Mal wieder ein ganz "neue" Idee vom DJB

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Ronin
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Re: Mal wieder ein ganz "neue" Idee vom DJB

Beitrag von Ronin »

shûshin-hô, taiiku-hô, shôbu-hô
Sind das denn wirklich neue Ziele? Ich wage das zu betreiten.
Schwierig ist für die meisten Menschen die Nähe zum Andersartigen, die Verwandschaft, die Furcht vielleicht dem Andersartigen ähnlich zu sein. Denn das ist das eigentlich Bedrohliche an der Abweichung: dass sie nämlich gar keine Abweichung ist, sondern vergrößert das darstellt, was in jedem Menschen steckt." (S. 108, 1. Spalte mitte)
Ich glaube solche Form von Beiträgen nennt man Totschlagargumente. Bringen die Diskussion nicht weiter und führen an der Sache vorbei, aber sie sind natürlich so pauschal gehalten dass man dem denn wirklich kaum widersprechen kann ohne political incorrect zu sein. Um es ganz deutlich zu sagen in diesem Zusammenhang halte ich es für unglaublichen Quatsch.

Ansonsten haben wir hier viele interessante Posts gelesen.

Ich möchte einfach mal ein paar Kleinigkeiten zitieren, die mir so spontan ins Auge gefallen sind:
Das Kämpfen ist Ausdruck eines triebhaften nicht voll bewussten oder beherrschbaren Verlangens nach Macht und Kontakt. Wenn Sie das Kämpfen regeln, können sie dieses triebhafte Verlangen nicht nur zum Ausdruck bringen, sondern auch bewusst und verarbeitbar machen. ...Es dürfte für uns als Erzieher nicht Anlass sein, das zu einer Kampfmaschine zu entwickeln, es dürfte aber genauso wenig Anlass sein, das zu unterdrücken und wegzutun in einer falsch verstandenen Friedenserziehung. Friedfertigkeit entsteht nicht durch Verdrängung, sondern aus dem Bewusstsein, dass man gefährdet ist und mit dieser Gefährdung umgehen kann.
Ich denke, dass von mir kursiv markierte wird in der heute diskutierten Judorealistät sehr oft ein wenig ignoriert, aber es ist schön, dass von so hochkompetenter
Stelle bestätigt wird. Kano hat es ja auch mal formuliert als erste Stufe des Judo "Defense against attack". Im Prinzip wird das auch von Dax-Romswinkel in seinen hier auch schon zitierten Aufsätzen bestätigt:
Nützliche Fähigkeiten zu erwerben ist für KANō ganz allgemein das oberste Ziel jeder Erziehung.
(...)
Zu J. KANōs pädagogischen Überzeugungen - ganz im Sinne des Erwerbs nützlicher Fähigkeiten - gehörte, dass jeder Mensch über grundlegende Fähigkeiten verfügen sollte, sich und andere im Bedarfsfall verteidigen zu können. Aufgabe der Erziehung sei es, diese Fähigkeiten zu vermitteln. Er erläutert das „Jūdō-System des Kampfes“ mit folgenden Worten:

„Es bedeutet das Trainieren von Techniken, mit denen man einen Menschen töten, verletzen oder festhalten kann, oder, wenn man selbst angegriffen wird, sich zu verteidigen.“
Vor dem Hintergrund halte ich die Diskussion über die im Judo wohnenden erzieherischen Aspkte auch für total daneben, den die obensteheden Zitate zeigen mir ein wenig , dass Kanos Definition von Erziehung und die in den hier im Faden durchscheinende Definition von Erziehung sich so deutlich unterscheiden, dass eigentlich nur noch dasselbe Wort benutzt wird.
Damit geht der Zusamenhang zu den AD(H)S Kindern leider verloren. Ich sehe es aber ganz genauso wie Fritz mit den AD(H)S Kindern und wir verhalten uns eigentlich auch genau so, obwohl ich in letzter Zeit eine (vielleicht zufällige) Häufung von Anmeldeversuchen dieser Kinder (durch ihre Eltern)erlebe und daher auch knallhart alle offensichtlichen abgelehnt habe, wenn die Eltern es nämlich schon wie ein Mantra vor sich hertragen, ist mir das Ergebnis schon im Voraus klar.

