Bundesliga

Hier geht es um die Wettkampforganisation und um Fragen zu den Wettkampfregeln
tutor!
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Re: Bundesliga

Beitrag von tutor! »

Du sprichst viele Probleme an, von denen ich mir eine offene und transparente Diskussion wünschen würde. Denn Vereine wie DJB stecken durchaus in einem schwer aufzulösenden Dilemma. Nur löst man dieses Dilemma nicht, indem man sich seinen Frust von der Seele schreibt, nach links und rechts schießt und anschließend den Schaden aufräumt...

Kernfragen snd in der Tat:
- wie attraktiv ist es für die Vereine, eine hohe Liga anzustreben?
- wie ist die Durchlässigkeit für die Sportlerinnen und Sportler im Sinne einer Heranführung an höhere Ebenen?
- welchen Stellenwert im Sportsystem haben die Ligen allgemein und die Bundesliga insbesondere?
- welche Bedeutung hat die Bundesliga für Kämpfer des internationalen Niveaus?

Hier gibt es eine ganze Menge widersprüchlicher Interessen. Für Kämpfer, die bereits international unterwegs ind und viele internationale Einsätze haben, ist eine Bundesliga mit vielen Kampftagen schlicht eine Belastung, Das Problem ist das noch häufigere Gewichtmachen und die Verletzungsgefahr - beides schwächt die internationale Konkurrenzfähigkeit. Auf der anderen Seite ist die finanzielle Ausstattung der Kämpfer nicht so rosig, sodass die Bundesliga ein notwendiges Zubrot bedeutet. Wie der/die ein oder andere mit dieser Situation umgeht bzw. umgehen soll, kann ich nicht sagen. Jedenfalls steckt hier eine Problematik im System.

Die wirklichen Spitzenkämpfer haben ihren Wohnsitz und Lebensmittelpunkt an die Stützpunkten, die nicht immer mit den Standorten der Bundesligavereine zusammenfallen. An den Stützpunkten gibt es die entsprechenden Trainingsgrupppen - aber was ist bei den Vereinen? Natürlich wird dort auch trainiert, aber oftmals ist es so, dass die wirklichen Leistungsträger - von den Ausländern will ich gar nicht reden - eben nicht regelmäßig beim Training sind. So kommt es dann dazu, dass die einen beim Verein trainieren, die anderen dann jedoch kämpfen. Nicht sehr befriedigend...

Was tun die Vereine, um im Ligasystem erfolgreich zu sein? Nun, sie müssen Geld in die Hand nehmen - unabhängig davon, wo es herkommt. Sie müssen sich aber auch fragen, welche nachhaltige Wirkung der Betrieb auf die Sportler im eigenen Verein hat. Oftmals ist es so, dass Mannschaften im Falle eines Aufstiegs durch Zugänge verstärkt werden müssen - und die eigenen Stammkräfte werden zur zweiten Garnitur. Das ist dann nicht wirklich attraktiv und nach einer Weile muss man sich die Frage stellen, ob das Sinn macht.

Ein anderes Problem ist die Durchlässigkeit des Systems. Wie wächst ein Sportler in eine höhere Liga hinein und wie kann er sich entwickeln? Es scheint mir so, dass die Startlisten der Vereine so voll sind, dass viele Kämpfer gar nicht zum Einsatz kommen - auch nicht in einer niedrigeren Liga. Man braucht heutzutage dermaßen viele Alternativen (wegen Terminüberschneidungen, Verletzungen usw.), sodass eine Reihe Leute, die eigentlich kämpfen wollen, nicht oder nur selten zum Zuge kommen. So kann sich aber niemand entwickeln.

Der kritischste Punkt ist aber der Stellenwert des Ligasystems insgesamt. Hat die überwiegende Mehrzahl der Vereine überhaupt den ernsthaften Willen, die eigenen Leute an die Spitze heranzuführen? Vielmehr: haben sie noch die Zeit und die Geduld, dies zu tun? Oder besteht ein Zwang, „fertige“ Kämpfer zu holen, anstatt die eigenen stärker zu machen?

Ich möchte ausdrücklich betonen, dass ich diese Punkte als Fragen und Problemkreise verstehe, die es zu diskutieren gilt. Auch ist die Haltung der einzelnen Personen und der verschiedenen Vereine in diesen Fragen sicherlich sehr unterschiedlich, sodass man nichts über einen Kamm scheren darf.

Ich kann aber auf jeden Fall sagen, dass sich die Situation in den letzten Jahrzehnten deutlich gewandelt hat. Ich habe meine erste BuLi-Saison (1. Liga) 1978 gekämpft. Damals gingen wir zu der Mannschaft, wo in erreichbarer Nähe das beste Training stattfand. Größere Entfernungen zwischen Wohnort und Vereinsort waren eine eher seltene Ausnahme. Die BuLi-Vereine waren DIE lokalen und regionalen Zentren des Leistungssports - manche formal als Stützpunkte, manche auch ohne diesen Status. Die Vereine entwickelten die Kämpfer. Heute nehme ich das vollkommen anders wahr.

