Erschreckende Erkenntnis

Hier geht es um Fragen zur Vereinsarbeit, Verbänden und Organisationen
Antworten
katana
3. Dan Träger
3. Dan Träger
Beiträge: 1054
Registriert: 15.01.2009, 21:44

Re: Erschreckende Erkenntnis

Beitrag von katana »

Was aber bei der Begründung (Ganztagsschulen, G8, etc) nicht viel zur Sache tut, denn wenn die Zeit generell fehlen würde, dann müsste man das ja auch in anderen Sportarten in kommerziellen Sportschulen merken. Dem ist zumindest in dem kleinen Umfeld, auf das ich einen Einblick habe, nicht der Fall.
Daher würde ich doch evtl. die Ursache bei der Organisationsform oder dem Angebot suchen.
Dabei hast du Eines vergessen.
Wenn jemand 90.-€ im Monat zahlt, geht er da auch hin.
Zahlt er wie in vielen kleinen Vereinen, die ja die Masse machen um die 50 € im Jahr,
oder gar weniger, ist der "Motivationsdruck" weitaus geringer.

KK
HBt.

Der Transfer

Beitrag von HBt. »

Ein kleiner Ausflug - zurück zum Schulangebot, hier ein Auszug aus dem AG Angebot.
Die KGS ... hat geschrieben: Arbeitsgemeinschaft: Spiele / Judosport Nr.: 11 Thema: Judo

Was ist Judo?

Judo ist eine japanische Kampfsportart und kann mit "der sanfte Weg" übersetzt werden. Sie besteht im Wesentlichen aus verschiedenen Wurftechniken im Stand
und Haltegrifftechniken im Boden. Für die Fortgeschrittenen gibt es noch Hebel- und Würgetechniken. Treten und Schlagen hingegen sind ganz verboten.

Diese AG wendet sich an alle, die Judo bereits betreiben oder gerne eine neue Sportart kennen lernen wollen. Nach Regeln soll viel gerangelt, gerauft und gekämpft werden, aber auch das Erlernen der Techniken spielt eine wichtige Rolle. Bei regelmäßiger Teilnahme über einen längeren Zeitraum (am besten länger als ein Halbjahr) ist es möglich, die ersten Gürtelprüfungen abzulegen.

Neben den Gürtelprüfungen soll es ein Ziel sein eine Mannschaft für "Jugend trainiert für Olympia" auf die Beine zu stellen.

Besondere Bemerkungen:
Neue Schülerinnen und Schüler sind in dieser AG herzlich willkommen!

Wochentag: Dienstag Urzeit: 13.30 - 15.00 Uhr
Ich stelle mir die Frage, wie findet normalerweise der Transfer in die Vereine statt?
Wie kann ich als Lehrkörper meine Schüler motivieren, über das Spielangebot hinaus, mich* für Judo zu interessieren und das entsprechende (Sport-)Angebot der ortsansässigen Vereine (die Matte! kenne ich ja schon ;-)) zu frequentieren?

*der Schüler, die Schülerin
Benutzeravatar
Fritz
Moderator
Moderator
Beiträge: 5165
Registriert: 14.11.2003, 11:06

Re: Erschreckende Erkenntnis

Beitrag von Fritz »

HBt. hat geschrieben:Ich stelle mir die Frage, wie findet normalerweise der Transfer in die Vereine statt?
Wie kann ich als Lehrkörper meine Schüler motivieren, über das Spielangebot hinaus, mich* für Judo zu interessieren und das entsprechende (Sport-)Angebot der ortsansässigen Vereine (die Matte! kenne ich ja schon ;-)) zu frequentieren?
Das geht nur, wenn der AG-Vorturner selbst
dem Verein angehört und diesen aktiv bewirbt. Und der Verein die Üblinge der AG in
Vereinsaktivitäten (Feste, Fahrten, Trainingslager) mit einbindet...
Wenn das nicht gegeben ist, dann findet ziemlich sicher kein "Transfer" statt...

