Vergleichskämpfe - "Trials"

Hier geht es um die Wettkampforganisation und um Fragen zu den Wettkampfregeln
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nur_wazaari
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Vergleichskämpfe - "Trials"

Beitrag von nur_wazaari »



Habe mir alles angeschaut, leider habe ich die Interviews am Schluss mangels Sprachkenntnis nicht mitverfolgen können. Muss ich mal meinen immer kundiger werdenden Mitbewohner fragen, ob der mir übersetzen kann.

Insgesamt - unter Berücksichtigung der natürlich dramatischen Gesamt- und Entscheidungssituation - ein wirklich sehenswerter Kampf. Das Format hat mir tatsächlich auch gut gefallen. Ohne lästiges Gedudel im Hintergrund, ohne Corporate Identity, ohne allzu viel Aufriss drum herum, die Kommentatoren nicht im Vordergrund, nur ganz vereinzelt mal Werbung zu sehen. Keine vermarktungsbezogenen Unterbrechungen. Keine wampig-bräsigen Funktionäre im Vordergrund oder eingeblendet. Keine allzu wild gestikulierenden und ausfällig werdenden Trainer. Einfach intensive Randoriatmosphäre.

Natürlich ist das Match recht tatkisch geprägt gewesen, Rechtskämpfer gegen Linkskämpfer halt. Beide aber aus unterschiedlichen Judoschulen stammend. Beide recht tief stehend. Auf gleichem, höchstem Niveau. Viele von außen eingedrehte Ansätze (hat Hashimoto vielleicht doch einen Trend begründet?). Abe unglaublich- und ohne Unterbrechung fokussiert, stets der aktivere Kämpfer. Maruyama z.T. arg unter Zugzwang. Bei einer der internationalen Zirkusveranstaltungen wäre Maruyama höchstwahrscheinlich viel früher mit dem dritten Shido von der Matte beordert worden. Ganz abgesehen aufgrund von diversen Blutungen, die nur einigermaßen behandelt wurden. Dies galt aber für beide Kämpfer - Randori mit auswahltechnischen Konsequenzen halt. Die Regeln den Kampf an sich betreffend wurden insgesamt sehr weit ausgelegt - gut so. Ich kann die Grundsituation von früher tatsächlich sogar nachfühlen, wobei mir diese Auswahlkämpfe immer lagen. Der Kopf entscheidet wirklich alles dabei.

Die Kameraperspektiven haben sehr gut aufgezeigen können, wie sich der Griffkampf auch über Kopf- und Augenbewegungen aufbaut. Insbesondere in dieser was die Kampftaktik angeht schwierig einzustellenden Konstellation sehr hilfreich und interessant.

Daneben: Die Länge des Kampfes sollte man aus vielen Gründen wieder begrenzen, finde ich. Ich denke da z.B. an den Gesundheitsschutz und den Gesamtzeitaspekt. Genau um solche knappen Duelle zu entscheiden, sollten Kampfrichter sehr gut judo- und auch bewertungstechnisch umfassend ausgebildet werden. Sie sollten auch aufgrund eigener Wettkampf- und Randorierfahrung in der Lage sein, gerecht darüber zu befinden, wer in z.B. in 8 Minuten tatsächlich besser gewesen ist. Sie müssten insgesamt reflektieren gelernt haben. Das würde sie auch wieder autonomer machen und sie würden nicht zu bloßen Winkelementen degradiert werden, weil sie den Kampf tatsächlich empathisch verfolgen und verstehen müssten.

Bleibt noch zu überlegen, ob für solche Formate nicht "Best of three" eine Option wären. Der Spannungsbogen wäre ein anderer. Evtl. wäre es aussagkräftiger, gerechter nicht unbedingt. So viele zufällige Faktoren außerhalb des Sportlichen gibt es ja hierbei nicht, die Ungerechtigkeiten hervorrufen können. Außerdem könnte man überlegen, ob solche Formate die 365-Tage-im-Jahr-Terminkaskaden und den völlig entglittenen Aufwand die Olympiaqualifikation betreffend (wenn man mal von irgendeiner Sinnhaftigkeit dieser Veranstaltung überhaupt ausgeht) nicht damit auf ein angemessenes Maß gebracht werden könnten.

