Ura Nage - Wie funktioniert die Wurfmechanik?

Hier geht es um Techniken, deren Ausführung und Beschreibung
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Deshi
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Ura Nage - Wie funktioniert die Wurfmechanik?

Beitrag von Deshi »

Hallo zusammen,

ich bin nach wie vor dabei, mein grottenschlechtes Judo aufzubessern. Im Augenblick beschäftigt mich Ura Nage. Meine Bücher geben dazu nur begrenzt Aufschluss (da steht immer wieder ausheben oder hochheben) und viele Videos zeigen den Wurf als ungeheuren Kraftakt. Irgendwie kann es das ja nicht sein. Und dann bin ich hierauf gestoßen:
http://www.youtube.com/watch?v=6Ag8Gl76BQs
Würdet ihr sagen, dass das eine gute Ausführung der Technik ist? Auf mich wirkt das physikalisch recht effektiv.
Ist es ähnlich, wie hier gezeigt der Sinn der Sache, Uke aus einem sehr tiefen Stand (Jigo-hon-tai) über sich hinweg zu kippen, indem man oberhalb des Schwerpunktes schräg aufwärts zu sich zieht und unterhalb des Schwerpunktes mit der Hüfte schiebt? Wenn nicht, wie genau funktioniert das Kuzushi hier? Und wenn wir schon dabei sind, wie wird vermieden, dass Ukes Arm unter Tori eingeklemmt wird?

Beste Grüße
Deshi
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Fritz
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Re: Ura Nage - Wie funktioniert die Wurfmechanik?

Beitrag von Fritz »

Ist mir persönlich doch noch etwas zu viel "Bandscheiben-Stress" dabei.

Schau mal hier bei Mifune:


oder Hirano:


oder hier ab ca 2 min
http://www.judo-educazione.it/video/kat ... ashita.zip
Mit freundlichem Gruß

Fritz
Deshi
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Re: Ura Nage - Wie funktioniert die Wurfmechanik?

Beitrag von Deshi »

Danke Fritz!
Fritz hat geschrieben:Ist mir persönlich doch noch etwas zu viel "Bandscheiben-Stress" dabei.
Ok...
Fritz hat geschrieben: Schau mal hier bei Mifune:
Tja, ich hätte von selbst auf die Idee kommen sollen, mal wieder bei Mifune reinzuschauen.
Sehe ich das richtig, dass er Uke mit diesem kleinen Rückwärtssprung/schritt(?) aus dem Gleichgewicht bringt,
indem er ihn dabei auf die hinteren Fussaussenkanten zieht? (bei Version 1)?
Fritz hat geschrieben: oder Hirano:
(Ich glaube hier ist es ausnahmsweise "Opa" Schutte, der Hirano wirft).
Bei der ersten Version ist mir nicht ganz ersichtlich, was da im Detail geschieht. Uke springt seitlich für eine Hüfttechnik heran und Tori heftet sich quasi als seitliches "Überhanggewicht" an dessen Körper, um ihn aus dem Gleichgewicht zu bringen? Bei der zweiten Variante scheint es "einfach" um die Weiterleitung des Bewegungsimpulses zu gehen... ?
Fritz hat geschrieben: oder hier ab ca 2 min
http://www.judo-educazione.it/video/kat ... ashita.zip
Und noch mal anders. Sehe ich das richtig, dass hier kein Hüftkontakt hergestellt wird?
Yamashita scheint schon abgetaucht zu sein, wenn Uke ihn erreicht.
CasimirC
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Re: Ura Nage - Wie funktioniert die Wurfmechanik?

