Kyu-Prüfungen in den Niederlande

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Anfängerin08
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Kyu-Prüfungen in den Niederlande

Beitrag von Anfängerin08 »

Hey,

mich würde mal interessieren wie es in anderen Ländern z.B. in den Niederlanden mit den Prüfungen abläuft. Ich habe heute bei einem U14-Turnier ein paar - nach DJB-Regeln - unmögliche Gurte gesehen (ich weiß, andere Länder, andere Sitten), daher frage ich hier mal nach. Außerdem war ich bei den Kämpfern, die ich dort gesehen habe, sehr enttäuscht, wie wenig von den Judowerten dort zu sehen waren. Hätten meine Kämpfer sich so verhalten, dann hätte ich sie eingepackt und wäre gefahren. Die niederländischen Kämpfer waren sehr routiniert und auch gut, aber wie schon geschrieben nicht gerade respektvoll ihren Gegnern gegenüber und einiges mehr.

Vielen Dank

Anfänger
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Mitesco
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Re: Kyu-Prüfungen in den Niederlande

Beitrag von Mitesco »

Hallo Anfangerin,

In den Niederländen ist es möglich, ein bisschen früher eine Kyu-Prüfung zu machen. Z.B. bei uns hat man schon nikyu wenn man 10/11 Jahre alt ist, und ikkyu mit 12.
Das bedeutet auch, dass man mehr achtet auf technisches Verhalten als auf moralische Werte. Ein Kind von 12 Jahren hat normalerweise nicht, was ein Teenager von 14 hat, im Bezug auf Werte und Respekt. Das hast du bemerkt...

Dazu muss ich ehrlicherweise auch noch sagen, dass Kinder in den Niederlanden im großen Ganzen total frei und undiszipliniert aufwachsen. Auch im Dojo ist es eher Ausnahme, dass die Kinder noch richtig mal korrigiert werden. Es muss vor allem Spass machen - wenn nicht, laufen die Judoka davon und machen Fußball oder so. Vor Angst, Mitglieder zu verlieren, machen die meiste Sensei keine Umstände, wenn es auf das respektvolle Verhalten ankommt. (Mein Sensei ist der Ausnahme in unsere Stadt - wenn ein Kind sich nicht benimmt, schmeißt mein Sensei ihn raus... was ich anständig finde! Trotzdem ist sein Dojo nicht leerer und haben wir auch Erfolg - Disziplin lohnt sich!)

Also, hoffentlich macht es ein bisschen klar für dich, warum es bei uns so geht. Ich bin übrigens der Meinung, dass ein Braungurt-Judoka ein Beispiel sein müsste, und dass es bei uns viel zu schnell geht, ikkyu zu haben. Es wäre besser, bei uns auch die internationale Ordnung einzuführen. Aber wieder: wenn ein Kind bei uns zu lange warten muss, bis er den nächsten Gurt bekommt, wird er ungeduldig (sowie die Eltern) und deswegen findet man es schon ganz schön, mit 12 fast schwarz zu haben. Bei uns können mache Kinder deswegen auch nicht warten, bis sie 16 werden, im Jahr wo man 16 wird, kann er schon Danprüfung machen. Wir haben also jetzt schon einige Shodan vom Geburtsjahr 1993... Frag mich nicht, ob ich das richtig finde.

Letztes Wochenende war ich bei einem Turnier, wo die Talente im U15 versammelt waren. Ihr wollt nicht wissen, wie total undiszipliniert die Judoka sich da benommen haben. Überhaupt geht man barfuß durch die ganze Turnhalle, auf die Matte und sogar aufs Klo. Essen und trinken auf dem Mattenrande? Kein Problem... (?!) Aufräumen? Schon ein Problem. Rei geben? Wenn es der Judoka passt. Nein, wir haben ein Problem, wie die junge Judoka sich bei uns benehmen. Ich bin selbstverständlich ein alter Traditionalist 43 Jahre alt, aber trotzdem glaube ich, dass Judo Werte in sich trägt, welche man nie so einfach vergessen darf.