Ich hätte mir gewünscht bzw. würde mir wünschen, dass diese wirklich schwierigen und drängenden Fragen diskutiert werden. Lösungen habe ich persönlich übrigens nicht (es ist schlicht nicht mein primäres Interessensgebiet), aber ich weiß, dass durch‚ Unterstellung und Klein-Klein keine Probleme von grundsätzlicher Bedeutung gelöst werden. BTW: weder in Frankreich noch in Japan gibt es einen Ligabetrieb...
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
Techniques are only the words of the language judo (Cichorei Kano, 24.12.2008)
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Fritz
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Re: Bundesliga

Beitrag von Fritz »

tutor! hat geschrieben:
16.12.2017, 15:33
Die wirklichen Spitzenkämpfer haben ihren Wohnsitz und Lebensmittelpunkt an die Stützpunkten, die nicht immer mit den Standorten der Bundesligavereine zusammenfallen. An den Stützpunkten gibt es die entsprechenden Trainingsgrupppen - aber was ist bei den Vereinen? Natürlich wird dort auch trainiert, aber oftmals ist es so, dass die wirklichen Leistungsträger - von den Ausländern will ich gar nicht reden - eben nicht regelmäßig beim Training sind. So kommt es dann dazu, dass die einen beim Verein trainieren, die anderen dann jedoch kämpfen. Nicht sehr befriedigend..
tutor! hat geschrieben:
16.12.2017, 15:33
Ich kann aber auf jeden Fall sagen, dass sich die Situation in den letzten Jahrzehnten deutlich gewandelt hat. Ich habe meine erste BuLi-Saison (1. Liga) 1978 gekämpft. Damals gingen wir zu der Mannschaft, wo in erreichbarer Nähe das beste Training stattfand. Größere Entfernungen zwischen Wohnort und Vereinsort waren eine eher seltene Ausnahme.
tutor! hat geschrieben:
16.12.2017, 15:33
Für Kämpfer, die bereits international unterwegs ind und viele internationale Einsätze haben, ist eine Bundesliga mit vielen Kampftagen schlicht eine Belastung, Das Problem ist das noch häufigere Gewichtmachen und die Verletzungsgefahr - beides schwächt die internationale Konkurrenzfähigkeit. Auf der anderen Seite ist die finanzielle Ausstattung der Kämpfer nicht so rosig, sodass die Bundesliga ein notwendiges Zubrot bedeutet. Wie der/die ein oder andere mit dieser Situation umgeht bzw. umgehen soll, kann ich nicht sagen. Jedenfalls steckt hier eine Problematik im System.
tutor! hat geschrieben:
16.12.2017, 15:33
Was tun die Vereine, um im Ligasystem erfolgreich zu sein? Nun, sie müssen Geld in die Hand nehmen - unabhängig davon, wo es herkommt.
Hmm, wenn ich das so lese, frage ich mich, ob es möglich wäre, daß seitens des DJBlichen Leistungssports, den Liga-Betrieb nicht als Chance zur
Kader-Gewinnung und "Kader-in-Übunghaltung" zu betrachten?
- D.h. wenn erstmal jeder Stützpunkt (egal ob Bund oder Land) eine Liga-Mannschaft stellen würde / müßte - zusätzlich zu interessieren Vereinen, könnten man direkt bzgl der Stützpunkte
und der dort trainierende Sportler Qualitätsbeobachtungen betreiben ;-) Mann könnte in diesem Gedankenspiel, Liga-Vereins-Mannschaften ja bspw. erlauben, eine gewisse Quote Ausländer einzukaufen,
aber Stützpunkt-Liga-Mannschaften halt nicht ...
- Das Problem mit dem Gewichtmachen läßt sich sicher einfach lösen, in dem für die Liga andere Gewichtsklassen genommen werden würden, bspw. Einzel-GK + x-Kg ...
- Für Vereine wäre der Liga-Betrieb sicherlich attraktiv, wenn sich damit langfristig Geld verdienen ließe ... Und die Kosten weitestgehend gleich blieben, liga-stufen-übergreifend.
Wäre der Liga-Betrieb in das Leistungssport- / Stützpunktkonzept eingebunden, könnte der Nutzen für den Leistungssport, doch erstmal honoriert werden,
wie auch immer (Anreise-/Aufwands-Erstattung, Siegprämien was weiß ich). Und nebenbei müsste es doch zu schaffen sein, Sportwetten zu etablieren, Pferde-Rennen werden doch auch erst durch
Wetten attraktiv ;-)

Oder man koppelt den Liga-Betrieb weitestgehend von der Kaderei ab, gibt als Anreiz den Sportlern der Spitzen-Mannschaften
mal den einen oder anderen internationalen Startplatz / Sprung in den Kader (entsprechend der Liga-Ebene),
so sie denn dort nicht schon sind und läßt die Vereine halt einfach machen unter Vorgabe einer minimalen Rahmenstruktur ...
Mit freundlichem Gruß

Fritz
KönigABC
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Re: Bundesliga

Beitrag von KönigABC »

Hallo Leute,

hier mal meine Meinung zu dem Thema:
Ich formuliere Tutors Fragen mal etwas anders:

1.: Was bringt eine Bundesligamannschaft einem Verein?

Der Verein hat die Möglichkeit, den Judosport auf einem hohen sportlichen Niveau ansprechend zu präsentieren, sowohl gegenüber den Zuschauern, den Sponsoren als auch der lokalen und regionalen Politik!
Im Idealfall profitiert der ganze Verein davon durch mehr Mitglieder, bessere Sponsoren und Trainingsmöglichkeiten.
Außerdem sind die Bundesligakämpfer natürlich Vorbild für den Nachwuchs!
Ein Mannschaftskampf, bei dem immer nur auf einer Matte eine Begegnung stattfindet, mit einem ansprechenden Rahmen und einem überschaubaren Zeitplan (2h), ist deutlich schöner für die Zuschauer, als Beispielsweise eine regionale Meisterschaft, die auf mehreren Matten über einen längeren Zeitraum ausgetragen wird.

Dem steht natürlich auch ein erheblicher finanzieller und personeller Aufwand gegenüber, keine Frage!

2.: Was bringt die Bundesliga den Athleten?