Beitrag von CasimirC »

Deshi hat geschrieben:Würdet ihr sagen, dass das eine gute Ausführung der Technik ist? Auf mich wirkt das physikalisch recht effektiv.
Ist es ähnlich, wie hier gezeigt der Sinn der Sache, Uke aus einem sehr tiefen Stand (Jigo-hon-tai) über sich hinweg zu kippen, indem man oberhalb des Schwerpunktes schräg aufwärts zu sich zieht und unterhalb des Schwerpunktes mit der Hüfte schiebt? Wenn nicht, wie genau funktioniert das Kuzushi hier? Und wenn wir schon dabei sind, wie wird vermieden, dass Ukes Arm unter Tori eingeklemmt wird?

Beste Grüße
Deshi
Ich finde den Ura-nage in diesem Video ein wenig zu statisch. Einen fest stehenden Uke aus dieser Position und in diese Richtung auszuheben, ist körperlich sehr anspruchsvoll (v.a. für den Rücken ;) ) und vom technischen Aspekt her irgendwie unpassend. Ich finde es sehr viel sinnvoller, den Wurf anzusetzen, wenn Uke in der Vorwärtsbewegung ist, sprich: sein Gleichgewicht nach vorne verlagert bzw. sich selber aus dem Gleichgewicht bringt. Das ist ja auch die Version, die aus der Nage-no-kata bekannt ist bzw. sein sollte. Nach meinem Verständnis entsteht das Kuzushi dadurch, dass Uke, wie gesagt, sein Gleichgewicht verlagert und Tori dies ausnutzt und verstärkt. Die Schwerpunktverlagerung von Tori nach unten versteht sich von selber.

Wie vermeidet man, dass Ukes Arm unter Tori eingeklemmt wird?
Den Arm nicht an einer Körperstelle Toris "deponieren", auf die Tori fällt ;) Also nicht unter dem Arm hindurch am Rücken, sondern über dem Arm, vielleicht sogar am Hals/ Nacken. So ist es beim Sturz nach vorne möglich, den Arm unter Tori herauszuziehen. Bei der Nage-no-kata wird Ura-nage ja quasi als Form der Abwehr eines Schlages in Richtung des Kopfes gezeigt. Wenn der Schlag gezielt ist, kann der Arm meiner Erfahrung nach nicht unter Toris Rücken verschwinden.
Theorie: Wenn alle wissen, wie es geht, und es geht nicht.
Praxis: Wenn es geht, und keiner weiß, warum.
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Fritz
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Re: Ura Nage - Wie funktioniert die Wurfmechanik?

Beitrag von Fritz »

