Vorwort zu "Das Kano Jiu-Jitsu" von Irving Hancock

Hier geht es um die Geschichte und um Traditionen des Judo
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Vorwort zu "Das Kano Jiu-Jitsu" von Irving Hancock

Beitrag von tutor! »

Am 28. September 1929 überreichte Werner Glasenapp Jigoro Kano ein mit persönlicher Widmung versehenes Exemplar der deutschen Übersetzung von "The complete Kano Jiu-Jitsu" von Irving Hancock. Dieses Exemplar gehört heute zum Bestand der Kodokan-Bibliothek.


Edit: Etwas vorsichtiger ausgedrückt: In der Kodokan Bilbiothek befindet sich ein Exemplar der deutschen Übersetzung von Irving Hancocks "The complete Kano Jiu-Jitsu" mit einer vom 28. September 1929 datierten Widmung von Werner Glasenapp.

Die deutsche Ausgabe des ca. 1906 erscheinen Buches enthält das bekannte Vorwort von Dr. Erwin Baelz, das auch hier schon häufiger Gegenstand von Diskussionen war. Es enthält aber auch zwei weitere Vorwörter, eines vom Verfasser I. Hancock und eines von K. Higahsi, dem japanischen Co-Autor des Buches.

Hier der Text von I. Hancock.

Dieser Versuch einer beschreibenden Wiedergabe der japanischen Kunst des Kano-Jiu-Jitsu verfolgt ein viel weiter gestecktes Ziel und ist weit umfassender als die Bücher, die ich bisher über denselben Gegenstand veröffentlicht habe.

So wird hier dem Leser das gesamte nach dem Professor Djigoro Kano benannte Kano-System des Jiu-Jitsu dargeboten, dem - nach dem Vorgang der berühmten Lehrer Hoshino und Tsutsumi - nur einiges wenige hinzugefügt ist. Seit in Japan das Kano-System als offizielles Jiu-Jitsu von der Regierung beim Heer, bei der Marine und bei der Polizei eingeführt worden ist, sind die älteren und lange nicht so entwickelten Systeme mehr und mehr in den Hintergrund getreten und die jüngere japanische Generation beschäftigt sich nur noch mit den Kano-Methoden.

Dieses System beginnt mit den einfachsten Kampfübungen und schreitet allmählich zu solchen vor, deren Anwendung im Falle der Not für den Gegner höchst verhängnisvoll, ja tödlich werden kann. Es wäre aber falsch, daraus schließen zu wollen, die Ausübung des Jiu-Jitsu sei unbedingt gefährlich. Ganz in Gegenteil! Das beweist untrüglich ein Bericht, den Oberst Oliver E. Wood, Militärattaché der Vereinigten Staaten in Tokyo, dem Kriegsministerium der Union eingesandt hat, und in dem er ausdrücklich erwähnt, daß von viertausend Zöglingen der Kano-Schule nicht ein einziger einen bleibenden Schaden davon getragen habe.

Im friedlichen Wettstreit kommen die gefährlichen Jiu-Jitsu-Tricks überhaupt nicht mit der Absicht der Schädigung zur Anwendung. Japanische Zöglinge hüten sich sorgfältig, den Kampfgenossen bei der Einübung dieser Tricks, die sie mehr andeuten als ausführen, irgendwie zu verletzen.

Der Lehrer des Jiu-Jitsu aber läßt nur die am weitesten vorgeschrittenen Schüler solche Kunstgriffe anwenden und nur unter wachsamen Augen eines Kuatsu Kundigen, das heißt der in Japan ausgebildeten Kunst, einen im Wettkampf bewußtlos Gemachten oder scheinbar Getöteten wiederherzustellen. Die Vorschriften des Kuatsu sind z.B. auch bei Sonnenstich und Erstickungsgefahr durch Wasser von oft wunderbarer Wirkungsweise.

Es muss absolut jedem Zöglinge eingeschärft werden, daß er keinen unter Umständen gefährlichen Schlag anwenden darf, wenn kein Arzt oder ein gründlicher Kenner des Kuatsu zur Hand ist.

Erklärlicherweise haben sich die Ringer und Boxer bemüht, die Wichtigkeit des Jiu-Jitsu herabzusetzen. Mit Jubel nahm man die Zeitungsnachricht auf, ein zweihundert Pfund schwerer Kadett in West Point habe einen Zögliing des Jiu-Jitsu geworfen. Ohne weiter zu untersuchen, wie weit der Jiu-Jitsu-Kämpfer zum Vertreter dieser Kunst berufen war, will der Verfasser nur mitteilen, wie sich nach der ihm zuteil gewordenen Auskunft der Vorgang abgespielt hat: Der Jiu-Jitusu-Kämpfer ließ sich auf den Rücken werfen, um seinen Gegner, wenn er sich zur Vervollständigung seines vermeintlichen Sieges auf ihn werfen sollte, vermittels eines der zahlreichen diesem Zwecke dienenden Tricks seiner Kunst kampfunfähig zu machen. Da aber die amerikanischen Ringerregeln es als Sieg anzusehen erlauben, wenn der Gegner auf den Boden geworfen, mit beiden Schultern die Erde berührt, so wusste der Kadett gar nicht, dass sein Gegner annahm, er werde sich ebenfalls fallen lassen, um seinen vermeintlichen Vorteil auszunutzen. In der Tat ist es aber, wie sich nachstehend ergeben wird, ein sehr häufig geübter Kunstgriff, sich zu Boden fallen zu lassen und dem anderen dann nach dieser oder jenen Methode eine Niederlage zu bereiten. Gerade hierin zeigt sich die Originalität und Überlegenheit des Jiu-Jitsu gegenüber anderen athletischen Systemen.


