Tomoe Nage -> IN/YO -> Kito-Ryu -> Koshiki-No-Kata

Hier geht es um einzelne Begriffe und deren wörtliche Übersetzung bzw. deren Bedeutung in verschiedenen Zusammenhängen.
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Oberon
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Tomoe Nage -> IN/YO -> Kito-Ryu -> Koshiki-No-Kata

Beitrag von Oberon »

Bislang bin ich davon ausgegangen, dass das Symbol Tomoe (Ying und Yang) den Kopfwurf darstellt (Tomoe = Kopf = Einheit Ying und Yang). Zumindest wurde es mir so beigebracht. In Gesprächen mit anderen Judoka wurde dieses aber als falsch dargestellt, wobei mir keiner eine genaue Antwort geben konnte.
Vielleicht findet sich in diesem Forum ein Japanologe, der mir die Begriffe übersetzen/erklären kann.
Roland
Zuletzt geändert von Fritz am 23.06.2009, 02:03, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Betreff erweitert
tutor!
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Re: Tomoe Nage

Beitrag von tutor! »

Hallo Roland,
vielleicht kann Reaktivator etwas zu "tomoe" sagen, ich möchte Dir einen Hinweis zu Ying und Yang im Judo geben.

Yin und Yang spielen in der Tat eine Rolle, aber ich halte es für ausgeschlossen, dass sie für eine einzelne Technik stehen. Yin und Yang sind gegensätzliche Pole auf deren Einheit nach fernöstlicher Philosophie die Welt aufgebaut ist. Es gibt zugeordnete Begriffspaare wie links-rechts, vorne-hinten, hell-dunkel, Tag-Nacht, Ruhe-Aktivität, Mann-Frau und viele andere mehr. Es geht also darum, dass die Welt nach dieser Vorstellung komplementär aufgebaut ist. Yin-Yang beinhaltet aber keine moralische oder irgendwie qualitative Wertung - es sind nur die beiden Pole eines Ganzen und jeder Pol kann ohne den anderen nicht existieren.

Yin und Yang sind nach der Philosophie der Kito-Ryu auch zwei Zustände des Kämpfens und damit zwei Formen des Siegens - und beide natürlich gleichwertig, da es keine qualitative Wertung gibt. Deshalb halte ich es für ausgeschlossen, dass Yin und Yang eine einzelne Technik repräsentieren würde. Yin und Yang sind die Basis für "Ju" (der Angreifende agiert in "Yang", der Nachgebende in "Yin") und damit für viele Techniken des Judo. "Ju" kann man also durchaus in gewisser Weise als die Synthese von Yin und Yang bezeichnen.

Yin und Yang spielen also ein große Rolle beim Verständnis der dem Jujutsu zugrunde liegenden Theorie, die ins Judo mit übernommen wurde, wenngleich Kano sie meines Wissens nie explizit erläutert hat. Kano hat aber etwas anders gemacht, nämlich die Koshiki-no-Kata aus der Kito-Ryu mit ins Judo übernommen (nach einigen kleineren Modifikationen) und uns dort zusammen mit der aus der Tenjin-shinyo-Ryu stammenden Itsutsu-no-Kata als "Ri-no-Kata" (=Kata der Theorie) hinterlassen. Derzeit gibt es eine kleine Gruppe um T. Daigo am Kodokan, die die Densho der Kito-Ryu erforscht und sich genau mit diesen Fragen beschäftigt. (Zur Info: Kano hatte die Densho der Kito-Ryu bekommen, wie m.W. auch Nagaoka, der ebenfalls menkyo kaiden in Kito-Ryu hatte. Nagaoka war Sensei von Daigo und I. Abe. - zwei der drei heutigen Träger des 10. Dan am Kodokan)

Dort spielen andere noch Konzepte eine bedeutende Rolle (mu´i, hontai, shi-ki-ryoku), aber ich bin mit meinen Studien auch erst an einem (faszinierenden) Anfang. So richtig spannend wird es, wenn man auf den Weg macht, diese Konzepte in anderen Kata, z.B. Nage-no-Kata oder Ju-no-Kata, zu suchen.
Zuletzt geändert von tutor! am 30.06.2009, 10:01, insgesamt 1-mal geändert.
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katana
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Re: Tomoe Nage