Hier muss man meiner Meinung nach unterscheiden zwischen den Nationalkaderathleten und den jüngeren Landeskaderathleten, die noch Ambitionen auf eine internationale Karriere haben, und den "anderen".
Für die Kaderathleten ist die Bundesliga natürlich erstmal zusätzlicher Stress. Demgegenüber steht aber, dass die Vereine so dazu beitragen, den Top-Athleten das Leben als Leistungssportler zu finanzieren.
Ein Bundesligakampftag ist aber meiner Meinung nach nicht vergleichbar mit einem (internationalen) Einzelturnier. Allein das Kilo Gewichtstoleranz hilft schon sehr. Hinzu kommt, dass ein Kämpfer an einem Kampftag maximal zwei Kämpfe bestreiten kann, die körperliche Belastung hält sich also in Grenzen. Allerdings sollten die Vereine nicht erwarten, dass die Athleten an einem Bundesligakampftag genauso fit sind, wie beispielsweise bei einem Grand-Prix. Die Kaderathleten müssen in der Bundesliga aus dem vollen Training heraus kämpfen, ein Kampftag ist dann für sie eine Trainingseinheit mit 2 TWKs. Wenn die Vereine also keine überzogenen Erwartungen an die Fitness Athleten haben und damit leben können, dass die Kaderathleten aufgrund internationaler Einsätze nicht an allen Kampftagen zur Verfügung stehen, ist das für die Athleten gut zu leisten.

Zu den anderen: Wie groß ist die Zahl der Athleten, die bei den Männern und der U21 zum Bundeskader gehören? Was macht der Rest? Aus meiner persönlichen Erfahrung kann ich sagen, dass für sehr viele Judoka die Ligakämpfe die größte, wenn nicht sogar die einzige Trainingsmotivation sind. Mit einem guten Team 8-10 Samstage im Jahr auf der Matte zu stehen, ist etwas, das für viele ein Grund ist, immer noch 5 - 10 Trainingseinheiten in der Woche zu absolvieren, auch wenn den Athleten klar ist, dass sie nicht mehr Deutscher Meister im Einzel werden. Dazu kommt natürlich für viele Auszubildende und Studenten der finanzielle Anreiz. Für das Geld allein stellt sich aber sicher niemand auf die Matte!
Diese Athleten, sind aber immens wichtig als Trainingspartner für die Kaderathleten an den Stützpunkten. Was würden die Kaderathleten machen, ohne Randoripartner? 6 Monate im Jahr ins Trainingslager?

Deshalb glaube ich, dass die Reform der Männerbundesliga ein Schritt in die richtige Richtung ist.
4 garantierte Heimkämpfe geben den Vereinen die Möglichkeit, sich zu präsentieren. Da die Spitzenkämpfer sicherlich nicht an allen Kampftagen zur Verfügung stehen, wissen auch die Kämpfer in der 2. und 3. Reihe, dass sie gebraucht werden und ihre Einsätze bekommen. Durch die Aufteilung der 2. Liga auf 4 regionale Gruppen können hoffentlich die Kosten und der Aufwand für die kleineren Vereine gesenkt werden, sodass sich mehr Vereine trauen, den Schritt in die 2te Bundesliga zu gehen und ihren Athleten diese Perspektive zu geben.
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nur_wazaari
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Re: Bundesliga

Beitrag von nur_wazaari »

Ich kann nur beispielhaft auf die jüngere Vergangenheit blicken: In meinen beiden sportlich sehr verbundenen Landesverbänden gab es vor etwa 6-10 Jahren in sportlich bewährten
1. und 2. BLigen zwischen 6-8 Vereine. Dazu noch die ebenfalls starke Anschlussliga (Regionalliga) auf Gruppenebene. Alles darunter wurde schon immer auf Landesebene betrieben.
Mal waren die BL-Vereine stabiler und erfolgreicher, mal weniger. Es kamen nach Abstiegen zumindest immer wieder Vereine nach, wenn auch die Kämpfer nicht selten nur zwischen den Vereinen wechselten.
Heute sind es gemessen an der Größe immer noch gute zwei Vereine in der 1.BL. Alles darunter ist mindestens ambitionslos hinsichtlich eines möglichen Aufstiegs. Was hat sich verändert? Die Zahl der Kämpfer?
Die Bereitschaft von allen Seiten, ein Projekt "Bundesliga" anzugehen? Oder ist das sportliche System die Ursache (es wäre unrichtig von Schuld zu sprechen) für die momentan abgewertete Situation des Ligabetriebs?
Klar, der Fehler liegt im System, wurde hier auch schon oft ge- und beschrieben.

Ich vermute aber auch, dass alle genannten Gründe eine Rolle spielen. Primär müsste ein System auf die Umstände angepasst werden. Das ist ja das Gegenteil von "Klein-Klein".
Jenes wird ja auch mit der neuen BL-Reform versucht.
Dem Vernehmen nach wurden aber auch die unterschiedlichsten Interessen der Vereine nicht ausreichend gewürdigt. Vielleicht wurde auch das Vermögen der Vereine in jeglicher
Hinsicht nicht hinreichend berücksichtigt. Es fehlt im Allgemeinen schlicht an jedwedem Kapital hinsichtlich vorgegebener Bedingungen. Wurde ja jetzt schon alles genannt.

Vereine (jedenfalls e.V.) möchten sich in erster Linie an sportlichem und gesellschaftlichem Wert messen lassen. Die Sportler + sportlicher Nachwuchs + herzenswarme Ehrenämtler sind deren größtes Kapital.
Die Interessen der Vereine sind hinsichtlich des Ligabetriebs also klar. Diejenigen der Sportler auch. Diejenigen der Funktionäre? Halte ich für unklar. Ich will mich nicht erheben,zu beurteilen was ein Funktionär sein sollte,
leisten muss usw.. Das ist kein einfacher Job, ist mir schon klar. Hat man ja auch dann jüngst sehen können, dass es eines gewissen
"Standings" bedarf, um Interessen entweder durchzusetzen oder notfalls zum Zwecke eines immerhin tragfähigen Kompromisses hinten an zustellen.