In diesem Vorwort wird also der Anspruch deutlich gemacht, das System von Jigoro Kano zu beschreiben. Dies bestätigt auch der japanische Mitverfasser Katsukuma Higashi in seinem Vorwort. Was aber fördert ein Blick in das Buch, in die Beschreibung der Techniken ans Tageslicht (hier bei Google Books die englische Ausgabe: http://books.google.co.uk/books?id=b1vD ... &q&f=false?

Es hat nichts, aber auch gar nichts mit Kodokan-Judo zu tun. Zu dieser Zeit gabe es bereits die Gokyo-no-waza, das heißt 42 benannte Wurftechniken. Wir finden keinen einzigen japanischen Namen für eine Technik und auch nur mit Phantasie Wurftechniken der Gokyo. Das Buch beschreibt etwas vollkommen anderes! Aus heutiger Sicht würde ich es - ohne wertend sein zu wollen - als eine ziemlich altmodische Form der Selbstverteidigung bezeichnen. Kein Wort von Kata oder Randori. Anspruch und Wirklichkeit dieses Buches, das die erste umfassende Buchveröffentlichung über japanische Kampfkunst in Deutschland war, klaffen meilenweit auseinander.

Eine interessante Diskussion findet sich hier: http://judoforum.com/index.php?/topic/1 ... -ju-jitsu/

Übrigens: das Vorwort von Baelz ist wirklich lesenswert. Meine Lieblingspassage daraus ist:

Was nun den Ursprung des Jiu-Jitsu betrifft, ist es ein Märchen, wenn in der Ankündigung der englischen Ausgabe von "Kano Jiu-Jitsu gesagt wird, diese Kunst werde seit 2.500 Jahren in Japan praktiziert.

Schade, dass wir Baelz heute nicht mehr fragen können, ob der die englische Ausgabe oder nur deren Ankündigung gelesen hat, als er sein Vorwort verfasste. Sein Vorwort wirkt durchaus sachkundig, so dass er es vermutlich hätte merken müssen, dass hier nicht "Kanos-System" dargestellt wird.
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Re: Vorwort zu "Das Kano Jiu-Jitsu" von Irving Hancock

Beitrag von tom herold »

Frank Thiele erzählt (und andere haben es ähnlich berichtet), daß Alfred Rhode dieses Buch an Kanô überreichte (1933).
Der wiederum erklärte nach einem kurzen Blick in dieses Buch, es habe mit seinem Jûdô nichts zu tun.
Woraufhin Alfred Rhode betreten bemerkte, man habe aber bisher nach eben diesem Buch trainiert ...
Frank sagte, daß Alfred Rhode genau diese Anekdote noch viele Jahre später immer mal wieder zum besten gab.
;)
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Re: Vorwort zu "Das Kano Jiu-Jitsu" von Irving Hancock

Beitrag von tom herold »

Nachsatz:

Besonders interessant finde ich, daß im amerikanischen Forum darauf hingewiesen wird, daß Higashi Katsukuma nicht belegbar mit der Tsutsumi Hozan-ryû in Verbindung gebracht werden kann.
Soweit mir bekannt, ist er auch im Kôdôkan nicht in der Liste der Dan-Träger verzeichnet ...?

Hier ein Zitat von einer HP:
In Europa wurde Jujitsu um die Jahrhundertwende bekannt. Der wichtigste uns „noch“ bekannte Lehrer dürfte wohl Katsukuma Higashi gewesen sein, er war ein direkter Schüler von Jigoro Kano.
http://www.psds.de/interessantes/entste ... jitsu1.php


Im amerikanischen Judoforum äußert Joe Svinth (den ich sehr schätze, weil er ungeheuer viel weiß), daß Rahn "möglicherweise" (probably) Tsutsumi Hozan-ryû Jûjutsu erlernt haben könnte.
Nun beruft sich Rahn aber ausschließlich auf Higashi Katsukuma.
Und für den habe ich trotz intensiver Recherche keine Verbindung zur Tsutsumi Hozan-ryû entdecken können.
(Sollte ich mich da irren, bitte ich um Korrektur!)

Der einzige Nichtjapaner, der wohl mehr oder weniger Tsutsumi Hozan-ryû erlernt und in veränderter Form weitergegeben hat und dessen "Linie" noch existiert, ist wohl Jan de Jong.
Und über eine Verbindung von Rahn und de Jong ist rein gar nichts bekannt.

Ich fand nun noch folgendes:
Tsutsumi Masao, the last Tsutsumi Grandmaster, died in 1898. Among his students were Higashi. K, Saito. K (7th Dan) and Saito. S (8th Dan).
Tsutsumi and Higashi were involved in the development of Kano Ju-Jitsu, the precursor to Judo.
Professor Kanos original intention being to bring together into one system the best of the Ju-Jitsu schools, Tsutsumi contributed greatly to the expansion of the Kano Ju-Jitsu system. Higashi coauthored a book with Irving Hancock entitled "The Complete Kano Ju-Jitsu".
http://www.lespereira.com/Documents/Tsu ... 0Jitsu.pdf
Mit Verlaub - das ist doch Unsinn.
Ich bitte um Korrektur, wenn ich mich irre, aber soweit ich weiß, hat Kanô sein Kampfsystem niemals "Kanô Ju-Jitsu" genannt.

WENN Tsutsumi und Higashi "in die Entwicklung des Kano Ju-Jitsu involviert" gewesen wären, dann hätte Kanô sie doch sicherlich irgendwo erwähnt, oder?

Die postulierte Verbindung von Tsutsumi und Higashi ist übrigens, soweit mir bekannt, nicht belegbar.
Jan de Jong wurde genau danach oft gefragt und verneinte eine solche Verbindung.
Damit kann es auch keine Linie Tsutsumi --> Higashi Katsukuma --> Rahn geben.

