Kyu-Prüfung für Kinder in Verbindung mit Wettkämpfen

Hier geht es um Fragen und Inhalte zu den Kyu und Dan Prüfungen
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blackbelt
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Re: Kyu-Prüfung für Kinder in Verbindung mit Wettkämpfen

Beitrag von blackbelt »

Voll und ganz meine Meinung Jobi.....

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kastow
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Re: Kyu-Prüfung für Kinder in Verbindung mit Wettkämpfen

Beitrag von kastow »

Mich irritiert ein wenig die Aussage vom "Ringelpietz mit Anfassen" im Bezug auf Prüfungstraining. Eine ordentliche Prüfungsvorbereitung ist ähnlich anspruchsvoll wie ein Wettkampftraining und zudem bei gemischten Gürtelpruppen noch etwas vielseitiger.

Zudem sollte in der Grundausbildung laut APO noch kein spezielles Wettkampftraining unterrichtet werden. Und das ist m.E. auch richtig. Wenn ich als ÜL mir ein wenig Zeit zur Planung nehme, kann ich bis zum Orangegurt alle Würfe so unterrichten, dass ich aus einem Griff alle vier Quadranten als Wurfrichtung abdecke, die Würfe aus sinnvollen Bewegungen anwenden kann, eine Kombination und einen Konter nach Ausweichen beherrsche, die vier Haltegriffgruppen nutzen kann, sie mit Hebeltechniken verketten kann, aus jedem Haltegriff drei Befreiungen als Handlugskomplex beherrsche und die Standartsituationen des Bodenkampfes lösen kann. Das genügt, vorausgesetzt es wird wirklich gekonnt und nicht nur gekannt (Training über den Technikerwerb hinaus!), in NRW für ein komplettes Wettkampfprofil in der U14. Wenn eine Übungsleitung das nicht ordentlich hinbekommt, sollte der Vorstand vielleicht nach qualifizierterem Personal Ausschau halten.

Der Unterschied zwischen Wettkämpfenden und Nichtwettkämpfenden liegt in dieser Alter- und Gürtelstufe, ein ordentliches Training voraussgesetzt, doch eher in der Trainingshäufigkeit und der Wettkampfteilnahme.

Zurück zum eigentlichen Thema: Solche Beispiele wie Blackbelt beschrieben hat, kenne ich auch in anderer Hinsicht: ohne Sportabzeichen keine Prüfung, wenn die Jugenleitung nicht spurt, werden Trainingseinheiten gestrichen, ... M.E. ist hier der Übergang von der didaktischen Stümperei hin zum mangelnden Demokratieverständnis fließend.

Statt zu sanktionieren hilft manchmal schon eine einfache Erklärung. So habe ich Neulingen, die nicht zum Wettkampf wollten, immer entgegengehalten, dass sie erst dann wissen können, ob Schokolade nicht schmeckt, wenn sie sie probiert haben. Also sollten sie auch erst ein- oder zweimal Wettkämpfe besuchen. Wenn sie danach weiterhin keine Lust hatten, habe ich sie nicht weiter bedrängt. Interessanterweise haben einige danach sogar festgestellt, wie gut Schokolade schmeckt ;)
Herzliche Grüße,

kastow

Since the establishment of Kôdôkan jûdô, jûdô has become something that should be studied not only as a method of self-defence but also as a way of training the body and cultivating the mind. (Jigorô Kanô: MIND OVER MUSCLE)
HBt

Zu einfach!

