Neue Zeiten

Hier geht es um Fragen zur Vereinsarbeit, Verbänden und Organisationen
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HBt

Neue Zeiten

Beitrag von HBt »

Tutor! hat geschrieben:Ich bin für Vielfalt in der Einheit. So wie es Leistungszentren für den Wettkampfbereich gibt, könnte ich mir z.B. auch Stützpunkte für andere Bereiche vorstellen, wie z.B. Kata oder Selbstverteidigung. Ich kann mir auch Arbeitsgemeinschaften zwischen Vereinen oder auch informelle Gruppen - durchaus mit Struktur - vorstellen.

Auf jeden Fall müssen die Landesverbände (die sind ja eigentlich zuständig, der DJB kann nur Konzepte machen und vorschlagen) darüber nachdenken, welche Angebote sie für Erwachsene und ältere Jugendliche sie aus- oder gar erst aufbauen müssen. Da liegen viele Themen brach. Es ist schon richtig, dass immer weniger Techniken zwar in immer mehr unterschiedlichen Variationen gelehrt werden, dafür aber eine ganze Reihe klassischer Judotechniken schrittweise aus dem Blickfeld geraten. Das ist eine Fehlentwicklung und zwar auch unter dem Aspekt des Leistungssports.

Die Vermittlung von Kata in Deutschland ist didaktisch und methodisch von wenigen Ausnahmen abgesehen eine einzige Katastrophe. Judoka werden in einer Art "Formen-Turnen" darauf getrimmt, ein lebendiges Abziehbild eines (Video-)ideals zu werden, das ihnen die meisten Kata-Lehrer weder vormachen noch vorleben können, anstatt sie zu ermutigen, die Inhalte der Kata zu entdecken und für sich zu erschließen.

DJB und Landesverbände müssen mit ihren Ordnungen und Regularien diese Vielfalt nicht behindern, sondern müssen sie satzungsgemäß (DOSB-Satzung!) unterstützen. Oder sie müssen sagen, das ist eine andere Sportart und damit die Tür für einen anderen Verband in den DOSB aufmachen. So lange sie das nicht tun, haben sei eine Verantwortung gegenüber allen, die Judo betreiben wollen - in welcher Variante auch immer.

Ich bin dagegen, den DJB oder die Landesverbände aus dieser Verantwortung zu entlassen. Aber eines muss auch klar sein: ohne Kompromisse auch auf der anderen Seite kann es nicht gehen. Wer anderen vorwirft verbohrt zu sein, muss beweisen, dass er selber anders ist!
Tutor hat im aktuellen Verbandsfaden eine Position vertreten, der man sich anschließen kann. Es gibt scheinbar einen Bedarf das bestehende System zu überdenken, bzw. den Bedürfnissen aller Judoka gerecht zu werden.

Erst wenn wir diese Bedürfnisse genau kennen und sie auch wahrnehmen wollen, können wir gemeinsam etwas bewegen.

Ein elementares Anliegen ist z.B. das Katawesen, ein anderes die "unverfälschte Geschichte" -> Kodokan Judo, eine umfangreichere ÜL/TR-C Ausbildung, ein funktionierendes QM, ...
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Re: Neue Zeiten

Beitrag von blackbelt »

Ich schließe mich der Meinung von Tutor voll und ganz an!!!!

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Re: Neue Zeiten

Beitrag von tutor! »

HBt hat geschrieben: Ein elementares Anliegen ist z.B. das Katawesen, ein anderes die "unverfälschte Geschichte" -> Kodokan Judo, eine umfangreichere ÜL/TR-C Ausbildung, ein funktionierendes QM, ...
Was sich im Kata-Bereich ändern muss, habe ich ja mehrfach geschrieben, jedoch gilt es da noch sehr dicke Bretter zu bohren. Sagt man den Verantwortlichen für die Lehre und Verbreitung der Kata, dass die Vermittlungsmethodik und auch die inhaltlichen Schwerpunkte weiterentwickeln müssen, stößt man auf Unverständnis und auf ein "bei mir läuft alles prima". Wenn man sich dann mit denen unterhält, die die Kata lernen und sich Prüfungen stellen, ergibt sich oft ein anderes Bild.

Die ÜL-/Trainierausbildung ist durch den DOSB in ihrem äußeren Rahmen vorgegeben und kann nicht umfangreicher werden. Hier helfen nur freiwillige Fortbildungsangebote, die so gut sein müssen, dass sie auch besucht werden.