Den ADHS Kindern nützliche Fähigkeiten beibringen finde ich was tolles, aber wir haben auch schon genug mit den anderen Kindern zu tun und sind nicht mit Pädagogen oder ähnlichem im Verein gesegnet. Eins vertragen wir immer, aber in der Häufung macht es unsere Trainer einfach abspenstig und dann kann ich den Laden dichtmachen.
Zurück zu meiner Ausgangsaussage, wer die ADHS Kinder haben will, der darf sie gerne nehmen. Ich habe schon sehr viele trainiert, die wenigsten waren problematisch (immer nur die, denen es von den Eltern eingeredet wurde). Ich will es einfach nicht wissen und sie werden bei uns genau behandelt wie alle anderen- mit denselben Konsequenzen, ohne Ausnahme.

Ist das denn nun ein Alleinstellungsmerkmal von Judo? Das ist mit ehrlich gesagt total Schnuppe, aber man kann bestimmt darüber ewig diskutieren.
Die Kernaussage muss heissen, kommen die ADHS Kinder gehäuft in die Gruppen behindern sie die Vermittlung nützlicher Fähigkeiten bei den Nicht ADHS Kindern.
tutor!
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Re: Mal wieder ein ganz "neue" Idee vom DJB

Beitrag von tutor! »

Nur ganz kurz:
Ronin hat geschrieben:
shûshin-hô, taiiku-hô, shôbu-hô
Sind das denn wirklich neue Ziele? Ich wage das zu betreiten.
Jein. Der Gedanke, dass sich Erziehung auf den Leib, den Charakter und den Intellekt bezieht, ist natürlich nicht neu. Man findet das schon bei den alten Griechen oder in der neueren Zeit bei GutsMuths, Pestalozzi oder H. Spencer ("Education: intellctual, moral and physical" Link: http://archive.org/details/educationintelle00spenuoft). In der Wissenschaft ist man überwiegend der Ansicht, dass Kano insbesondere von diesem Werk beeinflusst war.

Bezogen auf die traditionellen Kampfkünste Japans hatten bereits mindestens einige Schulen in der Edo-Zeit die Kampfkünste als Mittel der Geistesschulung eingesetzt. Kano fing also nicht bei Null an, jedoch, fügte er das Ganze zusammen und gestaltete praktisch alle Bereiche entsprechend seiner erzieherischen Vorstellungen um.
Ronin hat geschrieben:Vor dem Hintergrund halte ich die Diskussion über die im Judo wohnenden erzieherischen Aspkte auch für total daneben, den die obensteheden Zitate zeigen mir ein wenig , dass Kanos Definition von Erziehung und die in den hier im Faden durchscheinende Definition von Erziehung sich so deutlich unterscheiden, dass eigentlich nur noch dasselbe Wort benutzt wird.
Ich habe bisher hier noch keine Definition von Erziehung durchscheinen sehen.... welche hast du herausgelesen?
Ronin hat geschrieben:Den ADHS Kindern nützliche Fähigkeiten beibringen finde ich was tolles, aber wir haben auch schon genug mit den anderen Kindern zu tun und sind nicht mit Pädagogen oder ähnlichem im Verein gesegnet. Eins vertragen wir immer, aber in der Häufung macht es unsere Trainer einfach abspenstig und dann kann ich den Laden dichtmachen.(...)
Wenn ein System mit den Aufgaben überfordert ist, muss es seine Belastung reduzieren. Das ist doch etwas ganz normales. Wer will denn da einen Vorwurf machen?
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
Techniques are only the words of the language judo (Cichorei Kano, 24.12.2008)
HBt.

