Ausgleichsmöglichkeit bei der Gürtelprüfung

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Peter el Gaucho
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Ausgleichsmöglichkeit bei der Gürtelprüfung

Beitrag von Peter el Gaucho »

Ich hatte folgendes gelesen, was das Bestehen bei einer Gürtelprüfung betrifft:

Die Prüfung ist bestanden, wenn die gezeigten Leistungen in jedem Prüfungsfach mindestens mit „entspricht weitgehend den Anforderungen“ bewertet wurden. (Ausgleichsmöglichkeit siehe Grundsatzordnung!)

Was mit Ausgleichsmöglichkeit konkret gemeint ist, verstehe ist nicht. Beispiel: Prüfungsfach Würfe. Ich zeige 4 Würfe und dabei ist ein Wurf, der vom Prüfer als "nicht ausreichend" bewertet wird. Habe ich dann dieses Prüfungsfach Würfe nicht bestanden und somit auch die Gürtelprüfung insgesamt? Ich denke nicht, weil es diese Ausgleichsmöglichkeit für diesen mißlungenen Wurf gibt. Aber wie kann ich das ausgleichen?
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Nick
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Re: Ausgleichsmöglichkeit bei der Gürtelprüfung

Beitrag von Nick »

Ich zitiere mal aus der Grundsatzordnung des Prüfungswesens für Bayern:
"Nicht ausreichende Prüfungsleistungen (bei Kyuprüfungen) in höchstens einem Prüfungsfach können durch gute/sehr gute Leistungen in mindestens zwei anderen Prüfungsfächern ausgeglichen werden. Das Fach Vorkenntnisse kann nicht ausgeglichen werden oder zum Ausgleich nicht ausreichender Prüfungsleistungen herangezogen werden."
Ein minus in einem der Prüfungsfächer (Kata, Grundform Stand, Grundform Boden, Anwendungsaufgabe Stand, Anwendungsaufgabe Boden, Randori, Fallschule) kann also durch zwei mal "Doppelplus" in zwei anderen Fächern ausgeglichen werden.
Helge Bartelt

Re: Ausgleichsmöglichkeit bei der Gürtelprüfung

Beitrag von Helge Bartelt »

Die Prüfung ist bestanden, wenn die gezeigten Leistungen in jedem Prüfungsfach mindestens mit „entspricht weitgehend den Anforderungen“ bewertet wurden.
Wie bitte? Entspricht weitgehend den Anforderungen, d.h. ist noch mit Mängeln behaftet, hat den Anforderungen (für diese Stufe) noch nicht im vollen Umfang entsprochen.
:?
Doppelplus bedeutet: Entspricht den Anforderungen im besonderen Maße, oder so. Ist echt gut, sehr gut sogar.
Lin Chung
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Re: Ausgleichsmöglichkeit bei der Gürtelprüfung

Beitrag von Lin Chung »

Wie bitte? Entspricht weitgehend den Anforderungen, dh. ist noch mit Mängeln behaftet, hat den Anforderungen (für diese Stufe) noch nicht im vollen Umfang entsprochen.
Hallo Helge, sag mal, hast du auch ein Abschlussabitur mit Note 1 gemacht? Wenn ja, vergess die Frage.
Wenn nein, falls du überhaupt eins gemacht hast, könnte man das oben bei dir auch so sehen?

Ist jetzt nicht bös gemeint. Nur du verlangst ein bisschen viel. Hoffentlich werden diese Maßstäbe nicht bei dir angesetzt.
Grüße
Norbert Bosse
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Helge Bartelt

Re: Ausgleichsmöglichkeit bei der Gürtelprüfung

Beitrag von Helge Bartelt »

Hallo Norbert,
Ist jetzt nicht bös gemeint. Nur du verlangst ein bisschen viel. Hoffentlich werden diese Maßstäbe nicht bei dir angesetzt.
Das weiß ich doch ;).
tutor!
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Re: Ausgleichsmöglichkeit bei der Gürtelprüfung

