Kodokan Judo in Deutschland

Hier geht es um die Geschichte und um Traditionen des Judo
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Fritz
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Beitrag von Fritz »

@Tom:
Kannst Du bitte in Zukunft
fachliche Kritik an Netzseiten (z.B. der von Remy-Otoshis ;-) )
von Häme und Polemik trennen?
Jemand wie Du, der bei seinen Schüler sicherlich als Sensei angesehen ist, sollte das eigentlich können...
Wenn du schon schreibst, daß Judo "aus dem Jiu-Jitsu" entstand, wie wäre es denn dann, wenn du jene vierzehn grundlegenden Schulen des Koryu Bujutsu auch aufzählen würdest, die zuerst in den Kodokan einflossen und in diesem aufgingen?
Wie wäre es, wenn du darüber hinaus jene weiteren sieben Schulen (und mit Schulen=Ryu-ha sind jeweils komplette Kampfkünste des Koryu Bujutsu gemeint!!!) nennen würdest, die das Judo bis etwa 1915 komplettierten?
An dieser Stelle sollte dann _Deine_ Aufzählung
der Schulen/Stile erfolgen...

Einschübe wie dieser:
Ach, das kannst du nicht? Dir fehlen die Kenntnisse?
Wie kommst du dann auf die Idee, so etwas wie die Rubrik "Judo-Theorie" auf deiner Seite einzurichten?
entwerten Deine Beiträge erheblich.

"Seinem Gegenüber das Gesicht waren zu lassen" ist meiner Meinung
nach eine der Grundsäulen des Miteinanders in der Kampfkunst.
Mit freundlichem Gruß

Fritz
tom herold
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kodokan judo

Beitrag von tom herold »

Lieber Fritz, ich habe meinen Beitrag weder hämisch gemeint noch kann ich in meinem Text Häme erkennen. Man kann natürlich, so man will, in alles und jedes Häme, Beleidigungen usw. hineininterpretieren.

Was nun die Aufzählung der "Wurzeln" Des Kodokan Judo betrifft: erstens habe ich das in aller gebotenen Ausführlichkeit auf unserer HP getan (und dort steht dieser Beitrag seit mindestens zwei Jahren), zweitens habe ich im Rahmen einer anderen Debatte diese Stile noch und nöcher aufgezählt und sehe daher nicht, warum ich das wiederholen sollte und drittens finde ich, daß man derlei grundlegende Kenntnisse von jemandem, der den 4. Dan trägt, einfach erwarten können muß.
Die Gründe für diese Erwartungshaltung habe ich ebenfalls ausführlich erläutert.
In diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal dringlich auf den Beitrag von St. Gregor hinweisen, in welchem er Kano zitiert, der wiederum darauf hinweist, daß man von einem Judo-Lehrer erwarten darf, daß er mindestens das Schwert und den Langstock handhaben kann.
Gemessen an dieser Aussage der höchsten Autorität im Judo erhebt sich doch die Frage, wer hierzulande überhaupt als Judoka, gar als Judo-Lehrer gelten darf ...
Das nur mal als Wiederholung, da speziell auf diese Passage so gar keiner eingegangen ist ...

Es stört mich ganz einfach in zunehmendem Maße, sehen zu müssen, wie Kanos Vermächtnis beschnitten und in winzige Teile zerlegt wird, bis es dem allgegenwärtigen, sich selbst permanent reduzierenden Mittelmaß entspricht.
(Wer sich nun persönlich angesprochen und beleidigt fühlen will, der kann das gerne tun).

Ich verstehe die offenbar typisch deutsche Haltung nicht - Kritik wird prinzipiell als persönlicher Angriff aufgefaßt und oftmals entsprechend beantwortet. Statt die Chance zu erkennen, etwas dazuzulernen, wodurch man ganz objektiv ein besserer Judoka wird, moniert man den "Ton", in welchem Kritik, Hinweise und Anregungen vorgebracht wurden.
Auf diese Weise kann man eine wohl eher unerwünschte sachbezogene Auseinandersetzung mit den Inhalten natürlich vermeiden.

