Judo als "Kindersportart" & Prüfungsordnung

Hier geht es um Fragen und Inhalte zu den Kyu und Dan Prüfungen
Nick
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Judo als "Kindersportart" & Prüfungsordnung

Beitrag von Nick »

Auch wenn es langsam überhaupt nichts mehr mit dem Thema zu tun hat:
Judo hat sich nun mal zu einer Kindersportart entwickelt.
Das war früher nicht so.
Insofern sind einfach Anpassungen der Prüfungsordnung nötig.

[Fritz: Habe diesen Beitrag hier: http://www.dasjudoforum.de/forum/viewto ... 539#p36539
abgetrennt, da er - richtig bemerkt - dort themenfremd ist]
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Syniad
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Re: Judo als "Kindersportart" & Prüfungsordnung

Beitrag von Syniad »

Wobei es da auch mehrere Möglichkeiten gibt:

a) es zu machen wie der DJB: eine Prüfungsordnung für alle, auch Erwachsene, die auf die Kinder zugeschnitten ist (Minderheit steht hinter der Mehrheit zurück), was aber letztlich das Bild von der Kindersportart zementiert
oder
b) Anforderungen für Erwachsene und Kinder verschieden zu gestalten. Wenn ich das richtig sehe, machen unsere Freunde in UK das so:
http://64.233.183.104/search?q=cache:BN ... cd=1&gl=de
(Sollte ich das falsch verstanden haben, bitte ich um Aufklärung)

Versteht mich nicht falsch, ich habe kein Problem damit, meine Gürtelprüfung in einem Haufen aufgeregter Zehnjähriger zu absolvieren, die noch dazu "höhere Grade" anstreben als ich ;) . Aber ganz so dumm finde ich Variante 2 auch nicht.

Gruß,
Sonja
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Re: Judo als "Kindersportart" & Prüfungsordnung

Beitrag von Reaktivator »

Interessante Überlegung. So etwas ähnliches hatten wir ja früher auch sogar schon einmal....
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Re: Judo als "Kindersportart" & Prüfungsordnung

Beitrag von Fjala »

Ich finde, dass Kinder und Erwachsenen ruhig die gleichen Prüfungen absolvieren können. Aber die Ansprüche an die Perfektion, gerade bei den ersten Prüfungen, sollten schon etwas an das Alter angepasst sein. Dass ein 7-jähriges Kind seine Bewegungsabläufe noch nicht so gut koordinieren kann und Techniken nicht so flüssig zeigt wie ein Jugendlicher oder Erwachsener, ist normal. Es weiß aber wie die Technik geht.
Natürlich fallen Kinder, die gar nichts auf Reihe bekommen, trotzdem durch.
Viele Grüße
Fjala
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Re: Judo als "Kindersportart" & Prüfungsordnung

Beitrag von Reaktivator »

Fjala hat geschrieben:Ich finde, dass Kinder und Erwachsenen ruhig die gleichen Prüfungen absolvieren können. Aber die Ansprüche an die Perfektion, gerade bei den ersten Prüfungen, sollten schon etwas an das Alter angepasst sein.
Im Prinzip volle Zustimmung!
Aber dann wäre es doch wohl sinnvoller, Techniken wie O-soto-gari (statt O-soto-otoshi) oder Seoi-nage (statt Seoi-otoshi) in die ersten Stufen der PO aufzunehmen und dann bei den Kindern ein Auge bei der Beinstellung zuzudrücken - anstatt in der PO "Hilfstechniken" für alle vorzuschreiben, über deren Ausführung und Wert man - vorsichtig formuliert - zumindest diskutieren kann....

Leider enthält die derzeitige Kyu-PO ja nach wie vor sehr viele Ungereimtheiten....