Beitrag von HBt »

kastow hat geschrieben:(..) Wenn eine Übungsleitung das nicht ordentlich hinbekommt, sollte der Vorstand vielleicht nach qualifizierterem Personal Ausschau halten.
Vielleicht. Möglicherweise wird hierdurch nur Verantwortung verschoben.
Tutor! hat geschrieben:Ich hab jetzt Jupps wirklich hervorragenden Beitrag mehrmals gelesen und ich weiß nicht, wie Begriffe wie "Konsum", "Bespaßung" (oder "Beschäftigungstherapie") zu seinem Beitrag passen können.
Gar nicht, sie sind meine (überzogene) Assoziation zum Begriff Dienstleistung und keine Kritik an Ulrichs Beitrag.
Tutor! hat geschrieben:Gerade Jupp legt immer wert auf eine ernsthafte Auseinandersetzung und wenn er den Begriff Dienstleister verwendet, dann meint er sicherlich die flexible Ausrichtung des Angebots an ernsthaften Interessen der Mitglieder.
Das stelle ich nicht in Frage. Jeder von uns ist auf die eine oder andere Art vorbelastet, jeder hat im Laufe der Jahre Erfahrungen gesammelt, jeder hat und hatte einzigartige Gruppen, jeder andere Rahmenbedingungen, ...

Zurück zum Topic:
Prüfungen(*) nur in Verbindung mit Wettkämpfen(*), nein - geht nicht. Zu bedenken ist allerdings die Ausrichtung unserer Kyu-APO, ihr direktes Ziel ist und bleibt die erfolgreiche Teilnahme am Wettkampf. Olafs Ansatz(**) finde ich diesbzgl. sehr gut:
Jeder kann und soll an bestimmten Wettkämpfen teilnehmen, muß aber nicht. Bedingung: Abmelden ist Pflicht (ohne Begründung, ohne Rechtfertigung).

*steht nur stellvertretend für alles Mögliche
**siehe Erfolgskonzept Obernkirchen
Jupp
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Re: Kyu-Prüfung für Kinder in Verbindung mit Wettkämpfen

Beitrag von Jupp »

Huch, da ist aber jetzt die Post abgegangen!

Zunächst einmal Danke für die vielen positiven Kommentare zu meinen Bemerkungen.

Ich habe mir auch noch einmal durchgelesen, was ich geschrieben habe (manchmal weiß ich das nach ein paar Tagen nicht mehr so genau).

Vielleicht sind meine folgenden Anmerkungen nicht so ganz "OffTopic" wie sie zunächst erscheinen mögen.

Ich gebe Ronin in gewisser Weise Recht. Mein Satz:
"Das Wichtigste in einem Verein sind die Wünsche der Vereinsmitglieder - nicht die Wunschvorstellungen der Trainer. Darin unterscheidet sich ein deutscher Judoverein von einem japanischen Jujutsu-Ryu der Edo- oder Meiji-Zeit."
ist eigentlich auch nur die Häfte dessen, was in einem gut geführten Judoclub berücksichtigt werden sollte.

Ich habe folgenden Satz vergessen (vermutlich war mein Fokus zu sehr auf den Jungen gerichtet):
"Jeder Übungsleiter sollte nur die Gruppe mit den Zielen unterrichten, die ihm gefällt und woran er selber auch Freude hat."

Damit ist gemeint, das wir in unseren Vereinen versuchen sollten, verschiedene Gruppen mit unterschiedlichen Zielen anzubieten. In Anlehnung an das "Sundsvall-Modell" meines Freundes Wolfgang Biedron haben wir in unserem Verein verschiedene Gruppen wie z.B. Judo-Fun (alles wird sehr spielerisch und mit viel Spielen gemacht; spielerisch und mit Spielen bedeutet jedoch nicht "minderwertig", kein "Ringelpitz mit Anfassen", kein zielloses Beschäftigungsprogramm, ernsthaftes Unterrichten muss ja nicht immer ernst sein), Judo-Technik (eher das "klassische" Judotraining) und Judo-Kampf (gezieltes Wettkampftraining). Daneben gibt es für Anfänger in unterschiedlichen Altersstufen eine (relativ kurze) Anfängerausbildung, die parallel zu einer Judo-Fun Gruppe stattfindet (wer mehr Infos haben möchte schickt mir eine PN). Am besten besucht sind unsere Judo-Fun Gruppen, an denen übrigens auch einige der Wettkämpfer teilnehmen.