Und ein Verein sollte auch nicht so naiv sein, zu denken, wenn ein paar Mädels vom
Schul-Judokurs höflich anfragen, ob sie beim regulären Training des Vereins erscheinen
können, um sich für die Judokurs-Sport-Prüfung fit zu machen, daß von denen irgendeiner
im Verein hängen bleibt...
Mit freundlichem Gruß

Fritz
tom herold
3. Dan Träger
3. Dan Träger
Beiträge: 1313
Registriert: 20.04.2006, 17:13
Kontaktdaten:

Re: Erschreckende Erkenntnis

Beitrag von tom herold »

@Helge:
Ich stelle mir die Frage, wie findet normalerweise der Transfer in die Vereine statt?
Gar nicht.
Der Schule ist es doch völlig egal, ob der/die Verein(e) einen Zuwachs durch neue Mitglieder erhält/erhalten oder nicht.
Der Schule geht es darum, daß sie ein AG-Angebot machen muß, und dieses will sie gewährleisten.
Kann sie dazu auf qualifizierte (Vereins)Übungsleiter zurückgreifen - umso besser.
An einem "Transfer" der Kinder/Jugendlichen, die an dieser Schul-AG teilnehmen, hat die Schule kein Interesse.
Warum sollte sie auch?
Ganztagsschule, ja?
Also bis in den späten Nachmittag hinein Anwesenheitspflicht und ein durch die Schule selbst gewährleistetes "Programm". (Erinnert irgendwie an den "Hort" in der DDR ...)
Eine Teilnahme am Vereinstraining, bspw. im Jûdô, wäre logischerweise erst DANACH möglich.
Ist das realistisch?
Nöö.

Die Kinder haben einmal, vielleicht zweimal pro Woche ihre Jûdô-AG in der Schule.
Dazu kommen alle möglichen anderen Aktivitäten.
WARUM sollten diese Kinder/Jugendlichen darüber hinaus ein Interesse entwickeln, am Jûdô-Vereinstraining teilzunehmen?
Ich sehe da keine Vorteile für die Vereine, im Gegenteil.
Du hast doch selbst bereits darauf hingewiesen, daß sich durch diese Ganztagsschule die Trainingszeiten der Kindergruppen in den Vereinen (nicht nur im Jûdô) nach "hinten", also in den frühen Abend verlagern.
Was problematisch ist, da die Kinder den ganzen Tag in der Schule waren und die Eltern sicher zu Recht nicht damit einverstanden sein werden, wenn ihr 8-11jähriger Sprößling von morgens 7.30 bis abends 20.00 oder gar 20.30 ununterbrochen "außer Haus" ist.

Ich bezweifle übrigens auch, daß man im Rahmen einer Schul-AG so intensiv trainieren kann wie im Rahmen des normalen Vereinstrainings.
Ich sehe - außer einem "Entertainment" für Kinder, das zufällig "Jûdô" genannt wird - in diesen Schul-AG keinerlei Sinn. Jedenfalls nicht für die Vereine.
Aber vielleicht ist DAS ja trotzdem die Zukunft ...
Hier sprach sich ja schon jemand dafür aus, daß der Trainer/Jûdô-Lehrer ein "Entertrainer" zu sein habe ...
Na dann: "Liebe Kinder, der da mit dem lustigen weißen Schlafanzug wird heute euer Animateur sein ...!"
HBt.

Re: Erschreckende Erkenntnis

Beitrag von HBt. »

Ich schrieb eingangs schon:
Das tragende Fundament ist weg, latent erodiert. (..)
Halten wir doch ehrlicherweise einmal fest:
Die Ganztagsschulen (u.a. mit und durch ihr AG-Programm) schaden uns allen mehr, als sie uns einen Nutzen bringen, sehe ich das richtig?

Riefen wir (Bürger) einheitlich nach Ganztagsschulen? Ich kann mich nicht erinnern, ... eine Notwendigkeit besteht meines Erachtens nicht.