Wenn tatsächlich ein Interesse am ganzheitlichen, traditionellen und authentischen Judo bestünde, wenn es tatsächlich darum ginge, das eigene
Wissen und Können zu erweitern, dann könnten Frank Thiele Sensei und ich uns gar nicht retten vor Anfragen.
Diese Anfragen gibt es durchaus - aber gemessen an der Zahl der hier im Forum vertretenen Judo-Interessenten sind sie bedeutungslos.
Das wiederum heißt für mich, daß die Mehrzahl der hier Postenden ganz zufrieden ist mit dem eigenen Training. Das ist schön.
Ebenso gibt sich die Mehrzahl ganz offensichtlich, wenn es um die theoretischen Grundlagen der Praxis geht, mit albernem Zeug zufrieden - mit Albernheiten und Unfug wie dem, der auf Remy-Otoshis HP unter "Theorie des Judo" zu finden ist.
Die gute Elke ist dabei in bester Gesellschaft - lest doch einfach mal, was bspw. Ulrich Kocke in seinem Bestseller "Wir machen Judo" zur Geschichte des Judo zu sagen hat ... oh Mann! (Ich habe dieses ... nun ja, Büchlein ausführlich rezensiert, Beitrag auf unserer HP).

Genau das ist das Problem hierzulande: Jeder, der einen Schwarzgurt erreicht hat, hält sich für berufen, seine Meinung über Judo kundzutun (und manche warten nicht einmal, bis sie Dan-Träger sind).
Zudem ist, wie ich schon sagte, die Meinung weit verbreitet, der 1. -5. Dan seien "Meistergrade". (Sind sie nicht! Man ist bis einschließlich 5. Dan ein "fortgeschrittener Meisterschüler", wenn überhaupt ...)
Aus vorgenanntem Irrtum leitet man allgemein ab, daß man mit dem schwarzgurt um den Bauch nun aber ein ausgemachter Experte in Sachen Judo sei.
Da hat man es gar nicht gern, wenn man sich eines besseren belehren lassen muß - und da kann es schon mal passieren, daß jemand wie "rarufu" einfach alles anzweifelt, was ich an überprüfbaren Fakten in die Debatte einbringe. (Motto: ich laß' mir doch meine vorgefaßten Meinungen nicht durch Tatsachen kaputtmachen!)

Hier wurde von mir immer wieder Toleranz gefordert, Duldsamkeit also.
Wie kann ich hinnehmen und dulden, daß dummes Zeug verbreitet wird, obwohl die Quellen des Wissens doch jedem zugänglich sind?
Es ist ganz einfach Bequemlichkeit, die dafür sorgt, daß Märchen statt Fakten über Geschichte und Theorie des Judo verbreitet werden.
Wenn aber schon diese fundamentalen Dinge falsch sind (objektiv und überprüfbar falsch!), wie kann man dann erwarten, daß die Praxis richtig ist?

Es gibt eine ganz einfache Methode, mittels derer man überprüfen kann, ob man tatsächlich Judo praktiziert: Wenn das Kämpfen im Randori und / oder im Wettkampf auslaugt, verschleißt und so ungeheuer kräftezehrend betrieben wird, wie das hierzulande in aller Regel geschieht, dann sollte man sich doch mal fragen, wie diese Art des Kämpfens mit der Devise des Seiryoku Zenyo vereinbar ist. (Sie ist es im übrigen nicht!)
Weiterhin sollte man sich fragen, ob man beim Kämpfen die von Kano geprägte Maxime des Kobo Itchi umzusetzen vermag - und genau daran hapert es beträchtlich.
Sodann sollte man sich darüber im Klaren sein, daß man als graduierter Judoka (also ab dem 1. Dan) den Intentionen des Gründers gerecht wird, wenn man die entscheidende Maxime des Bunbu Ryodo befolgt.
Wenn man sich als Schwarzgurt an dieser Stelle fragt, was denn das eigentlich ist: Kobo Itchi und Bunbu Ryodo (von anderen Dingen ganz zu schweigen), dann sollte man erkennen, daß man ganz, ganz gewaltige Defizite im Judo aufzuweisen hat.
Statt nun auf denjenigen böse zu sein, der diese Defizite aufzeigt, sollte man sich - wenn man die Bezeichnung Judoka wirklich verdienen will - ganz einfach daran machen, endlich mal etwas dazuzulernen.