Ich habe übrigens auf meinen Weblog darüber etwas geschrieben, und ich bemerke, dass ich darin nicht alleine stehe... :D

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"Man kann man sagen, dass die Lehre von Judo einen aus der Tiefe der Verstimmung in ein Stadium energischer Tätigkeit mit einer frohen Hoffnung in die Zukunft führen kann." Jigoro Kano
tutor!
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Re: Kyu-Prüfungen in den Niederlande

Beitrag von tutor! »

Ich treffe eigentlich sehr regelmäßig die besten U17 und U20 Kämpfer (m+w) in meinem Bundesland. Manchmal, wie letzte Woche, helfe ich auch ein wenig bei der U14 im Stützpunkt aus.

Über diese Kinder und Jugendlichen kann ich mich beim besten Willen nicht beschweren. Sie sind alle - wirklich durch die Bank - sehr aufmerksam, freundlich, wissbegierig und lernbereit. Auch haben Sie ein wirklich gutes Benehmen. Und wenn sie einmal übermütig werden, dann hilft ein kleiner Hinweis und sie wissen sofort Bescheid.

Es gibt also auch anderes - und ich denke/hoffe auch in den Niederlanden!
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Anfängerin08
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Re: Kyu-Prüfungen in den Niederlande

Beitrag von Anfängerin08 »

Danke mitesco, ich dachte schon, ich wäre zu empfindlich.

Ich habe vieles dort gesehen, wie du schon beschrieben hast - Judoka, die ohne Schuhe überall hingehen, die ständig auf der Seite der Kampfrichtertische über die Matte laufen, zwischen den Wettkampfflächen (ständig) hin und her gehen, auf der Matte Eis essen, den Gegner achtlos und ziemlich deutlich in die Matte fallen lassen bei Mate, dem Gegner den übrigen Kampfgürtel (er selbst hatte den weißen Gürtel, der Gegner hatte im Moment keinen und fragte, ob er den roten haben kann) verweigern......

Ich war überrascht, dass es dann auch keine Hinweise vom Betreuer oder den zahlreichen mitgereisten Eltern gab - so was erlebte ich bei anderen Turnieren bisher nur in Ausnahmefällen.

Anscheinend reisen auch diese Judoka zu vielen Turnieren ins Ausland - Österreich, Deutschland ... habe ich schon gesehen, hier scheint wirklich nur das Gewinnen von Turnieren das wichtigste zu sein.

Trotz allem, werde ich "meinen" Judoka weiterhin die Judowerte vermitteln und hoffe, dass sie sich dann auf diese auch weiterhin so besinnen.
Denn das schöne ist, dass sie vieles davon so verinnerlichen, dass sie es auch im normalen Leben anwenden - darauf bin ich stolz.

Gruß A.
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Olaf
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Re: Kyu-Prüfungen in den Niederlande

Beitrag von Olaf »

Wir waren letztes Wochenende ebenfalls bei einem Turnier, wo die DJB-Regeln, gerade in Bezug auf Graduierungen, nicht gelten. War schon interessant zu sehen. Es waren nicht nur DJB-Vereine sondern vor allem Vereine der IBF, aber auch aus anderen Stilrichtungen (Hara-Ki-Judo über die MAA) anwesend. Ich kann gar nicht sagen, nach was dort alles geprüft wird. Aber es gab 9jährige Braungurte, 14jährige Schwarzgurte, Blaugrüne und braunblaue Gurte und noch andere Dinge mehr.
Auch die Wettkampfauffassung und die von Mitesco beschriebenen Verhaltensweisen konnte man dort beobachten. In unserem Vereinsforum phpbb3.com/forum/34819489nx6544/wettkampf-im-mtv-f8/ibf-in-hess-oldendorf-t89.html (Link existiert nicht mehr) wird derzeit intensiv darüber diskutiert, ob wir noch einmal auf so eine Veranstaltung fahren, wobei die Vertreter des Ausrichters, nach ihren Kommentaren zu urteilen, den Wettkampfablauf für vollkommen normal halten.