Die Judo-Geschichte ist ein Sonderfall. Auf der einen Seite stimmt es, dass viele Aspekte der Judo-Geschichte nicht bekannt sind oder sogar falsch vermittelt werden - in Büchern aber auch im Internet - die Frage ist aber, ob eine Richtigstellung, die ich unbedingt befürworte, die Probleme lösen kann.

Wesentlich ist doch, dass die Angebote, die gemacht werden, im besten Wortsinn vernünftig und angemessen sind. J. Kano hat hierzu eine Menge Gedanken entwickelt, die nicht nur im Judo aufgegriffen werden sollten - für uns sollten sie jedoch mehr sein, eben verbindliche Leitlinien.

Historische Fehlentwicklungen im Judo müssen thematisiert werden, damit die Fehler der Vergangenheit vermieden werden können. Dazu zähle ich auf der einen Seite die Besessenheit nach Wettkampfergebnissen, die sich schon in den 30er Jahren in Japan als Exzess herausbildete wie auf der anderen Seite die vollkommene Überbetonung von Kinderspielen gegenüber Judo, frei nach der Formel, Kinder sollen 80% spielen und 20% Judo (genau diese Zahlen sind weit verbreitet!).

Durch die weltweite Verbreitung von Judo ergab es sich, dass an vielen Stellen dieselben Fragen und Probleme diskutiert und "entschieden" wurden. Dadurch entstand eine Pluralität, die erst jetzt im Internetzeitalter auffällt. Als ich selbst notgedrungen noch eher in kleineren Umfeldern gedacht habe, war ich oft der Überzeugung zu wissen, was "richtig" und was "falsch" ist. Ideen kamen also in Schubladen, was aber ein großer Fehler ist. Wenn von fünf Meinungen zu einem Thema nur eine historisch "korrekt" sein kann, so sind doch die anderen vier Gedankengänge nicht automatisch inhaltlicher Unsinn, oder? Ich diskutiere also lieber darüber, welche der fünf Ideen mich weiterbringen als darüber, welche vier Gedanken ich verwerfen "muss".
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
Techniques are only the words of the language judo (Cichorei Kano, 24.12.2008)
HBt

Patentrezepte, gibt es sie?

Beitrag von HBt »

@Tutor,
ich stimme Dir zu, möchte aber versuchen etwas deutlicher zu formulieren:
J. Kanos Leitlinien (Gedanken) sollten nicht nur, sondern müssen für
uns (erst einmal) verbindlich sein, dazu müssen wir sie exakt kennen, verstehen und nachvollziehen können. Aufklärung oder Klärung der Historie -selbstverständlich im Kontext, kulturell, vergleichend,...- muß auch unbedingt sein, gehört dazu. Fehlentwicklung oder falsche Interpretation (wenn es so etwas überhaupt gab, bzw gibt) müssen erkannt, benannt und u.U. korrigiert werden. Erst wenn dieser Prozess im Gange ist, lohnt es sich wirklich neue Ziele und Strömungen zu definieren oder Alte zu überdenken. Ein möglicher neuer Transfer, ...

Pragmatisch-experimentell ist es natürlich sinnvoll (besser) den Schwerpunkt einer Diskussion dort zu legen, wo es einen persönlich weiterbringt, bzw. uns alle - Konsens.

Also, warum soll man hier noch diskutieren, packen wir (gemeinsam oder jeder für sich- AG) es an und nehmen jüngste Erkenntnisse (Texte, Fakten ...) an.

Zu den Kompetenzen jedes Einzelnen, die über den Rahmen der offiziellen Fortbildungen hinausgehen - jetzt sind wir wieder bei der Verpflichtung, die jeder Judoka eingeht!!! - hier ist simpel Eigeninitiative gefragt ... diese kann man mit Sicherheit fördern.
1. Möglichkeit: mangelndes Wissen etc pp nicht unbedingt "noch" mit dem nächsten Pommes belohnen.
2. Möglichkeit: spannende Artikel, diverse LG zum Thema, interessante gute Referenten -> Motivation schaffen: "Ich will mehr, mehr wissen, mehr können, ... Alternativen zum Einheitsbrei" -> einfach begeistern ;)

never ending story ?
Tutor! hat geschrieben:Wenn von fünf Meinungen zu einem Thema nur eine historisch "korrekt" sein kann, so sind doch die anderen vier Gedankengänge nicht automatisch inhaltlicher Unsinn, oder?
Automatisch vielleicht nicht, aber Unsinn, sie sind schließlich nicht korrekt. Daraus erwächst meistens Unsinn, ob in diesem speziellen Fall das auch so ist .. wer weiß es?
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