Beitrag von katana »

Hi Oberon
"Tomoe" bezeichnet symbolisch einen Strudel oder Wirbel.
Das Ying Yang -Symbol hat zweifelsohne eine optische Ähnlichkeit , steht aber in
einem wesentlich umfangreicheren Zusammenhang als kosmisches Symbol.
Yin und Yang sind die Basis für "Ju" (der Angreifende agiert in "Yang", der Nachgebende in "Yin") und damit für viele Techniken des Judo.
Ying und Yang ist die Basis für alles existierende, ein allumfassendes Symbol.
Somit sind die Elementarkräfte Ying und Yang im Einzelenen Grundlage jeglicher materieller Erscheinungsform.
Das schließt natürlich Judo mit ein, die Bedeutung ist aber wesentlich umfangreicher.
"Ju" kann man also durchaus in gewisser Weise als die Synthese von Yin und Yang bezeichnen
Ju ist mit Sicherheit eine Erscheinungsform / Wirkungsprinzip der Elemente Ying und Yang.
Nicht aber zu verwechseln mit dem "Ying Yang Symbol", das wie Tutor schon erwähnt hat, ein Zustand des absoluten
Gleichgewichts und der Harmonie ist.
Die Kräfte sind hier ausgeglichen und erscheinen somit äußerlich als stünden sie still.
Vergleichbar mit einem Gegenstand, der aus unzähligen Elementarteilchen beteht (Atome, Moleküle etc.)
die zwar ununterbrochen in Bewegung sind, aber nach außen für uns als regungslose Materie erscheinen.
Wie im Großen so im Kleinen.

KK
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kastow
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Re: Tomoe Nage

Beitrag von kastow »

Kleiner Nachtrag zu tutors informativen und ausführlichen Beitrag: im Japanischen werden diese beiden Aspekte In (Yin) und Yo (Yang) genannt.
Herzliche Grüße,

kastow

Since the establishment of Kôdôkan jûdô, jûdô has become something that should be studied not only as a method of self-defence but also as a way of training the body and cultivating the mind. (Jigorô Kanô: MIND OVER MUSCLE)
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Oberon
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Re: Tomoe Nage

Beitrag von Oberon »

Danke für die hilfreichen Informationen. Ganz langsam kommt Licht in die Dunkelheit eines Unwissenden.

Wenn man das Symbol von Ying und Yang als Tomoe = Wirbel bezeichnet/ bezeichnen kann, ist es für mich die Nähe zum "Circular throw" verständlich. Ergo ist die eingangs von mir vorgetragene Erklärung zumindestens nachvollziehbar.

Ich finde aber nirgendswo die Bezeichnung Tomoe für das Symbol Ying und Yang.

Nichtsdestotrotz ist mir schon klar, dass das Prinzip Ying und Yang nicht nur für einen Wurf sondern viel weiter zu verstehen ist. (Ich habe mich vor langer Zeit mal mit Richard Wilhelms "I Ging" beschäftigt. Von daher waren mir die Erklärungen zu Ying und Yang nicht ganz unvertraut).

Eine gewisse Ähnlichkeit zwischen dem Symbol und dem Wurf ist aber, denke ich, zu erkennen.
Kopfwurf ist demnach nur eine "deutsche" Interpretation, besser ist wohl der Begriff: Überkopfwurf.

Roland
tutor!
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Re: Tomoe Nage

Beitrag von tutor! »

Lieber Roland,

Du machst hoffentlich nicht den Fehler, die bildliche Darstellung eines philosophischen Konzepts mit dem Namen einer Technik (in englischer Übersetzung "circular throw") in Beziehung zu setzen. Dann könntest Du auch genauso gut jedes andere kreisförmige Symbol, wie z.B. die aufgehende Sonne mit Tomoe-nage in Verbindung bringen. Damit kommst Du inhaltlich nicht wirklich weiter, weil es eben keinen inhaltlichen Bezug gibt.