Prinzipiell sollten sich die Trainer/Übungsleiter/Hilfstrainer/Assistenten/junge Kyuträger als Helfer die Gruppen aussuchen, von denen sie glauben, das sie ihnen Spaß machen. Das ist wichtig.

Aber - genauso wie für Mitglieder - gilt auch für die Trainer: wenn man mit einer bestimmten Gruppe nicht klar kommt (so etwas kennen wir doch alle), muss es eine Möglichkeit geben, auch als Trainer in eine andere Gruppe zu wechseln, die den eigenen Zielen und Vorstellungen mehr entspricht. Denn: wer eine Gruppe leiten muss, die ihm nur Frust beschehrt, hört genauso auf (manchmal sogar mit dem Judo!) wie ein "einfaches" Mitglied.

Übrigens gibt es zahlreiche ÜL im Judo, die gerne Gruppen unterrichten, die sie am WE eben nicht betreuen müssen oder nur einige wenige Male bei einer sozialen Veranstaltung des Vereins. Auch viele unserer ÜL möchten nicht jedes Wochenende am Mattenrand Kids betreuen müssen. Auch bei unseren ÜL sind die Ziele und Wünsche und Motivationen verschieden. Alle Vereinsgruppen sollten schriftlich formulierte Ziele haben, die dann auch konsequent verfolgt werden.

Ich weiß natürlich, dass dies in einem gößeren Verein (sagen wir mal über 150 Mitgliedern) eher machbar ist, als in einem kleinen. Entscheidend ist aber, dass die verantwortlichen Abteilungsleiter/Vorsitzenden über einen solchen "Motivationsverlust" bei Judoschülern und Judo-Übungsleitern vorher nachgedacht haben und Lösungen vorbereitet haben. Wenn nicht, so ist es vielleicht an der Zeit, sich einmal mit allen Trainern/ÜL/Mitarbeitern zusammen zu setzen und diese Problematik vereinsintern zu diskutieren...

Viele Probleme entstehen in den Köpfen der Menschen. Wenn man sie aus den Köpfen herauslässt, erweisen sie sich oft als schnell und einfach lösbar.

Jupp
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Re: Zu einfach!

Beitrag von tutor! »

HBt hat geschrieben:Zu bedenken ist allerdings die Ausrichtung unserer Kyu-APO, ihr direktes Ziel ist und bleibt die erfolgreiche Teilnahme am Wettkampf.
Das halte ich für eine sehr hartnäckig immer wieder wiederholte Unterstellung. Wenn man überhaupt von _einem_ Ziel in Verbindung mit Kämpfen sprechen kann, dann davon, dass eine Vielfalt von Techniken so gelernt werden soll, dass sie im Randori angewendet werden können.
Zuletzt geändert von tutor! am 26.03.2009, 16:08, insgesamt 1-mal geändert.
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HBt

Sehr gutes Beispiel ...

Beitrag von HBt »

Lieber Ulrich,
ich möchte mich vorbehaltlos Deinen Ausführungen anschließen, unter diesen Rahmenbedingen machts jedem Spaß. Zielvereinbarungen sind einer der Erfolgsschlüssel. Sinnvoller Einsatz nach den Wünschen (u. Kompetenzen) der ÜL/TR ein weiterer. So macht (Dienst)leistung süchtig.

Als TLN eines derartigen Wellness-Training, konnte ich mir Anfang der 1990er aussuchen ob BULI (Bundesligatruppe), Technik, Oldie, Wellness oder alles und erste Erfahrungen mit diesem Modell sammeln. Spitze. :D

@Tutor!
Tutor! hat geschrieben:Das halte ich für eine sehr hartnäckig immer wieder wiederholte Unterstellung. Wenn man überhaupt von einem Ziel in Verbindung mit Kämpfen sprechen kann, dann davon, dass eine Vielfalt von Techniken so gelernt werden soll, dass sie im Randori angewendet werden können.
Das habe ich erwartet ;) . Nehmen wir an es wäre so*, dann ist klar, warum ein Verein oder dessen Trainerteam sich auf den Standpunkt stellen (könnten): Gürtel nur Verbindung mit der Teilnahme am Shiai, oder? Und das ist doch die Kernfrage, um die es geht: wie kommt man als Verein/Trainer zu derartigen abstrusen Vorstellungen, nenne es Dummheit oder wie blackbelt Erpressung (aus Dummheit) ...


