6.Dan

Hier geht es um Fragen und Inhalte zu den Kyu und Dan Prüfungen
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nur_wazaari
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Re: 6.Dan

Beitrag von nur_wazaari »

Die Fragen und Ausführungen finde ich sehr interessant.

Trotzdem crashe ich die Party und stelle ein paar naive, vollkommen unzulängliche Fragen, unter der Maßgabe, dass Kata ursprünglich und auch nach heutigem Konsens vornehmlich und ganz allgemein unabhängig von der genauen Linie als Übungsmethodik verstanden wird (werden soll):

a) Warum führt man dann Wettkämpfe dafür durch, weshalb jagt man dann hier nach einer bestimmten Anzahl von Punkten (in Wahrheit vielleicht: Medaillen), weshalb unterwirft man sich nicht selten ziemlich subjektiver, im schwierigsten Fall ästhetischer Urteile über die jeweiligen Darbietungen? Gibt es einen übergeordneten Zweck von Kata-Wettkämpfen, ist der Rahmen dem Thema überhaupt angemessen ausgestaltet? Läuft der Kata-Wettkampf (nennt man das dann auch Shiai?) nicht der hauptsächlcihen Intention von Kata zuwider? Kann man dann dieses System zum Maßstab für Prüfungen, für das Verständnis von Judoprinzipien erklären?

b) Wie untersucht man die Wirksamkeit und die Transferleistungen dieses (nicht nur) hierzulande eher geschlossenen, für sich praktizierten Systems (im System "Judo") in andere Bereiche von Judo? Wo liegt im Wettkampfkontext, der ja nicht unerheblich auch auf den Prüfungskontext übertragen wird, der Mehrwert von Kata-Training zum Beispiel für Randori, für Shiai, für Erziehungsaspekte, schließlich für das, was als Verständnis von Judo, der technischen Prinzipien, nicht zuletzt der ethisch-moralischen Ausbildung bezeichnet wird? Geht der Mehrwert abgesehen von einigen Ausnahmen und einer möglicherweisen individuellen Empfindung über die Anerkennung von Darbietungen für Prüfungsdinge und Wettkampftagesleistungen hinaus?

c) Erkenne ich die Prinzipien nun als mehr oder weniger erfahrener Judoka beim Zuschauen, beim Üben, durch entsprechende Lektüre, durch die Inanspruchnahme von Multiplikationsveranstaltungen; wobei also genau? Mit anderen Worten, wie genau transferieren und multiplizieren sich die Inhalte, die man über Kata vermitteln will? Plant man, das zu untersuchen oder irgendwie nachzuhalten, wenn es denn eine hohe Bedeutung genießen soll? Auch hier wieder, wie genau findet hier der Transfer statt, wie ließen sich Methodik und Transfer beschreiben, wie nachhaltig fruchtbar machen? Ich behaupte: Das allgemeine Interesse für Kata ist sicher etwas größer als in früheren Zeiten, allerdings dürften die Gründe oft nicht in der Faszination für Kata selbst liegen.

d) Schließlich: Üben bedeutet für mich, Fehler zu machen, zu reflektieren, dem Üben einen übergeordneten Zweck zu geben, auch wenn es der Selbstzweck ist. Eine fehlerfreie Kata dürfte auch niemandem untergekommen sein, wäre nach der gewünschten Definition noch nicht einmal wünschenswert. Die Frage ist ja, ob man die Erkenntnis von funktionalen Fehlern bei Kata nicht eher begrüßen sollte, anstatt hier darauf abzuzielen, die gerade aktuellen und m.E. oft nicht allzu transparenten Spezialvorgaben zu erfüllen, um eine möglichst hohe Punktzahl zu erfüllen. Auf mich wirkt das, ähnlich wie im Shiai-Judozirkus, wie das Laufen im Hamsterrad, was ich nicht werten will. Macht man ja freiwillig.