Lieber Fritz,
ich bin eher pessimistisch / realistisch ... einen qualifizierten TR/ÜL der zwischen 13:30 und 15:00 zur Verfügung stünde, ausfindig zu machen. Was soll er seinem Arbeitgeber verklickern,
wenn er ein bis zweimal pro Woche nur halbtags arbeitet? Deine Idee ist klasse, so könnte es möglicherweise funktionieren - ein wahnsinniges Engagement ist heutzutage notwendig ... (auch Entertainment?)

Wenn wir alle einmal sachlich den IST-Zustand betrachten, stellen wir fest: Tom hat recht, er bringt es doch eindeutig auf den Punkt. Wir können es 'drehen und wenden' wie wir wollen.
Benutzeravatar
Fritz
Moderator
Moderator
Beiträge: 5165
Registriert: 14.11.2003, 11:06

Re: Erschreckende Erkenntnis

Beitrag von Fritz »

HBt. hat geschrieben:Die Ganztagsschulen (u.a. mit und durch ihr AG-Programm) schaden uns allen mehr, als sie uns einen Nutzen bringen, sehe ich das richtig?
Warten wir es ab... Vielleicht haben wir ja einen gewissen Filter, der dazu führt,
daß nur noch wirklich trainingswillige, halbwegs intelligente Kinder den Weg in den Verein finden...
Riefen wir (Bürger) einheitlich nach Ganztagsschulen? Ich kann mich nicht erinnern, ... eine Notwendigkeit besteht meines Erachtens nicht.

Nanana, nicht so vorschnell! Ein Hauptkritikpunkt der Wirtschaft an Deutschland war in den
vergangenen Jahren doch, daß zu viele zu gut ausgebildete Leute vorhanden sind.
Dieser Mißstand wird nun langfristig behoben auf breiter Front:
Ganztags-Schulen, jahrgangsübergreifender Unterricht,
Ersatz des bewährten Diploms durch "Bachelor und Master",
Massenentlassungen von Ingenieuren usw...
Ich denke, Ganztags-Schulen (möglichst ohne "Sitzenbleiben") werden eine Schlüsselrolle
auf dem Weg in eine schöne neue Welt zukommen.
Immerhin wird hier rein zeitlich die Gefahr reduziert, daß der Schüler vielleicht noch etwas
von seinen Eltern lernt oder gar von ihnen mit nicht zeitgemäßen politischen Ansichten
verunsichert wird.

Und ja, der Bürger rief - den Ruf sieht man bei jeder Wahl, wenn den üblichen Parteien
bestätigt wird, daß sie ihre Experi... - ähm - ihre bewährte Politik am Volk fortsetzen
dürfen...
Mit freundlichem Gruß

Fritz
fa-str
Gelb - Orange Gurt Träger
Gelb - Orange Gurt Träger
Beiträge: 29
Registriert: 11.03.2010, 17:10
Bundesland: Bayern

Re: Erschreckende Erkenntnis

Beitrag von fa-str »

Hallo,
HBt. hat geschrieben: ich bin eher pessimistisch / realistisch ... einen qualifizierten TR/ÜL der zwischen 13:30 und 15:00 zur Verfügung stünde, ausfindig zu machen. Was soll er seinem Arbeitgeber verklickern,
wenn er ein bis zweimal pro Woche nur halbtags arbeitet?
An meiner Schule gab es damals eine Judo-AG, welche von der - damaligen - Konrektorin geleitet wurde. Wenn also ein Lehrer zugleich in seiner Freizeit lizensierter Übungsleiter ist, wäre sowas schon denkbar. Zumal ich einige Lehrer und Lehramtsstudenten kenne, die gleichzeitig lizensierte Judotrainer sind (ich studiere Lehramt).
Grüße
Fabian

Die Wirklichkeit ist etwas, dass sehr von unserem persönlichen Standpunkt abhängig ist.
HBt.

