In "Jigoro Kano and the Kodokan" (Compiled by Kano Sensei Biographic Editorial Committe; Translated by Alex bennett, Tokyo 2009, S. 111) steht:" Kano entwickelte ein Förderungssystem ("Promotion-System"), um die Entwicklung der Trainierenden im Kodokan zu verdeutlichen. Während der Tokugawaperiode (1600-1868) wurden Titel oder Ränge des Fortschritts wie shoden, chuden, okuden oder mokuroku, menkyo und kaiden benutzt, um die Stufen der Meisterung von Kriegskunstsexperten anzuzeigen.Lin Chung hat geschrieben:Mit erreichen des 5. Dan erhielt der Budoka früher das Menkyo Kaiden und war damit automatisch berechtigt, den Stil zu lehren.
Nochmal: Die Kodansha-Grade sind die eigentlichen Meistergrade im Budo. In der überlieferten Budo-Tradition sind nur sie dazu berechtigt, Schüler anzunehmen und zu unterrichten.
Kano dachte sich ein eigenes System aus, dass die Trainierenden in zwei Gruppen einteilte: "Nichtgraduierte" (Mudansha) und "Graduierungsbesitzer" (Yudansha). Für die die Yudansha entwickelte er ein System, in dem die Studenten nur einen Schritt auf einmal machen konnten, vom Shodan (1. Dan) zum Nidan (2. Dan), Sandan (3. Dan) und so weiter. Sein innovatives Förderungssystem (Promotion-System) wurde später auch im Kendo, Kyudo und anderen Kampfkünsten gebracht."
Wenn diese Aussagen richtig sind - und nach der Quelle müssten sie das sein - dann haben Menkyo-kaiden und Dan überhaupt nichts miteinander zu tun. Ersteres waren (vor Kano) die Bezeichnungen für den Status eines Schülers in den Koryu, letzteres (Dan) waren die Bezeichnungen für den Fortschritt im von Kano entwickelten Kodokan-Judo. Und im Kodokan-Judo gibt es kein Kaiden oder Menkyo-kaiden und in den Koryu gab es demnach keine Dangrade.
"Kano klassifizierte die Anfänger als Mudansha und unterteilte sie sofort in drei Ränge nämlich Ko, Otsu und Hei. Die absoluten Anfänger starteten mit dem Rang Hei, schritten fort zu Otsu und dann zu Ko. Von Ko gingen sie dann weiter zu den Yudansharängen des Shodan, Nidan, Sandan, Yondan usw. .
Kano entwickelte dieses System, weil er dachte, dass die tradionellen Ränge zu vage und in ihrer Anzahl zu gering seien, wodurch die Studenten zu lange auf dem gleichen Niveau verweilen mussten bevor sie für die nächste Stufe berechtigt waren. Kano empfand, dass dieses System Nachteile hatte in Bezug auf die lange Wartezeit zwischen den einzelnen Stufen, wohingegen sein neues System der fortschreitenden Dangrade den Übenden realistische Ziele für ihr Training setzte." (Bennett, 2009, 111)
Der Begriff Sensei = Meister taucht bei Kano wohl zunächst noch nicht auf, auch der schwarze Gürtel wird von Kano als Kennzeichen der Danträger ( Mudansha, als Graduierten) erst später eingeführt, als er mit seinen Schülern 1886 den Kodokan in Kojimachi Fujimi-Cho etablierte (Bennett, 2009, 114). Farben für den 6. - 8. Dan sowie 9. und 10. Dan wurden noch später, um 1926 festgelegt.
"Tsunejiro Tomita und Shiro Saigo wurden die ersten Yudansha im August 1883, als Kano sie in den Rang eines Shodan erhob. Im November des folgenden Jahres wurden beide zum 2. Dan ernannt. Saigo erhielt den 4. Dan, nachdem ihm erlaubt worden war den 3. Dan zu überspringen. Im September danach wurde auch Tomita zum 4. Dan ernannt und durfte den 3. Dan ebenfalls überspringen. Yoshitsugo Yamashita wurde zum Shodan (1. Dan) im November 1884 ernannt, 2. Dan im Juni 1885, 3. Dan im September desselben Jahres. Der erste 5. Dan wurde Tomita im Februar 1888 verliehen, gefolgt von Saigo im Januar 1889.