Auffälligkeiten und Judo - die Rahmenbedingungen

Beitrag von HBt. »

Hi Casimir!
CasimirC hat geschrieben:(..)
Ich stimme jedoch (leider!) zu, dass eine "normale" Trainingsgruppe ab einer bestimmten Zahl verhaltensauffälliger Kinder Probleme bekommen kann. Gerade dadurch, dass Judo prinzipiell eine Einzelaktivität ist, die mit einem Partner ausgeübt wird, sprich: durch die ständige Eins-gegen-eins-Situation und die damit verbundene Konfrontation entstehen sehr oft Reibungspunkte, bei denen gerade verhaltensauffällige Kinder besonders häufig auffallen. Daher steht der ÜL hier immer besonders in der Pflicht, ein ausgewogenes Maß an Aufmerksamkeit an alle (auch die nicht auffälligen Kinder!) zu richten und gleichzeitig für Ordnung, Disziplin und Fairness zu sorgen. Das ist wirklich nicht immer leicht (gelinde gesagt), aber es ist in meinen Augen auch nicht die Hauptaufgabe der Kids, mir als dem Übungsleiter das Training so einfach wie möglich zu machen ;).
Über Deinen letzten Einwand muss jeder verantwortungsbewusste ÜL/TR regelmäßig nachdenken, immer wieder! Die andere von Dir beleuchtete Seite ist wiederum die Personalseite; wie hier schon mehrfach geschrieben wurde, existiert ein eklatanter Zusammenhang zwischen der Gruppen(Klassen)größe einerseits und der Anzahl vorhandener Kräfte andererseits - siehe auch 'Jupps' Beiträge zu diesem Thema.

Steht mir/uns professionelles Personal zur Verfügung, sieht der Himmel ziemlich blau aus. Stimmen die Rahmenbedingungen existiert kein Problem und nichts steht dem gemeinsamen Sporterlebnis (mehr) im Wege.

Aber warum reduzieren wir unsere Gedanken auf 'ADS, ADHS, Buchstabenkinder' ???
Kumamoto
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Re: Mal wieder ein ganz "neue" Idee vom DJB

Beitrag von Kumamoto »

Ist denn von Euch schonmal jemand auf die Idee gekommen, Ergotherapeuten mit in den Verein einzubinden um z.B. die ADHSler optimal zu betreuen? Hatte mal sowas bei meinem alten Verein angedacht, aber dann hiess es "Wenn wir das anbieten, kriegen wir bloss noch mehr Problemkinder geschickt als wir eh schon haben. Wir wollen "normale" Kinder, keine Problembringer". Unnötig zu sagen, dass ich diesem Club nichtmehr angehöre.
Sehe darin viel Arbeit aber auch viele Möglichkeiten, vor Allem in der Mitgliedergewinnung und der Vereinsentwicklung. So kommt man schnell mit den Krankenkassen ins Gespräch und u.U. auch an deren Fördertöpfe...
Wie seht ihr das? Meist stehen die Dojos ja morgens eh leer, da kann man sie ja an die Ergotherapeuten vergeben. Wäre es- aus Vereinssicht- nicht sinnvoll, Ergotherapeuten zu Judoka auszubilden? Gibt es Ergotherapeuten unter Euch? Wäre Judo als eine Gruppentherapie sinnvoll, machbar, erwünscht
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Fritz
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Re: Mal wieder ein ganz "neue" Idee vom DJB

Beitrag von Fritz »

Erziehung, Erziehung...
CasimirC hat geschrieben: Das ist wirklich nicht immer leicht (gelinde gesagt), aber es ist in meinen Augen auch nicht die Hauptaufgabe der Kids, mir als dem Übungsleiter das Training so einfach wie möglich zu machen ;)
Doch ist es bzw. sollte es sein, als Selbstverständlichkeit... Denn _die_ wollen was lernen, vom ÜL...
Und sie regelmäßig und oft genau daran zu erinnern, das ist bereits ein Teil der Erziehung.
Und leider heutzutage ein enorm wichtiger, da oft offenbar die Meinung herrscht:
"Hey ÜL, bespaße mich, sonst wird mir langweilig und ich mache Blödsinn - schließlich mußte doch froh sein, daß ich hier bin"...
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Ronin
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Re: Mal wieder ein ganz "neue" Idee vom DJB

Beitrag von Ronin »

Fritz hat geschrieben:Doch ist es bzw. sollte es sein, als Selbstverständlichkeit... Denn _die_ wollen was lernen, vom ÜL...
Und sie regelmäßig und oft genau daran zu erinnern, das ist bereits ein Teil der Erziehung.
Und leider heutzutage ein enorm wichtiger, da oft offenbar die Meinung herrscht:
"Hey ÜL, bespaße mich, sonst wird mir langweilig und ich mache Blödsinn - schließlich mußte doch froh sein, daß ich hier bin"...
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HBt.