Kompetenz (ist vorhanden)

Beitrag von HBt. »

Hallo Fabian.
fa-str hat geschrieben:Hallo,
HBt. hat geschrieben: ich bin eher pessimistisch / realistisch ... einen qualifizierten TR/ÜL der zwischen 13:30 und 15:00 zur Verfügung stünde, ausfindig zu machen. Was soll er seinem Arbeitgeber verklickern,
wenn er ein bis zweimal pro Woche nur halbtags arbeitet?
An meiner Schule gab es damals eine Judo-AG, welche von der - damaligen - Konrektorin geleitet wurde. Wenn also ein Lehrer zugleich in seiner Freizeit lizensierter Übungsleiter ist, wäre sowas schon denkbar. Zumal ich einige Lehrer und Lehramtsstudenten kenne, die gleichzeitig lizensierte Judotrainer sind (ich studiere Lehramt).
Ja, da gebe ich Dir in allen Punkten Recht. Nur jenes hatten wir in den letzten drei Jahren alles schon, ebenso in allen Punkten.

Ach so, eins noch, bei uns (KGS) steht Frau Beinroth persönlich auf der Matte ;-).
Benutzeravatar
Fritz
Moderator
Moderator
Beiträge: 5165
Registriert: 14.11.2003, 11:06

Re: Erschreckende Erkenntnis

Beitrag von Fritz »

HBt. hat geschrieben:Ach so, eins noch, bei uns (KGS) steht Frau Beinroth persönlich auf der Matte ;-).
Sie war doch mal eine international sehr erfolgreiche Athletin?
Sollten sich da für den Verein nicht ungeahnte Synergie-Potentiale erschließen lassen?
fa-str hat geschrieben:An meiner Schule gab es damals eine Judo-AG, welche von der - damaligen - Konrektorin geleitet wurde. Wenn also ein Lehrer zugleich in seiner Freizeit lizensierter Übungsleiter ist, wäre sowas schon denkbar.
Naja, in der Schule wo mein Verein trainiert, gibt es
auch eine Judo-AG bzw. einen Judokurs. Der einzige Nutzen, den wir bisher davon haben,
ist, daß manchmal unsere Matten bereits aufgebaut sind ;-)
Mit freundlichem Gruß

Fritz
Benutzeravatar
Makikomi Kid
2. Dan Träger
2. Dan Träger
Beiträge: 595
Registriert: 25.11.2010, 12:59

Re: Erschreckende Erkenntnis

Beitrag von Makikomi Kid »

katana hat geschrieben: Dabei hast du Eines vergessen.
Wenn jemand 90.-€ im Monat zahlt, geht er da auch hin.
Zahlt er wie in vielen kleinen Vereinen, die ja die Masse machen um die 50 € im Jahr,
oder gar weniger, ist der "Motivationsdruck" weitaus geringer.
Tut er nicht. Und dass er das nicht tut, ist die Idee hinter Fitnessstudios. Schließ nen 12 Monatsvertrag ab (damit du geringere Beiträge hast) geh nen Monat lang motiviert hin, dann 3 Monate sporadisch, dann melde dich ab (und die restliche Zeit zahlst du halt so).

Zeit ist nie vorhanden, es sei denn, man nimmt sie sich. Wenn einem etwas wichtig ist, dann nimmt man sich die Zeit.
Ich "finde" auch immer weniger Zeit für Judo. Liegt daran, weil meine anderen Sportarten diesen Platz einnehmen. Und als meine Frau einen trainingsfreien Abend von mir verlangt hat, dann musste eine Judo-Einheit dran glauben. Zum Glück kann ich an dem Tag morgens in einem kommerziellen Dojo eine Einheit belegen :)
Allerdings halt nicht in Judo.
"Es gibt auf Dan Prüfungen zu höheren Stufen noch Dan-Träger, die noch nicht richtig fallen können" - Judoka50
HBt.