....und deshalb hatte ich bereits an anderer Stelle vorgeschlagen:
Diese PO nicht zu zementieren und in der gerade in Überarbeitung befindlichen Dan-PO "fortzuschreiben", sondern genau umgekehrt:

Die Gelegenheit nutzen und jetzt eine komplett neue Dan-PO entwickeln (Am besten nach internationalem Vorbild - einschl. Prüfung zumindest bis zum 6., evtl. aber sogar bis zum 8. Dan...!!) und dann in einigen Jahren die Kyu-PO entsprechend anzupassen....
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Re: Judo als "Kindersportart" & Prüfungsordnung

Beitrag von mvistein »

Syniad hat geschrieben:b) Anforderungen für Erwachsene und Kinder verschieden zu gestalten. Wenn ich das richtig sehe, machen unsere Freunde in UK das so:
http://64.233.183.104/search?q=cache:BN ... cd=1&gl=de
(Sollte ich das falsch verstanden haben, bitte ich um Aufklärung)
Das ist in Australien auch so (prinzipiell ja kein Wunder, wenn es im UK so ist ...). Kinder haben hier, je nach Alter, einen oder mehrere weiße Streifen am Gürtel. Allerdings ist mir auch erzählt worden, dass Judo in Australien auch mehr oder weniger eine Kindersportart wäre. Mir selbst ist das nicht ganz so stark aufgefallen, allerdings mag das daran liegen dass ein Universitäts-Sportverein potentiell mehr erwachsene Mitglieder als ein "normaler" Verein haben könnte. Wunder vollbringt so ein Prüfungssystem also wohl auch nicht ...
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Re: Judo als "Kindersportart" & Prüfungsordnung

Beitrag von Niedersachsenjudoka »

Fjala hat geschrieben:Ich finde, dass Kinder und Erwachsenen ruhig die gleichen Prüfungen absolvieren können. Aber die Ansprüche an die Perfektion, gerade bei den ersten Prüfungen, sollten schon etwas an das Alter angepasst sein.
Also meiner Meinung nach können Erwachsene und Kinder die gleiche Prüfung absolvieren. Kinder bereiten sich dafür eben die 6 Monate vor, Erwachsene nur 3.
Gruß
niedersachsenjudoka

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Re: Judo als "Kindersportart" & Prüfungsordnung

Beitrag von Fjala »

@Reaktivator:
Ich meinte das auch rein prinzipiell.
Die Inhalte der PO alt/neu/zukünftig sind absolut diskussionswürdig (ich seh das auch in die Richtung wie du).

@ Niederdachsenjudoka
Stimmt, da haben wir ja schon eine Art der Differenzierung, den Vorbereitungszeitraum, die bereits praktiziert wird.
Viele Grüße
Fjala
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Re: Judo als "Kindersportart" & Prüfungsordnung

Beitrag von Fritz »

Nick hat geschrieben:Judo hat sich nun mal zu einer Kindersportart entwickelt.
Das war früher nicht so.
Insofern sind einfach Anpassungen der Prüfungsordnung nötig.
Da drängen sich mir zwei Fragen auf:
a) Was kann man dafür tun, um den Trend zur Kindersportart aufzuhalten?
b) Welche Anpassungen der PO sind sinnvoll oder nicht?

Bei a) sage ich immer noch: Weg vom Wettkampfwahn, hin zu den restlichen Inhalten!

Für b) stehe ich auf dem Standpunkt:
- Kinder wollen was leisten, als muß man sie fördern und fordern. Eine Orientierung
der PO am "niedrigsten" möglich Niveau halte ich für demotivierend, die letztendlich unterfordert werden.
So gesehen sind die Zwischengürtel nicht schlecht, aber die Möglichkeit, den vollen Gürtel an einem
Prüfungstag abzulegen, sollte existieren (auch gerade hinsichtlich a) - die Prüfung kann ja dann ruhig doppelt
so teuer sein, wenn es am Geld für den Verband liegen sollte)
- Kinder lernen durch Wiederholung, so wird es auch in der Schule gehandhabt.
Also sollte das "Vorwissen" nicht nur ab "halbgrün" sondern von Anfang an möglichst
komplett abgefordert werden.
- Selbstverteidigung (bzw. SV-Vorbereitung, wie Atemi usw.)
gehört m.E. ab ca. Grüngurt unbedingt ins Prüfungsprogramm, auch um eine Perspektive für die "Nicht-Wettkampf-Typen" aufzuzeigen.

Von Einführung von Kinder-Graden halte ich nichts, ich finde, es motiviert Kinder/Jugendliche schon
etwas, wenn sie wissen - mein Gelbgurt ist genausoviel wert, wie der von meinem Vater...
;-)
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Re: Judo als "Kindersportart" & Prüfungsordnung

Beitrag von judoka50 »

Es gibt ja für die "ganz" Kleinen ein vorgeschaltetes Prüfungsprogram mit extra Pässen.