Beitrag von tutor! »

Nick hat geschrieben:Ich zitiere mal aus der Grundsatzordnung des Prüfungswesens für Bayern:
"Nicht ausreichende Prüfungsleistungen (bei Kyuprüfungen) in höchstens einem Prüfungsfach können durch gute/sehr gute Leistungen in mindestens zwei anderen Prüfungsfächern ausgeglichen werden. Das Fach Vorkenntnisse kann nicht ausgeglichen werden oder zum Ausgleich nicht ausreichender Prüfungsleistungen herangezogen werden."
Ein minus in einem der Prüfungsfächer (Kata, Grundform Stand, Grundform Boden, Anwendungsaufgabe Stand, Anwendungsaufgabe Boden, Randori, Fallschule) kann also durch zwei mal "Doppelplus" in zwei anderen Fächern ausgeglichen werden.
Das Problem ist nur, dass in der Realität diese Anforderungen überhaupt nicht definiert sind, sondern stets ausschließlich in der subjektiven Betrachtung und Entscheidung des Prüfers liegen.

Die PO - egal ob Dan-PO oder Kyo-PO - legt Inhalte fest, wobei zu hoffen ist, dass Prüfling und Prüfer unter der Benennung eines Inhalts auch dasselbe verstehen (=Problem der "verbindlichen Referenz").

Desweiteren macht die PO Aussagen darüber, was der Prüfling mit den Inhalt tun soll, also "demonstrieren", "erläutern", "erarbeiten" usw. Diese "Operatoren" sind in den Begleitmaterialien zur PO erläutert, die "verbindliche Referenz" ist also so weit geschaffen.

Allerdings fehlen vollkommen Angaben darüber, welches Qualitätsniveau zu erreichen ist. Dabei sollte es doch selbstverständlich sein, dass z.B. an einen Uchi-mata eines 12-jährigen Grüngurts deutlich geringere Anforderungen gestellt werden müssen, als an einen Prüfling für eine Dan-Prüfung zu einem möglicherweise sogar noch höheren Grad.

Da diese Festlegungen fehlen, ist die Beurteilung, ob etwas den Anforderungen nun voll entspricht oder nur weitgehend oder aber in besonderem Maße vollkommen auf Sand gebaut. Jede Skalenbewertung - und um eine solche handelt es sich, wenn man in Qualitätsstufen einteilt - braucht einen "Eichstrich" und eine Festlegung der Intervalle, sowohl ihrer Anzahl nach (vorhanden), aber auch ihrer qualitativen Spannweite (nicht vorhanden).

Die Notengebung im Schulwesen weist ja dieselben Probleme auf, die prinzipbedingt nicht dezentral in den Griff zu bekommen sind, weshalb man zentrale Abschlussprüfungen macht, bei denen eben auch die Bewertungsmaßstäbe zentral festgelegt werden.

Beim Judo ist dies aber nicht möglich und da Judo in erster Linie ein Erziehungssystem ist, sollte man hier m.E. auch ganz offensiv mehr die erzieherische Verantwortung der ÜL stärken und auf diese bauen.
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Re: Ausgleichsmöglichkeit bei der Gürtelprüfung

Beitrag von katana »

Die Frage war, glaube ich, eine andere.
Wenn jemand z.B. von 10 geforderten Würfen nur 7 kann,
hat er dann das Teilfach bestanden, oder muß er jeden der 10 Würfe können.
Oder,
wenn jemand in der Gruppe Koshi-Waza (Kata) nur die rechten Techniken kann, reicht das?
Was ist z.B. wenn statt Tsuri-Komi-Goshi, um bei einem gängigen Bsp. zu bleiben 2x Morote-Seoi geworfen
wird ? (Kata) etc.
tutor!
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Re: Ausgleichsmöglichkeit bei der Gürtelprüfung

Beitrag von tutor! »