Es gibt aber (Überraschung!) in Deutschland etwas, daß sich "Katsukuma Ryû" nennt ...
:dontknow
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Re: Vorwort zu "Das Kano Jiu-Jitsu" von Irving Hancock

Beitrag von tutor! »

Das Exemplar in der Kodokan-Bibliothek enthält folgende Widmung (Ich habe mir die Seiten dort kopiert):

"Herrn Dr. J. Kano seinem Vorbild in dankbarer Verehrung
Werner Glasenapp
Berlin, am 29. September 1929"


Das schließt natürlich nicht aus, dass Alfred Rhode vier Jahre später auf dieselbe Idee gekommen sein könnte.... Auf der anderen Seite irritiert mich, dass ich zwar eine Europareise Kanos 1928 sowie 1933 (beides mal einschl. Berlin) finden kann, jedoch nicht für 1929. Die Widmung ist aber eindeutig. Nun kann man munter spekulieren auf welch anderem Weg das Buch zu Kano gekommen sein könnte. Denkbar ist es, deshalb habe ich meinen ursprünglichen Beitrag etwas modifiziert. Glasenapp hat Kano auf jeden Fall mindestens einmal getroffen. Es existiert ein Pressebericht von 1928:

"I was surprised by the fervor for jūdō in the nations of Europe. Using my visit as an occasion, it has been decided to form a European jūdō federation and after contacting the Kōdōkan it was decided to award Kōdōkan rank to those who had recommended said federation. The countries in which jūdō in most widespread are the five [sic.] nations of Germany, Italy, Sweden, and Romania. In Italy, the instructor [Carlo] Oletti, who had previously been at the Kōdōkan, has 7000 students. Grassnapp [Edit: I’m not sure of this name; in Japanese he is referred to as グラスナップ], the strongest [jūdōka] in Germany, a well built man over 180 centimeters (6 shaku), boasted that he had himself devised new methods and that he would not lose to any Japanese so I had Aida, 5th-dan, compete with him in shiai and he was thrown by Aida without any difficulty at all. There was also a time at another dōjō when Aida amazed everyone when he was besieged by five opponents simultaneously and won. At present, a Kōdkan 2nd- or 3rd-dan would be stronger than the jūdōka of Europe but if they practice proper technique they will no doubt be quite formidable in the future."

Source _Tōkyō Asahi Shinbun_ 9/23/1928
Translation copyright J. Zwicker

(http://judoforum.com/index.php?/topic/4 ... ntry539592)

Ob Rhode oder Glasenapp oder beide - ob 1929 oder 1933: letztlich war das Buch wichtig, um überhaupt öffentlich bekannt zu machen, dass es japanische Kampfkunst gibt (welche genau und in welcher Qualität auch immer). Auf der anderen Seite war man, was Judo betrifft, einige Jahrzehnte auf dem falschen Dampfer.

Jedoch fand die erste Judo-Sommerschule in Frankfurt ein Jahr vorher statt. Dort war als Lehrer z.B. K. Ishiguro, der mit Sicherheit Kodokan-Judo gemacht hat. Normalerweise würde ich erwarten, dass Rhode zu diesem Zeitpunkt schon hätte erkennen können, dass Kodokan-Judo und das "Kano-Jiu-Jitsu" zwei verschiedene paar Stiefel sind, zumal vorher auch schon ab November 1929 Vergleichskämpfe mit dem Budokwai London stattgefunden hatten.

Zu Tsutsumi und Hoshino: Beide werden im Buch erwähnt als diejenigen, die das Kano-Jiu-Jitsu erweitert hätten. In dem dritten Vorwort - dem von Higashi - heißt es:

"Als das Kano-System von der japanischen Regierung offiziell anerkannt wurde, bestand es aus 47 Kampftricks und 15 gefährlichen Tricks. Von den großen Lehrern Hoshino und Tsutsumi sind Ergänzungen und Erweiterungen hinzugekommen, so dass das vollständige System, wie wir es lehren, jetzt 160 Übungen oder Tricks umfasst"

Bei Hoshino handelt es sich mutmaßlich um jenen Kumon Hoshino von der Shiten-ryu, der 1906 in Kyoto bei der Kata-Standardisierung dabei war.

Jedoch habe ich an keiner Stelle einen Hinweis gefunden, dass Higashi tatsächlich bei einem der beiden gelernt haben soll. Wenn sie Kano schon in Anspruch nehmen, warum soll es bei den beiden anderen glaubwürdiger sein?
tom herold hat geschrieben:Ich bitte um Korrektur, wenn ich mich irre, aber soweit ich weiß, hat Kanô sein Kampfsystem niemals "Kanô Ju-Jitsu" genannt.
Kano nannte sein System selbst übrigens ursprünglich in voller Länge "Nihon-den-Kodokan-judo".
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Re: Vorwort zu "Das Kano Jiu-Jitsu" von Irving Hancock

Beitrag von tom herold »

Danke Tutor für diese Informationen.
:D

Ich weiß, daß Anekdoten sich im Laufe vieler Jahrzehnte verändern und manchmal etwas ... ungenau werden, ein wenig inhaltlich ... verschwimmen.
;)

Ich habe jedoch von verschiedenen "älteren Herren" ;) gehört, daß Alfred Rhode diese Geschichte immer mal wieder erzählt haben soll ...
Ich gebe dabei nur wieder, was mir berichtet wurde.

Ich spekuliere mal - eventuell ereignete sich die ganze Sache ja bereits 1928 ...?
Wie auch immer, keiner von uns war dabei (leider ... was wäre das spannend gewesen!!!)
:D

Im amerikanischen Forum gibt es übrigens - Tutor wies ja bereits darauf hin - eine lange Diskussion zu Higashi.
Ich finde es sehr interessant, daß letztlich niemand zu wissen scheint, wer Katsukuma Higashi tatsächlich war ... oder welcher Ryû er angehörte.
:o

Für die Tsutsumi Hozan-ryû und für den Kôdôkan jedenfalls läßt sich wohl sagen, daß ein Katsukuma Higashi dort nicht bekannt war/ist.
;)
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Re: Vorwort zu "Das Kano Jiu-Jitsu" von Irving Hancock

Beitrag von tutor! »

böser tom hat geschrieben:Ich spekuliere mal - eventuell ereignete sich die ganze Sache ja bereits 1928 ...?
Das würde bedeuten, dass sich Glasenapp bei der Widmung um ein Jahr verschrieben hat.... aber der Monat würde wieder passen....