Alles Gedanken für die Zukunft. Da war ja u.a. noch was mit Pandemie und so...

Trotzdessen, mal sehen wie das bei den beiden Kanadierinnen bis 57kg ausgeht.
.
caesar
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Re: Vergleichskämpfe - "Trials"

Beitrag von caesar »

nur_wazaari hat geschrieben:
14.12.2020, 00:29
Randori mit auswahltechnischen Konsequenzen
Randori sieht bei den beiden dann doch deutlich anders aus. Diese Begegnung war sehr geprägt von Risikovermeidung, keiner wollte wegen einer Unachtsamkeit den Olympiastartplatz verlieren und haben dementsprechend eher versucht nichts zuzulassen, als selbst etwas zu produzieren.
nur_wazaari hat geschrieben:
14.12.2020, 00:29
Daneben: Die Länge des Kampfes sollte man aus vielen Gründen wieder begrenzen, finde ich. Ich denke da z.B. an den Gesundheitsschutz und den Gesamtzeitaspekt. Genau um solche knappen Duelle zu entscheiden, sollten Kampfrichter sehr gut judo- und auch bewertungstechnisch umfassend ausgebildet werden. Sie sollten auch aufgrund eigener Wettkampf- und Randorierfahrung in der Lage sein, gerecht darüber zu befinden, wer in z.B. in 8 Minuten tatsächlich besser gewesen ist. Sie müssten insgesamt reflektieren gelernt haben. Das würde sie auch wieder autonomer machen und sie würden nicht zu bloßen Winkelementen degradiert werden, weil sie den Kampf tatsächlich empathisch verfolgen und verstehen müssten.
Wie hättest du hier nach 8 Minuten Kampfzeit entschieden und warum?
Ich bin da klar dagegen. Gerade solche knappen Begegnungen sollten nicht durch Kampfrichter sondern durch Kämpfer entschieden werden. In der Begegnung waren viele Möglichkeiten, um einen dritten Shido für einen oder beide Kämpfer zu geben. Ich bin froh, dass dies nicht erfolgt ist. Eine Entscheidung durch die Kampfrichter ist immer durch deren subjektives Empfinden von "besserem" Judo geprägt und trifft in knappen Kämpfen dann nicht immer den besseren, sondern den, der besser gefällt. Die Wertung so wie sie hier gefallen ist, so knapp sie auch war, entscheidet den Kampf nach objektiven Kriterien. Der Gesamtzeitaspekt spielt auf kaum einer IJF-Veranstaltung eine wirkliche Rolle, auf Niveaus darunter erledigt sich das Problem meist eher und über den Gesundheitsschutz bei Toplevel-Athleten sollte man sich nicht so viele Gedanken machen, das machen die schon selber. Auf niedrigerem Niveau kommt erst niemand soweit. Das unbegrenzte Golden Score ist der fairste Weg eine Entscheidung zu finden, noch fairer wäre es, wenn Shidos gar nicht entscheiden würden. Eine Wertung gewinnt, Punkt.
nur_wazaari hat geschrieben:
14.12.2020, 00:29
Bleibt noch zu überlegen, ob für solche Formate nicht "Best of three" eine Option wären. Der Spannungsbogen wäre ein anderer. Evtl. wäre es aussagkräftiger, gerechter nicht unbedingt. So viele zufällige Faktoren außerhalb des Sportlichen gibt es ja hierbei nicht, die Ungerechtigkeiten hervorrufen können.
Ein Best of three hat sein Für und Wider. Die beiden kanadischen Damen werden sich, sofern der Vergleichswettkampf nächstes Jahr stattfinden sollte, eine Kandidaten muss ja umständlich eingeflogen werden, in eben diesem Best of three messen. Die Begründung vom kanadischen Verband ist ähnlich deiner, dass man auch einmal durch Zufall gewinnen kann, dies aber durch einen weiteren Vergleich minimiert wird.
Auf der anderen Seite hat man bei einem Judowettkampf immer nur einen Kampf gegen einen Gegner und den muss man gewinnen. Der Druck ist daher in einem einzelnen Entscheidungskampf besser simuliert und unter diesem Druck müssen die Judoka dann im Turnier ihre Leistung auf die Matte bringen.
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nur_wazaari
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Re: Vergleichskämpfe - "Trials"