Yin (oder japanisch "in") bezeichnet einen passiven Zustand, genauer einen Zustand in dem "ki" auf niedrigem Niveau ist. Das Gegenstück Yang (japanisch "yo") bezeichnet nun einen aktiven oder proaktiven Zustand. Ki ist hier auf hohem Niveau. Eine Lehre von Kito-Ryu ist, dass man einen Gegner, der "Yang" (also aktiv) ist mit "Yin" besiegt (nicht direkt passiv, sondern unter Nutzung von dessen "ki"), und umgekehrt einen Gegner, der "Yin" ist, durch "Yang" besiegt. Frei formuliert heißt das, dass ich einen Gegner, der angreift, unter Ausnutzung von dessen Kraft besiege, einen Gegner, der passiv ist, aber selbst angreifen muss.

Bei Tomoe-nage z.B.:
Wenn der Gegner mich schiebt, ist dies eine "Yang"-Aktion (aktiv), die ich mit einer "Yin"-Aktion kontere, indem ich seinem Druck nachgebe und ihn letztlich unter Ausnutzung seiner Bewegung werfe.

Das kommt einem dann wieder recht vertraut vor, dennoch steckt mehr dahinter als nur ein Spiel der Kräfte, die weitergeleitet werden. Denn diese Kräfte resultieren immer aus Zuständen des "ki" und sind damit psychisch determiniert. Die Kunst des Kämpfens besteht damit in der Manipulation des eigenen "ki" und die Anpassung des eigenen "ki" an das "ki" des Gegners. Die Kata der Kito-Ryu - aber z.B. auch Ju-no-Kata - schulen (unter anderem) genau dieses.
Zuletzt geändert von tutor! am 22.06.2009, 14:21, insgesamt 1-mal geändert.
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Fritz
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Re: Tomoe Nage

Beitrag von Fritz »

Wadoku liefert für diese Übersetzung:

Tomoe-Muster {n} (kommaförmiges Wappenzeichen).

K.Hanelt führt in seinem Taschenwörterbuch dies auf:

kreis-, wirbelförmig, Wirbel, Strudel

Eine kleine Diskussion zum Thema versteckt sich auch hier: http://www.dasjudoforum.de/forum/viewto ... 040#p44040
Mit freundlichem Gruß

Fritz
st.gregor

Re: Tomoe Nage

Beitrag von st.gregor »

Yin (oder japanisch "in") bezeichnet einen passiven Zustand, genauer einen Zustand in dem "ki" auf niedrigem Niveau ist. Das Gegenstück Yang (japanisch "yo") bezeichnet nun einen aktiven oder proaktiven Zustand. Ki ist hier auf hohem Niveau. Eine Lehre von Kito-Ryu ist, dass man einen Gegner, der "Yang" (also aktiv) ist mit "Yin" besiegt (nicht direkt passiv, sondern unter Nutzung von dessen "ki"), und umgekehrt einen Gegner, der "Yin" ist, durch "Yang" besiegt. Frei formuliert heißt das, dass ich einen Gegner, der angreift, unter Ausnutzung von dessen Kraft besiege, einen Gegner, der passiv ist, aber selbst angreifen muss
Dafür hätte ich bitte gern eine Quellenangabe.
Wenn der Gegner mich schiebt, ist dies eine "Yang"-Aktion (aktiv), die ich mit einer "Yin"-Aktion kontere, indem ich seinem Druck nachgebe und ihn letztlich unter Ausnutzung seiner Bewegung werfe.