Wie dem auch sei: die Schlüsse, die man daraus ziehen kann, hängen nicht von dieser Jahreszahl ab.

In dem Buch finden sich auch Übersetzungen der "in Japan geltenden Regeln für Jiu-Jitsu-Kämpfer", aus dem japanischen übersetzt von Higashi.
bei Alex Bennet sind die Kodokan-Regeln abgedruckt. Ich werde das bei Gelegenheit einmal in einem separaten Faden vergleichen. Im Moment kann ich nur sagen, dass diese Regeln genauso wenig gemeinsam haben, wie Techniken.....

Meiner Meinung nach war Higashi ein Showkämpfer, der sicherlich irgend etwas konnte, und Hancock hat ihn publizistisch aufgebaut.
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Re: Vorwort zu "Das Kano Jiu-Jitsu" von Irving Hancock

Beitrag von tom herold »

Meiner Meinung nach war Higashi ein Showkämpfer, der sicherlich irgend etwas konnte, und Hancock hat ihn publizistisch aufgebaut.
:D

Als ich vor etwa fünf Jahren sinngemäß dasselbe (in einem ganz anderen Forum) schieb und darauf hinwies, daß Higashi Katsukuma mit dem Jûdô wenig bis nichts zu tun gehabt haben kann, bezog ich (verbal) ganz schön Prügel ...
;)

Übrigens - noch einmal ein großes Dankeschön an Tutor (auch für den Textvergleich in Bezug auf Bälz im anderen Faden) und an Reaktivator für all die Quellensichtung und Quellenanalyse.
(Ich weiß, welch mühseliges "Geschäft" das ist!).

Es will mir scheinen, als ob sich einige geschichtliche Zusammenhänge inzwischen besser darstellen bzw. verstehen lassen.
:D :D
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Re: Vorwort zu "Das Kano Jiu-Jitsu" von Irving Hancock

Beitrag von tutor! »

tom herold hat geschrieben:Als ich vor etwa fünf Jahren sinngemäß dasselbe (in einem ganz anderen Forum) schieb und darauf hinwies, daß Higashi Katsukuma mit dem Jûdô wenig bis nichts zu tun gehabt haben kann, bezog ich (verbal) ganz schön Prügel ...
Um das festzustellen, reicht doch eigentlich ein kurzer Blick in das Buch...

Judoka haben anders als die "Jiu-Jitsu"-Leute im allgemeinen ja auch gar keinen Bezug zu Higashi oder Rahn. Wenn man als Judoka gebeten - oder genötigt - wird, eine Kurzzusammenfassung der Judo-Geschichte (z.B. für eine Homepage, einen Presseartikel oder als Einleitung für eine Studienarbeit) zu schreiben, fängt man halt bei Rahn an, weil dort irgendwie ein Anfang "japanischer Kampfkünste" in Deutschland zu finden ist. Der Beginn des Judo in Deutschland wird ohnehin eher in den ersten Kontakten mit dem Budokwai (ab 1929) gesehen.

Die "Jiu-Jitsu"-Leute tun sich da schon schwerer, weil sie sich in ihrer Verbandszersplitterung voneinander abgrenzen müssen. Dabei müssen sie den Spaghat schaffen, japanische Wurzeln für sich zu reklamieren (sonst macht das Kyu/Dan-System und diverse Anreden/Titel wie "sensei", "hanshi" u.a. keinen Sinn), können aber keinerlei Legitimation aus irgendeiner japanischen Ryu herleiten, denn zu Higashi findet man nirgends die Angabe einer Ryu oder einer Graduierung oder irgendwie eines Titels. Damit schwebt das deutsche "Jiu-Jitsu" ein wenig im luftleeren Raum, zumindest, was die Historie betrifft (qualitativ kann ich gar nichts dazu sagen).

Bitter ist natürlich, wenn man mit der Aussage konfrontiert wird, es hätte nie ein von Jigoro Kano geschaffenes "Kano Jiu-Jitsu" gegeben, das schon gar nicht das "offizielle Jiu-Jitsu" der japanischen Regierung war. Selbst wenn man zugute hält, dass die Bezeichnung "Kano-ryu-jujutsu" von anderen (also nicht von Kano selbst) benutzt worden sein kann, dann genügt ein Blick um festzustellen, dass dieses nicht in diesem Buch dargestellt wurde.

Außerdem waren viele Ryuha unter dem Dach der Butokukai organisisert und es gab tatsächlich Bestrebungen der Regierung zu einer Vereinheitlichung. Auch hat sich das Kodokan-Judo gegenüber den anderen Ryuha in vielen Bereichen durchgesetzt, z.B. bei der Standardisierung der Kata. Aber das geschah erst nach Veröffentlichung dieses Buches....

Was bleibt? Es ist ein selbst zusammengestelltes System mit der heute(!) leicht zu widerlegenden Behauptung, es sei das von Jigoro Kano entwickelte "Jiu-Jitsu". Vorwerfen kann man das aber der Vorkriegsgeneration irgendwie auch nicht. Wo hätten die denn auch die Informationen hernehmen sollen?

Aber wie gesagt: dem Judoka kann es ziemlich egal sein....
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Re: Vorwort zu "Das Kano Jiu-Jitsu" von Irving Hancock

Beitrag von tom herold »

Hmmm ...
Ich sehe es ein wenig anders.
Natürlich könnte es dem Jûdôka gleichgültig sein ... nur - es ist derzeit aus den Köpfen ganz vieler Kampfsportler einfach nicht rauszukriegen, daß bspw. Erich Rahn ganz maßgeblich etwas mit der Verbreitung des Jûdô in Deutschland zu tun gehabt haben soll.