Die Grundinformationen unter
https://www.judobund.de/bildung/kata
helfen mir dabei im Übrigen kein Stück weiter, werfen mehr Fragen auf, als sie Antworten liefern. Das beträfe zum Beispiel Aspekte der Definition (Was ist Kata?), der Reproduzierbarkeit (Warum? Und wirklich aus diesen Gründen?), die Grundsituationen des Kampfes (sind die noch aktuell bzw. müssten die nicht erweitert werden? Welcher Kampf? Nach Judo-IJF-Regeln oder...?),

Das sind Dinge, die meiner Meinung nach auch von Prüflingen für höhere Dan-Grade erörtert werden könnten. Ich erwarte selbstredend keine abschließenden Antworten auf die aufgeworfenen Fragen. Im Zweifel stelle ich mir die Fragen auch nur selbst.
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tutor!
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Re: 6.Dan

Beitrag von tutor! »

Die Antwort auf die Frage, warum jemand dieses oder jenes tut oder eben auch nicht, muss jede(r) für sich selbst beantworten. Dazu gehört auch die Frage, inwieweit man einen Gewinn für sich selbst erkennt - oder auch nicht. Warum man sich also an Wettbewerben beteiligt - sei es Kata oder Shiai - ist individuelle zu beantworten und was für den einen Sinn macht, kann für den anderen eben sinnfrei sein.

Eine andere Frage ist die nach Konzepten der Vermittlung von Judo und die Frage, inwieweit die tradierten Kata einen Beitrag zu einem besseren Judo - was immer man darunter verstehen möchte - leisten kann. Also u.a. die Frage des Transfers. Hierzu gibt es natürlich Ideen und Konzepte, denn diese Fragen stellen sich auch andere. Jüngst hat sogar einer der DJB-Experten einen zweitätigen Lehrgang genau zu diesem Thema gegeben (allerdings kam die Frage aus dem Ausland, sodass die Veranstaltung hierzulande nicht publik wurde).
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
Techniques are only the words of the language judo (Cichorei Kano, 24.12.2008)
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Hofi
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Re: 6.Dan

Beitrag von Hofi »

Ich denke, das ist immer eine Frage, wie es von den Trainern vorgelebt wird.
Wir haben nahezu jedes Jahr Prüflinge, gerade erst im Sommer wieder einen zum 3. Dan.
Was allerdings selten zu erkennen ist, welches schwarz jemand hat, da nahezu niemand im Verein Dan-Balken trägt.
Wenn es also vorgelebt wird, dass
- der 1. Dan eben nicht das Ende, sondern der Anfang der Judo-Entwicklung ist
- Prüfung der Verleihung idR vorzuziehen ist
- und jede Vorbereitung zu einem Gewinn an Wissen und können führt
dann muss man sich auch nicht mehr anhören "Schwarz ist schwarz".
Wobei ich zugeben muss, die Inhalte zum 5. Dan reizen mich noch, die zum 6. finde ich bisher eher uninteressant.
Wer die Wahrheit sagt, braucht ein verdammt schnelles Pferd.

Heimat ist dort, wo man von der Dorfbevölkerung, die einen duzt, gelyncht wird.
Joerch
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Re: 6.Dan

Beitrag von Joerch »

Danke Hofi, den einzelnen Punkten kann ich vollkommen zustimmen.

Bisher war jede Vorbereitung auf den nächsten Dan immer mit viel Erkenntnisgewinn verbunden, sei es durch eigene Erfahrung, Übungen mit dem Partner, Lektüre, Hilfestellung von Trainern und bei Lehrgängen. So sollte es meiner Meinung nach auch sein, ich möchte aus einer Vorbereitung viel Erkenntnisgewinn mitnehmen.
Für mich ist die Prüfung immer nur ein kleiner Abschnitt in einem Lernprozess, der Weg dahin ist interessant und bereichernd, insofern nehmen wir an einer Prüfung teil, wenn die Inhalte bestmöglich verstanden sind und umgesetzt werden können. Sollte das durch verschiedene Gründe länger dauern, dann ist das so.
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