*wie ich es behauptet habe

Gruß
Helge
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Re: Kyu-Prüfung für Kinder in Verbindung mit Wettkämpfen

Beitrag von Lin Chung »

Früher war es nicht unbedingt notwendig, an Turnieren teilzunehmen.
Wer Lust hatte, machte es trotzdem und wer gut war, Westdeutscher Meisterschaft aufwärts,
der wurde mit einem neuen Gürtel belohnt.
Trotzdem konnte man auch ohne Wettkämpfe seine Prüfung machen, wenn man den Stoff beherrschte
und der Trainer sah, dass man soweit war.

Jemanden unbedingt in den Wettkampf zu zwingen, finde ich nicht gut, immerhin ist da ja auch noch
manchmal der Erfolgsdruck durch die Eltern, wenn der nicht befriedigt wurde....
Grüße
Norbert Bosse
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Re: Kyu-Prüfung für Kinder in Verbindung mit Wettkämpfen

Beitrag von blackbelt »

So kann man "Breitensportler" eben auch los werden ;-).
Das ist ja im Großen und Ganzen doch eine Lawine der Entrüstung, die ich da losgetreten habe.
Freut mich, daß ich nicht allein da stehe.


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Re: Kyu-Prüfung für Kinder in Verbindung mit Wettkämpfen

Beitrag von Trini »

Ich findes es auch ziemlich blöd!!!!

Bei uns haben gerade zwei Definitiv-niemals-Wettkämpfer ihren Grüngurt geschafft.

Trini

PS: Fritz, was für paradiesische Trainingsbedingungen habt Ihr denn??? Bei uns sind Hallenzeiten Mangelware. Aber trotz Nur-zweimal-Training sind unsere Wettkämpfer nicht gerade erfolglos.
HBt

Phänomen

Beitrag von HBt »

Trini hat geschrieben:Bei uns haben gerade zwei Definitiv-niemals-Wettkämpfer ihren Grüngurt geschafft.
Kannst Du dieses Fallbeispiel kurz erläutern?

In diesem Zusammenhang möchte ich kurz an die drei klassischen Trainingsmethoden (?) erinnern: Kata, Randori und Shiai. Wahrscheinlich gibt es einen ursächlichen Zusammenhang mit der Schallmauer 3. Kyu und dem Wegfallen des Shiai oder einer anderen Form. Letzten Endes ist es keine Schande, mit einem Kyu-Grad durchs Judoleben zu gehen.
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Re: Kyu-Prüfung für Kinder in Verbindung mit Wettkämpfen

Beitrag von Trini »

Mit Erläuterungen kann ich leider nicht dienen. :(
Mein Sohn ist noch in der Vorbereitungszeit, so dass ich bei der Prüfung nicht dabei war.
Aber einer der frischen Grüngurte ist (wegen einer chronischen Erkrankung und entsprechender Besorgnis der Mutter) wirklich noch nie auf einem Turnier gewesen und der andere schon lange (mindestens 2 Jahre) nicht mehr, weil er einfach keine Kämpfernatur ist und Misserfolge schlecht verkraftet.
Habe mir beim JVSH gerade noch mal die Prüfungsordnung angesehen.
Wettkampfteilnahme ist da nicht vorgeschrieben.

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Re: Kyu-Prüfung für Kinder in Verbindung mit Wettkämpfen

Beitrag von sedge »

Warum eigentlich überhaupt so eine Regelung? Wer nicht kämpfen will/kann/darf/soll der sollte doch trotzdem auch eine Chance haben, einen höheren Kyugrad oder sogar einen Dangrad zu erreichen oder?