Der erste Rokudan (6. Dan) ging an Yoshitsugo Yamashita und Sakujiro Yokoyama im Januar 1898. Der erste 7. Dan an diese beiden am 23. November 1904. Am 23. September 1912 erhielt Yokoyama den 8. Dan (Hachidan). Der 9. Dan wurde am 1. April 1930 an Yamashita, Hajime Isogai und Shuichi Nagaoka verliehen.
Yamashita war einer von Kanos "Schlüsselstudenten" von den ersten Tagen des Kodokan. Als er am 26. Oktober 1935 starb, verlieh ihm Kano posthum den ersten 10. Dan (Judan) bei seiner Beerdigung, die vom Kodokan arrangiert wurde.
Nachdem der eine Präzedenzfall einer Verleihung des 10. Dan durchgeführt worden war, waren die ersten lebenden Empfänger eines 10. Dangrades Hajime Isogai und Shichi Nagaoka im Dezember 1937." (Bennett, 2009, 112)
Die Kodokan Shitenno (Die "vier himmlichen Söhne des Kodokan", also Yamashita, Saigo, Tomita und Yokoyama), die während Kanos Abwesenheit bei seiner ersten Auslandsreise vom September 1889 bis Januar 1891 den Kodokan Mitgliedermäßig nach vorne brachten, also als Lehrer arbeiteten, waren zu dieser Zeit 4. bis 5. Dan, arbeiteten jedoch ganz offensichtlich schon über längere Jahre als "hauptamtliche" Judo-Instruktoren, sowohl bei der Polizei, der Marine als auch im Kodokan. Offensichtlich durften sie - zumindestens in der Anfangszeit des Kodokan - mit Kanos Billigung (oder sogar in seinem Auftrag) auch mit den niedrigeren Dangraden schon verantwortungsvoll unterrichten.
Ob der Begriff "Meister" (Sensei) bei ihnen benutzt wurde entzieht sich meiner Kenntnis, doch mit großer Wahrscheinlichkeit wurde er von den Mudansha (Nichtgraduierten) im Kodokan gegenüber allen Graduierten (Yudansha) benutzt.
Das eigentliche Problem, was man in Deutschland mit dem "Meister"-Begriff hat, ist vermutlich eher hausgemacht, also ein rein deutsches Problem, wie ich selber von zahlreichen Auslandsaufenthalten in ganz Europa weiß.
Daher rührt auch die Problematik, die man mit dem "schwarzen Gürtel" als Symbol des "Meisters" (nicht der Meisterschaft einer Kampfkunst!) hat. Setzt man diesen Begriff mit dem des Meisters in einem Handwerk gleich, dann mag das dem einen oder anderen entweder angemessen oder unangemessen erscheinen. Für beides benötigt man zwischen 4 und 5 Jahren, wenngleich der Meisterbrief eines Handwerks einen weitaus größeren zeitlichen Aufwand voraussetzt.
Was bleibt?
Kano wollte einen relativ raschen Fortschritt in den Graduierungen seiner Schüler sehen und machte dies auch an äußeren Sysmbolen - wie dem schwarzen Gürtel - fest.
Dies mag man bewerten wie man will - auch am heutigen Kodokan wird dafür geworben, in einem Jahr zum 1. Dan zu kommen, was die Meisten bei uns in Deutschland sicherlich nicht mit dem Erreichen einer "Meisterschaft" im Judo gleichsetzen werden. Kano nannte diese Schüler ja auch "nur" Garduierte, nicht Meister. Allerdings: Menkyo, Kaiden und Menkyo-Kaiden hatte Kano in sein System nicht übernommen, sondern durch ein anderes System ersetzt.
Er selbst hatte - nach nur zwei Jahren Studium - von Tsunetoshi Iikubo die Lehrerlaubnis (Menkyo-kaiden) mit allen niedergeschriebenen Schriftrollen des Kito-ryu erhalten.
Auch Kano soll sich zu diesem Zeitpunkt keinesfalls als ein "Meister" dieses Stils empfunden
haben.
Jupp