Für die BL bedeutet das: Ist ihnen ein Ligabetrieb aus Funktionärssicht nun wichtig oder nicht? Augenscheinlich nur im "Premium"-Segment. Konzepte für untere Ligen fehlen. Einsatzbedingungen für Kader-Sportler
gibt es ja immerhin, es existieren ja gemeinhin Absprachen zu Stressreduzierung wie z.B. den grundsätzlichen Start in der nächsthöheren GK oder Kämpfe nur an einer bestimmten Anzahl von Tage usw..

Wie kann man an das System rangehen? Eine Option: Wettkampfordnung des DJB! http://www.judobund.de/media/ordnungen/ ... g_2013.pdf
Nachdem ersten Überfliegen und dem Stutzen an manchen Stellen mal zusammengefasst: Das Ding ist ziemlich detailliert. Entscheidende Dinge sind dennoch bloß der Geschäftsstelle überlassen, es gibt
z.B. hinsichtlich der Ausrichtung von Veranstaltungen keine einsichtigen Regelungen. Es gibt z.B. keinen repräsentativen Beispielvertrag zur Veranstaltungsausrichtung (Anhang?). Wie ich schon moniert habe,
für mich ist auch diese Ordnung trotz oder aufgrund (ich kann mich nicht entscheiden) ihrer Detailliertheit hinsichtlich des Sportverkehrs nicht wirklich den realen Gegebenheiten angepasst. Aber es müssen sich
natürlich alle danach richten; das ist auch grundsätzlich richtig so. Aber mehr Flexibilität oder Klarheit wäre nötig. Da erscheint schon Punkt 1.1. mit "Die Landesverbände können im Rahmen dieser Ordnung eigene Vorschriften...usw...
erlassen" als etwas ironisch. ;)

Für mich hängt das auch mit dem Ligabetrieb zusammen. Ansprüche und Wirklichkeit passen nicht zusammen, die Sportler und die Unterstützer sehen sich nicht in der Lage, die momentanen Anforderungen
umzusetzen. Deshalb ist die BL (und z.T. auch nachfolgende Ligen) nicht mehr attraktiv: Es gibt in der Breite nicht mehr genügend Personen, die sie nachhaltig und vorgaben- bzw. ordnungsgemäß betreiben können. Wenn ich in der Ordnung weiter herunterscrolle, fallen mit auch noch mehr Bereiche auf, an denen hinsichtlich der BL aufgeschraubt werden müsste. Hier kam der Vorschlag von etwas freierer Organisation; das wäre zumindest momentan wohl eine vertretbare Möglichkeit.

Wenn die Vereine wieder das Gefühl der Zügel in der eigenen Hand inkl. attraktiver Vorteile bekommen würden, hätten sie sicherlich mehr Anreize dazu, sich in den Ligen zu engagieren. Alles Sportliche, wie Nachwuchsförderung, Identifikation usw., könnte sich ergeben. Momentan schaffen es aber nur wenige Vereine und dann mit äußerst engagierten Initiatoren, sich den Anforderungen des DJB zu stellen. Das scheint wohl auch für einzelsportliche Veranstaltungen zu gelten.
.
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Re: Bundesliga

Beitrag von caesar »

Die Bundesligaeinteilung für 2018 ist heute veröffentlicht worden:
http://assets.judobund.de/public/upload ... b3427acb21

Die 1. Bundesliga Männer kämpft nach dem "neuen" 9er-System.
Die 1. Bundesliga Frauen behält das alte 6er-System bei.
Die 2. Bundesliga Männer wird in 3 Staffeln ausgetragen.
Die 2. Bundesliga Frauen findet im alten System statt mit 5 Mannschaften im Norden und 9 Mannschaften im Süden.

Etwas verwirrend die Einteilung der 2. Liga Männer. Habe ich über das letzte Jahr doch unterschiedlichste Einteilungsideen zu den 4 Staffeln gesehen, so kam zuletzt wieder die Idee auf, diese in zwei Staffeln durchzuführen, da die Rückmeldung der Vereine zu gering war (wer hätte sich das nur denken können?) wie auch diese Umfrage zeigt http://www.deutsche-judo-bundesliga.de/ ... sliga-2018. Die Meinungen der Vereine waren so ziemlich pari-pari zwischen einer Einteilung in zwei oder vier Staffeln. Jetzt scheint sich ein Kompromiss gefunden zu haben damit alle Vereine genug Kämpfe mit vertretbaren Fahrtwegen haben.
Die Staffel Süd umschließt Vereine der Bundesländer Bayer, Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz. Die Staffel Nord-West besteht aus Vereinen aus Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Die Staffel Nord-Ost schließt Vereine aus Berlin, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen ein.
Spannene Frage wie es mit der Aufstiegsregelung entschieden wird, da die Liga Nord-Ost über die Bereiche der 1. Liga Nord und Süd geht.
Eine Reformation der 2. Bundesliga Nord der Frauen scheint ebenfalls nötig.
Wirkliche Ruhe wird im Bereich der Bundesliga im nächsten Jahr wohl nicht einkehren.
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Re: Bundesliga

Beitrag von nur_wazaari »

Die Einteilung sieht ungemein aufwendig aus. Wenn man sich denkt, dass die meisten Sportler selbst in der 1. BL quasi semi-professionell sind
und zumindest nicht mehr im vollen Umfang leistungssportlich trainieren können, sprich einem gewöhnlichen Lebenstil mit Arbeit und Co nachgehen,
dann muss schon mal gefragt werden, wie man 8-9 Kampftage (Männer) jeweils eine schlagkräftige Mannschaft zusammen haben will. Zumal neben
dem vollen einzelsportlichen Kalender auch die Olympiaquali im Mai beginnen wird.

In der 2. BL im Prinzip findet sich das Gleiche, nur quantitativ etwas moderater.