Ich selbst habe auch keine Kampferfahrung (trage den 1. Dan) und trotzdem bin ich Trainer und Vereinsfunktionär usw. und bilde auch Wettkämpfer aus die halbwegs ;) erfolgreich sind.

Warum also nur bis Grün für Nicht-Wettkämpfer?

Mich interessiert ja die breite Masse der Judoka (die auch Erfolgserlebnisse haben möchte) damit der Verein mit diesen Mitgliedsbeiträgen die Wettkämpfer fördern und finanzieren kann, so einfach ist das!

Als Trainer habe ich, wie schon weiter oben erwähnt, dann oft das Problem, daß ein "Judo lehren" für die Masse oft mühsam ist - aber ich (und ich rede hier nur für mich selber) nur sagen das auch das Spass machen kann!

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Beitrag von Lippe »

HBt hat geschrieben:In diesem Zusammenhang möchte ich kurz an die drei klassischen Trainingsmethoden (?) erinnern: Kata, Randori und Shiai.
In dem Faden Nage no kata - in NRW. Neuer Weg = Rückbesinnung. hat tutor! geschrieben:
tutor! hat geschrieben:Eigentlich sind die Begrifflichkeiten nicht so wichtig, so lange die Bedeutung gewahrt bleibt, aber wenn man sich auf die vier Methoden des Lehren, Lernens und Trainierens nach Kano (zu/auf deutsch: "Formen Üben", "Freies Üben", "Vortrag", "Fragen & Antworten") bezieht [...]
Nun haben wir also in beiden Kommentaren Kata (Formen Üben) und Randori (Freies Üben) als Methoden, dann aber haben wir auf der einen Seite "Shiai" (den Wettkampf), auf der anderen Seite hingegen "Vortrag" (was war da noch mal gleich der japanische Begriff?) und "Fragen & Antworten" (Mondo). Sehe nur ich hier einen kleinen Unterschied? Welches sind denn nun wirklich die von Kano vertretenen Lehrmethoden? Oder unterscheiden sie sich nur, wenn man in Schriften nachliest, die zu verschiedenen Zeitpunkten veröffentlicht wurden?

ich bin mir ziemlich sicher, dass die Unterteilung Kata - Randori - Shiai z.B. in "Judo Formal Techniques" (Otaki/Draeger) aufgeführt wird, habe ihn aber gerade nicht zur Hand um Seitenzahlen anzugeben.
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Re: Kyu-Prüfung für Kinder in Verbindung mit Wettkämpfen

Beitrag von tutor! »

Otaki/Draeger teilen wie andere auch in Kata-Randori-Shiai ein. Ich bin mir ziemlich sicher, dass auch J. Kano nicht während seiner gesamten Laufbahn an jedem Ort zu jeder Gelegenheit dieselbe Einteilung vorgenommen hat.

Im englischen Forum schreibt "sam":
Reference can be made to "The Lecture of the Kodokan Judo" in KOKUSHI (1899) by Jigoro Kano.
He chose 4 tools to Judo teaching, 1)Randori 2)Kata, 3)KOGI (=Lecture) and 4)MONDO(=Q & A). Earlier in 1888, he spoke of Gengo (=Language) which was considered as vitally important for "lecture".
http://JudoForum.com/index.php?s=&showt ... t&p=251669

Deutlich wird hier die feine Differenzierung in "tools to judo teaching". Es geht also nicht um Übungsformen im Wortsinn, sondern um Vermittlungsformen - ein kleiner, aber feiner Unterschied. Ich habe sie als "vier Methoden des Lehrens, Lernens und Trainierens" bezeichnet, da ich die aktive Rolle des Schülers einbeziehen wollte. Aber so etwas ist meist auch mit subtilen inhaltlichen Erweiterungen verbunden, die durchaus hineininterpretiert werden können, aber in diesem Fall nicht von mir beabsichtigt waren.