Beitrag von nur_wazaari »

caesar hat geschrieben:
14.12.2020, 01:24
Randori sieht bei den beiden dann doch deutlich anders aus. Diese Begegnung war sehr geprägt von Risikovermeidung, keiner wollte wegen einer Unachtsamkeit den Olympiastartplatz verlieren und haben dementsprechend eher versucht nichts zuzulassen, als selbst etwas zu produzieren.
Ok, ich habe den beiden bisher nicht beim Randori zugeschaut. Maßgeblich bezog ich mich wohl auch auf die Atmosphäre, nicht auf die konkrete Situation. Die Atmosphäre ist meiner Erinnerung nach gelegentlich nicht weniger intensiv als im Shiai. Und produziert wurde durchaus viel - insbesondere von Abe.
caesar hat geschrieben:
14.12.2020, 01:24
Wie hättest du hier nach 8 Minuten Kampfzeit entschieden und warum?
Ich bin da klar dagegen. Gerade solche knappen Begegnungen sollten nicht durch Kampfrichter sondern durch Kämpfer entschieden werden. In der Begegnung waren viele Möglichkeiten, um einen dritten Shido für einen oder beide Kämpfer zu geben. Ich bin froh, dass dies nicht erfolgt ist. Eine Entscheidung durch die Kampfrichter ist immer durch deren subjektives Empfinden von "besserem" Judo geprägt und trifft in knappen Kämpfen dann nicht immer den besseren, sondern den, der besser gefällt. Die Wertung, so wie sie hier gefallen ist, so knapp sie auch war, entscheidet den Kampf nach objektiven Kriterien. Das unbegrenzte Golden Score ist der fairste Weg eine Entscheidung zu finden, noch fairer wäre es, wenn Shidos gar nicht entscheiden würden. Eine Wertung gewinnt, Punkt.
Keine Ahnung, wie ich "entschieden" hätte. Allerdings halte ich es für einen Denkfehler, dass Kampfrichter den Kampf entscheiden - das heißt, das Kampfergebnis "festlegen". Im Sinne eines für das Kämpfen dienlichen Mindsets könnte ein solcher Fehlschluss eher abträglich sein. Vielmehr "entscheidet", d.h. beeinflusst man den Kampf maßgeblich durch eigenes Verhalten, lediglich die Verkündung sollte durch die Mattenleiter erfolgen. Das scheint mir auch zielführender im Sinne von Judo zu sein, d.h. man hat und nimmt den Kampf selbst in der Hand. Natürlich gilt das auch für das jeweilige Gegenüber.