Bin gespannt, wie das Feedback in der Mitte der Saison und am Ende sein wird. Könnte mir vorstellen, dass der eine oder andere Verein spätestens nach der Hälfte der Kampftage
froh wäre, wenn die Saison einfach nur vorbei sein würde. Gerade wenn es nicht so läuft und möglicher Erfolg (in einer BL sicher Hauptmotivation) ausbleibt...

Ich wünsche den Vereinen jedenfalls viel Erfolg und einen langen Atem.
.
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Re: Bundesliga

Beitrag von caesar »

nur_wazaari hat geschrieben:
21.12.2017, 13:39
Ich wünsche den Vereinen jedenfalls viel Erfolg und einen langen Atem.
Wie ich jetzt gelesen habe, werden diesen Atem wohl vorallem die Vereine der Staffel Nord-Ost brauchen. Um in beiden Erstligastaffeln den Ausgleich zweier Absteiger zu haben, sollen in der Staffel Nord-Ost der jeweils Bestplazierte in ihre Staffel aufsteigen müssen (Sofern der Aufstiegszwang nicht noch eilig gekündigt wird). Bei der Verteilung in Nord (Hamburg II, KG M-V, Rudow, Hoppegarten) und Süd (Riesa, Chemnitz, Leipzig II), sowie dem Aufsteigsverbot für 2. Mannschaften ergibt sich die Konstellation dass rein theoretisch die zweitschlechteste Mannschaft der 2. Liga Nord-Ost in die 1. Bundesliga Süd aufsteigen müsste.
Hier hoffe ich für die Vereine, dass der DJB die Aufstiegspflicht aussetzt, denn wer möchte theoretisch nach so einem Jahr in die deutlich stärkere und teurere 1. Bundesliga aufsteigen?
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Re: Bundesliga

Beitrag von nur_wazaari »

Hier hoffe ich für die Vereine, dass der DJB die Aufstiegspflicht aussetzt, denn wer möchte theoretisch nach so einem Jahr in die deutlich stärkere und teurere 1. Bundesliga aufsteigen?
Das ist es ja! Was soll man in einer (nicht ganz unüblichen) Situation machen, in der man z.B. das sportliche Ergebnis "beeinflussen" müsste, um nicht aufsteigen zu "dürfen"? Gab es im Übrigen schon. Damit würde
sich bei entsprechendem Tabellenstand eine Zwickmühle für die Vereine ergeben können, möglicherweise erst in der konkreten sportlichen Situation (z.B. letzter Kampftag).

Eine quasi unbedingte Aufstiegspflicht lässt sich m.M.n. und etwas paradoxerweise weder sportlich noch formal rechtfertigen.

Aber auch sonst wird das ein Husarenritt für die Mannschaften, vor allem im Nord-Osten. Ändert sich das System nicht zu Gunsten einer Entlastung der Mannschaften, halte ich es für möglich, dass sich
in der Saison 2019 einige Vereine den Stress auf DJB-Ebene nicht mehr antun werden.
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Ein bisschen Gossip?

Beitrag von nur_wazaari »

Link zum zitierten Artikel:

https://www.mittelbayerische.de/region/ ... 37207.html
Der letzte Titel 2014, dreimal in Folge Gratulationsadressen nach Hamburg: Dem Selbstverständnis des deutschen Judo-Rekordmeisters TSV Abensberg genügte das auf Dauer nicht. Der 20-fache Titelträger landete nun beim Bundesliga-Aussteiger TSV Großhadern einen großen Fischzug: Vize-Weltmeister Karl-Richard Frey und weitere deutsche Spitzenkämpfer kommen. Zeitgleich erfährt der neue Krösus vom Hamburger Judoteam einen Nackenschlag – der Hauptsponsor zieht mit fünf Spitzenjudoka nach Hannover weiter.

Des einen Leid, des anderen Freud: „Nachdem sich Großhadern Ende des Jahres aus der Bundesliga abmeldete, haben wir uns natürlich um einige Athleten bemüht“, sagt Abensbergs Abteilungsleiter Martin Oberndorfer. Babonen-Kämpfer wie Sebastian Seidl und Manuel Scheibel trainieren mit Haderner Judoka am Olympiastützpunkt München. Sie knüpften die ersten Kontakte, die Abteilungsführung zurrte die Verpflichtungen fest.
Sextett plus Puertoricaner

Nicht weniger als sechs deutsche Judoka wechseln für die Bundesliga-Saison 2019 an die Abens: Der Olympia-Fünfte und Vize-Weltmeister Karl-Richard Frey (100 kg) kommt als Aushängeschild, dazu heuern dessen Bruder Johannes Frey (Schwergewicht), der deutsche Einzel-Vizemeister Maximilian Heyder (60 kg), Lukas Vennekold (73 kg) und Hugo Murphy (90 kg) an. Schon länger steht das Engagement des U23-EM-Dritten Timo Cavelius (81 kg). „Zusammen mit unseren bisherigen Athleten, von denen alle bleiben, stellen wir eine sehr komplette Mannschaft“, freut sich Coach Radu Ivan.

Geld spielte bei den Transfers keine bestimmende Rolle, unterstreichen Trainer und Abteilungsleiter. „Die Jungs wollen einfach in der Nähe von München weiterhin Bundesliga kämpfen“, erklärt Oberndorfer. „Außerdem verstehen sich Abensberger und Großhaderner“, schmunzelt Ivan und verweist auf Christoph Köberlin (60 kg), der auch zum TSV stößt, aber kaum noch Bundesliga-Avancen hat. „Er will einfach bei uns mittrainieren.“

Die Verstärkungen, die mit Adrian Gandia (81 kg) auch einen jungen Puertoricaner von der Isar an die Abens bringen, gelten als Kampfansage an die aktuelle Hochburg Hamburg, die mit dem dritten Bundesliga-Titel in Serie im November 2018 den Hattrick feierte und Abensberg dabei im Finale mit 11:3 aushebelte. „Wir wollen wieder ins Finale und dann den Titel“, gibt Trainer Radu Ivan als Kurskorrektur aus und schickt hinterher: „Wir richten uns nicht an Hamburg aus. Der TSV Abensberg will wieder an die deutsche Spitze.“