Ansonsten ist die Prüfungsordnung an das vermeintliche Können altersgemäß angepasst.

Daher kommt beispielsweise auch der Seoi otoshi zu stande, der in Wirklichkeit gar keiner ist. Es gab halt nur keinen passenden Namen für einen breitbeinigen Seoi nage. Ähnlich ist es beim Seoi otoshi, bei dem es ausreichend ist, ein Bein hinter Uke stehen zu haben und ihn um zu schubsen. Richtig schulungsgemäß ausgeführt ist ein "richtiger" Seoi otoshi schwieriger zu werfen, als ein Seoi nage.....
Insoweit, so gebe ich euch recht, ist für einige Techniken ein Umdenken auf das Alter des Prüflings erforderlich. Dies wurde auch seinerzeit auf den Einführungslehrgängen und durch Veröffentlichungen deutlich gemacht.

Bei den Erwachsenen dürfte es dementsprechend klar sein, dass man dort die Techniken perfekter erwartet und auch die Begriffe "oder" streicht.
Anders herum hat jeder Trainer die Möglichkeit die Anforderungen selber ein wenig anzupassen.
Diesen Spielraum lässt die Prüfungsordnung ja zum Glück in allen Richtungen offen.

Würde man jetzt eine eigene für Kinder einführen, wäre die Wertigkeit der Gürtel wieder niedriger und müsste u.U. durch eine Art "Anerkennungsprüfung" auf den Stand der Erwachsenengürtel gebracht werden. Wäre da nicht automatisch wieder die Gefahr nach der "neuen" Einnahmequelle sofort wieder da???

Ansonsten bin ich der Meinung, dass die Anforderungen des Prüfungsprograms nicht die Qualität des gelehrten Judo bestimmen. Man sollte die Anforderungen grundsätzlich nur als Minimum sehen auch wenn dies heutzutage für einige Kinder schon recht hoch ist. Aber so kann man den unterschiedlichsten Anforderungen gerecht werden und alle Kinder zum Judo bewegen.
Viele Grüße
U d o
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Re: Judo als "Kindersportart" & Prüfungsordnung

Beitrag von Syniad »

Niedersachsenjudoka hat geschrieben: Also meiner Meinung nach können Erwachsene und Kinder die gleiche Prüfung absolvieren. Kinder bereiten sich dafür eben die 6 Monate vor, Erwachsene nur 3.
Nun, das funktioniert gerade nicht. Wo finden denn schon alle drei Monate Prüfungen statt? Das lohnt bei der geringen Anzahl erwachsener Anfänger doch gar nicht. Und, ganz ehrlich: Ich will nicht alle drei Monate eine Prüfung ablegen. Die habe ich an der Uni genug, die brauche ich nicht noch in meiner Freizeit. Zugegeben: Ich könnte das auch gar nicht. Ich brauche Zeit, um Techniken soweit zu "können", dass ich damit in eine Prüfung gehe (und meinen schwereren Uke eben sauber werfe).
Als Erwachsener bereitet man sich ohnehin nicht unbedingt spezifisch auf eine Prüfung vor, außer vielleicht kurz vorher. Man ist in einer gemischten Gruppe und hat vielleicht das Bodenprogramm für Blau schon häufiger gemacht als das für Orange-Grün, wenn man die Prüfung macht. Also: Wenn man als Erwachsener automatisch im Training mehr macht, kann man doch auch in einer Prüfung mehr machen?
Aber, ganz ehrlich: Mir ist der ganze Prüfungskram nicht wichtig. Vielleicht bin ich deshalb nicht die richtige Diskussionspartnerin. Ich hab' wegen ständiger Verletzungen zwei Jahre bis zum gelben Gürtel gebraucht :D .
Andererseits: mit der Einstellung bin ich im "Erwachsenenlager" nicht die einzige. Fast alle unsere Weißgelbgurtträger behalten einfach ihren weißen Gürtel, bis sie Gelb machen, weil keiner Lust hat, sich noch 'nen neuen Gürtel mit Strich drauf zu kaufen und eigentlich nur derjenige den Rallyestreifen trägt, der jemanden kennt, der ihm das Ding leiht. Man verzeihe mir den Scherz, aber: Diese halben Dinger nimmt einfach keiner für voll. ;)
Fritz' Ideen finde ich sehr gut :eusa_clap .

