Mahito Ohgo und die 1970er

Hier geht es um die Geschichte und um Traditionen des Judo
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HBt

Mahito Ohgo und die 1970er

Beitrag von HBt »

Was wissen wir über Mahito Ohgo?
Er
- entwickelte die analytisch-synthetische Unterrichtsmethodik
- war Referent in Köln
- übersetzte und schrieb Bücher
- verlegte ein Judofachmagazin
- hatte Kontakt zu Tokio Hirano und anderen Judolehrern.

Bibliographie:
Judo, 40 Gokyo-Kampftechniken 1974
Judo, Grundlagen / Methodik 1970
Judo, Grundlagen des Stand - u. Bodenkampfes (Autor: W. Hofmann, Uke: M. Ohgo) 1973
Judo für Anfänger und Kämpfer (Autor: Masahiko Kimura, Übersetzung: M. Ohgo) 1974

Ich wüßte gerne mehr:
- Wer waren seine Lehrer
- Für welche Universität startete er
- Durch welche Umstände kam er nach Deutschland, wurde er offiziell vom Kodokan beauftragt
- Wie nachhaltig waren seine Lehren?
:danke
tutor!
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Re: Mahito Ohgo und die 1970er

Beitrag von tutor! »

HBt hat geschrieben:
HBt hat geschrieben:Wie nachhaltig waren seine Lehren?
Den Teil kann ich Dir beantworten - auf die anderen Fragen weiß Jupp alles, was Du wissen möchtest, weil er ein enger Schüler Ohgos war und später die Judo-Revue mit ihm emeinsam gemacht hat, bevor Ohgo zurück nach Japan ging.

Ohgo muss man immer ein wenig gemeinsam mit Wolfgang Hofmann sehen, in dessen Judo-Schule "Bushido Köln" die beiden damals gelehrt haben. Mit Ralf Lippmann, Ulli Klocke und Klaus Kessler sind gleich drei prominente, heute noch sehr aktive Leute aus der Zeit hervorgagangen. Hofmann und Ohgo haben überhaupt erst die ÜL-Trainerausbildung in West-Deutschland aufgebaut und damit auch dafür Sorge getragen, dass Judo Einzug in die Sportlehrerausbildung an Universitäten halten konnte.

Auch wenn heute andere methodische Vorgehensweisen also die "Methode Ohgo" günstiger erscheinen mögen, kommt Ohgo das Verdienst zu, mit seinen Arbeiten (z.B. "Judo - Grundlagen, Methodik") überhaupt erst einen Grundstock für eine Methodendiskussion gelegt zu haben. Bis dahin erschöpfte sich Methodik weitgehend in reiner Systematisierung (z.B. Kawaishi). Nur Geesink ("Judo in Evolution") hatte - einem vollkommen anderen Ansatz folgend - ein methodisches Konzept veröffentlicht.

Beiden Konzepten mangelte es übrigens daran, dass der situative Zusammenhang zwischen einzelnen Techniken nicht genügend scharf abgebildet war, eine Lücke, die dann P. Herrmann ("Neue Lehrmethoden der Judo-Praxis") und Klocke/Bonfranchi ("Wir machen Judo") geschlossen haben.

Die Arbeit von Ohgo in Deutschland muss als sehr nachhaltig bezeichnet werden, denn es war in der Tat Pionierarbeit in den Vermittlungsmodellen von Judo und drei seiner direkten Schüler sind nach wie vor im DJB an entscheidender Position tätig.
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
Techniques are only the words of the language judo (Cichorei Kano, 24.12.2008)
Jupp
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Re: Mahito Ohgo und die 1970er

Beitrag von Jupp »