Pädagogik

Beitrag von HBt. »

Lässt man das Kernverständnis einmal links liegen, stellt sich mir eine wichtige Frage: Wie erinnere ich die Knaben an den von 'Fritz' postulierten Lernwunsch?

'Fritz' schreibt: "regelmäßig und oft."
Also wie ein Löffelchen Medizin. Pauschal verabreicht, täglich dreimal.

Ich denke darüber anders, auch halte ich die in diesem Faden schon erwähnten "therapeutischen Liegestütze" für nicht angebracht.


Fritz hat geschrieben: (..)da oft offenbar die Meinung herrscht:
"Hey ÜL, bespaße mich, sonst wird mir langweilig und ich mache Blödsinn - schließlich mußte doch froh sein, daß ich hier bin"...
Im Grunde genommen handelt es sich um eine Erpressung (oder eine Einbildung des Personals) - aber auch daran glaube ich nicht. Diese Ausprägung könnte man sofort nachhaltig ersticken, muss man aber nicht.
"Blödsinn" beschreibt nichts weiter als eine vom Erwachsenen nicht erwartete Handlung, sie macht aber Spaß und ist kurzweilig.
CasimirC
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Re: Mal wieder ein ganz "neue" Idee vom DJB

Beitrag von CasimirC »

Fritz hat geschrieben:Erziehung, Erziehung...
CasimirC hat geschrieben: Das ist wirklich nicht immer leicht (gelinde gesagt), aber es ist in meinen Augen auch nicht die Hauptaufgabe der Kids, mir als dem Übungsleiter das Training so einfach wie möglich zu machen ;)
Doch ist es bzw. sollte es sein, als Selbstverständlichkeit... Denn _die_ wollen was lernen, vom ÜL...
Und sie regelmäßig und oft genau daran zu erinnern, das ist bereits ein Teil der Erziehung.
Da hast du ja durchaus nicht unrecht, irgendwie sollte man es ja schon erwarten können, dass sie sich eben so verhalten.
Leider ist das in meinen Augen ein Idealbild, welches mit der heutigen Entwicklung der Kinder nichts mehr zu tun hat. Es ist vielmehr die Vorstellung, die ich habe, wenn ich an eine ideale Trainingsgruppe denke. Das ist eine Utopie (Dystopie?).

Kommen wir an diesem Punkt einmal auf die thematisierten 'Buchstabenkinder' zurück. Ihr für Außenstehende mit einem Mangel an Disziplin ausgestattetes Verhalten beruht auf einer medizinisch anerkannten Erkrankung, sprich: sie können im Prinzip nix dafür, dass sie so sind, wie sie sind. Das heißt zwar nicht, dass sie sich im Training alles erlauben können und dürfen, aber ein wenig Feingefühl hat da wohl jeder ÜL, wenn es um "disziplinarische Maßnahmen" geht.

Man muss an der Stelle ja auch Trennen zwischen "die wollen nicht" und "die sind aufgrund ihrer Erkrankung nicht in der Lage, eine konstante Aufmerksamkeit auf ein Thema zu richten".
Theorie: Wenn alle wissen, wie es geht, und es geht nicht.
Praxis: Wenn es geht, und keiner weiß, warum.
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Ronin
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Re: Mal wieder ein ganz "neue" Idee vom DJB

Beitrag von Ronin »

CasimirC hat geschrieben: [...]sprich: sie können im Prinzip nix dafür, dass sie so sind, wie sie sind. Das heißt zwar nicht, dass sie sich im Training alles erlauben können und dürfen, aber ein wenig Feingefühl hat da wohl jeder ÜL, wenn es um "disziplinarische Maßnahmen" geht.