Gruß,
Sonja
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Re: Judo als "Kindersportart" & Prüfungsordnung

Beitrag von Niedersachsenjudoka »

Hallo Sonja,

kann deinen Standpunkt verstehen.
Aber ist es für einen Erwachsenen nicht wichtig zu wissen, dass er bei intensiven Training die Chance hat, neben natürlich vielen anderen positiven Dingen beim Judo, nach anderthalb Jahren den grünen Gürtel zu erlangen. Das Argument, dass oft keine Prüfungen stattfinden, finde ich persönlich nicht so stark. Ob er das dann auch macht, ist doch eine andere Frage. Die Chance aber sollte einem schon gegeben werden.
Gruß
niedersachsenjudoka

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Re: Judo als "Kindersportart" & Prüfungsordnung

Beitrag von judoka50 »

Gürtel mit Strich drauf zu kaufen und eigentlich nur derjenige den Rallyestreifen trägt, der jemanden kennt, der ihm das Ding leiht. Man verzeihe mir den Scherz, aber: Diese halben Dinger nimmt einfach keiner für voll
Oh je - die armen Frauen in Japan, und natürlich auch hier, die auf ihrem schwarzen Gürtel einen Strich haben, müssen dann ja ganz traurig sein :alright
Viele Grüße
U d o
Heinrich

Re: Judo als "Kindersportart" & Prüfungsordnung

Beitrag von Heinrich »

Die PO lahmt in vielen Punkten. O-Goshi und Seoi-Nage sind für Kinder unter 8 Jahren nicht geeignet. Nachzulesen im Buch "Der Weg zum Top-Judoka" Seite 46.
Was sagt die DJB-PO? 8.Kyu ab vollendetes 7. Lebensjahr und der 1. Wurf ist gleich der O-Goshi (oder Uki-Goshi).
Beim 7.Kyu: 1.Wurf ist O-Goshi beidseitig, Alter ist 8.Lebensjahr JAHRGANG. Nicht sehr förderlich für die muskulär unausgereiften Kinder, besonders deren Wirbelsäulen.
Die Seoi-Nage-Würfe kommen in der PO erst ab 9. bzw 10. Lj. (6. bzw 5.Kyu). Trend Kindersportart:
(das ist etwas unglücklich gewählt, hört sich an, als würde Judo nur noch von Kindern gemacht, so wie Fangen oder Versteckspiel). Der Trend geht dahin: um so früher, um so besser! Wenn die Kinder erst mit 8 Jahren mit Judo beginnen, gehen möglich Talente verloren, so lt. Dr. Hans Müller-Deck, 9.Dan. Beginnen Erwachsene als Quereinsteiger mit dem Judo, wird es ihnen immer schwer fallen, das zu lernen, was die Kleinen im Schlaf, im Unterbewußtsein, einfach so aufgenommen haben. Sie haben das gelernt wie sprechen und laufen. "Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr !" Eine alte Weisheit.
Da es im Dojo viel weniger Erwachsene als Kinder gibt, erscheint es uns so, als ob Judo nun tatsächlich der reinste Kindersport sei. Kinder im Judo müssen sein, es geht hierbei auch um sehr hohe Mitgliederzahlen, um Beiträge, um Prüfungsgebühren, Startgelder und und und.
Wenn man bedenkt, daß nur 10% der Kinder bis zum 1.Kyu beim Judo bleiben, können wir doch froh sein, daß die anderen 90% unsere Vereine, unsere Trainer, finanzieren. Natürlich wäre es umgekehrt besser, aber die Angebote sind groß und es gibt viele Sportarten, bei denen man sich nicht so schinden muß.