Deshi hat geschrieben:Tja, ich hätte von selbst auf die Idee kommen sollen, mal wieder bei Mifune reinzuschauen.
Sehe ich das richtig, dass er Uke mit diesem kleinen Rückwärtssprung/schritt(?) aus dem Gleichgewicht bringt,
indem er ihn dabei auf die hinteren Fussaussenkanten zieht? (bei Version 1)?
In der Tat ist die Gleichgewichtsstörung da sehr gut zu erkennen, Mifune tippelt rückwärts und zieht Uke
an der Hüfte mit, irgendwann kann er dann dieses Mitlaufen Ukes durch leichtes Absenken des Schwerpunktes
verhindern bei gleichzeitigem Zug an der Hüft, so daß Uke zu kippen beginnt...
(Ich glaube hier ist es ausnahmsweise "Opa" Schutte, der Hirano wirft).
Bei der ersten Version ist mir nicht ganz ersichtlich, was da im Detail geschieht. Uke springt seitlich für eine Hüfttechnik heran und Tori heftet sich quasi als seitliches "Überhanggewicht" an dessen Körper, um ihn aus dem Gleichgewicht zu bringen? Bei der zweiten Variante scheint es "einfach" um die Weiterleitung des Bewegungsimpulses zu gehen... ?
Ja, stimmt Hirano ist Uke...
Variante 2) ist halt "nur" ein Konter gegen O-Soto-Gari...
Deshi hat geschrieben:Und noch mal anders. Sehe ich das richtig, dass hier kein Hüftkontakt hergestellt wird?
Yamashita scheint schon abgetaucht zu sein, wenn Uke ihn erreicht.
Ja, sieht so aus...
CasimirC hat geschrieben:Wie vermeidet man, dass Ukes Arm unter Tori eingeklemmt wird?
Den Arm nicht an einer Körperstelle Toris "deponieren", auf die Tori fällt ;) Also nicht unter dem Arm hindurch am Rücken, sondern über dem Arm, vielleicht sogar am Hals/ Nacken. So ist es beim Sturz nach vorne möglich, den Arm unter Tori herauszuziehen. Bei der Nage-no-kata wird Ura-nage ja quasi als Form der Abwehr eines Schlages in Richtung des Kopfes gezeigt. Wenn der Schlag gezielt ist, kann der Arm meiner Erfahrung nach nicht unter Toris Rücken verschwinden.
Nun hat man als Tori halt nicht unbedingt die Wahl, wo der Arm landet.
Meines Wissens (k.A. wo ich es gelesen/gehört hatte) ist es ja bei der Nage-No-Kata so, daß beim Ura-Nage vorgeschrieben ist,
daß Uke bei der Fallübung liegen zu bleiben hat (im Gegensatz zu den anderen Sutemi-Waza (bis auf Yoko-Gake),
wo er ja auch über eine Rolle zum Stehen kommen darf bzw. muß bei Tomoe-Nage), da eben nicht auszuschließen ist,
daß Ukes Arm unter Tori festhängt, was bei einem Rollversuch für Uke evt. ein klein wenig häßlich werden könnte...
Habe natürlich k.A. ob das so stimmt, im verlinkten Kata-Video steht Uke ja schließlich auch gleich wieder auf... kann nur sagen, daß ich
als Uke gelegentlich schon recht froh war, nicht gerollt zu sein...
Mit freundlichem Gruß

Fritz
HBt.

Spekulation(en)

Beitrag von HBt. »

(Ich glaube hier ist es ausnahmsweise "Opa" Schutte, der Hirano wirft).
Sieht ziemlich deutlich nach Mahito Ohgo als Uke und Wolfgang Hofmann als Tori aus.
tutor!
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Re: Ura Nage - Wie funktioniert die Wurfmechanik?

Beitrag von tutor! »

HBt. hat geschrieben:
(Ich glaube hier ist es ausnahmsweise "Opa" Schutte, der Hirano wirft).
Sieht ziemlich deutlich nach Mahito Ohgo als Uke und Wolfgang Hofmann als Tori aus.
Ohgo würde ich nicht beschwören, aber W. Hofmann als Tori würde ich auch so sehen. Beide haben ja auch in der Serie als Uke für Hirano mitgewirkt. Vielleicht kann Jupp das ja bestätigen - es waren schließlich seine beiden Lehrer.

Ein Bandscheibenproblem bei der "gebrückten" Variante sehe ich übrigens nicht, so lange der Kontakt am Unterbauch bzw. am Hüftknochen hergestellt wird., das Gleichgewicht durch "sutemi" gebrochen wird (und nicht durch gewaltsames Heben in/mit Rücklage und Uke nachdem sein Gleichgewicht gebrochen ist und er schon fast in der Luft ist einen Drehimpuls von Toris Hüfte unterhalb des Schwerpunkts bekommt.
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
Techniques are only the words of the language judo (Cichorei Kano, 24.12.2008)
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Re: Ura Nage - Wie funktioniert die Wurfmechanik?

Beitrag von Reaktivator »

HBt. hat geschrieben:
(Ich glaube hier ist es ausnahmsweise "Opa" Schutte, der Hirano wirft).
Sieht ziemlich deutlich nach Mahito Ohgo als Uke und Wolfgang Hofmann als Tori aus.
"HBt." hat Recht: *

Tori: Hofmann - Uke: Ohgo (NICHT Hirano)


- - - - - - - -

* Ist aber auch nicht schwierig: "HBt." ist ja schon lange dabei - sozusagen ein "alter Fuchs"....!
Zuletzt geändert von Reaktivator am 27.06.2012, 11:52, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Ura Nage - Wie funktioniert die Wurfmechanik?

