Studie "Dysfunktionen des Spitzensports"

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Kumamoto
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Studie "Dysfunktionen des Spitzensports"

Beitrag von Kumamoto »

Sporthilfe-Studie deckt schockierende Zustände auf

Eine Studie der Deutschen Sporthilfe deckt schockierende Zustände auf: Psychische Probleme, Dopingmissbrauch und Manipulationsversuche haben einen festen Platz im deutschen Sport.

Köln (SID) - Eine Studie der Deutschen Sporthilfe deckt schockierende Zustände im deutschen Spitzensport auf. Aus einer anonymen Umfrage unter 1154 deutschen Spitzenathleten geht hervor, dass psychische Probleme, Dopingmissbrauch und Manipulationsversuche einen festen Platz im deutschen Sport haben.


11,4 Prozent der Athleten gaben an, unter Burn-out zu leiden. Nur 46,1 Prozent beantworteten die Frage, ob sie unter der Krankheit leiden würden, mit "ehrlich nein". 8,7 Prozent erklärten, schon an Absprachen über den Spiel- oder Wettkampfausgang beteiligt gewesen zu sein. 5,9 Prozent der Sportler gaben an, regelmäßig Dopingmittel einzunehmen.

Elf Prozent gaben die regelmäßige Einnahme von Schmerzmitteln zu, 40 Prozent nehmen nach eigener Aussage bewusst gesundheitliche Risiken in Kauf. Knapp 80 Prozent der Sportler registrieren Druck aus dem Umfeld, beinahe 60 Prozent leiden unter Existenzängsten.

Die Studie zu "Dysfunktionen des Spitzensports" wurde von der Sporthilfe bei der Deutschen Sporthochschule in Köln in Auftrag gegeben und den Mitgliedern des Sportausschusses des Deutschen Bundestages am Mittwoch vorgestellt. Die komplette Studie wird am Donnerstag der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Die "Dysfunktionen" ergeben sich aus verschiedener Bevölkerungs- und Athletenansichten. Aus der Studie geht auch hervor, dass die durch die Bevölkerung angenommenen Verhältnisse im Spitzensport mit dem Ist-Zustand teilweise nicht übereinstimmen. Die deutsche Bevölkerung glaubt, dass 29 Prozent der Sportler regelmäßig dopen, 14 Prozent an illegalen Absprachen beteiligt gewesen sein sollen und 45,4 Prozent für den Sport gesundheitliche Risiken in Kauf nehmen.

Die Athleten fassen ihre eigene Situation als prekärer auf als die breite Bevölkerung. Während nur 12,7 Prozent der Bevölkerung "Existenzangst" als mögliches Motiv für das Fehlverhalten von Sportlern nennen, sind dies unter den Athleten selbst 57,7 Prozent.

Die Studie der Sporthilfe ergibt, dass die Bereitschaft in der Bevölkerung zur finanziellen Unterstützung des Spitzensports sinkt, wenn von illegalen Spielabsprachen ausgegangen wird, aber mit dem durch die Athleten in Kauf genommenen Ausmaß gesundheitlicher Risiken steigt. Andere Dysfunktionen wie Doping haben der Studie zufolge noch keine signifikante Auswirkung auf die Förderbereitschaft.
http://www.handelsblatt.com/doping-spor ... 15676.html

Frage: Muss ein Verband nicht seine Spitzensportler vor dem eigenen Ehrgeiz und dessen Auswüchsen schützen? Ist das heutige Wettkampfsystem nicht inhuman/ unmenschlich? Welche Auswege gibt es?
JSC Mitglied
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Re: Studie "Dysfunktionen des Spitzensports"

Beitrag von JSC Mitglied »

Ich glaube bei Judo ist es nicht so schlimm, denn wir haben keine reiche und einfulssreiche Lobby.
Aber mit den Existenzbefürchtungen glaube ich schon das das stimmt, weil es für die Athleten im Prinzip nur die Sporthilfe gibt oder bei der Bundespolizei oder -Wehr.
freundliche Grüße
JSC Mitglied

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Olaf
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Re: Studie "Dysfunktionen des Spitzensports"

Beitrag von Olaf »

Und diese Ergebnisse übertrage man dann einmal auf ein "normales" Berufsleben.