Die "Argumentationskette" diesbezüglich geht so:
Kanô --> Higashi (obwohl das Unfug ist), Higashi --> Rahn (soweit mir bekannt, läßt sich nicht einmal nachweisen, daß Rahn je wirklich mit Higashi zusammentraf, geschweige denn bei/mit Higashi trainiert hat, es gibt dazu nur Rahns eigene Behauptung, ein Schüler Higashis gewesen zu sein ... und kein einziges Foto, welches Rahn und Higashi zusammen zeigt), Rahn -->Alfred Rhode ... (ja, Alfred Rhode hat eine Zeit lang bei Rahn trainiert, das stimmt)

Wohlgemerkt: natürlich ist diese "Argumentationskette" unsinnig.
Dennoch wird sie noch immer fleißig verbreitet. Vor allem in den "Jiu-Jitsu/Ju-Jitsu/Jiu-Jutsu/Ju Jutsu"-Zirkeln ...
Die "Jiu-Jitsu"-Leute tun sich da schon schwerer, weil sie sich in ihrer Verbandszersplitterung voneinander abgrenzen müssen. Dabei müssen sie den Spaghat schaffen, japanische Wurzeln für sich zu reklamieren (sonst macht das Kyu/Dan-System und diverse Anreden/Titel wie "sensei", "hanshi" u.a. keinen Sinn), können aber keinerlei Legitimation aus irgendeiner japanischen Ryu herleiten, denn zu Higashi findet man nirgends die Angabe einer Ryu oder einer Graduierung oder irgendwie eines Titels. Damit schwebt das deutsche "Jiu-Jitsu" ein wenig im luftleeren Raum, zumindest, was die Historie betrifft
Mit exakt solchen Aussagen habe ich mich schon vor zehn Jahren in diesen Kreisen extrem unbeliebt gemacht ...
(Na gut, ich hatte es NOCH undiplomatischer formuliert ... ;) )

Sie wollen es nicht hören.
Aber sie bestehen darauf, daß das, was sie tun, "die Selbstverteidigung der Samurai" war, die später - je nach Verband - durch Rahn, Meurer, Werner oder andere nach Deutschland gekommen sein soll.
Und irgendwie war das dann gleichzeitig auch Jûdô ...
Wie jetzt ... Jûjutsu war stets Bestandteil einer Ryû-ha der Koryû Bugei ...?
Mir wird immer erzählt, es habe DAS "Jiu Jitsu" der Samurai gegeben ... ;)

Ich meine (ich schau nochmal nach) bei Rahn gelesen zu haben, was man bis heute in diversen Debatten zu hören bekommt - "ohne Tritte und Schläge ist es Jûdô, mit Tritten und Schlägen ist es Jiu-Jitsu".
:irre

Es gibt unzählige (deutschsprachige) HP, die "Jiu Jitsu" (Schreibweise je nach Verband differierend, ich las neulich sogar "Jiu Jitzu") anbieten und in ihrer "Historien-Ecke" den ganzen Krempel von den ollen Samurai, von Rahn und Higashi immer wieder aufwärmen und dabei schamlos voneinander abschreiben.

Was uns als Jûdôka das angeht?
Leider findet man auf so mancher Vereins-HP denselben Krempel, der mit Copy/Paste übernommen wurde.
Ich finde das sehr schade und alles andere als gut.
R.R.

Re: Judohomepage

Beitrag von R.R. »

[Fritz: Dieser und die folgenden Beiträge stammen aus diesem Faden: http://www.dasjudoforum.de/forum/viewtopic.php?t=3316]

Eine kurze Bemerkung zu einer Angabe in diesem (für Internet-Verhältnisse) uralten Thema:

Zwar liegen mir, abgesehen von Rahns Angaben, sowie den Angaben seiner Schüler, derzeit auch keine Belege für einen direkten Kontakt zwischen Rahn und HIGASHI Katsukuma vor, bei meinen Recherchen habe ich allerdings herausgefunden, dass sich Higashi keineswegs nur 6 Monate, sondern nach seiner Ankunft in Deutschland um die Jahreswende 1905/1906 für mehrere Jahre in Deutschland aufgehalten hat.

Ich gehe davon aus, dass die diesbezüglichen Details sehr bald allgemein bekannt werden.

R.R.
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Re: Judohomepage

Beitrag von tom herold »

Soweit ich eruieren konnte, läßt sich bisher nur schwer nachweisen, wie lange Higashi katsukuma in Deutschland war.
Die von mir hier im Faden vor 3 Jahren gemachte Aussage, er habe sich nur wenige Monate in Deutschland aufgehalten, hat sich als NICHT HALTBAR herausgestellt.
Daher muß ich diese meine Aussage korrigieren, finde aber bis jetzt keine Belege dafür, WIE LANGE Katsukuma Higashi denn nun in Deutschland war.

Abgesehen davon ist - soweit ich weiß - noch immer nicht geklärt, WER Katsukuma Higashi (wahrscheinlich ein Pseudonym) denn nun wirklich war.
Ist es richtig, daß sich ein Jûdôka dieses Namens NICHT in den Annalen des Kôdôkan findet?

Ich darf noch einmal jene Anekdote zitieren, die mein Lehrer manchmal erzählt und die er vin Alfred Rhode selbst gehört hat:
Als Kanô in Deutschland war, überreichte man ihm Katsukuma Higashis Buch "The Kôdôkan Jiu Jitsu".
Kanô sah es sich an und erklärte dann, dieses Buch enthalte kein Kôdôkan Jûdô.
Alfred Rhode meinte dazu betreten, man habe aber bisher nach diesem Buch trainiert ...
Woraufhin Kanô lächelnd seine bemerkung wiederholte.
Alfred Rhode (so haben es mir unabhängig voneinander drei Zeitzeugen erzählt) hat diese Anekdote später öfter zum Besten gegeben ...