Beitrag von mifune10dan »

Hallo Deshi,
der Schlüssel zur Lösung liegt schon in dieser Frage versteckt, du liegst also nicht so falsch.
Deshi hat geschrieben:Ist es ähnlich, wie hier gezeigt der Sinn der Sache, Uke aus einem sehr tiefen Stand (Jigo-hon-tai) über sich hinweg zu kippen, indem man oberhalb des Schwerpunktes schräg aufwärts zu sich zieht und unterhalb des Schwerpunktes mit der Hüfte schiebt?
Bei der NnK wird das Wurfprinzip sehr deutlich. Uke greift an mit einem gezielten Schlag auf den Kopf und ist in seiner Stellung kurz vor dem Wurf mit einem Fuß weiter vorne, der Körper ist gestreckt und die Faust so wie wenn sie einen imaginären Pfahl in den Boden rammen möchte.
Zur gleichen Zeit hat Tori in tiefem Stand mit beiden Händen Uke vorne am Bauch (Gürtelknoten) und hinten (Hüfte in Gürtelhöhe) gefasst, die Handflächen sind offen. Durch starken Zug nach hinten (Mifune zeigt das wunderbar ausführlich, sozusagen zum Mitschreiben), welcher sich automatisch beim Sutemi ergibt und Kontakt mit der vorderen Hüftpartie wird Uke über Tori "gekippt".
In vollendeter Form seht das dann so aus wie bei den Filmchen mit Hirano und Yamashita. Da diese beiden den Wurf sehr dynamisch zelebrieren, muss dann nicht unbedingt immer starker Kontakt sein.Zum besseren Verständnis: Stell dir mal O-goshi oder Seoi-Nage vor, da wird grad umgekehrt "gekippt", aber das Wurfprinzip ist gleich, da ist man auch nur das Hindernis über dessen Querachse der Angreifer gekippt wird.
Wegen der Frage nach dem nicht vorhandenen Hüftkontakt bei Yamashita möchte ich noch erwähnen, daß das sozusagen die hohe Kunst des Judo ist (Seiryoku zen yo) und die Technik in höchster Vollendung (ich bin immer frustriert, wenn ich dieses Video sehe, da würde ich gerne hinkommen :crybaby) dann so leicht aussieht.
Ich hab da ein paar sehr flinke Jungs im Training auf der Matte, da hab ich letztens beim Üben der NnK gesehen, wie einer den Seoi-Nage nach einem sehr schnellen Angriff von Uke fast ohne Rücken/Bauch-Kontakt geworfen hat, das funktioniert nur bei einer sehr schnellen, dynamischen Ausführung.
Zum Wurf in deinem Link muss ich noch erwähnen, daß heutzutage leider die vermeintliche "Grundform" mich immer irgendwie ans Gewichtheben erinnert. Ich halte mich eher an solche Künstler wie Mifune oder Hirano zum Beispiel , die zeigen noch für mich die idealste Technikausführung, das sind meine Vorbilder.
Ich hoffe ich habs einigermaßen verständlich hingekriegt und bitte entschuldige meine langatmige Erklärung. Es gibt hier Fachleute, die das mit wenigen Worten hinbekämen :D .
Kannst ja mal Rückmeldung geben, obs bei Dir geklappt hat. Wenn der Wurf leicht geht, dann hast du es richtig gemacht ;) .

Ich wünsche Dir viel Spaß beim Lernen.
Gruß
Reinhard
Deshi
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Re: Ura Nage - Wie funktioniert die Wurfmechanik?