Das kommt einem dann wieder recht vertraut vor, dennoch steckt mehr dahinter als nur ein Spiel der Kräfte, die weitergeleitet werden. Denn diese Kräfte resultieren immer aus Zuständen des "ki" und sind damit psychisch determiniert. Die Kunst des Kämpfens besteht damit in der Manipulation des eigenen "ki" und die Anpassung des eigenen "ki" an das "ki" des Gegners. Die Kata der Kito-Ryu - aber z.B. auch Ju-no-Kata - schulen (unter anderem) genau dieses.
Auch dafür hätte ich bitte gern eine Quellenangabe.
Ich hätte weiterhin gern eine Quelle (Kanô) dafür, dass Ju-no-Kata "die Anpassung des eigenen Ki an das des Gegners schult".
Yin und Yang spielen also ein große Rolle beim Verständnis der dem Jujutsu zugrunde liegenden Theorie, die ins Judo mit übernommen wurde, wenngleich Kano sie meines Wissens nie explizit erläutert hat.
Ich hätte bitte gern eine Erläuterung der "dem Jûjutsu zugrundeliegenen Theorie, die ins Jûdô mit übernommen wurde".
Welche Theorie ist das? (Nein, es ist nicht "Das Weiche besiegt das Harte" oder ähnliches.)

Welcher Schule / welchen Schulen der Koryû Bugei "liegt sie zugrunde"?
Was ist "das Jûjutsu"? Meinst du damit die Koryû Bugei?
Es wäre mir neu, dass diesen Schulen eine gemeinsame "Theorie" zugrundeliegen soll.
Klär mich bitte auf - und nenne dazu bitte das, was man als zitierfähige Quellen bezeichnet.
Yin und Yang sind nach der Philosophie der Kito-Ryu auch zwei Zustände des Kämpfens und damit zwei Formen des Siegens - und beide natürlich gleichwertig, da es keine qualitative Wertung gibt.
Quelle bitte.
Yin und Yang sind die Basis für "Ju" (der Angreifende agiert in "Yang", der Nachgebende in "Yin") und damit für viele Techniken des Judo. "Ju" kann man also durchaus in gewisser Weise als die Synthese von Yin und Yang bezeichnen.
Auch für diese eigenwillige Interpretation des taoistischen Konzepts Yin/Yang (jap. In / Yo) hätte ich bitte gern eine Quellenangabe.
Danke.
Dort spielen andere noch Konzepte eine bedeutende Rolle (mu´i, hontai, shi-ki-ryoku), aber ich bin mit meinen Studien auch erst an einem (faszinierenden) Anfang.
Auf welcher Grundlage beruhen diese Studien der Kitô ryû?
Lin Chung
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Re: Tomoe Nage

Beitrag von Lin Chung »

In the Kito Ryu, ki means "rise," and to means "fall." Ki is in the form of yang, to is in the form of yin. Utilize yang to attain victory; utilize yin to ...
Quelle: The art of aikido: principles and essential techniques - von 植芝吉祥丸, Kisshōmaru Ueshiba, John Stevens - 2004 - Sports & Recreation - 176 Seiten

http://books.google.de/books?id=Y5zgDIE ... techniques
Seite 65

...hoffe, es ist korrekt.
Zuletzt geändert von Lin Chung am 22.06.2009, 21:48, insgesamt 2-mal geändert.
Grüße
Norbert Bosse
ボッセ・ノルベルト

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Re: Tomoe Nage

Beitrag von st.gregor »

Danke, Lin Chung.
:D
Ich hätte es gut gefunden wenn Tutor seinen Ausführungen gleich eine Quellenangabe beigefügt hätte.
Ich hoffe doch, dass er es nachholt.

"Ki" ist im Übrigen kein Terminus des Jûdô.
Kanô jedenfalls verwendet ihn nicht.
Vielleicht sollte man dazu auch noch wissen, dass das "Ki" in "Kitô Ryû" nicht jenes "Ki" ist, von dem Tutor schreibt.

Nachsatz:
Denn diese Kräfte resultieren immer aus Zuständen des "ki" und sind damit psychisch determiniert. Die Kunst des Kämpfens besteht damit in der Manipulation des eigenen "ki" und die Anpassung des eigenen "ki" an das "ki" des Gegners. Die Kata der Kito-Ryu - aber z.B. auch Ju-no-Kata - schulen (unter anderem) genau dieses.
(Hervorhebungen von mir)

Welche Kräfte sind hier gemeint?
Was genau ist "Ki"? Ich bitte um eine nachvollziehbare, verständliche Definition.