Da innerhalb eines Prüfungsfaches keine Einzelbewertungen vorgenommen werden, kann es hierbei auch keine Regelungen zu einem Ausgleich von Minderleistungen innerhalb eines Faches führen. Das Fach wird insgesamt mit einer "Note" versehen - frei nach den (subjektiven) Kriterien und dem Belieben des Prüfers.
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Helge Bartelt

Re: Ausgleichsmöglichkeit bei der Gürtelprüfung

Beitrag von Helge Bartelt »

Katana hat geschrieben:Wenn jemand z.B. von 10 geforderten Würfen nur 7 kann,
hat er dann das Teilfach bestanden, oder muß er jeden der 10 Würfe können.
Oder,
wenn jemand in der Gruppe Koshi-Waza (Kata) nur die rechten Techniken kann, reicht das?
Was ist z.B. wenn statt Tsuri-Komi-Goshi, um bei einem gängigen Bsp. zu bleiben 2x Morote-Seoi geworfen
wird ? (Kata) etc.
Selbstverständlich muß der Prüfling jede der geforderten Wurftechniken demonstrieren und erläutern können, ist doch klar - in der Grundform. Sollte in der Nage-no-kata, z.B. 3.Kyu, tatsächlich r/l Morote-SN anstelle von Tsurikomi-goshi gezeigt werden, naja -> verpeilt! Jetzt schnell zweimal Doppelplus, z.B. im Fach/Modul Randori.
tutor! hat geschrieben:Da innerhalb eines Prüfungsfaches keine Einzelbewertungen vorgenommen werden, kann es hierbei auch keine Regelungen zu einem Ausgleich von Minderleistungen innerhalb eines Faches führen. Das Fach wird insgesamt mit einer "Note" versehen - frei nach den (subjektiven) Kriterien und dem Belieben des Prüfers.
In diesem speziellen Fall ein Minus (?).
katana
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Re: Ausgleichsmöglichkeit bei der Gürtelprüfung

Beitrag von katana »

In diesem speziellen Fall ein Minus.
Na, da würden aber die meisten durchfallen ;)
Helge Bartelt

Re: Ausgleichsmöglichkeit bei der Gürtelprüfung

Beitrag von Helge Bartelt »

katana hat geschrieben:
In diesem speziellen Fall ein Minus.
Na, da würden aber die meisten durchfallen ;)
WAS, tun sie es etwa nicht? Hier ist noch Potential drinn, ergo üben, üben, üben.
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Fritz
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Re: Ausgleichsmöglichkeit bei der Gürtelprüfung

Beitrag von Fritz »

Tja, auch mit den ++, +, - ist es nicht unbedingt einfacher
gemacht worden, als vorher mit fünf bis sechs Zensuren. Nun haben wir halt drei...

Am Beispiel der "Grundformen-Stand": Nichtbeherrschung eines Wurfes (also "Totalausfall") müßte zum "-"
für das Fach führen. Ist noch etwas von der Technik zu erkennen (sagen wir mit gutem Zureden) und der
Rest ansonsten ordentlich, dann wird man sicherlich das Fach auch noch gerade so mit "+" abhaken können...

Ansonsten stimme dem durchaus auch zu:
tutor! hat geschrieben:Das Problem ist nur, dass in der Realität diese Anforderungen überhaupt nicht definiert sind, sondern stets ausschließlich in der subjektiven Betrachtung und Entscheidung des Prüfers liegen.
[...]Jede Skalenbewertung - und um eine solche handelt es sich, wenn man in Qualitätsstufen einteilt - braucht einen "Eichstrich" und eine Festlegung der Intervalle, sowohl ihrer Anzahl nach (vorhanden), aber auch ihrer qualitativen Spannweite (nicht vorhanden).
Über den "Eichstrich" & co.
wird bei uns in der Regel in den Prüferweiterbildungen versucht, sich zu verständigen..