Bleibt die Frage: Wer war Katsukuma Higashi?
Es gibt eine australische HP, auf der behauptet wird, er sei ein Meister der Tsutsuma Hozan Ryû gewesen.
Diese Schule bzw. einen Ableger davon gibt es noch (über Saito an Jan de Jong, verst. 1999). Auf Nachfrage wurde allerdings verneint, daß jemand namens Katsukuma Higashi jemals ein Angehöriger dieser Ryû gewesen sei.

Und ehe mir wieder jemand vorwirft, ich wolle Rahn oder Higashi einen "Stil unterjubeln" - ich weise nur darauf hin, daß es Leute gibt, die Higashi der Tsutsuma Hozan Ryû zuordnen (wollen), ohne dafür Belege zu liefern.
;)

Bis jetzt ist, soweit ich weiß, noch völlig ungeklärt, was Higashi überhaupt trainiert hat.
Es wäre schön, wenn da mal jemand Licht ins Dunkel bringen könnte ...

Bisher finde ich immer nur sowas hier:
[quote]Tsutsumi Masao, the last Tsutsumi Grandmaster, died in 1898.
Among his students were Higashi. K, Saito. K (7th Dan) and Saito. S (8th Dan).
Tsutsumi and Higashi were involved in the development of Kano Ju-Jitsu, the precursor to Judo. Professor Kanos original intention being to bring together into one system the best of the Ju-Jitsu schools, Tsutsumi contributed greatly to the expansion of the Kano Ju-Jitsu system. Higashi coauthored a book with Irving Hancock entitled "The Complete Kano Ju-Jitsu".[/quote
... und das halte ich dann doch für äußerst fragwürdig.
Oder möchte wirklich jemand behaupten, es habe VOR oder kurz NACH der Gründung des Kôdôkan ein "Kanô Jiu Jitsu" als VORLÄUFER des Jûdô gegeben, in dessen Entwicklung "Tsutsumi und Higashi involviert waren"?

Ich bin mal gespannt, ob wir demnächst wirklich mehr über Higashi erfahren.
Würde mich freuen.
;)

@R.R.:
Danke für deine Recherche.
:D
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Re: Judohomepage

Beitrag von tutor! »

böser tom hat geschrieben:Ich darf noch einmal jene Anekdote zitieren, die mein Lehrer manchmal erzählt und die er vin Alfred Rhode selbst gehört hat:
Als Kanô in Deutschland war, überreichte man ihm Katsukuma Higashis Buch "The Kôdôkan Jiu Jitsu".
Kanô sah es sich an und erklärte dann, dieses Buch enthalte kein Kôdôkan Jûdô.
Im Jahr 1928 schrieb KANŌ in einem Rückblick auf einen Aufenthalt in Deutschland, bei dem er die Polizeischule in Berlin besuchte (Sakko Heft 7, Nummer 12, 1928, übersetzt von BITTMANN, 2010):
„Als ich diese Schule besuchte, holte der Schulleiter unverhofft ein ziemlich dickes und mit Illustrationen versehenes Buch mit dem Titel 'Kanō Jiu Jitsu' heraus, zeigte es mir und sagte, dass man an seiner Schule mit diesem Buch als Grundlage das Jūjūtsu erforschen würde. Schlägt man das Buch auf, enthält es auf der Titelseite eine Abbildung von mir und die Einleitung stammt gar von Dr. BAELZ. Doch sein Inhalt besteht aus lauter Dingen, die mir unbekannt sind, und ich brauche wohl nicht zu erwähnen, dass es sich dabei nicht um meine wahre Lehre handelt und es daher unzulässig ist. Deshalb sprach ich dann, beginnend mit dem geschichtlichen Werdegang des Jūdō, im Großen und Ganzen über die Theorie der Techniken und der Prinzipien und dann über die Anwendung von Jūdō-Prinzipien auf die verschiedenen Bereiche der Gesellschaft. Mir kam es so vor, als hätten sie, [die Lehrer und Schüler der Polizeischule], zum ersten Mal verstanden, was das Kōdōkan-Jūdō eigentlich ist. Ich bin der Meinung, dass es völlig unmöglich ist, durch dieses Buch den Sinn des Jūdō richtig zu verstehen. Mit ziemlicher Sicherheit hat dieses Buch jemand geschrieben, der das Kōdōkan-Jūdō nie erlernte.
Über Jahrzehnte gab es also in der Tat in Deutschland aufgrund der Verbreitung des Buches vollkommen falsche Vorstellungen über das Kōdōkan-Jūdō!

Ich habe übrigens mit einen Augen in der Bibliothek des Kodokan ein Exemplar des Buches gesehen (und mir daraus einige Seiten kopiert), das eine handschriftliche Widmung von Werner Glasenapp an Jigoro Kano enthielt. Sie lautet: "Herrn Dr. J. Kano seinem Vorbild in dankbarer Verehrung, Werner Glasenapp Berlin, am 28. September 1929"

Higashi hat in diesem Buch auch ein Vorwort geschrieben, das ich persönlich für sehr aufschlussreich halte. Er behauptet vormals Lehrer von Kano-Jiu Jitsu am Doshiha Colleg in Kyoto gewesen zu sein und er behauptet ferner, dass:
Als das Kano´sche System von der japanischen Regierung offiziell anerkannt wurde, bestand es aus 47 Kampftricks und 15 gefährlichen Tricks. Von den großen Lehrern Hoshino und Tsutsumi sind Ergänzungen hinzugekommen, so dass das vollständige System, wie wir es lehren, jetzt 160 Übungen oder Tricks umfaßt".
Da er so viel Blödsinn über Kano und das "Kano´sche System" schreibt, kann man sich die weitere Suche nach anderen Schulen sicherlich schenken...
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Techniques are only the words of the language judo (Cichorei Kano, 24.12.2008)
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Re: Judohomepage

Beitrag von tom herold »

@Tutor:

Danke, daß du noch einmal dieses Zitat Kanôs hier eingestellt hast (du hattest es, glaube ich, schon einmal gepostet ...?).