Beitrag von Deshi »

Danke erst mal für eure Antworten! :danke
CasimirC hat geschrieben: Wie vermeidet man, dass Ukes Arm unter Tori eingeklemmt wird?
Den Arm nicht an einer Körperstelle Toris "deponieren", auf die Tori fällt ;) Also nicht unter dem Arm hindurch am Rücken, sondern über dem Arm, vielleicht sogar am Hals/ Nacken. So ist es beim Sturz nach vorne möglich, den Arm unter Tori herauszuziehen. Bei der Nage-no-kata wird Ura-nage ja quasi als Form der Abwehr eines Schlages in Richtung des Kopfes gezeigt. Wenn der Schlag gezielt ist, kann der Arm meiner Erfahrung nach nicht unter Toris Rücken verschwinden.
Schon klar, dass der Arm von oben kommt. Aber was verhindert, dass man auf Ukes Arm stürzt, wenn dieser von oben über meine linke Schulter hinweg greift oder schlägt und ich ihn mit mir zusammen rückwärts umkippe?
Fritz hat geschrieben:Nun hat man als Tori halt nicht unbedingt die Wahl, wo der Arm landet. ...
Wenigstens zum Üben wäre es ganz gut, Uke da eine Anleitung geben zu können.
Reaktivator hat geschrieben:Tori: Hofmann - Uke: Hirano (NICHT Ohgo)
Danke für die Klärung!
Fritz hat geschrieben:In der Tat ist die Gleichgewichtsstörung da sehr gut zu erkennen, Mifune tippelt rückwärts und zieht Uke
an der Hüfte mit, irgendwann kann er dann dieses Mitlaufen Ukes durch leichtes Absenken des Schwerpunktes
verhindern bei gleichzeitigem Zug an der Hüft, so daß Uke zu kippen beginnt...
Gut, damit glaube ich, das Kuzushi zumindest in der Theorie verstanden zu haben. Der nächste Schritt ist das Experiment. :)
mifune10dan hat geschrieben:...
Zur gleichen Zeit hat Tori in tiefem Stand mit beiden Händen Uke vorne am Bauch (Gürtelknoten) und hinten (Hüfte in Gürtelhöhe) gefasst, die Handflächen sind offen. Durch starken Zug nach hinten (Mifune zeigt das wunderbar ausführlich, sozusagen zum Mitschreiben), welcher sich automatisch beim Sutemi ergibt und Kontakt mit der vorderen Hüftpartie wird Uke über Tori "gekippt".
In vollendeter Form seht das dann so aus wie bei den Filmchen mit Hirano und Yamashita. Da diese beiden den Wurf sehr dynamisch zelebrieren, muss dann nicht unbedingt immer starker Kontakt sein.Zum besseren Verständnis: Stell dir mal O-goshi oder Seoi-Nage vor, da wird grad umgekehrt "gekippt", aber das Wurfprinzip ist gleich, da ist man auch nur das Hindernis über dessen Querachse der Angreifer gekippt wird.
Wegen der Frage nach dem nicht vorhandenen Hüftkontakt bei Yamashita möchte ich noch erwähnen, daß das sozusagen die hohe Kunst des Judo ist (Seiryoku zen yo) und die Technik in höchster Vollendung (ich bin immer frustriert, wenn ich dieses Video sehe, da würde ich gerne hinkommen :crybaby) dann so leicht aussieht.
Ich hab da ein paar sehr flinke Jungs im Training auf der Matte, da hab ich letztens beim Üben der NnK gesehen, wie einer den Seoi-Nage nach einem sehr schnellen Angriff von Uke fast ohne Rücken/Bauch-Kontakt geworfen hat, das funktioniert nur bei einer sehr schnellen, dynamischen Ausführung.
Zum Wurf in deinem Link muss ich noch erwähnen, daß heutzutage leider die vermeintliche "Grundform" mich immer irgendwie ans Gewichtheben erinnert. Ich halte mich eher an solche Künstler wie Mifune oder Hirano zum Beispiel , die zeigen noch für mich die idealste Technikausführung, das sind meine Vorbilder.
Ich hoffe ich habs einigermaßen verständlich hingekriegt und bitte entschuldige meine langatmige Erklärung. Es gibt hier Fachleute, die das mit wenigen Worten hinbekämen :D .
Kannst ja mal Rückmeldung geben, obs bei Dir geklappt hat. Wenn der Wurf leicht geht, dann hast du es richtig gemacht ;) .