Offtopic

Beitrag von HBt. »

Makikomi Kid hat geschrieben:Zum Glück kann ich an dem Tag morgens in einem kommerziellen Dojo eine Einheit belegen
Jou, da hast Du aber wirklich Glück. Nur die wenigsten Erwachsenen können sich morgens eine Einheit gönnen (vielleicht zwischen 04:00 Uhr und 06:00 Uhr). Normalsterbliche müssen in Deutschland immer noch ihrem Chef (oder Arbeitgeber) in der Zeit von 08:00 Uhr bis 16:00 Uhr (plus eine Stunde Pausenzeiten) dienen. Nimm die An- und Abreisezeiten dazu, plus Familienbonus ... wir haben (doch) keine Zeit - nix mit Flexibilität, oder so, alles nur Gewäsch.
Benutzeravatar
Olaf
2. Dan Träger
2. Dan Träger
Beiträge: 548
Registriert: 30.03.2004, 11:46
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Verein: Obernkirchen Raptors/PSV Herford
Kontaktdaten:

Re: Erschreckende Erkenntnis

Beitrag von Olaf »

Ich muss Tom in einem Punkt recht geben, in einem anderen jedoch widersprechen. Natürlich hat er recht mit seinem Statement, dass von Seiten der Schule kein Interesse besteht, den Vereinssport zu unterstützen. Das ist aber auch nicht die Aufgabe der Schule, es sei denn es wäre eine Partnerschule des Sports.

Ich widerspreche aber darin, dass man als Verein keinen Nutzen aus den Judogruppen der Schule ziehen kann.

Wir haben unser Training am Donnerstag so gelegt, dass wir direkt im Anschluss an das Schulangebot (IGS mit Älteren ab Klasse 5 und Grundschule, die beide auf der gleichen Matte, aber ansonsten getrennt trainieren) unser Vereinstraining beginnen. Im Allgemeinen ist unsere Halle wegen der beiden Ganztagesschulen bis 16 Uhr geblockt, durch unser Engagement können wir aber als einziges Sportangebot vor Ort bereits um 15.30 mit dem regulären Training beginnen (Matte liegt schon, daher kann kein anderer die Zeit nutzen).

Während des Schulangebotes machen wir den Kindern immer wieder das Angebot, auch die erste Stunde des regulären Vereinstrainings zu nutzen, was viele auch wahrnehmen. Nach einigen Wochen gibt es dann die Anmeldung und das Angebot auch mehrmals in der Woche zu kommen. Das praktizieren wir jetzt seit Bestehen der Sparte (2006) so und am Jahresende sollen sich die ersten derart Rekrutierten der Prüfung zum 1. Kyu stellen. Eine dieser Sportlerinnen hat in 2011 an der Deutschen U20-Meisterschaft teilgenommen. Bei einer Bestandserhebung Anfang des Jahres zu genau diesem Thema haben wir eruiert, dass fast 2/3 unserer derzeit ca. 130 aktiven Judoka entweder durch das Schulangebot, oder durch Freunde, die mit dem Schulangebot begonnen haben, auf der Matte stehen.

Natürlich haben wir das große Glück, gleich 2 Übungsleiter zu haben, die für dieses differenzierte Angebot zur Verfügung stehen.

Nachtrag: Ich habe eben die AG-Liste für das neue Schuljahr an der IGS übermittelt bekommen. Sind wieder 16 Teilnehmer . Mal schauen wie viele es aus der Grundschule werden.

LG
Olaf
Immer wieder muß das Unmögliche versucht werden,
um das Mögliche zu erreichen

Derjenige, der sagt „Es geht nicht“, soll denjenigen nicht stören, der es gerade tut.

Jeder kann unter http://www.obernkirchenraptors.de mehr über uns erfahren.
Benutzeravatar
Makikomi Kid
2. Dan Träger
2. Dan Träger
Beiträge: 595
Registriert: 25.11.2010, 12:59

Re: Offtopic

Beitrag von Makikomi Kid »