Fritz schreibt: Vorwissen von Anfang an abfordern, ebenso SV. Recht hat er.
Ich z.B. mußte schon 1967 beim 1.Kyu 70 SV-Techniken zeigen. Dazu natürlich die komplette Gokyo, lückenlos und in der vorgeschriebenen Reihenfolge. Da wird mancher heute sage: wozu denn der Quatsch? Der Quatsch war für mein Leben
sehr wichtig. Für die ganz Kleinen hat der ÖJV das Prä-Judo entwickelt. Keine schlechte Sache, wie ich meine, aber davon habe ich selbst noch zu wenig Informationen. Ich würde das gerne mal als Thema einstellen, um darüber etwas mehr zu lernen.
Da ich die derzeitigen Zwischenstufen sowieso nicht gut finde, sollten alle, ob groß oder klein das Gleiche bei der Prüfung zeigen müssen. Laßt die zu Beginn genannten Würfe bei den Kleinen weg, fügt was anderes ein, z.B. Abwehrtechniken gegen ganz einfache simple Angriffe oder so etwas.

Fjala schreibt: Kinder, die nichts auf die Reihe bekommen, fallen durch. Psychologisch ganz große Kacke!!! Man läßt sie nicht durchfallen, man läßt sie erst gar nicht zur Prüfung zu!!! Es ist des Trainers Aufgabe, dieses Können vorher zu testen. Und sollte eine/r doch mal vor lauter Prüfungsangst versagen, dann
gibt es genug Techniken, die das Kind kann, die man sachte abfragt und dem Kind doch noch die Angst nimmt und es zum Erfolgserlebnis führt. Ein durchgefallenes Kind sind wir im Judo für immer los. Und das will keiner.

Nick schreibt: "....hat sich zum Kindersport entwickelt...., das war früher nicht so." FRÜHER - ist relativ. Ich war 13, als ich mit dem Judo anfing, und noch eher mit dem Jiu-Jitsu. Also noch Kind. Nur das liegt jetzt fast 50 Jahre zurück.
---Im Alter liegt die Frische--- quatsch, ich meinte: In alter Frische, Heinrich!
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Fritz
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Re: Judo als "Kindersportart" & Prüfungsordnung

Beitrag von Fritz »

@Heinrich: Im großen und ganzen bin ich mit Deinem Beitrag einverstanden, :-)
bis auf:
Die PO lahmt in vielen Punkten. O-Goshi und Seoi-Nage sind für Kinder unter 8 Jahren nicht geeignet. Nachzulesen im Buch "Der Weg zum Top-Judoka" Seite 46.
Gut, daß Du mich vor dem Buch warnst... ;-)
Ist Quatsch, O-Goshi und Seoi-Nage korrekt gelehrt - also ohne Wirbelsäulenverbiegung usw.
sind harmlos, der Ausführende "trägt" nur eine Bruchteil des Gewichtes vom Uke...
Nicht sehr förderlich für die muskulär unausgereiften Kinder, besonders deren Wirbelsäulen.
Wer hindert eigentlich uns Trainer, wenn wir feststellen, daß die Kinder Defizite
im Bereich Kraft, Motorik usw. haben, entsprechende Übungen zu machen, um
diese Defizite abzuschaffen... Ich muß mit Kindern nicht nur das bißchen "Prüfungsfallschule" machen,
ich muß auch nicht gleich mit Würfen beginnen...
Wenn man bedenkt, daß nur 10% der Kinder bis zum 1.Kyu beim Judo bleiben,
Das ist der Knackpunkt, da hat sich auch durch die Rumschrauberei an der PO nichts geändert...
(Aber irgendwo haben wir dazu schon einiges thematisiert: mal nach Fluktuation oder Mitgliederschwund suchen)
Fjala schreibt: Kinder, die nichts auf die Reihe bekommen, fallen durch. Psychologisch ganz große Kacke!!! Man läßt sie nicht durchfallen, man läßt sie erst gar nicht zur Prüfung zu!!! Es ist des Trainers Aufgabe, dieses Können vorher zu testen.
Andererseits: Was hat eine Prüfung für einen Wert, wenn immer alle bestehen?
Letztendlich ist das "Können vorher zu testen" ja auch eine Art Prüfung mit "Durchfallern".
Ein durchgefallenes Kind sind wir im Judo für immer los. Und das will keiner.
Auch da, denke ich, trauen wir den Kindern zu wenig zu. Kommt natürlich auch immer
auf die Formulierung an, meist bricht man die Prüfung mit Einverständnis des Prüflings
ab, und vereinbart einen späteren neuen Termin ;-)
Na ist jedenfalls nicht einfach... Und auch Kinder werden älter und wollen entsprechend
gefordert werden und müssen lernen, auch mal nen Mißerfolg wegzustecken...