Ich wünsche Dir viel Spaß beim Lernen.
Danke für die ausführlichen Erläuterungen! Bei meiner persönlichen "Technikreform" halte ich mich an die Regel: Wenn es zu viel Kraft kostet oder nur mit Ukes absichtlicher Mithilfe funktioniert, ist es verkehrt. Leider habe ich nie eine effiziente Variante von Ura-Nage auf der Matte gezeigt bekommen. Mit euren Tipps hier sollte es aber weitergehen können.
Für mich gilt jetzt: Erstmal ausprobieren. Dafür muss ich bloß eine Gelegenheit und einen Freiwilligen finden. :D

Stichwort "Querachse": Wo genau und in welcher Ausrichtung wäre die positioniert?

Noch eine Frage zu Mifune: Sein zweiter Ura-Nage sieht ganz anders aus als der erste. Grob wie ein kraftbetonter Ushiro-Goshi mit nach hinten fallen?
mifune10dan
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Re: Ura Nage - Wie funktioniert die Wurfmechanik?

Beitrag von mifune10dan »

Hallo Deshi,
stell dir vor, daß eine Stange quer durch deine Hüfte läuft, also von Hüftknochen zu Hüftknochen. Das ist die "Kippachse" :( (blöder Ausdruck, aber mir fällt nichts anderes ein).
Zum Armdrauffallen: wenn du richtig ziehst, wie ich es schon beschrieben habe oder wie du es bei Mifune siehst beim Rückwärtsfallen und Uke richtig Drive gibst, dann fällst du weder auf seinen Arm noch knallt ihr mit den Köpfen zusammen, wie es auch mal vorkommt bei schlechter Wurfausführung.
Nur Mut, wenns klappt, bist du bestimmt so stolz, so wie ich es auch war beim ersten Mal :D
Gruß
Reinhard
Deshi
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Re: Ura Nage - Wie funktioniert die Wurfmechanik?

Beitrag von Deshi »

Update: Bin gerade von der Matte zurück und hatte das Glück einen Partner zu finden, der bereit war, nach dem Training noch ein wenig Ura-Nage mit mir zu üben. Die Versuche waren ausgesprochen vielversprechend. :)

Folgende Ergebnisse führte das Ganze zu Tage:

- Uke aus den Gleichgewicht zu bringen, so wie Mifune es tut, und über mich zu kippen, klappt sehr gut und ohne große Mühe. Es ist so einfach, dass man sich fragt, warum nicht jeder das so macht. An der Art und Anzahl der "Tippelschritte" kann ich sicher noch arbeiten, bzw. ein Situationsgespür dafür aufbauen.

- Verschiedene Angriffsbewegungen Ukes zeigten, dass dieser damit die Art und Richtung des Sturzes vorgibt
(frontal mit Hieb führte in eine Rolle vorwärts, Eindrehen führte eher in ein seitliches Herumschleudern).

- Die Körperführung während dem Kake fühlt sich noch unausgereift an. Ich bin sicher, dass ich Arme und Hüften noch nicht optimal eingesetzt habe.

Es ist ein Anfang. :danke
mifune10dan hat geschrieben:stell dir vor daß eine Stange quer durch deine Hüfte läuft, also von Hüftknochen zu Hüftknochen. Das ist die "Kippachse" :( (blöder Ausdruck aber mir fällt nichts anderes ein).
Zum Armdrauffallen: wenn du richtig ziehst, wie ich es schon beschrieben habe oder wie du es bei Mifune siehst beim Rückwärtsfallen und Uke richtig Drive gibst, dann fällst du weder auf seinen Arm noch knallt ihr mit den Köpfen zusammen, wie es auch mal vorkommt bei schlechter Wurfausführung.
Nur Mut, wenns klappt bist du bestimmt so stolz, so wie ich es auch war beim ersten Mal :D
Das Problem mit dem Drauffallen oder Köpfzusammenstöße ergaben sich nicht bei uns. Außerdem: Hast' recht, ein bißchen stolz bin ich schon, auch wenn noch viel Arbeit vor mit liegt. :D
HBt.