Mahito Ohgo studierte Anfang der 60er Jahre mit Wolfgang Hofmann an der Tenri-Universität in Tokyo. Die beiden freundeten sich miteinander an und als Hofmann (als Sieger beim Vorolympischen Judoturnier) 1963 nach Deutschland zurückkehrte, ging Ohgo mit.
Ohgo hatte in den nachfolgenden Jahren viele unterschiedliche Judotätigkeiten in ganz Europa. Als technisch versierter Judoka und angenehmer und sehr gebildeter Gesprächspartner verschaffte er sich in vielen Ländern, wo er Judolehrgänge abhielt, in den Jahren bis 1973 zahlreiche Freunde und Anhänger. Er unterrichtete in Schweden, Dänemark, Norwegen, Holland, der Schweiz und Österreich und war mehrere Jahre Landestrainer in Nordrhein-Westfalen.
Ab 1969 bis 1972 hatte er gemeinsam mit Wolfgang Hofmann einen Lehrauftrag für Judo an der Deutschen Sporthochschule in Köln, arbeitete mit Hofmann in dessen Sportcenter Bushido, in der Judolehrerausbildung des DJB (ab 1970?) und in der "Judolehrerausbildung" an der Sporthochschule, die Anfang der 70er Jahre als erste "professionelle" Ausbildung in den Kampfsportarten eingeführt worden war.
Anfang der 70er Jahre entstanden auch seine Judobücher beim Falkenverlag in Wiesbaden, wo er auch ab Anfang 1976 die "Judo-Revue" herausgab, eine vom DJB unabhängige "Fachzeitschrift für Judolehrer, Trainer, Experten und alle Judoka", die dann ab 1978 (Heft 10) von seinen Schülern Ulrich Klocke und Dr. Riccardo Bonfranchi einige Jahre weiter geführt wurde.
Ab 1973(??) "wanderte" Ohgo weiter durch Europa, wurde Lehrer beim Heidelberger Judo-Club, später beim JC Zürich bei Walter Eichenberger und auch noch Lehrer in Österreich.
Ende der siebziger Jahre holte ihn der Begründer der Tokai-Universität Shigeyoshi Matsumae, ein Weggefährte und Bewunderer Kanos, hochrangiger Judoka und ein politisch äußerst einflussreicher Industrieller, zurück nach Tokyo, wo er als dessen persönlicher Referent mit Schwerpunkt Europa tätig wurde.
Ab 1979, als Matsumae auch Präsident des Weltjudoverbandes IJF wurde, galt Ohgo als ein einflussreicher Mann. Bis zum Ende der Tätigkeit Matsumaes als Präsident der IJF war Ohgo dessen Sekretär (1987). Danach zog er sich aus dem Judo zurück.
Heute reist Ohgo, der mit einer deutschen Frau verheiratet ist und einen 26-jährigen Sohn hat, häufig zwischen Japan und Europa hin und her und stellt seine Kenntnisse und Kontakte zur Verfügung, um zahlreiche Geschäfte zwischen den Kontinenten zu ermöglichen.
Mahito Ohgo ist derzeit 65 Jahre alt.

Jupp
HBt

Re: Mahito Ohgo und die 1970er

Beitrag von HBt »

Vielen Dank an Tutor und Ulrich,
für Eure informativen Antworten.
Wenn ich das jetzt richtig verstanden habe, ist Mahito Ohgo nicht mehr auf der Tatami aktiv, das ist irgendwie schade.
Gruß
Helge

Die 1970er:
Wurde die Methodikdiskussion in der DDR ebenso scharf geführt wie in der BRD? Wer außer Horst Wolf prägte das Judo, die Judoausbildung der damaligen DDR?
tutor!
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Re: Mahito Ohgo und die 1970er

Beitrag von tutor! »

HBt hat geschrieben: Die 1970er:
Wurde die Methodikdiskussion in der DDR ebenso scharf geführt wie in der BRD? Wer außer Horst Wolf prägte das Judo, die Judoausbildung der damaligen DDR?
Die Rahmenbedingungen waren völlig andere als in Westdeutschland, so dass es keine pluralistische Debatte für methodische Wege geben konnte. Im Westen konnte z.B. jeder einen Verlag suchen und seine Werke veröffentlichen, was in der DDR nicht so einfach ging. Jedoch machte man sich dort ebenfalls sehr viele Gedanken, andernfalls wären die guten Leistungen der damaligen DDR-Athleten auch gar nicht möglich gewesen.

Die Entwicklung der entsprechenden Konzepte fand hauptsächlich in der DHFK (=Deutsche Hochschule für Körperkultur und Sport) in Leipzig statt, dem damaligen "Gegenstück" zur DSHS Köln. Die damaligen "Hauptakteure" der DDR waren G. Lehmann, H. Müller-Deck, Manfred Michelmann und H.-J. Ulbricht. Sie hatten natürlich Unterstützung von Biomechanikern (z.B. Nieke) und der gesamten trainingswissenschafltichen Abteilung(en), die wertvolle Zuarbeit lieferten. Der Forschungs- und Entwicklungsansatz war aber weniger "orientalisch-traditionell", sondern mehr "westlich-wissenschaftlich", was einerseits an der schwierigen Kontaktsituation mit Japan lag und andererseits durch die Anbindung an die DHFK nahe lag.
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
Techniques are only the words of the language judo (Cichorei Kano, 24.12.2008)
HBt

Ein Phänomen

Beitrag von HBt »

Immer wenn ich technisch nicht mehr weiter weiß, hilft mir Ohgo, so auch gestern. Es muß an der einfachen, aber sehr präzisen Darstellung der Nage-Waza in den oben aufgeführten Büchern liegen?!

Back to the roots.
noboru
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Mahito Ohgo 1969 in der Tschechoslowakei

Beitrag von noboru »

Mahito Ohgo hat 1969 in der Tschechoslowakei Judo unterrichtet (ich glaube August) und vielleicht sogar noch öfter.. Er führte ein mehrtägiges Lager in Klánovice für eine große Anzahl von tschechoslowakischen Trainern.

Am Morgen rannte er, er war sehr streng auf die richtige Technik, ich weiß es von den Zeugen.

Ich habe ein paar Fotos.
Bild
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Photos sind aus Herr Vaclav Bauer from Pilsen.
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