Hier würde ich sogar einen anderen Prüfungsansatz befürworten:
Sagen wir, wir erlauben, daß pro Prüfung nicht nur ein Kyu-Grad abgelegt werden kann,
sondern bei sehr guter Leistung auch die Möglichkeit eingeräumt wird, gleich den darauffolgenden Kyu
mit abzulegen... Ein Durchfallen bei regulären Prüfungsziel ist bei o.g. Trainerarbeit
relativ unwahrscheinlich, aber der nächste Kyu ist dann Bonus und Auszeichnung und nicht
jeder muß/wird es schaffen...
Durch die vielen Halbgurte wäre das ja ganz gut machbar...
Die Altersgrenzen würde ich abschaffen, bzw. als strenge Empfehlung formulieren
(die in Ausnahmen, wie o.g. Doppelprüfung oder Empfehlung des Trainers auch übergangen werden
kann) und durch geschickte Anwendung von Vorbereitungszeiten (per Dauer seit letzter Prüfung
oder halt verkürzt durch nachgewiesene Anzahl von Trainings-&Wettkampfteilnahmen) ersetzen...
Natürlich dürften auch die Prüfungsanforderungen nicht aufgeweicht werden,
damit auch jeder 4jähriger bestehen würde ;-)
Meine Erfahrung ist, daß die jüngeren Kinder eigentlich gar nicht von
selbst drauf kommen, unbedingt eine Gürtelprüfung ablegen zu wollen, meist sind es die Eltern,
die da erst draufkommen...

Eine weitere Sache, die ich für erörterungswürdig halte, ist:
Prüfungen spontan anzusetzen (geht natürlich nur, wenn Prüfer und Trainer die gleiche
Person ist). Also einfach im Rahmen des Trainings sich den potentiellen Prüfling ansehen,
und wenn die Anforderungen erfüllt werden, war es die Prüfung, sonst eben nicht.
Das evt. auch Wunsch gesteuert vom "Übling"... Also der zeigt aus eigenem Antrieb
das Programm vor und wenn es reicht, hat der nächsten Gürtel und wenn nicht, bekommt
er Hinweise, wo er noch dran arbeiten muß... Also etwas weniger formal und zwangloser,
aber in den Anforderungen konsequent...
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Re: Judo als "Kindersportart" & Prüfungsordnung

Beitrag von Syniad »

Niedersachsenjudoka hat geschrieben: kann deinen Standpunkt verstehen.
Aber ist es für einen Erwachsenen nicht wichtig zu wissen, dass er bei intensiven Training die Chance hat, neben natürlich vielen anderen positiven Dingen beim Judo, nach anderthalb Jahren den grünen Gürtel zu erlangen.
Für mich nicht, sorry!
Du vergisst eines: Dieses System "je dunkler, desto besser", das Euch, die Ihr als Kinder angefangen habt, in Fleisch und Blut übergegangen ist, kennen wir doch erst mal gar nicht (inwieweit es immer stimmt, sei jetzt mal dahingestellt ;) ). Schwarz ist gut, das weiß man, und gut is'.
Ich hätte am Anfang nie gefragt: "Hey, welche Gürtelfarbe kann ich in anderthalb Jahren haben?", denn das hätte mir doch nichts gesagt. Eher hätte ich gefragt: "Was werdet Ihr komischen Schlafanzugträger mir in anderthalb Jahren beigebracht haben? Wenn ich gewillt bin, so und soviel Zeit und Mühe zu investieren, was kann ich dann in anderthalb Jahren besser, als ich es jetzt kann?" (und schon das erst unter "ferner liefen" weit hinter: "Macht das Spaß, was Ihr hier treibt?") Und wenn mir dann einer gesagt hätte: "Du trainierst bei uns fünf Jahre, Du solltest bis dahin so leidlich dies und das können und darfst Dich dann so langsam auf Deine erste Gürtelprüfung, den Pink-Lila Gürtel mit Sternen drauf, vorbereiten, denn so läuft das bei uns", hätte ich genauso nüchtern "Aha" gesagt wie vor etwa drei-vier Jahren, als man mir dieses seltsame "Weiß-Gelb, Gelb, Gelb-Orange"-Zeug erstmalig erklärte.
Ich bin nun mal erwachsen, ich brauch' die extrinsische Motivation durch Gürtelprüfungen halt nicht so wie ein Kind. Und in manchen anderen Sportarten gibt es da auch echt weniger Klimbim, so dass einem das Konzept der regelmäßigen Prüfung an sich schon mal gar nicht bekannt vorkommen muss, geschweige denn, dass so etwas nach außen hin sichtbar ist!