Eindeutig - sorry

Beitrag von HBt. »

Schön das der Uranage jetzt klappt -> ganz leicht und locker, ohne ausheben ... aber Ohgo wird trotzdem nicht zu Hirano (auch wenn sie sich möglicherweise ähnlich sehen könnten)!

Tori: Hofmann
Uke: Ohgo


'Jupp' könnte seinen Lehrer (vor Ort) für uns fragen.
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Re: Eindeutig - sorry

Beitrag von Reaktivator »

HBt. hat geschrieben:Schön das der Uranage jetzt klappt -> ganz leicht und locker, ohne ausheben ... aber Ohgo wird trotzdem nicht zu Hirano (auch wenn sie sich möglicherweise ähnlich sehen könnten)!

Tori: Hofmann
Uke: Ohgo
"HBt." hat Recht - habe deshalb mein Mini-Posting weiter oben geändert. (viewtopic.php?p=66486#p66486)
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Re: Ura Nage - Wie funktioniert die Wurfmechanik?

Beitrag von JSC Mitglied »

Fritz hat geschrieben: oder Hirano:
Ist ein bisschen später, aber ich habe noch eine Aufnahme von Hirano, wo er Ura Nage macht und nicht "nur" Hofmann. ;)

http://www.guertelball.de/judo/techniken/uranage.wmv
freundliche Grüße
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Der Horizont vieler Menschen ist ein Kreis mit Radius Null - und das nennen sie ihren Standpunkt."
- Neben Einstein auch David Hilbert und Leonhard Euler zugeschrieben
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Re: Ura Nage - Wie funktioniert die Wurfmechanik?

Beitrag von Deshi »

JSC Mitglied hat geschrieben:...
Ist ein bisschen später, aber ich habe noch eine Aufnahme von Hirano, wo er Ura Nage macht und nicht "nur" Hofmann. ;)

http://www.guertelball.de/judo/techniken/uranage.wmv
Das sieht nach der Ausgangssituation in der Nage no Kata aus (Uke tritt mit erhobenem Arm vor). Hirano umklammert Uke an der Hüfte, setzt sich hin und zieht ihn dabei nach vorn/unten. Sieht jedenfalls vom Kraftgebrauch her sehr ökonomisch aus . Erinnert mich ein wenig an Uki Waza. Bin aber sicher, andere hier können das Geschehen besser aufschlüsseln als ich.
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Fritz
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Re: Ura Nage - Wie funktioniert die Wurfmechanik?

Beitrag von Fritz »

Deshi hat geschrieben:Das sieht nach der Ausgangssituation in der Nage no Kata aus (Uke tritt mit erhobenem Arm vor). Hirano umklammert Uke an der Hüfte, setzt sich hin und zieht ihn dabei nach vorn/unten. Sieht jedenfalls vom Kraftgebrauch her sehr ökonomisch aus. Erinnert mich ein wenig an Uki Waza. Bin aber sicher, andere hier können das Geschehen besser aufschlüsseln als ich.
Ja ich denke, daß passt schon so...
Das Bestechende ist, macht man es so wie im Video, ist der Wurf recht leicht zu werfen und auch für Uke
gut zu fallen... Spart Kosten für Weichbodenmatten ;-)
Ich merke immer mehr, daß die Nage-no-Kata-Wurfsituationen oft "idiotensicher"
angelegt sind, d.h. macht man die Schritte halbwegs ordentlich, dann gelingt auch der jeweilige Wurf in der Regel...
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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