Man muss an der Stelle ja auch Trennen zwischen "die wollen nicht" und "die sind aufgrund ihrer Erkrankung nicht in der Lage, eine konstante Aufmerksamkeit auf ein Thema zu richten".
Stimmt, deswegen:
Ronin hat geschrieben:Die Kernaussage muss heissen, kommen die ADHS Kinder gehäuft in die Gruppen behindern sie die Vermittlung nützlicher Fähigkeiten bei den Nicht ADHS Kindern
oder aber, man ist in der komfortablen Lage eine Extragruppe einzurichten mit einen ÜL der damit umgehen kann. Ich habe 8 davon im Verein und keiner will sich sowas antun.

Woher kommt eigentlich dieser Reflex, dass man als Vereine allen und jedem Judo beibringen müsste? Ich glaube das seit einiger Zeit expliziet nicht mehr und lebe für mich besser damit.
Kumamoto
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Re: Mal wieder ein ganz "neue" Idee vom DJB

Beitrag von Kumamoto »

Ich denke, das wäre eine Chance für eine ganz neue Gruppe:
Eltern von ADHS- Kindern trainieren mit ihren Kindern zusammen Judo. Geleitet wird die Gruppe von einer im Judo ausgebildeten Ergotherapeutin oder Ergotherapeuten, unterstützt durch Helfer. Das Verhältnis Übende/ Übungsleiter sollte dabei 4:1 nicht überschreiten.
Hat jemand schonmal so eine oder eine ähnliche Gruppe im Verein gehabt und kann darüber berichten?
Jupp
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ausgebildeten Ergotherapeutin oder Ergotherapeuten

Beitrag von Jupp »

Ein sehr guter Gedanke!

Vielleicht genügt es sogar, wenn ein Judolehrer diesen Judounterricht leitet, der Freude an einer solchen Aufgabe hat und in Absprache mit den Eltern unterrichtet.

Dabei könnten dann alle Parteien voneinander lernen, die Eltern von ihren Kindern und vom Judolehrer, die Kids mit ihren Eltern und dem Judolehrer, der Judolehrer von den Kids und den Eltern.

Einfach ein toller Gedanke, auch was die Relation Lehrende zu Schüler betrifft. Hier würde es vielleicht genügen, wenn für jeweils zwei Eltern/Schüler-Paare ein weiter (Hilfs-) Trainer (der ohne weiteres ein junger Judoka ab z.B. Orangegurt sein kann) mit auf der Matte steht, der kann konkrete Aufgaben (wie z.B. beim ersten Techniklernen) übernehmen und korrigierend/unterstützend eingreifen kann.

Bei einen befreundeten Judolehrer stehen diese (Hilfs-) Trainer bei Erklärungen immer hinter den Kids, die aus Erfahrung die meisten Probleme mit der Aufmerksamkeit haben und "helfen" diesen, die Konzentraition auf den Vortragenden möglichst hoch zu halten.

Ich kann jeden Verein/Judolehrer/Judotrainer nur ermutigen, eine solche Gruppe zu eröffnen. Die Arbeit mit "außergewöhnlichen" Kindern kann sehr erfüllend sein, auch wenn es anstrengend ist.

Jupp
HBt.

Frage ÜL

Beitrag von HBt. »

Ronin hat geschrieben: Stimmt, deswegen:
Ronin schrieb:
"Die Kernaussage muss heissen, kommen die ADHS Kinder gehäuft in die Gruppen behindern sie die Vermittlung nützlicher Fähigkeiten bei den Nicht ADHS Kindern."

oder aber, man ist in der komfortablen Lage eine Extragruppe einzurichten mit einen ÜL der damit umgehen kann. Ich habe 8 davon im Verein und keiner will sich sowas antun.

Woher kommt eigentlich dieser Reflex, dass man als Vereine allen und jedem Judo beibringen müsste? Ich glaube das seit einiger Zeit expliziet nicht mehr und lebe für mich besser damit.
Lieber Ronin,
mich interessiert, WARUM sich keiner von deinen acht Übungsleitern so etwas antun möchte(?).