Welche "Kata der Kitô Ryû" sind hier gemeint? Was sind deren Lehrinhalte?
Welchen Bezug hast du, lieber Tutor, zu diesen Kata der Kitô Ryû?
Da du über sie schreibst und erklärst, wozu sie dienen, frage ich: Kennst du diese Kata - und wenn ja, wie gut? Hast du sie selbst schon praktiziert? Wenn ja - wer hat sie dich gelehrt?
Wenn nein - woher weißt du dann das, was du über den Inhalt dieser Kata schreibst?
Zuletzt geändert von st.gregor am 22.06.2009, 23:37, insgesamt 1-mal geändert.
tutor!
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Re: Tomoe Nage

Beitrag von tutor! »

st.gregor hat geschrieben:
Dort spielen andere noch Konzepte eine bedeutende Rolle (mu´i, hontai, shi-ki-ryoku), aber ich bin mit meinen Studien auch erst an einem (faszinierenden) Anfang.
Auf welcher Grundlage beruhen diese Studien der Kitô ryû?
Die Grundlage bilden unmittelbar die Densho, die mir ein Freund dankenswerter Weise übersetzt und erläutert. Aber wie ich selbst geschrieben habe: ich bin hier erst an einem Anfang.
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st.gregor

Re: Tomoe Nage

Beitrag von st.gregor »

Lieber Tutor, du besitzt also Übersetzungen der Denshô der Kitô Ryû.
Das ist schön. :D

Nun frage ich mich allerdings, auf welcher Grundlage du diese Rollen studierst.
Hast du Erfahrungen in den Koryû?
Wenn ja - welche? Wie lange? In welcher Ryû-ha? Bei welchem Lehrer?
Wenn nein - besteht dann nicht die Gefahr, dass du das, was du da vor dir hast, aus der Perspektive eines Sport-Judoka betrachtest?

Ich wiederhole auch eine Frage aus meinem vorherigen Beitrag: da du über die Kata der Kitô Ryû schreibst und erklärst, was ihre Inhalte sind ("... schulen die Anpassung des eigenen Ki an das des Gegners") gehe ich davon aus, daß du nennenswerte Erfahrungen mit diesen Kata hast.
Ich wäre dir dankbar, wenn du offenlegen würdest, wo und bei welchem Lehrer du diese Kata gelernt hast.
Danke.

Da du bisher auf meine anderen Fragen nicht geantwortet hast, wiederhole ich sie.
Zitat:
Yin (oder japanisch "in") bezeichnet einen passiven Zustand, genauer einen Zustand in dem "ki" auf niedrigem Niveau ist. Das Gegenstück Yang (japanisch "yo") bezeichnet nun einen aktiven oder proaktiven Zustand. Ki ist hier auf hohem Niveau. Eine Lehre von Kito-Ryu ist, dass man einen Gegner, der "Yang" (also aktiv) ist mit "Yin" besiegt (nicht direkt passiv, sondern unter Nutzung von dessen "ki"), und umgekehrt einen Gegner, der "Yin" ist, durch "Yang" besiegt. Frei formuliert heißt das, dass ich einen Gegner, der angreift, unter Ausnutzung von dessen Kraft besiege, einen Gegner, der passiv ist, aber selbst angreifen muss
Dafür hätte ich bitte gern eine Quellenangabe.

Zitat:
Wenn der Gegner mich schiebt, ist dies eine "Yang"-Aktion (aktiv), die ich mit einer "Yin"-Aktion kontere, indem ich seinem Druck nachgebe und ihn letztlich unter Ausnutzung seiner Bewegung werfe.