HBt. hat geschrieben:
Makikomi Kid hat geschrieben:Zum Glück kann ich an dem Tag morgens in einem kommerziellen Dojo eine Einheit belegen
Jou, da hast Du aber wirklich Glück. Nur die wenigsten Erwachsenen können sich morgens eine Einheit gönnen (vielleicht zwischen 04:00 Uhr und 06:00 Uhr). Normalsterbliche müssen in Deutschland immer noch ihrem Chef (oder Arbeitgeber) in der Zeit von 08:00 Uhr bis 16:00 Uhr (plus eine Stunde Pausenzeiten) dienen. Nimm die An- und Abreisezeiten dazu, plus Familienbonus ... wir haben (doch) keine Zeit - nix mit Flexibilität, oder so, alles nur Gewäsch.
Ich komme morgens eine Stunde früher, mache 2h Mittagspause und gut ist. Der Chef hat da kein Problem mit. Warum auch?
Mittwochs würde ich gerne das gleiche machen, geht aber nicht, da wir da dummer Weise 'nen Meeting haben :)
"Es gibt auf Dan Prüfungen zu höheren Stufen noch Dan-Träger, die noch nicht richtig fallen können" - Judoka50
Jupp
3. Dan Träger
3. Dan Träger
Beiträge: 829
Registriert: 31.01.2007, 15:53

Re: Erschreckende Erkenntnis

Beitrag von Jupp »

Hier werden sehr viele verschiedene Probleme des Mitgliederschwunds in den Judovereinen auf einmal angesprochen:
a) die latente Veränderung der Einwohnerstruktur in Deutschland (weniger Kinder, mehr Ältere!)
b) die verstärkte Einführung von Ganztagsschulen, damit beide Elternteile arbeiten können, wenn sie wollen oder müssen
c) die fehlende Qualifikation zahlreicher ÜL/Judotrainer in unseren Vereinen
d) die Notwendigkeit, das Vereinsangebot strukturell an die veränderten Bedürfnisse/Wünsche derMenschen in Deutschland anzupassen

zu a)
Es ist allen klar, dass wir immer weniger Kinder und Jugendliche in Deutschland haben, um die sich immer mehr Vereine mit den unterschiedlichsten Sportangeboten streiten; hinzu kommen zahlreiche neue Betätigungsmöglichkeiten für Kinder, Jugendliche aber auch Erwachsene, die nicht (oder nicht mehr) über Vereine angeboten werden (müssen) bzw. ohne jegliche Organisationsform ausgeübt werden können (wie z.B. Joggen, Skaten, Radfahren usw.)

zu b)
Ganztagsschulen werden ganz zwangsläufig immer wichtiger für die Bildungslandschaft werden, da sie zwei Möglichkeiten bieten, die Deutschland als Industrieland benötigt:
- die Möglichkeit, einen qualifizierten Schulabschluss auf unterschiedlichem Niveau zu erwerben, wobei der Wechsel zwischen den verschiedenen Schulformen in beide Richtungen möglich sein muss
- Eltern (auch junge Eltern) wollen (und können auch manchmal nicht) sich nicht mehr durch Kinderbetreuung aus dem Arbeitsbereich heraushalten lassen; dazu ist es - wie in anderen Ländern wie z.B. Frankreich oder Schweden - notwendig, die Kinder möglichst bis 16.00 oder gar bis 17.00 Uhr qualifiziert zu betreuen

zu c) Schon Kano hat sich (um 1920) darüber beklagt, dass es zu wenig Judolehrer gibt, die Judo in seinem Sinne unterrichten; das trifft auf die ÜL/Judolehrer im Deutschland des Jahres 2011 ganz sicherlich auch zu; zu wenig ÜL/Trainer/Judolehrer bilden sich regelmäßig weiter und sind im Kontakt mit Kollegen, um sich über ihre Erfahrungen und Erkenntnisse auszutauschen; dennoch ist die Ausbildung im DJB und in den Ländern im Allgemeinen und im Vergleich mit nahezu allen anderen olympischen Sportarten ausßerordentlich gut organisiert und inhaltlich auf einem sehr hohen Niveau - Verbesserungsmöglichkeiten (in vielen Bereichen) eingeschlossen

zu d) die Strukturen von Vereinen sind derzeit nicht auf dem Niveau, wie es sich im Hinblick auf Punkt a) als notwendig erweist; die Judovereine verlieren zu viele Mitglieder an andere Sportarten, an andere Organisationen oder an die "Lustlosigkeit"; die "klassischen" Vereinstugenden, wie sie Fritz weiter oben genannt hat ("mehr als nur Dienstleister...") genügen eben nicht mehr, um zu bestehen; das Angebot muss die wahren Interessen der Mitglieder treffen; wer das "Bespaßung" nennt, verkennt, dass man nur diejenigen Mitglieder zum "wahren" Judo (langfristig) führen kann, die man noch hat - wer weg ist, ist eben weg, auch von jeder Einflußnahme