LG
Olaf
Zuletzt geändert von Olaf am 08.01.2010, 22:57, insgesamt 2-mal geändert.
Immer wieder muß das Unmögliche versucht werden,
um das Mögliche zu erreichen

Derjenige, der sagt „Es geht nicht“, soll denjenigen nicht stören, der es gerade tut.

Jeder kann unter http://www.obernkirchenraptors.de mehr über uns erfahren.
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Re: Kyu-Prüfungen in den Niederlande

Beitrag von tutor! »

Warum überraschen mich die Schilderungen dieser Ereignisse nicht?

Viele Leute glauben ja, dass der DJB mit seinen Landesverbänden hoffnungslos überreguliert ist. Zumeist entspringt eine solche Sichtweise einem Negativerlebnis in einem oder mehreren Einzelfällen. Jedoch sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass jede Regelung ihre eigene Geschichte hat und diese meist ihren Ursprung damit nahm, dass man schlechte Erfahrungen aufarbeiten und für die Zukunft verhindern wollte. Kommt man dann in eine Umgebung, wo es eben nicht diese Klarheit der Regelungen gibt, merkt man schnell, dass man ohne sie eigentlich kaum auskommt - jedenfalls nicht, wenn man aus dem engeren Freundschaftskreis heraus tritt.

Ich kann nur davon abraten, an derartigen Veranstaltungen teilzunehmen. In aller Regel besteht z.B. bei Verletzungen kein Versicherungsschutz über die Sporthilfe-Versicherung. Das kann - da dies sicherlich den Eltern der teilnehmenden Kindern nicht klar ist - im Zweifel zu erheblichen Verwerfungen innerhalb eines Vereins führen - vom Schaden für den Verletzten einmal ganz abgesehen.

Das sportliche Niveau wurde ein einem Beitrag der von Olaf verlinkten Diskussion als "Bezirksliga" bezeichnet. Und das bei einem Multinations-Turnier! Dies entspricht aber auch meinen Erfahrungen mit Kleinstverbänden und ihren internationalen "Würdenträgern".

Also was soll´s? Wenn ich mich auf diesem Niveau "messen" möchte, kann ich dies auch innerhalb des Verbandes in einem sauber geregelten Umfeld und mit Versicherungsschutz tun.

Das hat jetzt - auch das möchte ich klarstellen - nichts damit zu tun, dass die Leute in diesen Verbänden nicht auch eine gute sportliche Einstellung haben können: es sind vielmehr die strukturellen Mängel, unter denen sie selbst zu leiden haben (und es meist noch nicht einmal merken...).
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Re: Kyu-Prüfungen in den Niederlande

Beitrag von Anfängerin08 »

Hallo tutor,

interessiert habe ich jetzt Olafs Bericht über die IBF gelesen, wusste gar nicht, dass es Konkurrenz gibt.

Wir selbst waren bei einem stinknormalen - bzw. internationalen - Turnier eines DJB-Vereines und die angereisten Niederländer sind schon auf vielen anderen Turnieren gewesen. Beim Nachdenken ist mir eingefallen, dass ich einen Kämpfer, der mir negativ aufgefallen ist, schon im letzten Jahr in Mühlheim nicht als Vorbild empfand.

Hoffentlich begegnen wir beim nächsten Mal Judoka aus Mitescos Verein, die wären mir nämlich viel lieber - ich kann gutes Judo ohne Probleme anerkennen, schlechtes Benehmen ärgert mich.

Gruß a.
seio-ecki
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Re: Kyu-Prüfungen in den Niederlande

Beitrag von seio-ecki »

Hallo!

Ich war mit zwei Aktiven beim JPT Turnier in Almelo und kann nur sagen, daß mir dort nichts
negatives aufgefallen ist!
Also es geht wohl auch anders ;)
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