Gruß,
Sonja
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Re: Judo als "Kindersportart" & Prüfungsordnung

Beitrag von kastow »

Fritz, Verfasst: 19.06.2008, 23:18
Eine weitere Sache, die ich für erörterungswürdig halte, ist:
[...]Also einfach im Rahmen des Trainings sich den potentiellen Prüfling ansehen, und wenn die Anforderungen erfüllt werden, war es die Prüfung, sonst eben nicht. Das evt. auch Wunsch gesteuert vom "Übling"... Also der zeigt aus eigenem Antrieb das Programm vor und wenn es reicht, hat der nächsten Gürtel und wenn nicht, bekommt er Hinweise, wo er noch dran arbeiten muß... Also etwas weniger formal und zwangloser, aber in den Anforderungen konsequent...
Das ist so ähnlich zumindest in NRW schon mittels einer Trainingsdokumentation möglich. Udo kann da bestimmt ausführlicher Stellung zu nehmen.
Herzliche Grüße,

kastow

Since the establishment of Kôdôkan jûdô, jûdô has become something that should be studied not only as a method of self-defence but also as a way of training the body and cultivating the mind. (Jigorô Kanô: MIND OVER MUSCLE)
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Re: Judo als "Kindersportart" & Prüfungsordnung

Beitrag von Reaktivator »

kastow hat geschrieben:Das ist so ähnlich zumindest in NRW schon mittels einer Trainingsdokumentation möglich. Udo kann da bestimmt ausführlicher Stellung zu nehmen.
Auch auf DJB-Ebene gab es das ja schon:

In der zweiten Hälfte der 1990er Jahre erschienen zu der seit 1994 geltenden PO offizielle Prüfungskarten - zum Eintragen/Abzeichnen durch den Trainer/Prüfer. War alles abgehakt, war die "Prüfung" bestanden....

Die Karten wurden meines Wissens seinerzeit vom Verlag Dieter Born im Auftrag des DJB erstellt und waren zusammen mit den offiziellen Lehrbüchern ("Judo lernen" und "Judo anwenden"), den offiziellen Lehrtafeln (im Großformat für die Trainingshallen) sowie den offiziellen Falttafeln (zum Mitnehmen in der Judo-Tasche) Teil eines einheitlichen "Gesamtpaketes" an Lehr- und Lernmitteln.

Nähere Infos zu den Gedanken hinter diesen Prüfungskarten finden sich auf der Pöhlerschen Homepage:
http://www.judo-praxis.de/Unterricht/U_ ... karte.html

Inwieweit diese Karten in der Praxis auch tatsächlich benutzt wurden, weiß ich allerdings nicht.
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Re: Judo als "Kindersportart" & Prüfungsordnung

Beitrag von judoka50 »