Aber wer kann als Schwarzgurt schon zugeben, daß er (oder sie) außer der Grundschule kaum etwas vom Judo gelernt hat ...
Kuriose Folge dieser Einstellung: Man behauptet, daß der "Komplex der Techniken des Judo mit dem Erreichen des 5. Dan abgeschlossen" sei.
Das ist grober Unfug.
So, ich habe nun zum -zigten Mal dargelegt, woran das Judo in Deutschland krankt und wie dieser Mißstand behoben werden könnte - wenn, ja wenn denn der Wille dazu vorhanden wäre.
Man stelle sich vor, welche Aufwertung die deutschen Judoka international erfahren könnten ...
Aber da sei Gott vor, nicht wahr.
Mit freundlichem Grunzen
Tom



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Fritz
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Beitrag von Fritz »

Tom Herold hat geschrieben:Was nun die Aufzählung der "Wurzeln" Des Kodokan Judo betrifft: erstens habe ich das in aller gebotenen Ausführlichkeit auf unserer HP getan (und dort steht dieser Beitrag seit mindestens zwei Jahren), zweitens habe ich im Rahmen einer anderen Debatte diese Stile noch und nöcher aufgezählt und sehe daher nicht, warum ich das wiederholen sollte
Es wäre trotzdem nett, diese Stile hier aufzuzählen.
Ich kann leider hier im Forum keine Auflistung dieser Stile finden,
obwohl Du öfters darüber gesprochen hattest, daß es 14 wären...
Auf Deiner Netzseite habe ich diesbezüglich
leider auch nichts gefunden, evt.
habe ich auch da etwas übersehen,
ein Verweis auf den passenden Artikel wäre hier sehr hilffreich :-)
Wenn man sich als Schwarzgurt an dieser Stelle fragt, was denn das eigentlich ist: Kobo Itchi und Bunbu Ryodo (von anderen Dingen ganz zu schweigen), dann sollte man erkennen, daß man ganz, ganz gewaltige Defizite im Judo aufzuweisen hat.
Nun da gebe ich hier offen meine Defizite zu und bitte um
Erklärung der von Dir erwähnten Begriffe:
"Kobo Itchi" u. "Bunbu Ryodo".
Mit freundlichem Gruß

Fritz
BadenIkkyu

Beitrag von BadenIkkyu »

Nun da gebe ich hier offen meine Defizite zu und bitte um
Erklärung der von Dir erwähnten Begriffe:
"Kobo Itchi" u. "Bunbu Ryodo".
Auch ich als braungurt bin an einer Erklärung dieser Begriffe interessiert, danke
tom herold
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kodokan judo

Beitrag von tom herold »