Die Einlassungen zur Subjektivität sind für mich nicht nachvollziehbar. Jede Entscheidung muss sich objektiv (z.B. durch das gute alte Kinsa) begründen lassen - naja, besser musste. Wenn es tatsächlich so wäre, dass in knappen Kämpfen das bloße Gefallen ausschlaggebend wäre, dann hielte ich es für fatal. Oder ist dieser typische Trainer-Narrativ wirklich zutreffend? Stichworte: IJF, sog. "Care-System", die alten Männer am grünen Tisch. Gerade, wenn es um die Verteilung von Shidos geht, ist manches eben kaum noch objektiv nachvollziehbar. Daneben, Fehler passieren bei beiden Ansätzen.
caesar hat geschrieben:
14.12.2020, 01:24
Der Gesamtzeitaspekt spielt auf kaum einer IJF-Veranstaltung eine wirkliche Rolle, auf Niveaus darunter erledigt sich das Problem meist eher und über den Gesundheitsschutz bei Toplevel-Athleten sollte man sich nicht so viele Gedanken machen, das machen die schon selber. Auf niedrigerem Niveau kommt erst niemand soweit.
Interessante Ansicht. Deshalb wird gefühlt jede zweite Regeländerung auch mit Gesundheitsschutz begründet (jede erste wohl mit Attraktivität).* Im Übrigen glaube ich nicht, dass irgendein Problem dort sich von selber löst...und wenn mehr von "denen" tatsächlich selbst denken würden inkl. der daraus folgenden Konsequenzen, dann würde zumindest einiges mehr in Frage gestellt werden. Ist aber hier Off Topic.
caesar hat geschrieben:
14.12.2020, 01:24
Ein Best of three hat sein Für und Wider. Die beiden kanadischen Damen werden sich, sofern der Vergleichswettkampf nächstes Jahr stattfinden sollte, eine Kandidaten muss ja umständlich eingeflogen werden, in eben diesem Best of three messen. Die Begründung vom kanadischen Verband ist ähnlich deiner, dass man auch einmal durch Zufall gewinnen kann, dies aber durch einen weiteren Vergleich minimiert wird.
Auf der anderen Seite hat man bei einem Judowettkampf immer nur einen Kampf gegen einen Gegner und den muss man gewinnen. Der Druck ist daher in einem einzelnen Entscheidungskampf besser simuliert und unter diesem Druck müssen die Judoka dann im Turnier ihre Leistung auf die Matte bringen.
So habe ich ja gerade nicht argumentiert. Eher habe ich ausgeführt, dass dies zwar statistischer aussagekräftiger sei, aber eben nicht per se gerechter. Und ob es nun gerade auf die Simulation von Druck ankommt, kann man auch bezweifeln.

*Man verzeihe mir bitte den ironischen Unterton.
.
caesar
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Re: Vergleichskämpfe - "Trials"

Beitrag von caesar »

nur_wazaari hat geschrieben:
14.12.2020, 11:10
Jede Entscheidung muss sich objektiv (z.B. durch das gute alte Kinsa) begründen lassen
Was genau ist ein Kinsa und wie zählt man die, wenn über diesen Waza-ari schon kontrovers diskutiert wird.
Das wäre schön, aber Judo ist nicht schwarz und weiß, Judo ist sehr viel grau. Es wird im Internet nicht wenig diskutiert, ob das eine Wertung war oder nicht, ob es hätte Shido geben sollen oder nicht, mit guten und weniger guten Argumenten auf beiden Seiten. Welchen Argumenten man dann folgt ist, naja Geschmackssache. Da es gerade in knappen Kämpfen selten eindeutige Aktionen gibt, verkündet der Mattenleiter dann nicht nur das Ergebnis, sondern entscheidet, ob das Ergebnis jetzt fällt oder noch nicht. Passivität, Mattenrand und Scheinangriff, gefühlt die häufigsten Strafen, vor allem als 3. Shido, sind nicht klar definiert und abgegrenzt. Einer legt es strenger aus, einer weniger.
nur_wazaari hat geschrieben:
14.12.2020, 11:10
Deshalb wird gefühlt jede zweite Regeländerung auch mit Gesundheitsschutz begründet
Welche der letzten Regeländerungen wurde mit Gesundheitsschutz argumentiert?
nur_wazaari hat geschrieben:
14.12.2020, 11:10
Eher habe ich ausgeführt, dass dies zwar statistischer aussagekräfitger sei, aber eben nicht per se gerechter.
caesar hat geschrieben:
14.12.2020, 01:24
Die Begründung vom kanadischen Verband ist ähnlich deiner, dass man auch einmal durch Zufall gewinnen kann, dies aber durch einen weiteren Vergleich minimiert wird.
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Re: Vergleichskämpfe - "Trials"