Shiai war am Kodokan von Beginn an übrigens ein bedeutender Teil. So gehen die regelmäßigen "Kohaku"-Turniere (zweimal jährlich am Kodokan) in die 1880er Jahre zurück und es gibt m.W. in keiner Sportart einen älteren regelmäßig und durchgehend durchgeführten Wettbewerb. Außerdem finden am Kodokan monatliche Turniere statt und seit 1930 ist der Kodokan auch Veranstalter/Ausrichter der Alljapanischen Meisterschaften mit einem Schwiegersohn Kanos als erstem Sieger. Aber die Geschichte des Shiai zu Kanos Lebzeiten ist ein anderes Thema.... wie auch die Bedeutung von Shiai-Ergebnissen für die Graduierung.

BTW: schaut Euch einmal die Beiträge von "sam" an. Er ist einer der hervorragendsten Experten des englischen Forums, vor allem in den Bereichen Geschichte und Kata.
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Re: Kyu-Prüfung für Kinder in Verbindung mit Wettkämpfen

Beitrag von Lin Chung »

Shiai war am Kodokan von Beginn an übrigens ein bedeutender Teil. So gehen die regelmäßigen "Kohaku"-Turniere (zweimal jährlich am Kodokan) in die 1880er Jahre zurück und es gibt m.W. in keiner Sportart einen älteren regelmäßig und durchgehend durchgeführten Wettbewerb.
...wenn ich bisher richtig informiert bin, ging es da manchmal auch um Leben und Tod, was ja so garnicht zu den heutigen Sportprinzipien passt. Außerdem ging es auch um das Überleben der jeweiligen Schule. Also entsprach das Shiai damals nicht dem heutigen sportlichen Wettkampf.
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Re: Kyu-Prüfung für Kinder in Verbindung mit Wettkämpfen

Beitrag von tutor! »

Lin Chung hat geschrieben: ...wenn ich bisher richtig informiert bin, ging es da manchmal auch um Leben und Tod, was ja so garnicht zu den heutigen Sportprinzipien passt. Außerdem ging es auch um das Überleben der jeweiligen Schule. Also entsprach das Shiai damals nicht dem heutigen sportlichen Wettkampf.
Teilweise, aber nicht ganz. Die Kohaku-Turniere waren interne Turniere des Kodokan und bei denen ging es nicht auf "Leben und Tod". Zudem gab es die großen Herausforderungs-Wettkämpfe zwischen den einzelnen Ryu. Dort ging es etwas "rauher" zu und für die einzelnen Ryu stand über ihren Ruf eine Menge auf dem Spiel. Insofern ging es in gewisser Weise um ihr überleben. Die Wettkampfregeln wurden stetig in Richtung mehr Sicherheit für die Kämpfer entwickelt.

Mehr dazu: BTW: Nett ist die Formulierung: "The contest in randori".....
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Re: Phänomen

Beitrag von Jobi »

HBt hat geschrieben:In diesem Zusammenhang möchte ich kurz an die drei klassischen Trainingsmethoden (?) erinnern: Kata, Randori und Shiai. Letzten Endes ist es keine Schande, mit einem Kyu-Grad durchs Judoleben zu gehen.
Hallo Helge,
Shiai ist aber nur eine andere Form des Randori! Und bei uns (Deutschl.) halt oft anders "bewertet" als eigentlich vorgesehen.
IMHO ist es auch möglich, ohne (regelmäßige) Wettkämpfe, dafür aber verschiedenen Intensitäten und Varianten des Randori ein echter Kämpfer zu werden. Sicherlich ist der Weg dahin länger, aber auch ohne WK sind Dangrade bei entsprechendem Einsatz möglich.