Das kommt einem dann wieder recht vertraut vor, dennoch steckt mehr dahinter als nur ein Spiel der Kräfte, die weitergeleitet werden. Denn diese Kräfte resultieren immer aus Zuständen des "ki" und sind damit psychisch determiniert. Die Kunst des Kämpfens besteht damit in der Manipulation des eigenen "ki" und die Anpassung des eigenen "ki" an das "ki" des Gegners. Die Kata der Kito-Ryu - aber z.B. auch Ju-no-Kata - schulen (unter anderem) genau dieses.
Auch dafür hätte ich bitte gern eine Quellenangabe.
Ich hätte weiterhin gern eine Quelle (Kanô) dafür, dass Ju-no-Kata "die Anpassung des eigenen Ki an das des Gegners schult".

Zitat:
Yin und Yang spielen also ein große Rolle beim Verständnis der dem Jujutsu zugrunde liegenden Theorie, die ins Judo mit übernommen wurde, wenngleich Kano sie meines Wissens nie explizit erläutert hat.
Ich hätte bitte gern eine Erläuterung der "dem Jûjutsu zugrundeliegenen Theorie, die ins Jûdô mit übernommen wurde".
Welche Theorie ist das? (Nein, es ist nicht "Das Weiche besiegt das Harte" oder ähnliches.)

Welcher Schule / welchen Schulen der Koryû Bugei "liegt sie zugrunde"?
Was ist "das Jûjutsu"? Meinst du damit die Koryû Bugei?
Es wäre mir neu, dass diesen Schulen eine gemeinsame "Theorie" zugrundeliegen soll.
Klär mich bitte auf - und nenne dazu bitte das, was man als zitierfähige Quellen bezeichnet.

Zitat:
Yin und Yang sind nach der Philosophie der Kito-Ryu auch zwei Zustände des Kämpfens und damit zwei Formen des Siegens - und beide natürlich gleichwertig, da es keine qualitative Wertung gibt.
Quelle bitte.

Zitat:
Yin und Yang sind die Basis für "Ju" (der Angreifende agiert in "Yang", der Nachgebende in "Yin") und damit für viele Techniken des Judo. "Ju" kann man also durchaus in gewisser Weise als die Synthese von Yin und Yang bezeichnen.
Auch für diese eigenwillige Interpretation des taoistischen Konzepts Yin/Yang (jap. In / Yo) hätte ich bitte gern eine Quellenangabe.
Danke.
Zuletzt geändert von st.gregor am 23.06.2009, 00:19, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Tomoe Nage/ off topic

Beitrag von Oberon »

Liebe Judoka,

ich lese gerne in diesem Forum!!! Ich arbeite gerne an Beiträgen mit und informiere mich auch gerne hier..

Ich weiß auch selber, was wissenschaftliches Arbeiten bedeutet, bereit selber Schüler auf wissenschaftspropädeutisches Arbeiten vor, aber es stört die Kommunikation in meinen Augen die Kommunikation doch sehr, wenn ich jede Behauptung mit einem Zitat belegen muss, erst Recht wenn ich kein Muttersprachler bin.

Will meinen: Meine Eingangsfrage ist umfassend beantwortet worten, und die Antwort genügt mir. Wenn ich hätte mehr wissen wollen, hätte ich die nächste Universitätsbibliothek besucht und mich dort selbst schlau gemacht, bzw. die Experten in diesem Forum selber angeschrieben. Als Wissenschaftler würde ich die Antworten, sofern ich dann die Zeit hätte/ bzw. der Frage die nötige Bedeutung beigemessen hätte, weiter eruiert.
Aber wir leben sind hier nicht in Laputa, und ich erwarte eigentlich nur vernünftige, nachvollziehbare Erklärungen, aber keine wissenschaftliche Abhandlungen.

Alles was im WWW2 steht, versehe ich sowieso mit einem Fragezeichen. denn wenn ich mein Gegenüber nicht kenne, bin ich sowieso sehr skeptisch.

Roland
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Re: Tomoe Nage

Beitrag von st.gregor »

Lieber Roland, es gibt eine Grundregel, die da lautet: affirmantis probatio.