Beitrag von nur_wazaari »

Was genau ist ein Kinsa und wie zählt man die, wenn über diesen Waza-ari schon kontrovers diskutiert wird.
Das wäre schön, aber Judo ist nicht schwarz und weiß, Judo ist sehr viel grau.
Sorry, das sind die üblichen Plattitüden. Ich will nicht arrogant oder allwissend rüberkommen - das bin ich wohl beides nicht, aber das aufzudröseln, ist mir dann doch zu mühsam und hat mit dem Faden hier wenig zu tun.
Es wird im Internet nicht wenig diskutiert, ob das eine Wertung war oder nicht, ob es hätte Shido geben sollen oder nicht, mit guten und weniger guten Argumenten auf beiden Seiten. Welchen Argumenten man dann folgt ist, naja Geschmackssache. Da es gerade in knappen Kämpfen selten eindeutige Aktionen gibt, verkündet der Mattenleiter dann nicht nur das Ergebnis, sondern entscheidet, ob das Ergebnis jetzt fällt oder noch nicht. Passivität, Mattenrand und Scheinangriff, gefühlt die häufigsten Strafen, vor allem als 3. Shido, sind nicht klar definiert und abgegrenzt. Einer legt es strenger aus, einer weniger.
Jo. Und führt zu nix. Außer zu der Erkenntnis, dass man hätte besser weiterlaufen lassen sollen. Das ist dann in meinen Augen auch objektiv - und führt zu gerechteren Ergebnissen, als wenn man versucht, dem Kaffeesatz auch noch den letzten Rest Saft zu entziehen.
Welche der letzten Regeländerungen wurde mit Gesundheitsschutz argumentiert?
Denk mal an viele Jugendregeln. Gabs früher nicht, war auch kein Problem. Bei den Erwachsenen: Beinstreckverbot im Boden. Nackenüberrollen (angebliches). Verbot von Gelenkhebeln allgemein, abgesehen vom Ellenbogen. Ok, sind z.T. nicht die ganz frischen Regeländerungen. Aber doch elementar.
Eher habe ich ausgeführt, dass dies zwar statistischer aussagekräftiger sei, aber eben nicht per se gerechter.
caesar hat geschrieben:
14.12.2020, 01:24
Die Begründung vom kanadischen Verband ist ähnlich deiner, dass man auch einmal durch Zufall gewinnen kann, dies aber durch einen weiteren Vergleich minimiert wird.
??? Egal.
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caesar
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Re: Vergleichskämpfe - "Trials"

Beitrag von caesar »