Ich denke, wir können davon ausgehen, daß Katsukuma Higashi KEIN Jûdôka war.

Unbeantwortet bleibt damit allerdings die Frage, was er dann trainiert hat, welcher Schule er enstammt ...
Aber vielleicht bringt da ja mal jemand Licht ins Dunkel.
Gut finde ich, daß nunmehr geklärt ist, aus welchem Jahr das hier u.a. diskutierte Foto stammt - und daß es, wie bereits vermutet, NICHT Erich Rahn zeigt.

Es ist gewiß möglich, wiewohl unwahrscheinlich (in einem anderen Faden wurde es ja bereits geschrieben), daß Kanô mit Erich Rahn zusammentraf.
Ich selbst glaub nicht daran.
Ich bin sicher, daß es von einer solchen Begegnung Fotos geben würde.
Rahn hätte sich gewiß die damit verbundene Reklame nicht entgehen lassen ("Seht her, selbst der berühmte japanische Meister Kanô macht mir seine Aufwartung!") ;)

Aber vielleicht stellt sich ja doch noch heraus, daß Kanô und Rahn sich trafen, und vielleicht ist das dann endlich mal belegbar ...
Ich glaub's zwar nicht, aber möglich wäre es ja trotzdem.

Zu Higashi
Weiß da jemand etwas Genaueres?
Todestag, gestorben wo ...?
Lebensdaten überhaupt?
Bisher ist da nur Widersprüchliches zu finden.
Behauptungen, die unbewiesen im Raum bzw. auf Internet-Seiten stehen ...
:dontknow
R.R.

Re: Judohomepage

Beitrag von R.R. »

Bedauerlich, dass mein Folgebeitrag vom 14.08.2011 nicht freigeschalten wurde. Hätte sicherlich manche Leute interessiert!

R.R.
Sukoshi
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Re: Judohomepage

Beitrag von Sukoshi »

Kannst es ja nochmal versuchen

Mich würde es interessieren...
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Fritz
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Re: Judohomepage

Beitrag von Fritz »

R.R. hat geschrieben:Bedauerlich, dass mein Folgebeitrag vom 14.08.2011 nicht freigeschalten wurde. Hätte sicherlich manche Leute interessiert!.
Kannst Du ihn bitte nochmal einstellen? Ein Blick ins Moderationsprotokoll weckt in mir die unschöne Vermutung,
daß er irrtümlich "entsorgt" wurden
- in der Zeit gab es ein stark erhöhtes Spam-Aufkommen und da ist es gut möglich, daß Dein Beitrag
dabei mit "unter die Räder" gekommen ist.
Mit freundlichem Gruß

Fritz
tutor!
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Re: Judohomepage

Beitrag von tutor! »

Wir haben derzeit wie Fritz schon sagte etwas Ärger mit Forenspam - teilweise werden Spambeiträge einschl. eingebundener Bilder gepostet. Laut Moderationsprotokoll habe ich am 14. 8. morgens um 7.23 Uhr sechs Gastbeiträgen in einer Aktion die Freigabe verweigert. Sollte Dein Beitrag darunter gewesen sein - was sich nicht mehr feststellen lässt - bitte ich dafür um Entschuldigung.

Das Best wäre jedoch das Anlegen eines Accounts, dann erscheint der Beitrag sofort, alles kann nachvollzogen werden und wir haben weniger Arbeit (obwohl wir diese gern machen).
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
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Re: Judohomepage

Beitrag von R.R. »

Gut, dann also nochmals, obwohl dies einigen zusätzlichen Aufwand bedeutet, da der Beitrag auch eine Übersetzung enthält:

Der oben erwähnte Vorfall mit dem Buch von Hancock und Higashi findet sich, außer in den bereits angesprochenen Quellen, in ähnlicher, wenn auch nicht exakt gleicher Form auch in Brian N. Watsons "Judo Memoirs of Jigoro Kano", Trafford Publishing, 2008, Seiten 130-131.

Eine weitere, unterschiedliche Version, welche sich offenbar nicht direkt auf Kanō's Artikel von 1928 bezieht, erschien nun in Richard Bowens "100 Years of Judo in Great Britain. Reclaiming of Its true Spirit", Volume 2, IndPenPress, Brighton, 2011, Seiten 98-99. Einschlägig Interessierte werden wahrscheinlich auch diese Schilderung interessant finden. Die (wahrscheinlich etwas holprige) Übersetzung aus dem Englischen stammt von mir.