Ist nicht von Tom und mir hier sehr nachdrücklich immer wieder gefordert worden, wir sollten hieb- und stichfest belegen, was wir geschrieben haben?
Recht so!
Nun verlangen wir dasselbe, mehr nicht.
Tutor hat hier Behauptungen aufgestellt, die ich belegt haben möchte.
Kann er das nicht, dann sind es nicht mehr als das: Behauptungen.
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Fritz
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Re: Tomoe Nage

Beitrag von Fritz »

st.gregor hat geschrieben:Wenn nein - besteht dann nicht die Gefahr, dass du das, was du da vor dir hast, aus der Perspektive eines Sport-Judoka betrachtest?
Und wenn schon. Welcher Sportjudoka liest normalerweise Kito-Ryu-Densho?
Vielleicht wird der "Judosport" dadurch ja auch mal bereichert und wieder etwas ursprünglicher, zu hoffen wäre es...
Wenn ja - welche? Wie lange? In welcher Ryû-ha? Bei welchem Lehrer?
Kano hat wohl recht bewußt die Koshiki-No-Kata ins Judo genommen. Ich denke auch nicht, daß
Kano verlangt hat, daß man Kito-Ryu erlernen soll, wenn man sich mit Judo beschäftigt. (*)
Von daher denke ich ist die Fragestellung etwas..., sagen wir es wäre schön, wenn sie wirklich
aufrichtiger Neugier entspringt. ;-)

@tutor: Wäre es möglich, daß die Übersetzungen der Densho über kurz oder lang auch für den Rest
der Judowelt lesbar gemacht werden, oder müssen wir alle auf Cichorei Kanos Buch warten? ;-)

(*) Wobei es natürlich sicherlich nicht schaden würde...
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Oberon
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Re: Tomoe Nage- off topic

Beitrag von Oberon »

Sicherlich kann ich das nachvollziehen,

aber wenn in diesem Forum nun alles belegt werden muss, was gesagt wird, jede Meinung, jede Quelle belegt werden muss, dann wird jede Diskussion schwierig, bzw. für Laien nicht mehr nachvollziehbar. Worauf bezieht man sich denn in der Regel? Auf die derzeit gültige Lehrmeinung?
Was zählt aber mehr? Welche wissenschaftliche Schule ist die zur Zeit gültige Schule? Der nächsten Paradigmenwechsel steht vor der Tür, bzw. wir/viele haben ihn noch nicht einmal begriffen. Es gibt nicht nur eine Wahrheit.
Damit will ich wissenschaftliches Arbeiten nicht verteufeln, doch Quellenarbeit finde ich schwierig, erst recht wenn sie aus Übersetzungen erfolgt.

Roland
tutor!
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Re: Tomoe Nage

Beitrag von tutor! »

Fritz hat geschrieben:@tutor: Wäre es möglich, daß die Übersetzungen der Densho über kurz oder lang auch für den Rest
der Judowelt lesbar gemacht werden, oder müssen wir alle auf Cichorei Kanos Buch warten? ;-)

(*) Wobei es natürlich sicherlich nicht schaden würde...
Hallo Fritz,

ich habe sie natürlich nicht vollständig. Die Frage an mich war die nach der Grundlage meiner (Er-)Kenntnisse. Hierzu bekomme ich ab und zu Antworten, wenn ich Fragen stelle. Sehr oft beginnen diese Antworten mit Zitaten von Kano oder aber auch aus anderen Quellen wie den Densho. Wie wörtlich diese Quellen sind, kann ich nicht beurteilen. Ich habe allerdings oben angedeutet, in welchem Rahmen derzeit eine Erforschung dieser Quellen stattfindet.