nur_wazaari hat geschrieben:
15.12.2020, 01:18
Ich will nicht arrogant oder allwissend rüberkommen - das bin ich wohl beides nicht, aber das aufzudröseln, ist mir dann doch zu mühsam
Ja, das ist mühsam und dann merkt man, welche Probleme das Ganze mit sich bringt. Im Kinderbereich arbeitet man ja noch mit Kinsa, zwar mit wesentlich weniger Kampfzeit als deine vorgeschlagenen 8 Minuten, aber gerade dort hat man Kämpfe, in denen von beiden Kämpfern kein Wurf gelingt und beide aber irgendwie versuchen zu werfen. Dann fragt man sich, wie die Kampfrichter da jetzt zu ihrem Urteil gekommen sind. Ich beneide die nicht darum.
nur_wazaari hat geschrieben:
15.12.2020, 01:18
Außer zu der Erkenntnis, dass man hätte besser weiterlaufen lassen sollen. Das ist dann in meinen Augen auch objektiv - und führt zu gerechteren Ergebnissen, als wenn man versucht, dem Kaffeesatz auch noch den letzten Rest Saft zu entziehen.
Ich bin voll bei dir, dass ich gern sehen würde, dass mehr laufen gelassen wird, mehr gekämpft wird. Aber nicht mit einer Kampfzeit von 8 Minuten. Im Bezug auf den Faden, erst recht nicht bei so wichtigen Auswahlkämpfen. Weil dann kommt man dahin, dass wieder viel häufiger die Kampfrichter am Ende subjektiv entscheiden. Eben weil es eigentlich nie objektiv geregelt werden kann, was genau für diese Entscheidung zählt.
nur_wazaari hat geschrieben:
15.12.2020, 01:18
Denk mal an viele Jugendregeln. Gabs früher nicht, war auch kein Problem. Bei den Erwachsenen: Beinstreckverbot im Boden. Nackenüberrollen (angebliches). Verbot von Gelenkhebeln allgemein, abgesehen vom Ellenbogen. Ok, sind z.T. nicht die ganz frischen Regeländerungen. Aber doch elementar.
Jetzt die Jugendregeln rauszukramen, wenn wir vom Elitebereich sprechen, ist aber nicht schön. Das Beinüberstrecken-Verbot wurde damit begründet, dass die Leute nicht auf Grund der Würge abschlagen, sondern auf Grund der Überstreckung des Beins und dass dies keine erlaubte Aufgabetechnik ist. Bin ich auch kein Freund von, aber das hat nichts mit Gesundsheitsrisiko zu tun. Nackenüberrollen (?), ich vermute du meinst die Kopfbrücke, wurde auf Grund des Nachahmerrisikos verboten. Da hieß es immer, dass das für den Elitebereich kein Problem wäre, aber auch Leute außerhalb des Elitebereichs das machen und das dann natürlich gefährlich ist. Wenn du dann mit Regeländerungen von 1910-1920 argumentierst, fehlt mir etwas der Bezug zu "letzte Regeländerungen"
nur_wazaari hat geschrieben:
15.12.2020, 01:18
??? Egal.
Du argumentierst, dass es statisch aussagekräftiger ist, aber nicht unbedingt gerechter. Der kanadische Verband argumentiert, so wird der Zufall rausgenommen, ergo es wird statistisch gerechter.
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Re: Vergleichskämpfe - "Trials"

Beitrag von tutor! »

Kurzer Gedanke von mir konkret zur Auswahl.

Wenn ich als Verband zwei solche "Granaten" hätte, von denen jeder einzelne ein klarer Favorit auf Olympiagold wäre, dann müsste ich mir Gedanken darüber machen, bei wem es am ehesten schief gehen könnte - und mich dann für den anderen entscheiden.

Die beiden können eigentlich derzeit nur über Mentalität geschlagen werden. Aus dem Grund würde ich den nominieren, der in einer Extremsituation mental überlegen ist. Und genau deshalb würde ich auch ein Golden Score ohne Zeitlimit ansetzen - und ich würde den Kampf auch nicht durch Strafen beenden, sondern den Druck durch zwei Shido erhöhen.

Insofern ist für mich der ganze Ablauf logisch und konsequent.
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
Techniques are only the words of the language judo (Cichorei Kano, 24.12.2008)
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Re: Vergleichskämpfe - "Trials"

Beitrag von caesar »

Eventuell führt das aktuelle Qualifikationsdilemma, was es in vielen Nationen (Japan, Frankreich, Russland, Kanada, Korea, Deutschland) gibt, auch mal zu einem Umdenken bei der IJF. Man könnte es ja wie bei der WM machen, jede Nation maximal zwei Starter pro Gewichtsklasse und maximal 9 pro Geschlecht.

Was mir allerdings noch besser gefallen würde, wenn die Plätze, die bei Olympia dann auch gesetzt werden, also die ersten 8 der Weltrangliste, unabhängig ihrer Nation qualifiziert sind und danach der bisherige Modus greift.
Das würde für einige Nationen, natürlich hauptsächlich für Japan und die vor allem bei den Frauen, Auswirkungen haben. Ich habe mal die Top 8 und ein wenig darüber hinaus jeder Gewichtsklasse angeguckt. (Bei den Athleten in Reichweite habe ich nur auf die Platzierung geachtet, nicht wie viele Punkte bis Platz 8 fehlen)

