae" und folglich müsste man die Linksauslage logischerweise als "Hidari-kamae" bezeichnen.
Andererseits kenne ich die Rechtsauslage auch unter dem Begriff "Migi-kumi-kata" und folglich die Linksauslage unter "Hidari-kumi-kata". Wobei ich in diesem Falle nicht weiß, woher dieser Ausdruck kommt und ob sein Verwender Japanisch als Muttersprache spricht. Irgendwo habe ich das in irgendeinem Buch aufgeschnappt.
Ganz allgemein kenne ich den Begriff "Kamae" eher als "Haltung" oder "Positur" in einer Angriffs- oder Verteidigungssituation. Wobei mich aber hier ausschließlich nur ein Greifen in der Rechtsauslage bzw. ein Greifen in der Linksauslage interessiert. Nicht irgendeine allgemeine Körperhaltung.
Kann ich das Greifen in der Rechts- bzw. Linksauslage mit den Begriffen Migi- bzw. Hidari-kamae bezeichnen oder sollte ich lieber einen anderen Begriff verwenden?
Begriff "Migi-Kamae"
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Re: Begriff "Migi-Kamae"
Migi(Hidari)-kumi-kata bezeichnet die Art des Greifens unabhängig von der Körperhaltung/-stellung. Man kann also auch ohne eine Auslage in Migi/Hidari-kumi-kata greifen.
Migi(Hidari)-Kamae bezeichnet eine Bereitschaftsstellung unabhängig davon, wie oder ob überhaupt gegriffen wurde, also auch vor der Griffaufnahme oder vor einem Angriff mit einer Atemi-waza (in einer Kata).
Und jetzt Vorsicht:
Auf den Bildern ist deutlich zu sehen, dass Uke die Beine etwas weiter auseinander und vor allem eine größere Körperspannung hat als Tori. Für Tori gilt eindeutig, dass er in Shizentai ist - für Uke gilt das eben nicht. Darin unterscheidet sich die Ausgangsposition von der ersten beschriebenen Variante. Er ist weder in Shizentai, noch in Jigotai - aber er befindet sich in einer Rechtsauslage. Weiter unten im Text löst sich das Ganze jedoch auf:
"Hierbei handelt es sich um eine äußerst seltene Wurfausführung, die für solche Situationen entwickelt wurde, in denen Tori keinen engen Körperkontakt durch Eindrehen herstellen kann, weil Uke sich in einer starken Rechtsauslage (Migi-kamae) befindet." (S. 236/237)
Also schauen wir auch die konkrete Technik. Weil Uke die Beine etwas weiter auseinander und eine ausgeprägte Rechtshaltung eingenommen hat, als würde er in "normalem" Migi-shinzentai stehen, muss Tori seinen Griff verändern (rechte Hand hoch nehmen, linke Hand in die Nähe der Achsel bringen) und durch einen massiven Schritt neben Ukes Füße dessen Gleichgewicht zur Seite brechen.
Edit: die englische Übersetzung macht diese feine, aber zum Verständnis der Technik wichtige Differenzierung übrigens nicht - was wiederum belegt, wieviel Detailliebe und Sachverstand Dieter Born in die Übersetzungen investiert hat.
Zurück zur Terminologie:
Während die Begriffe Migi(Hidari)-Shizentai bzw. Migi(Hidari)-Jigotai als Fachtermini historisch eindeutig definiert sind, gilt dies (im Judo) nicht für Migi(Hidari)-Kamae. Der Begriff Kamae wird allerdings durchaus in Japan verwendet, wo ich ihn allgemein als "Kampfstellung" verstanden habe, die sowohl Shizentai als auch Jigotai umfassen kann - aber auch Haltungen irgendwo dazwischen.
Migi(Hidari)-Kamae bezeichnet eine Bereitschaftsstellung unabhängig davon, wie oder ob überhaupt gegriffen wurde, also auch vor der Griffaufnahme oder vor einem Angriff mit einer Atemi-waza (in einer Kata).
Und jetzt Vorsicht:
Daigo schreibt nicht Rechtsauslage, Daigo schreibt migi-kamae für Uke und migi-shizentai für Tori. "Rechtsauslage" und "natürlich Stellung rechts" sind die von Dieter Born gewählten Übersetzungen, mit denen er - Gründe unten - versucht hat, die sprachliche Differenzierung Daigos zu erhalten. Damit dies deutlich bleibt, hat er die japanischen Begriffe in Klammern ergänzt.JudoSakura hat geschrieben:Wie bezeichnet man im Judo die Rechts- bzw. die Linksauslage fachtechnisch? Ist es so richtig, wie Daigo es schreibt? Er bezeichnet die Rechtsauslage als "Migi-kamae" und folglich müsste man die Linksauslage logischerweise als "Hidari-kamae" bezeichnen.
Auf den Bildern ist deutlich zu sehen, dass Uke die Beine etwas weiter auseinander und vor allem eine größere Körperspannung hat als Tori. Für Tori gilt eindeutig, dass er in Shizentai ist - für Uke gilt das eben nicht. Darin unterscheidet sich die Ausgangsposition von der ersten beschriebenen Variante. Er ist weder in Shizentai, noch in Jigotai - aber er befindet sich in einer Rechtsauslage. Weiter unten im Text löst sich das Ganze jedoch auf:
"Hierbei handelt es sich um eine äußerst seltene Wurfausführung, die für solche Situationen entwickelt wurde, in denen Tori keinen engen Körperkontakt durch Eindrehen herstellen kann, weil Uke sich in einer starken Rechtsauslage (Migi-kamae) befindet." (S. 236/237)
Also schauen wir auch die konkrete Technik. Weil Uke die Beine etwas weiter auseinander und eine ausgeprägte Rechtshaltung eingenommen hat, als würde er in "normalem" Migi-shinzentai stehen, muss Tori seinen Griff verändern (rechte Hand hoch nehmen, linke Hand in die Nähe der Achsel bringen) und durch einen massiven Schritt neben Ukes Füße dessen Gleichgewicht zur Seite brechen.
Edit: die englische Übersetzung macht diese feine, aber zum Verständnis der Technik wichtige Differenzierung übrigens nicht - was wiederum belegt, wieviel Detailliebe und Sachverstand Dieter Born in die Übersetzungen investiert hat.
Zurück zur Terminologie:
Während die Begriffe Migi(Hidari)-Shizentai bzw. Migi(Hidari)-Jigotai als Fachtermini historisch eindeutig definiert sind, gilt dies (im Judo) nicht für Migi(Hidari)-Kamae. Der Begriff Kamae wird allerdings durchaus in Japan verwendet, wo ich ihn allgemein als "Kampfstellung" verstanden habe, die sowohl Shizentai als auch Jigotai umfassen kann - aber auch Haltungen irgendwo dazwischen.
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
Techniques are only the words of the language judo (Cichorei Kano, 24.12.2008)
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Re: Begriff "Migi-Kamae"
Super !!!!!!!!
Vielen Dank dir !!
Jetzt sind die Dinge klarer.
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Jetzt sind die Dinge klarer.