Lieber Fritz, natürlich könnte ich hier ausführlich die Prinzipien des Bunbu Ryodo und des Kobo Itchi erläutern - doch so viel Platz, wie dafür nötig wäre, hat dieses Forum nicht.
Es wäre mißverständlich, zu versuchen, diese Prinzipien (und die anderen, ebenso wichtigen) mit einigen knappen Sätzen darstellen zu wollen.
Auch eine Übersetzung brächte kein Licht ins Dunkel - was man sehr schön am völlig mißverstandenen Prinzip des Jita Kyoei sehen kann.
Letzteres wird immer mit "gegenseitiges Verstehen und gemeinsames Wohlergehen"(="mutual benefit") übersetzt - und das ist eine eher arme Interpretation.
Was nützt es aber nun, wenn ich euch mitteile, daß die wörtliche Übersetzung lautet: "Ich und andere in Verbindung werden leuchten" ...?
Könnt ihr damit etwas anfangen? Eher nicht, denke ich - denn den meisten von euch fehlen die zum Verständnis nötigen Kenntnisse der kulturhistorischen Gebundenheit des Kodokan Judo.
Was nützt es euch, wenn ich darauf hinweise, daß es das angebliche Prinzip des "Siegens durch Nachgeben" im Judo gar nicht gibt, da das Prinzip des Kobo Itchi einem solchen Siegen durch Nachgeben völlig widerspricht?
Was hilft es euch, wenn ich euch sage, daß Kobo Itchi u.a. mit "erster Schlag/erste Attacke" übersetzt werden kann? Was hilft es euch, wenn ich euch erkläre, daß Kobo Itchi bedeutet, daß Abwehr und Angriff dasselbe sind? Was könnt ihr damit anfangen?
Was nützt euch eine Übersetzung des Prinzips Bunbu Ryodo, wenn ihr gar nicht die Grundlagen habt, um dieses und andere extrem wichtige von Kano persönlich formulierte Prinzipien in euer Training einfließen zu lassen?
Ich behaupte NICHT, daß ihr gar keine Ahnung habt - aber euch fehlen ganz erkennbar die fundamentalsten Dinge, die für ein Verstehen des Judo unerläßlich sind.
Nun kann man aber diese Dinge nicht dadurch verstehen, daß man sie in einem Internet-Forum lediglich benennt. Auch läßt sich über diese fundamentalen Grundlagen eben NICHT diskutieren. (Über das Vorhandensein der Schwerkraft kann man auch nicht diskutieren - sie existiert, ob uns das nun paßt oder nicht. Ebenso ist es mit den grundlegenden Maximen des Kodokan Judo!)
Und auch, wenn den meisten hier das wieder einmal nicht gefallen wird - wie ich diesem Forum entnehmen kann, gibt es unter euch keinen, der für sich in Anspruch nehmen kann, ein Meister, ein Experte in Sachen Judo zu sein (Experten in Bezug auf den Wettkampf-Sport mag es hier durchaus geben - das aber ist etwas anderes, als ein Experte im Judo zu sein!).
Das erschwert einen Dialog in mehrfacher Hinsicht.
Erstens wißt ihr oft gar nicht, wovon in meinen Beiträgen die Rede ist - euch fehlt das Fachwissen. Zweitens haben fast alle ein Problem damit, ihre Defizite offen zuzugeben (falls sie überhaupt in der Lage sind, ihre Defizite wahrzunehmen!). Fritz ist da wohl eine rühmliche Ausnahme (wenn es denn ernst gemeint ist, was er schreibt).
Zweitens gibt es etliche User hier, die zwar nur sehr wenig Fachwissen besitzen, aber dennoch ganz "demokratisch" mitreden möchten.
Demokratie und Judo aber schließen sich aus - Judo ist ein militärisch-hierarchisch gegliedertes System, und diese Hierarchie beruht nicht auf einem Versehen Kanos.
Es ist also schlicht unhöflich, einem höhergraduierten Judoka, noch dazu einem Meister, zu widersprechen - jedenfalls dann, wenn der Höhergraduierte diese Graduierung sichtbar rechtfertigen kann und der Widerspruch lediglich aus Trotz erfolgt, zudem nicht durch Wissen untermauert ist, sondern nur eine Meinung widergibt. (Ein solches Verhalten konterkariert außerdem die Maxime des Jita Kyoei, möchte ich mal anmerken!)
Wie ich schon sagte, reden wir von ganz verschiedenen Dingen - ihr vom Sport und wir vom Judo.
Die generelle Ablehnung des Meister-Schüler-Prinzips verwehrt euch außerdem den Zugang zu den tatsächlichen Lehrinhalten des Judo, denn diese KANN man nur in einer Meister-Schüler-Beziehung weitergeben! Schade, schade, aber wohl nicht zu ändern.