Wie sieht es mit 'echten Problemkindern/-Jugendlichen' aus, Menschen aus der Randschicht unserer Gesellschaft, gewaltbereit ...?

Der angesprochene Reflex lässt auf jeden Fall vermuten, dass er zur Überlebensstrategie der Sparten, ÜL/TR einfach dazu gehört. Und JUDO ist nun einmal eine großartige Sache, die man gerne florieren sehen würde.

Gruß,
HBt.

PS. Wenn eine Organisation die von 'Jupp & Kumamoto' vorgeschlagene Arbeit (Aufgabe) leisten kann, dann spricht auch alles dafür, dieses Unternehmen zu starten.
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Fritz
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Re: Mal wieder ein ganz "neue" Idee vom DJB

Beitrag von Fritz »

CasimirC hat geschrieben:Kommen wir an diesem Punkt einmal auf die thematisierten 'Buchstabenkinder' zurück. Ihr für Außenstehende mit einem Mangel an Disziplin ausgestattetes Verhalten beruht auf einer medizinisch anerkannten Erkrankung, sprich: sie können im Prinzip nix dafür, dass sie so sind, wie sie sind. Das heißt zwar nicht, dass sie sich im Training alles erlauben können und dürfen, aber ein wenig Feingefühl hat da wohl jeder ÜL, wenn es um "disziplinarische Maßnahmen" geht.

Man muss an der Stelle ja auch Trennen zwischen "die wollen nicht" und "die sind aufgrund ihrer Erkrankung nicht in der Lage, eine konstante Aufmerksamkeit auf ein Thema zu richten".
Ist eine sehr merkwürdige Krankheit, die heutzutage bevorzugt Jungs befällt...

Aber heutzutage ist ja alles eine Krankheit, das ist nämlich praktisch, dann kann niemand was dafür,
sonst müßte man ja Ursachenforschung betreiben: Fernsehen, mangelnde (frühkindliche) Erziehung durch
die Eltern, Gelegenheit den natürlichen Bewegungsdrang auszuleben, diese merkwürdigen Stoffe, welche in
die Nahrung reingemanscht werden, das Schulsystem im Großen und Ganzen... usw. usf...
Mit freundlichem Gruß

Fritz
HBt.

Nicht wirklich wollen

Beitrag von HBt. »

Fritz hat geschrieben: Ist eine sehr merkwürdige Krankheit, die heutzutage bevorzugt Jungs befällt...

Aber heutzutage ist ja alles eine Krankheit, das ist nämlich praktisch, dann kann niemand was dafür,
sonst müßte man ja Ursachenforschung betreiben: Fernsehen, mangelnde (frühkindliche) Erziehung durch
die Eltern, Gelegenheit den natürlichen Bewegungsdrang auszuleben, diese merkwürdigen Stoffe, welche in
die Nahrung reingemanscht werden, das Schulsystem im Großen und Ganzen... usw. usf...
So sehr ich Dir auch recht gebe, das Rad lässt sich nicht mehr zurückdrehen. Wahrscheinlich hilft nur ein offensiver Umgang mit diesem Missstand - Aufklärung.
Kumamoto
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Re: Mal wieder ein ganz "neue" Idee vom DJB

Beitrag von Kumamoto »