Aufgrund dieser Problematik halte ich auch nicht so viel davon, fremde Schüler zu prüfen.
Bei den eigenen Üblingen weiß man, was man erwarten kann, weil man weiß, was man ihnen wie gezeigt hat
(und was nicht) und kann im Einzelfall auch berücksichtigen, ob jemand nur "nervös" ist und deshalb was durcheinander bringt, es aber sonst im Training zufriedenstellend beherrscht hat oder eben halt nicht
(in diesem Fall sollte der Betreffende eigentlich gar nicht auf der Prüfliste erscheinen ;-)
Bei fremden müßte man zwangsläufig die "Meßlatte" sehr tief anlegen, aber kann dafür nicht eine schlechte
"Tagesform" mildernd berücksichtigen...
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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mcdüse
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Re: Ausgleichsmöglichkeit bei der Gürtelprüfung

Beitrag von mcdüse »

Da höre ich wieder den verzweifelten Ruf nach objektiver Beurteilung und klaren Definitionen.
Das ist ein sehr sehr westlicher Ansatz.
Ich bevorzuge Menschenverstand, Fingerspitzengefühl, Erfahrung und Menschlichkeit als Kriterien. Die Prüfungsinhalte geben doch nur einen gewissen Rahemn, damit man grob einschätzen kann, was beispielsweise ein 3. Kyu leisten kann. Auch da sind in der Praxis ja dann Riesenunterschiede zu verzeichnen.
Standardisiererei und Gleichmacherei wird den einzelnen Judoka nicht gerecht! Ich versuche bei Prüfungen zu beurteilen, hat der Prüfling die Technik überhaupt verstanden und dann: Wie ist die Ausführung unter Berücksichtigung von:
- seiner Erfahrung
- seines und Ukes Körperbaus
- seinen geistigen Möglichkeiten.
Dazu versuche ich noch einzuschätzen, ob der Prüfling eine gewisse dem angestrebten Grad entsprechende Reife (Verhalten auf der Matte und gegenüber andern Judoka, Anzugordnung, Körperpflege ...) zeigt.
Wofür machen denn die Prüfer jahrelang selbst Judo? Doch sicher dafür, dass sie ein Gefühl dafür bekommen, ob sich der Prüfling einen Grad verdient hat oder nicht.
Selbstverständlich muss der Prüfling alle Techniken "können". Aber: Denkt immer daran: Jeder hat einzelne Techniken, die ihm nicht so liegen. Das sollte man nicht überbewerten.
Wer ohne Fehler ist, werfe den ersten Stein ...
Das heißt aber sicher nicht, dass es Graduierungen geschenkt oder aus good will gibt!
Das wäre absolut kontraproduktiv!
Also: Fingerspitzengefühl!
Gruß

McDüse

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Re: Ausgleichsmöglichkeit bei der Gürtelprüfung

Beitrag von tutor! »

mcdüse hat geschrieben:Da höre ich wieder den verzweifelten Ruf nach objektiver Beurteilung und klaren Definitionen. Das ist ein sehr sehr westlicher Ansatz. Ich bevorzuge Menschenverstand, Fingerspitzengefühl, Erfahrung und Menschlichkeit als Kriterien.
Hast Du nicht die Unmöglichkeit genau dieser "objektiven Beurteilung und klaren Definition" herausgelesen? Daher z.B. meine Schlussbemerkung:
Beim Judo ist dies aber nicht möglich und da Judo in erster Linie ein Erziehungssystem ist, sollte man hier m.E. auch ganz offensiv mehr die erzieherische Verantwortung der ÜL stärken und auf diese bauen.
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Re: Ausgleichsmöglichkeit bei der Gürtelprüfung

Beitrag von mcdüse »

tutor!
Ich bin absolut bei Dir! Das war auch nicht speziell auf Dich abgezielt. Der gedanke war mehr in die Richtung:
Wenn man bedenkt, dass das Graduierungssystem, welches wir heute kennen und leben, im Schwerpunkt für und durch uns Europäer geschaffen wurde, ist es doch fast paradox, dass wir anschließend darüber diskutieren, wie man denn nun am besten damit umgeht. Prüfungen sind immer subjektiv! UND ... das ist auch gut so!
Gruß

McDüse

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