Tatsächlich könnten nicht die Hanseaten der größte Konkurrent in 2019 werden, sondern das Judoteam Hannover – ein Bundesliga-Neuling. Hamburgs größter Sponsor, der in Verbindung mit der Uhren-Edelmarke Tag Heuer steht, hat sich aus der Hansestadt Richtung Hannover verabschiedet. „Das stimmt“, bestätigt Hamburgs Trainer Slavko Tekic. Der Mäzen nehme mit dem Olympia-Dritten Dimitri Peters, Weltmeister Alexander Wieczerzak, den Olympioniken Igor Wandtke und André Breitbarth sowie Dino Pfeiffer fünf deutsche Leistungsträger mit, so Tekic. Und auch namhafte Ausländer wechseln nach Niedersachsen.
Auch die Judo-Welt ändert sich

„Sie gehen dem Geld hinterher“, sagt Tekic, betont aber zugleich: „Ich kann das akzeptieren. Judo ist ein Ehrensport, aber die Welt hat sich geändert. Warum soll man nicht auch mit einer Randsportart ein bisschen Geld verdienen?“ Wandtke und der Ex-Abensberger Breitbarth stammen aus Hannover. Für Meistermacher Tekic heißt der neue Bundesliga-Favorit – Abensberg. „Die haben stabile Sponsoren.“

„Mit einem einzigen großen Sponsor klappt es auf Dauer nicht.“
Martin Oberndorfer

Für TSV-Abteilungsleiter Oberndorfer ist dieser Satz eine Bestätigung. „Wir haben immer gesagt, dass dieses Engagement eines großen Geldgebers nicht gut geht – das klappt im Judo genauso wenig wie im Fußball. Zieht der Sponsor den Stecker, ist die Luft raus. Tekic sieht für Hamburg aber nicht schwarz. „Wir haben Eigengewächse. Sie tragen die Liebe zu unserem Verein. Wir wollen wieder den Titel.“

Abensberg, Hannover, Hamburg: Eine neue Dreier-Konstellation könnte die Judo-Bundesliga 2019 prägen. Spannend wird auch sein, wer das „Final Four“ ausrichtet. „In eigener Halle die Rückkehr zum Titel zu feiern, wäre schön“, sagt TSV-Coach Radu Ivan.
In den sozialen Medien folgt das Dementi eines der betreffenden Sportler. Kann aber jeder selbst suchen. Ich glaube auch nicht, dass alle Dinge und Aussagen aus diesem Artikel so stimmen. Ist aber auch egal...
Wer die betreffenden Akteure (und ich meine nicht unbedingt die Sportler) kennt, weiß dass da letztlich "Entäuschung" mitschwingt. Ein Sponsor zieht sich auch nicht einfach so zurück...

Schade, dass die Bundesliga nur wenig sportlich mit Aufmerksamkeit werben kann. Vielleicht wird es ja besser.
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Re: Bundesliga

Beitrag von nur_wazaari »

Sogar einiges an Gossip bzw. Leben in der Bude! Solche Theaterstücke finden ja sonst eher weniger Medienaufmerksamkeit, ein (wenngleich eher negatives) Zeichen dass durchaus öffentliches Interesse besteht.

http://www.ln-online.de/Sportbuzzer/Spo ... -Judo-Team

https://www.abendblatt.de/sport/article ... soren.html

Insgesamt scheint es ja doch Sponsorenpotenzial zu geben, selbstverständlich nicht in der Breite und immer auf dem Sprung hinweg.... Ich bin ehrlich gesagt vom Hamburger Modell sowieso nicht überzeugt gewesen, ebensowenig wie ich es seinerzeit vom Abensberger Modell gewesen bin. Beide Beispielmannschaften haben auf jeweils ihre Weise eine einzigartige Nachwuchsarbeit und können starke Teams auch aus der Region und ohne teure Kader bilden. Gleiches müsste eigentlich auch für Esslingen gelten. (Sorry, bei den Frauenmannschaften kenne ich mich nicht besser aus.) Achtung Binsenweisheit: Langfristig wirkt es wohl definitiv identitätsstiftender und nachhaltiger, eine Mannschaft durch "eigenes" Stammpersonal aufzubauen und Kämpfer/innen zu engagieren, die zum enkulturellen Umfeld des Vereins/der Region usw. passen. Die hält man dann auch leichter, wenn es nicht so gut läuft. Das soll aber keine Wertung bzgl. der Sportler/innen sein, die entsprechend entlohnt werden wollen und eben "wandern" gehen. Völlig verständlich.

Diese Konflikte zeigen aber immerhin, dass wie schon geschrieben durchaus sponsorentechnisches Potenzial vorhanden ist und auch genutzt wird. Es reicht zwar nicht zur Gründung einer ausgelagerten Aktiengesellschaft, aber wenn sich zumindest für die Berufssportler/innen eine bessere Perspektive entwickeln würde, täte das dem (deutschen?) Judosport durchaus gut. Was das mit Judo insgesamt macht, wurde ja schon zahlreich beobachtet/spekuliert/eingeordnet...
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Wen interessierts? Wen's halt doch interessiert:

Beitrag von nur_wazaari »

Statement des TSV Abensberg zur aktuellen Situation der Judobundesliga.

https://de-de.facebook.com/permalink.ph ... __tn__=K-R
Pressemeldung des TSV Abensberg vom 06.03.2019 zum Start der Bundesligasaison 2019
gez. Martin Oberndorfer, Abteilungsleiter TSV Abensberg / Judo

Betrachtung der Judo Bundesliga nach 40 jähriger Mitgliedschaft des TSV Abensberg in der Deutschen Bundesliga
Bundesligastart 2019 am 16. März, 17.00 in der Josef Stanglmeier Halle, TSV Abensberg: Judoclub Erlangen

Es scheint erneut ein Schicksalsjahr für die Bundesliga des Deutschen Judo Bundes zu werden. Reihenweise Liga-Austritte bei Männern und Frauen in den letzten Jahren, eröffneten viele Fragen über den Nutzen einer Zusammenarbeit der Vereine mit seinem Spitzenverband, der als Eigentümer der Liga agiert und den Vereinen unter anderem keine selbständige mediale Vermarktung erlaubt.