Ich habe eben zwei in Deutschland veröffentlichte Zitate gepostet, aber ich werde keine privaten Mitteilungen oder Mails hier veröffentlichen.
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st.gregor

Re: Tomoe Nage

Beitrag von st.gregor »

Hallo Fritz, meine Fragen entspringen selbstverständlich purer Neugier.
Ich selbst bin seit einiger Zeit in das Training einer Ryû-ha der Koryû Bugei involviert.
Ich würde mir aber nie anmassen, über die Lehrinhalte dieser Ryû-ha Urteile und Bewertungen abzugeben, ehe ich nicht längere Zeit trainiert und gelernt habe.
Da ich davon ausgehe, dass meine diesbezügliche Haltung selbstverständlich ist, wollte ich gern wissen, in welcher Ryû-ha Tutor wie lange trainiert und wer sein Lehrer ist.
Vielleicht wird der "Judosport" dadurch ja auch mal bereichert und wieder etwas ursprünglicher, zu hoffen wäre es.
Das wäre in der Tat sehr schön. Nun denke ich aber, dass man sich noch einmal den Unterschied zwischen den Koryû Bugei und dem Jûdô vor Augen halten muss.
Ich denke auch, dass man sich den Unterschied zwischen den Koryû Bugei und dem heutigen Judosport vergegenwärtigen sollte. Welcher Repräsentant des Judosports ist in der Lage, die Lehrinhalte der Kitô Ryû bis in die letzte Konsequenz zu verstehen und weiterzugeben?
Ist das nicht eine berechtigte Frage?

Jemand, der keine Berührung mit den Koryû Bugei hat, liest die Denshô der Kitô Ryû.
Davon erhoffst du dir eine Bereicherung des Jûdô? ;)

Würdest du dir Schwimmen von einem ausgewiesenen Nichtschwimmer beibringen lassen?
Oder das Führen eines Flugzeugs von jemandem, der dir erklärt, er habe das entsprechende Handbuch gelesen, könne außerdem Auto fahren und so groß sei der Unterschied ja nicht?

@Tutor:
Solange du keine Quellen für Aussagen wie die zur "Übernahme der grundlegenden Theorie des Jûjutsu ins Jûdô" nennen kannst, kennzeichne sie doch bitte als das, was sie sind: Behauptungen, Vermutungen, persönliche Meinungen.
Der Genauigkeit zuliebe ...
Und beantworte mir doch bitte die Frage, von welcher "Theorie" du sprichst.
Danke.
tutor!
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Re: Tomoe Nage

Beitrag von tutor! »

st.gregor hat geschrieben: Ist nicht von Tom und mir hier sehr nachdrücklich immer wieder gefordert worden, wir sollten hieb- und stichfest belegen, was wir beschrieben haben? Recht so! Nun verlangen wir dasselbe, mehr nicht.
Der große Unterschied ist, dass ich gleich in meinem ersten Beitrag. dass (mir) von Kano keine Erläuterungen dazu bekannt sind:
tutor! hat geschrieben:Yin und Yang spielen also ein große Rolle beim Verständnis der dem Jujutsu zugrunde liegenden Theorie, die ins Judo mit übernommen wurde, wenngleich Kano sie meines Wissens nie explizit erläutert hat. Kano hat aber etwas anders gemacht, nämlich die Koshiki-no-Kata aus der Kito-Ryu mit ins Judo übernommen (nach einigen kleineren Modifikationen) und uns dort zusammen mit der aus der Tenjin-shinyo-Ryu stammenden Itsutsu-no-Kata als "Ri-no-Kata" (=Kata der Theorie) hinterlassen.
Da aber Koshiki-no-Kata zweifellos zum Judo gehört und zwar von Kano eingebracht, sind auch alle der Koshiki-no-Kata zugrundliegenden Prinzipien - und damit auch Yin-Yang - ins Judo eingeflossen. Was ist daran so schwer zu verstehen?

Oder bist Du der Meinung das alles hätte nichts mit Judo zu tun?
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Re: Tomoe Nage

Beitrag von Fritz »

st.gregor hat geschrieben:Jemand, der keine Berührung mit den Koryû Bugei hat, liest die Denshô der Kitô Ryû.
Davon erhoffst du dir eine Bereicherung des Jûdô? ;)
Jemand, der sich mit Koshiki-No-Kata befaßt, liest nicht nur die üblichen "Pamphlete", sondern auch
die Densho. Davon erhoffe ich mir die Bereicherung.
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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