In der Quellenangabe ist von einer Diskussionsrunde zum Thema "Judo im Ausland, vor dem Krieg" zu lesen, an welcher neben dem Herausgeber auch folgende Personen teilgenommen hatten: Hitomi KUDO, 9. Dan, Keishichi ISHIGURO, 8. Dan, Masami WASHISAKI, 8. Dan, und Saburo HAYAMA, 8. Dan. Veröffentlicht wurde dieses Gespräch sowohl in einer der Ausgaben des Kodokan Magazins, wie auch in der in Frankreich herausgegebenen englisch/französischen Version, dort in mehreren Folgen, beginnend mit der Ausgabe vom Jänner 1964.
"Washisaki hatte ebenfalls einige Reiseerfahrung. Er begleitete Jigoro Kano und Otani (nicht den Otani von London) auf einer Reise nach Europa. An einem Ort, es war wahrscheinlich Wien¹, wurden sie in ein Polizei-Dojo mit den üblichen, weichen, schwammigen Matten² gebracht. Während des freien Übens (Randori) kamen die Japaner dahinter, dass Würfe nicht als Sieg zählten, sondern es musste zu einer Aufgabe aufgrund einer Würge- oder Hebeltechnik kommen. Natürlich ist das Aufkommen auf einer weichen Matte, oder tatsächlich auf irgendeiner Matte, etwas anderes, als beispielsweise auf einem Bürgersteig zu landen. Judo ist eine Kampfkunst³, und auf dem Bürgersteig zu landen wäre sicherlich entscheidend, außer der Gegner wäre im Fallen (Ukemi) ausgebildet. Wie auch immer, am Ende der Übungseinheit bemerkte Dr. Kano, dass der Lehrer der Gruppe verschwunden war. Er fand ihn draußen, "... völlig gebrochen, mit dem Kopf in seinen Händen." Es stellte sich heraus dass er, der selbst keinen Lehrer hatte, aus einem Buch mit einem roten Umschlag unterrichtet hatte, und nun erkannte, dass er unrichtige Techniken gelehrt hatte. Das Buch mit dem roten Umschlag war, natürlich, 'Das Kano Jiu-Jitsu' von Hancock und Higashi. Nach einiger Zeit tröstete Dr. Kano den niedergeschlagenen Lehrer, indem er ihm sagte, es sei außergewöhnlich, dass er es auf diese Weise geschafft hatte, so weit zu kommen, und dass seine Bemühungen sicherlich nicht vergeudet waren."
  • ¹ Ich denke, dass es sich hier um einen Irrtum handelt:
    Der Erzähler war sich offenbar selbst nicht sicher, und verwendete daher die Formulierung "it was probably Vienna".
    Die Sache mit dem Buch von Hancock und Higashi klingt einfach zu sehr nach der Geschichte von Rhode, sowie dem von Kano bereits 1928 geschilderten Ereignis in der Polizeischule in Deutschland.
    In Wien besuchte Jigorō Kanō erst im Jahre 1933 eine Polizeischule.
    Für die Reise von 1928 werden allerdings lediglich die Lehrer Aida und Kudo, beide damals 5. Dan, als offizielle Begleiter genannt. 1933 wiederum waren es Takasaki und Kotani, zu der Zeit beide 6. Dan. Wann genau also Washisaki und Otani Kanō nach Europa begleitet haben sollen, scheint bislang noch ungewiss zu sein. Vielleicht waren die beiden zu jener Zeit aber auch einfach nicht "hochrangig" genug, um erwähnt zu werden.


  • ² Im englischen Original lautet der Text: "... where the mats were the usual soft spongy ones." Im gleichen Buch finden sich auch Berichte von Teilnehmern aus dem Londoner Budokwai an den Vergleichskämpfen von 1929 in Deutschland über diese Matten, welche sie als "ihrem schnellen Stil eher hinderlich" betrachteten - was allerdings ihrem Erfolg gegen die deutschen Mannschaften keinen Abbruch tat.


  • ³ Im englischen Original lautet der Text: "Judo is a martial art ..."


R.R.
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Re: Judohomepage

Beitrag von tom herold »

Danke für diesen Beitrag!
:D
Das klingt in der Tat sehr nach dem, was Alfred Rhode öfter erzählt hat ...
Zeugen für Alfred Rhodes Bericht/Anekdote wären u.a. Frank Thiele und Peter Garber.


Was nun Higashi angeht, so denke ich, daß Tutor! es noch einmal auf den Punkt gebracht hat:
Da er so viel Blödsinn über Kano und das "Kano´sche System" schreibt, kann man sich die weitere Suche nach anderen Schulen sicherlich schenken...
Es dürfte also auszuschließen sein, daß Higashi tatsächlich jemals Kôdôkan Jûdô trainiert hat.
Die Tsutsumi Hozan Ryû kennt ihn auch nicht; er gehörte ihr mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht an.
Meine recht guten Kontakte zu insgesamt drei Koryû haben ergeben, daß auch in anderen Koryû der Name Katsukuma Higashi nicht bekannt ist (ich hatte einige Vertreter bspw. der Yoshin Ryû gebeten, sich diesbezüglich in Japan zu erkundigen - die Szene dort ist überschaubar, man kennt sich).

Es ist also davon auszugehen, daß Katsukuma Higashi ein sehr früher Vertreter jener Spezies von "Meistern" war, die eine "eigene" Kampfkunst erfinden, ohne dafür qualifiziert zu sein.
Offenbar wollte Higashi davon profitieren, daß das Jûdô in Japan zu jener Zeit (1905/06) bereits überaus populär war ... und schmückte sich mit fremden Federn.

Bedauerlicherweise bezieht sich Erich Rahn nun ausgerechnet auf Katsukuma Higashi.
Wenn man es höflich ausdrücken möchte, dann hat da der eine Autodidakt vom anderen ... na ja: gelernt (immer vorausgesetzt, Rahn und Higashi hätten sich tatsächlich getroffen, was bisher einfach nicht zu belegen ist, soweit mir bekannt).
Als Grundlage für eine effektive, funktionale KK ("Jiu Jitsu"), die sich auf "Selbstverteidigung" fokussiert haben will, ist das ein bißchen sehr dünn ...
Kumamoto
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Re: Vorwort zu "Das Kano Jiu-Jitsu" von Irving Hancock

Beitrag von Kumamoto »

Es passt zwar nur bedingt hierher, aber ich plädiere - um ein weiteres Hörensagen über die wahre Geschichte des Judo - zukünftig zu vermeiden und belegbare Fakten zu schaffen, dass die IJF oder der Kodokan oder sonstwer schnellstmöglichst einen Gesandten zu Keiko Fukuda schickt, der alles aufschreibt, was diese ältere Dame zu sagen hat- schließlich ist sie eine der wenigen, die noch unter Jigoro Kano persönlich trainiert hat. Sie hat sicher noch viel zu erzählen. Es wäre schade, wenn dieses Wissen verloren ginge.
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