-60 kg: Japan (Nagayama [1], Takato [3]) und Russland (Mshvidobadze [2], Abuladze [7])
.66 kg: Japan (Maruyama [2], Abe [3]) dazu noch in Reichweite Israel (Shmailov [8], Flicker [11]) und Korea (Kim [9], An [13])
-73 kg: Japan (Hashimoto [2], Ono [4] + Ebinuma [9]) dazu in Reichweite Aserbaidschan (Orujov [1], Heydarov [11])
-81 kg: in Reichweite Russland (Khalmurzaev [10], Lappinagov [11])
-90 kg: in Reichweite Georgien (Gviniashvili [10], Bekauri [12] und Japan (Mukai [11], Nagasawa [13]
-100 kg: in Reichweite Russland (Ilyasov [6], Adamian [9]) und Aserbaidschan (Gasimov [10], Kotosoiev [13])
+100 kg: Niederlande (Meyer [5], Grol [7]) dazu noch in Reichweite Brasilien (Silva [6], Moura [9]) und Japan (Harasawa [2], Kokoro[10])

-48 kg: in Reichweite Spanien (Figueroa [4], Martinez Abelenda [9]) und Frankreich (Clement [5], Boukli [11])
-52 kg: Japan (Abe [2], Shishime [3] + Tsunoda [12])
-57 kg: Kanada (Klimkait [1], Deguchi [2]) und Japan (Yoshida [3], Tamaoki [4])
-63 kg: Japan (Tashiro [3], Nabekura [4], Doi [6]) dazu in Reichweite Slowenien (Trstenjak [2], Leski [13])
-70 kg: Frankreich (Gahie [1], Pinot [2]) und Niederlande (Van Dijke [3], Polling [6]) dazu in Reichweite Japan (Arai [4], Ono [10]) und Großbritannien (Conway [7], Howell [11])
-78 kg: Frankreich (Malonga [1], Posvite [3] + Tcheumeo [10]) und Japan (Hamada [2], Umeki [7]) dazu in Reichweite Deutschland (Wagner [6], Malzahn [11])
+78 kg: Brasilien (Altheman [2], Souza [6]) und Japan (Sone [3], Asahina [5])

betroffen sind, sofern ich mich nicht verguckt habe
  1. Japan (9 Athleten direkt / 5 in Reichweite)
  2. Frankreich (2 / 2)
  3. Niederlande (2 / 0)
  4. Russland (1 / 2)
  5. Brasilien (1 / 1)
  6. Kanada (1 / 0)
  7. Aserbaidschan (0 / 2)
  8. Israel (0 / 1)
    Georgien (0 / 1)
    Spanien (0 / 1)
    Slowenien (0 / 1)
    Großbritannien (0 / 1)
    Deutschland (0 / 1)
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Re: Vergleichskämpfe - "Trials"

Beitrag von caesar »

Der Vergleichskampf zwischen Klimkait und Deguchi ist abgesagt.
https://judoinside.com/news/4489/Deguch ... mpionships

Jetzt soll diejenige zu Olympia fahren, die sich bei den Weltmeisterschaften besser schlägt. Sollten beide gleich abschneiden, wird Nicolas Gill die Entscheidung treffen.

Gerade nach ihrem letzten Aufeinandertreffen hatte ich mich sehr auf die Vergleichskämpfe gefreut.

Warum man die Judoka aber dem Stress einer Hochleistungsvorbereitung 7 Wochen vor den Olympischen Spielen aussetzt, verstehe ich nicht wirklich.
Vielleicht sind diese und ähnliche Fälle (in der -70 kg machen 3 Nationen die Top 6 aus, -63 kg sind es 5 Nationen in den Top 8) ein Grund dass die IJF das IOC nach einer Änderung der Qualifikationskriterien fragt.

So breit wie der Zirkus mittlerweile ist, warum sollten die Top 8 nicht alle eine Chance auf eine Olympiamedaille haben?
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