Ich habe mal einen interessanten Beitrag zum Thema AD(H)S gelesen. Darin ging es darum, dass ADS und ADHS keine moderne Krankheit ist, sondern heute nur verstärkt wahrgenommen wird: Bereits in den 1840ern werden diese Formen im Buch "Struwwelpeter" beschrieben als "Zappelphilipp" (ADHS) und "Hans-Guck-in-die- Luft" (ADS). Bekannterweise gab es damals noch kein Fernsehen und kein Internet - als Ursache dafür können die modernen Medien also nicht oder nur nicht in großem Anteil herangezogen werden, möglicherweise jedoch aks Verstärker. Dass das "Problem AD(H)S" scheinbar erst heute vermehrt auftritt, erklärt der Autor u.a. damit dass 1. die Patienten damals oft in sog. Irrenanstalten weggesperrt wurden und 2. Kinder mit solchen Erkrankungen oft, verursacht durch ihre Defizite in der Wahrnehmung/ Konzentration auf ihre Umwelt, Opfer von tödlichen Unfällen wurden. Meiner Meinung nach eine These, der man nicht folgen muss, die es aber wert ist, durchgedacht zu werden.
Dass es sich um eine Krankheit und keine Verhaltensstörung handelt, lässt sich schon dadurch erkennen, dass das zur Behandlung verabreichte Rithalin meines Wissens nach mit Drogen chemisch identisch ist, die im Normalfall das Gegenteil bewirken (nämlich aufzuputschen). Soweit ich weiss, läuft ADHS unter "Gehirnstoffwechselstörung".
Holger König
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Re: Mal wieder ein ganz "neue" Idee vom DJB

Beitrag von Holger König »

Im 19. Jahrhundert (insbesondere auf dem Dorf) fanden sich für ADHS/ADS-Geschädigte geeignete Beschäftigungen (ggf. mit früher Herausnahme aus der Schule), z.B. als Gemeinde-Hirte /-Bote. In der weniger stressigen Welt prägten sich solche Störungen auch nicht so häufig aus.
HBt.

attention-deficit (hyperactivity) disorder

Beitrag von HBt. »

Kumamoto hat geschrieben:(..)
Dass es sich um eine Krankheit und keine Verhaltensstörung handelt, lässt sich schon dadurch erkennen, dass das zur Behandlung verabreichte Rithalin meines Wissens nach mit Drogen chemisch identisch ist, die im Normalfall das Gegenteil bewirken (nämlich aufzuputschen). Soweit ich weiss, läuft ADHS unter "Gehirnstoffwechselstörung".
Hauptsächlich (nämlich bis zu 80% aller Fälle) liegt ein erblich bedingter "hirnorganischer Schaden(?)" (Dopamin-Rezeptor, Transporter ... ) vor - Defizite im sozialen Umfeld, der Erziehung, der Ernährung, etc. pp., sind nicht verantwortlich für diese ERKRANKUNG. Nachweislich spielen nichtgenetische Faktoren, wie z.B. Alkohol- und Nikotinkonsum der schwangeren Mutter, Bleiexpositionen in der Kindheit oder eine Hirnverletzung, eine zu frühe Geburt oder ähnliches, nur eine untergeordnete Rolle.

AD(H)S ist eine bleibende, nicht heilbare, schwerwiegende Entwicklungsstörung - neben Antidepressiva(!) und vor allen Dingen Psychostimulatien müssen die Eltern & Erzieher unbedingt in die Therapie mit einbezogen werden, so die Theorie.

Wie viele Schulkinder tatsächlich erkrankt / auffällig (sich ausgeprägter verhalten als Gleichaltrige) sind, wird mit weniger als 10% geschätzt, Studien zur Folge ... gefühlt sind es wesentlich mehr. Echte 'Buchstabenkinder' kann man allerdings sehr schnell identifizieren und mehr als zehn konnte ich in den letzten Jahren nicht ausmachen, bei meinen Kindergruppen.

Warum ausgerechnet Jungen für 'Fehlentwicklungen des Nervensystems' empfänglich sind, führt man auf eine entsprechende genetische Disposition zurück - Vermutung! Richtig ist: Der Zappelphilipp (Hyperaktivität - traditionell eine Störung der Aufmerksamkeit, dies ist mittlerweile widerlegt) tritt bis zu 10 mal häufiger bei Jungen auf, als bei Mädchen.

Klinische Anzeichen zeigen die meisten 'Buchstabenkinder' auch noch im Erwachsenenalter, viele haben erhebliche Anpassungsschwierigkeiten ...


Helfen kann man u.a. durch sofortige Rückmeldungen*, Ordnungsmuster (Hilfestellungen u. Anhaltspunkte) und feste Regeln (aufstellen und unbedingt einhalten, Kriterien festlegen und verständlich machen), Tätigkeiten in kleinere Aufgaben zerlegen (Fokus!, leichter bewältigen können -> Erfolgsmeldung) - ein Tagesablauf mit festen Zeiten und Bezugspersonen, Rituale!