Eine große Bundesligareform und die Abschaffung der Regionalliga vor 3 Jahren, sollte dazu beitragen, die ehemals als beste Liga der Welt geltende „Deutsche Judo Bundesliga“ wieder in ruhiges Fahrwasser zu geleiten. Bereitwillig machten die Vereine jeden Schritt den der nationale Verband vorschlug mit. Der Verband versprach seinerseits auf die Vereine zuzugehen. Terminabsprachen zwischen Nationalmannschaft und Bundesligaterminen sollten koordiniert und verbessert werden. Nicht vorhandene Vermarktungsmöglichkeiten sollten geschaffen werden.
Mit einer versprochenen Transparenz über die Einnahmen der vom DJB verkauften TV Rechte, wohlgemerkt ohne Sendeverpflichtung, motivierte man den damals neu gewählten, jungen und ambitionierten Bundesligareferenten (Vertreter der Vereine) Johannes Karsch, welcher bereit war, seine ganze Kraft in eine rosigere Zukunft der deutschen Bundesliga zu investieren.

Das Ergebnis nach einem Jahr: Johannes Karsch wurde nach dem Kundtun seiner Meinung am DJB System aus diesem Amt verabschiedet.
Von den vier Finalteilnehmern zogen sich mit Holle und dem mehrfachen deutschen Meister TSV Großhadern erneut zwei Topvereine zurück, weil die Judobundesliga für sie nicht mehr finanzierbar war. Als weitere Überraschung kündigte am Ende der letzten Saison der Hauptsponsor des 3-fachen Deutschen Meisters Hamburg seine Zusammenarbeit auf. Diese stehen nun laut eigenen Meldungen ohne Sponsor da und besinnen sich auf kämpferische Durchhalteparolen und die berühmte „Jetzt erst recht Reaktion“. Es sieht eher nach einem „Scherbenhaufen Judo Bundesliga“ aus, als nach positiven Zeichen, die eine Reform üblicherweise anstrebt.

Im Jahr 2014, in dem der deutsche Rekordmeister TSV Abensberg unmittelbar nach seinem 20. Titelgewinn für sich entschied, die Bundesliga aus ähnlichen Gründen zu verlassen, fand sich ein Großsponsor, der damals mit seiner finanziellen Unterstützung dem TSV Großhadern ca. 50% der aktuellen deutschen Nationalkämpfer ins Team brachte.
Der deutsche Titel für die Münchner im Jahr 2015, war dann in Abwesenheit des TSV Abensberg die logische und verdiente Konsequenz. Nach Unstimmigkeiten zwischen dem Großsponsor und der Führung des TSV Großhadern, zog dieser die Konsequenzen und wanderte mit all seinen hochdekorierten Sportlern ab nach Hamburg.

2016/17/18, konnten die Hamburger dank dieser Firma dreimal hintereinander ungefährdet den Titel gewinnen.
Genau an jenem Abend, an dem Hamburg letztes Jahr den dritten Titel in Folge geholt hatte, zerstritten sich die Verantwortlichen und der Großsponsor so heftig, dass dieser erneut das Weite suchte und mit all seinen Sportlern den Hamburger Judoclub verließ. Mit 3 Olympiastartern wie Dimitri Peters, Igor Wandke und Andre Breitbarth, Weltmeister Alexander Wieczerzak, dem mehrfachen Deutschen Meister Dino Pfeifer und einigen hochkarätigen ausländischen Sportlern hat er ein „wertvolles Paket“ im Gepäck, welches er nun in der Bundesliga Süd, nämlich beim KSV Esslingen parkte.
Man kann natürlich diskutieren welchen Wert ein solcher „Wanderzirkus“ für die Bundesliga hat. Man kann auch auf die Idee kommen, über den Teamgeist und den Charakter der Sportler oder scheinbares Söldnertum zu philosophieren. Letztendlich aber ist das Ansichtssache und mittlerweile gängige Praxis, wohlgemerkt aber nur in den Sportarten bei denen die Vermarktung auf der Höhe der Zeit ist. Vielleicht sind auch die Strukturen in den Vereinen die er bisher unterstützt hat nicht professionell genug gewesen. Sponsoring lebt üblicherweise auch von Gegenleistungen.

Wenn man tiefer geht sollte der Verband eher Respekt vor einem solchen Sponsor haben. Er steckt sein Geld in den Judosport, das er selbst nicht organisiert und ermöglicht damit Sportlern des DJB Judo als Leistungssport betreiben zu können, ohne sich sorgen zu müssen wie der tägliche Lebensunterhalt gesichert wird. Dadurch werden auch die vom Verband zu erreichenden Ziele, Medaillen bei Olympia, WM und EM realistischer und greifbarer.

Streng genommen deckt die „Effektivität“ eines einzigen Sponsors auf, was der Verband selbst nicht erledigt bekommt. Nämlich dass professionelles Marketing, sprich Gewinnung von Sponsoren die einzige Lösung für den finanziell schwach aufgestellten Judo Verband und vor allem für die aufopfernd trainierenden Sportler wäre. Dieser hochkarätige Sport hat es in vielen Ländern der Welt geschafft eine führende Stellung einzunehmen. Davon kann man in Deutschland nur träumen.