Was nun die Aufzählung der Schulen (ryu-ha) des Koryu Bujutsu angeht, die dem Kodokan beitraten und / oder dessen Grundlagen schufen - was nützt es euch?
Was könnt ihr denn anfangen mit Namen wie Sosuishi Ryu oder Shin no Shindo Ryu? Was wißt ihr denn über die Techniken des Sekiguchi Ryu, des Jikishin Ryu, des Tenshin Shinyo Ryu, des Kito Ryu, des Takenouichi Ryu oder des Miura Ryu?
Was also nützt es euch?
Lieber Fritz, du siehst hoffentlich, daß man das eine nicht vom anderen trennen kann. Man kann nicht hier und da aus dem Judo dieses oder jenes Wissensbröckchen nehmen und dann glauben, man würde Judo praktizieren.
Es gehört eben alles zusammen und bildet eine untrennbare Einheit.
Mißachtet man dies, kann man aus den Bruchstücken des Judo-Wissens sicherlich eine Sportart machen, und genau das ist ja auch geschehen.
Judo aber ist das dann erkennbar nicht mehr, und es wäre nur konsequent, das Ganze dann auch umzubenennen. (Wie wäre es denn mit "Japora", also dem "Jacken-Pokal-Raufen"?) ;)

Ich muß zugeben, daß mir nun klar wird, einem Trugschluß erlegen zu sein. Ich dachte, man könne das Wissen weitergeben an die, denen es erkennbar fehlt. Ich dachte, es würde ein entsprechendes Interesse vorhanden sein, eine notwendige Aufnahmebereitschaft und genügend Grundwissen, um begeistert zu sein davon, dem Judo endlich näherzukommen.

Stattdessen erlebe ich Leute, die nur allzu oft lieber ebenso falsche wie leichtverdauliche Erbauungs-Geschichtelein glauben, statt sich mit den tatsächlichen Inhalten des Judo auseinanerzusetzen.
Ich erlebe Anfänger, die sich anmaßen, in fachlichen Deabtten ihre unmaßgebliche Meinung vehement und militant zu vertreten und die jede Belehrung ablehnen.
Ich erlebe Leute, die sich mit dem Erreichen des 1. Dan (zumal nach den sehr niederigen Maßstäben des DJB /DDK) selbstgefällig als Experten betrachten und fachliche Kritik als persönlche Beleidigung verstehen.
Ich erlebe Judoka, die diese Bezeichnung kaum verdienen, da sie Kanos Prinzip des lebenslangen Lernens mit Füßen treten.
Ich erlebe "Judo-Lehrer", die bspw. noch nie im Leben ein Schwert geführt
haben und deren Kenntnisse insgesamt beschränkt sind, die sich selbst jedoch als das Maß aller Dinge ansehen.
Vor allem aber erlebe ich, daß es nicht einmal etwas nützt, Kanos eigene Schriften zu zitieren (!!) - irgend ein armer Wicht meint jedesmal, seinen Senf dazugeben zu müssen und in Bezug auf das Judo eine andere Meinung haben zu dürfen als Kano.
Ich darf hier mal als Beispiel einen solchen armen Wicht anführen, der vor einigen Jahren im parsimony-Forum äußerte: "Selbst wenn Kano heute noch leben würde und eure Standpunkte bestätigen könnte, würde ich mit ihm darüber diskutieren, was Judo ist."
Dieselbe Haltung, wenngleich nicht ganz so explizit formuliert, finde ich bei etlichen Usern hier im Forum wieder.
Schade.
Eines werde ich wohl nie verstehen - wie man Wissen ablehnen kann.
Ich habe euch Wissen angeboten, welches ihr (da könnt ihr sicher sein!) auf anderem Wege kaum erlangen könnt.
Als Judoka, so dachte ich, würde man freudig erhitzt mit beiden Händen zugreifen, wenn dieses Wissen angeboten wird. Von wegen ...!
Na ja, eure Sache.