*Konsequenzen, Lob u. Anerkennung



Quelle:
Prof. Russell A. Barkley, Spektrum 1999
HBt.

Die Dorfgemeinschaft des 19. u. 20. Jahrhunderts

Beitrag von HBt. »

Holger König hat geschrieben:Im 19. Jahrhundert (insbesondere auf dem Dorf) fanden sich für ADHS/ADS-Geschädigte geeignete Beschäftigungen (ggf. mit früher Herausnahme aus der Schule), z.B. als Gemeinde-Hirte /-Bote. In der weniger stressigen Welt prägten sich solche Störungen auch nicht so häufig aus.
  • 1) liegt ja gerade eine Störung der Selbstkontrolle, der ersten Verhaltensimpulse vor, d.h. bei 'Reizen' wird häufig mit einem nicht angemessenen Bewegungsimpuls reagiert ... eine Überflutung von 'bewegten, bunten Bildern ... Tönen' ist nicht förderlich, nicht besonders nett!
    2) kommt AD(H)S in allen Kulturen & Ländern vor
    3) sollte man nicht abwertend von 'einem Schaden' reden
Der Begriff demage kommt in den üblicherweise verwendeten Abkürzungen nicht vor.
HBt.

Fehlerhafte Schlussfolgerung

Beitrag von HBt. »

Ronin hat geschrieben: Ich möchte einfach mal ein paar Kleinigkeiten zitieren, die mir so spontan ins Auge gefallen sind:
Das Kämpfen ist Ausdruck eines triebhaften nicht voll bewussten oder beherrschbaren Verlangens nach Macht und Kontakt. Wenn Sie das Kämpfen regeln, können sie dieses triebhafte Verlangen nicht nur zum Ausdruck bringen, sondern auch bewusst und verarbeitbar machen. ...Es dürfte für uns als Erzieher nicht Anlass sein, das zu einer Kampfmaschine zu entwickeln, es dürfte aber genauso wenig Anlass sein, das zu unterdrücken und wegzutun in einer falsch verstandenen Friedenserziehung. Friedfertigkeit entsteht nicht durch Verdrängung, sondern aus dem Bewusstsein, dass man gefährdet ist und mit dieser Gefährdung umgehen kann.
Ich denke, dass von mir kursiv markierte wird in der heute diskutierten Judorealistät sehr oft ein wenig ignoriert, aber es ist schön, dass von so hochkompetenter Stelle bestätigt wird. Kano hat es ja auch mal formuliert als erste Stufe des Judo "Defense against attack".

Mit dem von Kano formulierten Produkt (oder besser der Fähigkeit) defense against attack hat die Aussage von Prof. Funke-Wieneke nichts gemein, vielmehr geht es um das Erkennen der eigenen Defizite & Schwächen.

Ein Beispiel:
Bin ich mir meiner eigenen Gewaltbereitschaft, meinen Neigungen, meiner Triebe oder auch 'Störungen' (und auch der unweigerlichen Folgen für mich und meine Umwelt) bewusst, erkenne ich die auslösende Faktoren ... u.s.w., erst dann kann ich sie beherrschen**
--> daraus folgend besteht eine reelle Chance "ein Mensch zu werden, Mensch zu sein - alles andere ist Neandert(h)al" *, entsteht FRIEDFERTIGKEIT. Das 'eigene Gefahrenpotential zu erkennen', bezieht sich hier nicht darauf 'Opfer eines Straßenübergriffs', aus falsch verstandener Friedenserziehung (in dieser Beziehung waren die 1970er Jahre teilweise schrecklich), zu werden oder zu sein.


Selbstverteidigung (im landläufigen Sinne verstanden) hat erst einmal nichts mit Erziehung zu tun, der Begriff "Kultiviertes Kämpfen" schon wesentlich mehr.



*Georg Meindl, sinngemäßes Zitat! http://www.aikikai.at/vereine.php

** u.U. lernen sie zu beherrschen
Antworten