Graduierungen im Rahmen trainingsbegleitender Leistungskontrollen:
Vorbereitungszeit und Mindestalter sind einzuhalten.
Wer Graduierungen im Rahmen trainingsbegleitender Leistungskontrollen vornehmen will, muss im Besitz einer gültigen Judo-Übungsleiter-Lizenz des DJB/NWJV sein.
Der Übungsleiter sollte die Judoka durchlaufend betreuen.
Beherrschen die Judoka nach Erfüllung aller formalen Voraussetzungen nach Einschätzung des Übungsleiters die Prüfungsinhalte, kann die Graduierung erfolgen.
Der Verein meldet die Graduierung dem KDV.
Der Nachweis der Graduierung sollte grundsätzlich für eine geschlossene Gruppe erfolgen. Hierfür sind in eine Prüfungsliste die personenbezogenen Daten der Graduierten vollständig
einzutragen. Die erfolgten Graduierungen sind durch den Übungsleiter bzw. den Prüfer in der Prüfungsliste durch Unterschrift und Stempel zu bestätigen, sofern sie einen Prüferstempel besitzen. Ansonsten erfolgt die Bestätigung der Graduierung durch den KDV, dem die Prüfungsliste zwecks Registrierung übersandt wird.
Die DJB-Mitgliedsausweise und Urkunden werden vom Übungsleiter fertig gestellt. Im DJB-Mitgliedsausweis werden die Kyu-Prüfungsmarken durch Prüferstempel und Unterschrift von denen entwertet, die dazu berechtigt sind; andernfalls erledigt das
der KDV. Die Beschaffung der Kyu-Prüfungsmarken erfolgt wie bisher durch den Verein.
Ich entscheide auch immer vor einer Prüfung wer mitmachen kann. Die Absage der Teilnahme an der Prüfung aufgrund unzureichender Leistung trifft die Kinder genau so, als würden sie durchfallen. Wenn ich dann allerdings jemand zur Prüfung zulasse, weil er die Leistungen bringt, kann ich natürlich schwer am Tag der Prüfung sagen: So - leider hat es heute nun doch nicht gereicht. Da würde ich dann meine eigene Beobachtungsgabe in Frage ziehen. Trotzdem ist die Anspannung und Aufregung bei den Kindern immer da.
Bei der Prüfung selber ziehe ich die Version: Prüfer am Tisch - der Version: Prüfer im Judogi auf der Matte vor, da ich festgestellt habe, dass die Kinder stolz sind, als Paar auf der Matte ihren Eltern etwas vor zu machen. Das geht in der Masse auf der Matte irgendwie unter.
Bei den Erwachsenen nutze ich auch oft die Trainingsbegleitende Leistungskontrolle.

Bezgl. der Kritik an O-goshi und Seoi-nage liegt die Belastung an einer falschen Ausführung.
Richtig ausgeführt belasten die Würfe nicht. Allerdings nur dann, wenn man den "Kindern" nicht die starren, engen Fußstellungen aufzwingt. Klar sind diese so als Grundlage überliefert, wir haben sie auch so lernen müssen, genau so wie die "älteren". Die Prüfungsordnung nimmt aufgrund der "unnötigen" Belastungen oder "Unsicherheiten" im Stand insoweit aber Rücksicht auf die "kleinen" Judoka. Dies sollte man als Trainer dann auch wirklich so umsetzen.
Viele Grüße
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Re: Judo als "Kindersportart" & Prüfungsordnung

Beitrag von Fritz »

Das ist so ähnlich zumindest in NRW schon mittels einer Trainingsdokumentation möglich.
Das ist nicht nur in NRW möglich, da es die Rahmen-PO des DJB vorgibt, geht es überall.
Die Aussage in Brandenburg war - geht, kann man machen, aber eigentlich wollen wir das nicht.

Das ist aber auch nicht mein "Vorschlag": Ich möchte schon, daß der Prüfling innerhalb
einer kurzen Zeitspanne (ein, zwei) Trainings-Tage sein komplettes Programm vorführt -
nur halt dann, wenn er meint, es zu können und nicht zu einem willkürlich festgelegten Termin...
Theoretisch ist es mit der jetzigen PO schon machbar, allerdings ist der bürokratische
Aufwand, der vom jeweiligen LV gefordert wird, hinsichtlich der Handhabung der Prüfungslisten dann
doch etwas abschreckend... (die Lösung wären Sammellisten, wo man mehrere solcher "Prüfungen"
drauf versammeln kann, d.h. es müßte u.a. ne Datumsspalte mehr rein...)

Die o.g. trainingsbegleitenden Prüfungen lehne ich ab, insbesondere aus dem Grund,
daß für die Üblinge der Anreiz fehlt, sich Dinge langfristig zu merken.
Kennt jeder ÜL: vorige Woche O-Goshi üben lassen,
diese Woche: "Das kennen wir nicht, haben wir noch nie gesehen" oder ähnlich...
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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