Wie viele Arbeitnehmer fühlen sich unter Druck, haben psychische Probleme, werfen Medikamente ein weil sie sonst nicht mehr klar kommen, haben schon mal illegale Absprachen (z.B. im Bereich von Angeboten gemacht usw.).

Das sehe ich einfach als ein Spiegelbild der Gesellschaft. Nicht mehr aber auch nicht weniger. Hier ein besonderes Problem im Leistungssport festzumachen und idealisierte Zustände in einem besonderen Bereich einzufordern, wenn es in der allgemeinen Gesellschaft nicht besser aussieht, halte ich für unsinnig.
Sporthilfe-Studie deckt schockierende Zustände auf
Wer hier die schockierenden Zustände nur im Sport findet läuft blind durchs Leben.
Immer wieder muß das Unmögliche versucht werden,
um das Mögliche zu erreichen

Derjenige, der sagt „Es geht nicht“, soll denjenigen nicht stören, der es gerade tut.

Jeder kann unter http://www.obernkirchenraptors.de mehr über uns erfahren.
Kumamoto
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Re: Studie "Dysfunktionen des Spitzensports"

Beitrag von Kumamoto »

Ich denke, dass der Druck bei den "kleineren" Verbänden/ Sportarten grösser ist, da die entsprechenden Funktionäre sich "ihren Platz an der Sonne" sichern wollen. Diese Leute haben - bedingt durch die "Mindergröße" ihrer Verbände - oft ein gesteigertes Geltungsbedürfnis. Ihnen reicht es oft nicht aus "ein großer Fisch in einem kleinen Teich" zu sein - sie wollen "mit den Großen um die Wette schwimmen".
Dieser Druck wird dann oft "nach unten" weitergereicht. Das genau ist dann - meiner Meinung nach - der Fehler: Man nimmt dem Sport/Sportler die Unbekümmertheit. Wozu das führen kann, zeigt uns der "Fall Robert Enke". Beim Sport sollte immer der Mensch im Mittelpunkt stehen und das "Maß aller Dinge sein". Ein Mensch darf nicht nach seinen Erfolgen bewertet werden, sondern nach seinen menschlichen Qualitäten, da aller Ruhm vergänglich ist . Mir fällt da immer ein Filmzitat ein: "Das Glück ist eine Hure, heute schläft sie mit dem Einen, morgen mit einem Anderen".
(s. auch http://de.wikipedia.org/wiki/Memento_mori , http://de.wikipedia.org/wiki/R%C3%B6mischer_Triumph).
Ich habe es oft, erlebt, dass sogar Kinder und Jugendliche schon ihren Wert an der Farbe der errungenen Medaille festmachen. Es heißt ja "Der Zweite ist schon der erste Verlierer." Das gilt nicht nur für den Sport, sondern auch für das Berufsleben und die Schule. Deshalb erzähle ich gerne folgende Geschichte:
http://www.pro-leben.de/symb/wasistdeinlebenwert.php
Funktionäre sollten den Druck von den Athleten nehmen, ihr Sportleben "entschleunigen".
Im modernen Sport werden oft Sportpsychologen herangezogen, aber meist nur um die Leistung(sfähigkeit) zu steigern, nicht um den Umgang mit dem Ausbleiben von Erfolgen zu lernen. Es wird suggeriert "Du bist gut, deshalb wirst du gewinnen." Wenn der Sieg ausbleibt, folgert der unterlegene Sportler "Ich habe nicht gewonnen, also bin ich schlecht."
Schon im Kinder- und Jugendbereich wird den Kämpfern nach dem verlorenen Kampf als erstes erklärt, was er oder sie falsch oder nicht gemacht hat und nicht, was er oder sie richtig gemacht hat. Schon dort wird der Mensch nach seinen Fehlern beurteilt und nicht nach den Anstrengungen.
Heute habe ich ein gutes Zitat gelesen: "Erziehen heißt vorleben. Alles andere ist höchstens Dressur." (Oswald Bumke)
Wenn die Spitzensportler Vorbilder für die Breitensportler sein wollen/ sollen, müssen die Maßnahmen, die allgemein angewandt werden sollen zuerst an der Sportelite praktiziert werden.
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