Das werde ich jetzt etwas näher erleutern:
Wie kann ich als "Nichtwettkämpfer" höhere Kyu-Stufen und Dangrade erreichen?
Mit entsprechender Randori-Kultivierung. Durchführen verschiedener Randori-Formen, z.B. durch Stellen verschiedener Aufgaben und Rollen, im Fortgeschrittenenbereich kann ich auch die Regeln ändern. Bspw.: wir machen im Bereich Bodenrandori öfters auch "Aufgabekampf", d.h. Ziel ist nicht die Festhalte (25 sec.) sondern Techniken, d.h. Hebel, Würgen, Kyusho so anwenden, daß der Partner aufgeben muß. Wohlgemerkt: Fortgeschrittenenbereich!
Standrandori: Atemi (m. Schutzausrüstung) usw.

MfG
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Mit freundlichen Grüßen
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wer entscheidet, findet Ruhe.
Wer Ruhe findet, ist sicher.
Wer sicher ist, kann überlegen.
Wer überlegt, kann verbessern.
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Re: Kyu-Prüfung für Kinder in Verbindung mit Wettkämpfen

Beitrag von Lin Chung »

Standrandori: Atemi (m. Schutzausrüstung) usw.
...was aber nicht bewertet werden kann, denn es gehört noch nicht zum Sportjudo.
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Re: Kyu-Prüfung für Kinder in Verbindung mit Wettkämpfen

Beitrag von Jobi »

Lin Chung hat geschrieben:
Standrandori: Atemi (m. Schutzausrüstung) usw.
...was aber nicht bewertet werden kann, denn es gehört noch nicht zum Sportjudo.
Na ja, bei Bewertungen ist es ja ein bisserl wie bei Tanzveranstaltungen, es soll halt ein Sieger ermittelt werden. Bei uns geht es aber im Randori um andere "Werte", u.a. um Shobu, also die Entschlossenheit bei Technikanwendungen, Überwindung ect., nicht um den Sieg. Das kann ich natürlich im Wettkampf auch lernen. Sich dem Randori mit "Kickboxcharakter" zu stellen, erfordert anfangs auch ziemliche Überwindung, aber das Kämpfen lernt man dabei, oder eben nicht.
Ebenso fordernd ist unser "Grappling", also Stand/Boden, dann bis Aufgabe. Natürlich werden zu Beginn immer kurz Vereinbarungen getroffen, wie weit wir gehen.
Ich bin aber halt nicht im Wettkampfbetrieb DJB, DJJV oder sowas. Will ich gar nicht, um mich auf solche WK vorzubereiten, ist mir die Zeit zu schade, da kann ich zu wenig "sonstiges" lernen.

MfG
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Prüfung ja, bestehen nein - gerade als Wettkämpfernachwuchs

Beitrag von HBt »

Leider kommt der umgekehrte Fall auch nicht so selten vor.

Fallbeispiel:
- u14 männlich, nimmt alle angebotenen Fördermaßnahmen und Wettkämpfe wahr.
- Kadermitglied.
- zu überdreht, noch zu grün für Kata.

Der junge Nachwuchskämpfer fällt nun seit geraumer Zeit in 'seinem Katamodul' zum 3. Kyu, in seinem Heimatverein wohlgemerkt, durch. In allen anderen Fächern hat er bestanden (bestimmt in dem einen oder anderem mit ++, vermute ich einmal). Die erste Prüfung gestaltete sich wohl folgender Maßen: 1. Vorkenntnisse, 2. Falltechnik, 3. (..) 7. Randori, fünf an der Zahl, so wie es sich gehört, 8. Kata (Koshi-Waza, NnK). Nur jetzt hat der arme Bursche die 'Kampffläche' mit rechts und nicht mit links beginnend betreten, u.s.w. Nach sechs Wochen stellte er sich jüngst der ersten Nachprüfung; "huch der Bursche greift beim Harai-Goshi auf den Rücken", nächster Versuch: "Oh nein, beim Tsurikomigoshi macht er irgend etwas nicht richtig". Ich vermute einmal, es war wieder der Griff.

Leider ist unsere zukünftige Olympiahoffnung nach derlei "Einfühlungsvermögen" nicht mehr an seinem 'grünen Gürtel' interessiert, er hat nämlich mordsmäßig viel Angst vor seinen Prüfern bekommen, ...

Mir fehlen die Worte.
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