Während die Vereine an den Punkten a) Einwohnerstruktur und b) schulpolitische Entscheidungen/Notwendigkeiten kaum etwas ändern können (außer durch kindgerechte Angebote junge Paare zu mehr Kindern "ermutigen" -.....) kann ein engagierter Verein (d.h. die engagierten Vorstandsmitglieder, Trainer, Vereinsmitglieder - also die Menschen im Verein) an den Punkten c) Weiterbildung und d) Vereinsstruktur ganz sicher etwas tun.
Wer meint, das nicht tun zu müssen, bleibt stehen.

"Lernen ist wie Schwimmen gegen den Strom - wer damit aufhört, der treibt zurück!"

Zum Lernen gehört allerdings oft auch, sich selbst und seinen Verein besser kennen zu lernen.

Das kann einem bei enttäuschenden Erfahrungen allerdings niemand abnehmen.

Jupp

P.S. Zu b) dem Engagement in Ganztagsschulen habe ich seit Jahren eine feste Meinung, die sich über Einzelbericht auch immer wieder zu bestätigen scheint:
Nur wenn die Schüler über die Judo-AG in Kontakt mit dem Verein treten, in dessen Räumlichkeiten trainieren und von dessen ÜL/Trainern geschult werden, wir die "Hemmschwelle" überwunden, Vereinsmitglied zu werden!
Gehen Vereinstrainer in die Schule oder werden die Schüler von Vereinsfremden ausgebildet, entwickeln sich Vereinsmitgliedschaften nur zufällig.
Diese Tendenz sollten Vereine, die mit Schulen wie auch immer kooperieren, bei ihren Entscheidungen berücksichtigen.

Man weiß ja auch von Lehrerwechseln innerhalb des Vereins, dass dieser bis zu 50-60 % der Gruppenmitglieder kosten kann, wenn relativ plötzlich ein unbekannter ÜL/Lehrer den altbekannten Trainer ablöst. Das hat dann überhaupt nichts mit der jeweiligen Qualifikation zu tun, sondern ist ein soziales Phänomen, das nicht auftritt, wenn die Teilnehmer den Trainer schon länger gut kennen (vielleicht auch ein Hinweis darauf, warum "plötzlich" Mitglieder weg sind!).
HBt.

Re: Erschreckende Erkenntnis

Beitrag von HBt. »

Lieber Jupp,
ich kann Dir nur beipflichten - die Vereine müssen sich neu aufstellen, innovativer (auf ganzer Linie professioneller) werden, andernfalls werden sie untergehen.
Sie werden auch keine qualifizierten TR/ÜL finden, bzw. an sich binden, solange keine Motivation (ausreichende Attraktivität) besteht, eben Trainer dieses Vereins zu werden / zu sein.
Jupp hat geschrieben: Nur wenn die Schüler über die Judo-AG in Kontakt mit dem Verein treten, in dessen Räumlichkeiten trainieren und von dessen ÜL/Trainern geschult werden, wird die "Hemmschwelle" überwunden, Vereinsmitglied zu werden!
Gehen Vereinstrainer in die Schule oder werden die Schüler von Vereinsfremden ausgebildet, entwickeln sich Vereinsmitgliedschaften nur zufällig.
Diese Tendenz sollten Vereine, die mit Schulen wie auch immer kooperieren, bei ihren Entscheidungen berücksichtigen.
Im Klartext bedeutet Deine Meinung (Beobachtung) doch: Derjenige, der die AG leitet, ist ein wichtiges Bindeglied und somit der Dreh- u. Angelpunkt für einen möglichen Transfer.
Jupp
3. Dan Träger
3. Dan Träger
Beiträge: 829
Registriert: 31.01.2007, 15:53

Re: Erschreckende Erkenntnis

Beitrag von Jupp »

HBT schreibt: "Im Klartext bedeutet Deine Meinung (Beobachtung) doch: Derjenige, der die AG leitet, ist ein wichtiges Bindeglied und somit der Dreh- u. Angelpunkt für einen möglichen Transfer."