Unbeirrt durch all diese Wirren, scheint die kleine Niederbayerische Stadt Abensberg mit ihrem TSV erneut seinen geradlinigen Weg einzuschlagen.
Ausstieg Ende 2014, nach 20 Meistertiteln und 7 Europacupsiegen. Zwei Jahre lang ungeschlagen Meister der Regionalliga und zweiten Bundesliga. 2017 Aufstieg und Comeback in der ersten Liga. Gleich im ersten Jahr Finalteilnahme und 3. Platz. Darauf folgte 2018 der Vizemeister.
Genau in diesem Moment platzte nun erneut die Bombe mit Austritten aus der Liga.
Der zwölffache Deutsche Meister TSV München Großhadern, ein Begründer der Judobundesliga und die Judofreunde aus Holle, ebenfalls Finalteilnehmer 2018 meldeten sich aus der höchsten Liga des DJB ab. Das einzig Ermutigende an der Sache aus Sicht des TSV Abensberg ist, dass die Abensberger das Team mit einigen Münchner Sportlern ergänzen konnten und so für das Jahr 2019 ganz gut gerüstet sind.

Wenn am 16. März um 17.00 der TSV Abensberg als letzter Dinosaurier der Judobundesliga zu Hause gegen Erlangen in die Saisonstartet, geht der deutsche Rekordmeister in seine 40!! Bundesligasaison.
Man spürt derzeit auf Seiten der Babonen trotz allen Unwägbarkeiten in der Liga eine Aufbruchsstimmung, die vielleicht in einer neuen Ära enden könnte.

Abteilungsleiter Martin Oberndorfer zum Saisonauftakt kommende Woche:

„Es ist seit Generationen der Charakter des TSV Abensberg auf Verbesserungsmöglichkeiten beim DJB hinzuweisen, seine Meinung aufrecht zu vertreten, sich nicht zu verbiegen und das zu tun was man selbst für richtig hält.
Wir haben mit dem DJB aber immer ein Einvernehmen gefunden, das wird sicher auch in Zukunft so sein, wenn gleich es oft müßig ist.

Sportfachlich brachten wir immer Leistung, das wird ab sofort auch wieder so sein, wie man an den Erfolgen der U18 Truppe von Trainer Peter Dremow sieht.
3 Medaillen bei der Deutschen Jugend Meisterschaft am vergangenen Wochenende zeigen dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Unserem eigenen Nachwuchs den TSV Abensberg so zu erhalten wie sie ihn über Jahrzehnte gewohnt sind, ist unser oberstes Ziel.

Deshalb haben wir uns neu aufgestellt, von Leuten getrennt, denen das „Abensberger Gen“ gefehlt hat. Selbstdarsteller die sich, wie in der jüngsten Vergangenheit geschehen, mit dem geleisteten Anderer brüsten,
ohne selbst einen brauchbaren Beitrag zu leisten soll es bei uns künftig nicht mehr geben.

Wir wollen heuer wieder am Europacup teilnehmen und uns um das Bundesligafinale in Abensberg bewerben, weil wir das unseren Fans, Unterstützern und der langen Tradition schulden“.
Außerdem freuen wir uns auf Gegner mit der Qualität der „neuen Esslinger“ und nehmen die Herausforderung sportlich an“.

Dies ließ der neue Abteilungsleiter Martin Oberndorfer unmissverständlich wissen. Der Kurs des TSV Abensberg ist somit erfreulicherweise wieder auf Angriff ausgerichtet

gez.
Martin Oberndorfer
TSV Abensberg Abt. Judo
Abteilungsleiter
Da steht eigentlich alles drin, was in letzter Zeit passiert ist. Man merkt auch, woran es den meisten Vereinen (Abensberg bildet da wirklich eine Ausnahme) fehlt, um stabil am "Markt" zu bestehen: Einer eigenen Identität und dementsprechend Identifizierungspotenzial. Sicherlich auch dem einen oder anderen anderen Faktor...aber das ist individuell verschieden. Erstaunlich aber sicherlich die Wanderschaft des einen Sponsors...naja, wer die Medien verfolgt hat, ein bisschen verknüpfen kann und vielleicht mit der einen oder anderen Zusatzinfo versorgt ist, kann es ihm gerade im Hamburger Fall a) entweder nicht verübeln oder b) ihn verurteilen für seine Beliebigkeit oder es kann einem schlicht...egal sein.

Schade um das verschenkte Potenzial des höheren Ligabetriebs im Allgemeinen.
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nur_wazaari
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Es geht nicht nur um "Judo"

Beitrag von nur_wazaari »

https://www.faz.net/aktuell/sport/rhein ... 64327.html

- allgemeiner Verlust der Hochklassigkeit
- Uneinsichtigkeit der Verantwortlichen; die Situation wird sich nicht eingestanden, alle anderen sind doof
- ein berstender Terminkalender; fliegen, kämpfen, fliegen, kämpfen, manchmal schlafen
- Vereine bewerten die Nachwuchsförderung höher als den höchsten Ligabetrieb
- es gibt unendlich viel wichtigeres zu tun, Judo wird immer noch als extrarrestrischer Kosmos betrachtet, losgelöst von gesellschaftlichen Entwicklungen -> gleichzeitig soll es diesen reflektiv entgegentreten.
- Judo sei vor allem ein Einzelsport; ich denke wenn wir bei Olympia, sofern stattfindend und Stand jetzt, überhaupt eine gewisse "Chance" auf mehrere Siegleistungen haben, dann im Teamwettbewerb oder per Einschreiben Fortunas. Man wird sehen...

Judobundesligen könnten eine wichtige Schnittstelle zwischen Breiten- und Leistungssport sein - interessiert den DJB offensichtlich nicht ausreichend genug. Wer setzt hier eigentlich aufs falsche Pferd?
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