Nein, das war nicht meine Aussage!

Ich schrieb: "Nur wenn die Schüler über die Judo-AG in Kontakt mit dem Verein treten, in dessen Räumlichkeiten trainieren und von dessen ÜL/Trainern geschult werden, wir die "Hemmschwelle" überwunden, Vereinsmitglied zu werden!"

Also im Klartext:
1. Schüler aus Schulen (z.B. Ganztagsschulen) werden dann eher Mitglied in einem Judoverein, wenn die Arbeitsgemeinschaft der Schule in den Räumlichkeiten des Vereins und/oder auf dessen Matten (in der Gemeindeturnhalle) durchgeführt wird. Wird dann direkt im Anschluss an die AG auch ein Vereinstraining angeboten kann leicht und gut für die Schüler ein "Übergang" hergestellt werden (ich glaube Olaf schilderte den positiven Effekt ein solches Vorgehen).
Da gehört es zu den "Mangement-Aufgaben" des Vereins entsprechende Kontakte und Voraussetzungen herzustellen bzw. in die Wege zu leiten, um diesen "Übergang" zu ermöglichen.

Der räumliche Kontakt mit dem Judoverein ist meiner Ansicht nach das Entscheidende!

2. Ist die oben beschriebene Voraussetzung nicht hergestellt, dann spielt es so gut wie keine Rolle, ob der Leiter der AG Vereinsmitglied ist oder nicht - die Schüler besuchen den Verein nicht zusätzlich zum Schul-Judo bzw. dies geschieht dann eher zufällig und ist von einer persönlichen Motivation der Schüler abhängig, nicht aber von der Person des AG-Leiters.

Was ich meine ist, dass alles Klagen über die fehlenden Motivationen der Schüler nichts nützt, wenn man als Vereinsfunktionär (ÜL, Vorstandsmitglied, Vereinsmitglied) nicht tätig wird und die geschilderten Voraussetzungen berücksichtigend selber aktiv wird.

Jupp
HBt.

Die Maus und der Faden

Beitrag von HBt. »

Alle Voraussetzungen sind erfüllt, bis auf eine: die AG endet um 15:00 Uhr, die Vereine können allerdings die Sporthalle frühestens ab 16:35 Uhr nutzen. Jetzt finde heutzutage einen qualifizierten ÜL für diesen Zeitraum, ab 16:30 Uhr?
Benutzeravatar
Fritz
Moderator
Moderator
Beiträge: 5165
Registriert: 14.11.2003, 11:06

Re: Erschreckende Erkenntnis

Beitrag von Fritz »

Jetzt finde heutzutage einen qualifizierten ÜL für diesen Zeitraum, ab 16:30 Uhr?
Könnt ihr denn nicht Sportskameradin Beinroth für Euren Verein gewinnen?
Mit freundlichem Gruß

Fritz
HBt.

@Fritz

Beitrag von HBt. »

Du meinst als ÜL für die u7 plus u11, immer montags und freitags (16:30 Uhr bis 18:00 Uhr)? Wenn sie die AG-Kinder gleich mitbringt und wir sie bezahlen können?, sofort.
:D
Der räumliche Kontakt ist auch gegeben (siehe oben, "Jupp"), näher geht es schon gar nicht mehr ...
katana
3. Dan Träger
3. Dan Träger
Beiträge: 1054
Registriert: 15.01.2009, 21:44

Re: Erschreckende Erkenntnis

Beitrag von katana »

Wenn sie die AG-Kinder gleich mitbringt und wir sie bezahlen können?,
Genau das ist der Punkt.
Die AGs sind in der Regel für die Teilnehmer kostenlos.
Wenn du eine extra Zeit mit einem extra ÜL anbietest, ... hast du ein Problem.

KK
Antworten