Trotzdem freundliche Grüße
Tom
Zuletzt geändert von tom herold am 17.10.2006, 11:45, insgesamt 1-mal geändert.
Lin Chung
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Beitrag von Lin Chung »

Hallo Tom

ich muss dir voll beipflichten. Als Sportjudoka habe ich auch meine Probleme mit der ungeheuren Menge an Fachwissen, da ich dieses nie von meinen Übungsleiter vermittelt bekam.

Aber eines habe ich denen voraus, ich kenne das Umfeld hinter dem Tellerrand. Ich glaube auch einiges von dem was im Kodokan Judo praktiziert wird schon mal gemacht zu haben, aber keinesfalls im Judo, sondern eben in den anderen KKsten, die ich bisher erlernen durfte.
Mit einem Schwert kann ich nicht umgehen, aber der Langstock wird uns zur Zeit im Hapkido gelehrt.

Ich freue mich jedenfalls über jeden Text, den du über das Kodokan Judo schreibst. Nächstes Jahr werde ich auf jedenfall auf einem deiner Seminare auftauchen und anfangen mich damit zu beschäftigen, da ich zur Zeit wegen anderer Prüfungen im Stress bin.

Mit freundlichem Judo
Lin chung
Grüße
Norbert Bosse
ボッセ・ノルベルト

Wissen stirbt, wenn es bewahrt wird, und lebt, wenn es geteilt wird.
Non scholae sed vitae discimus (Nicht für die Schule - für das Leben lernen wir)
You're only as old as you date. Keep em young boys!
BadenIkkyu

Beitrag von BadenIkkyu »

Hallo Tom,
man kann schon aus deinen Beiträgen Gewinn ziehen(siehe "was nützt es Euch wenn"...)Drüber nachdenken mit anderen Judokameraden (und seinem Trainer/SENSEI )drüber reden, sich damit beschäftigen...Ich freue mich schon auf den Lehrgang am 09.12 bei Frankfurt.
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Fritz
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Beitrag von Fritz »

Hallo Tom,

Dein letzter Beitrag, "verwirrt" mich doch jetzt einigermaßen...
Tom Herold hat geschrieben:Lieber Fritz, natürlich könnte ich hier ausführlich die Prinzipien des Bunbu Ryodo und des Kobo Itchi erläutern - doch so viel Platz, wie dafür nötig wäre, hat dieses Forum nicht. Es wäre mißverständlich, zu versuchen, diese Prinzipien (und die anderen, ebenso wichtigen) mit einigen knappen Sätzen darstellen zu wollen.
Wenn die Erläuterungen in der Größenordnung Deiner bisherigen
Beiträge bleibt, denke ich, gibt es kein Platzproblem in diesem Forum gibt.
Ansonsten bleibt auch immer die Möglichkeit, einen Verweis auf
nen entsprechenden Artikel auf Deiner Netzseite zu setzen.
Optimal wäre natürlich eine kurze Beschreibung in "knappen Sätzen"
und ein weiterführender Verweis...
Was hilft es euch, wenn ich euch sage, daß Kobo Itchi u.a. mit "erster Schlag/erste Attacke" übersetzt werden kann? Was hilft es euch, wenn ich euch erkläre, daß Kobo Itchi bedeutet, daß Abwehr und Angriff dasselbe sind? Was könnt ihr damit anfangen?
"Kobo Itchi" ist also das Prinzip des "ersten Schlages".
Ok. Das ist dann schon mal weiterführend.
Was nützt euch eine Übersetzung des Prinzips Bunbu Ryodo, wenn ihr gar nicht die Grundlagen habt, um dieses und andere extrem wichtige von Kano persönlich formulierte Prinzipien in euer Training einfließen zu lassen?
Und was ist denn nun "Bunbu Ryodo"?
Was nun die Aufzählung der Schulen (ryu-ha) des Koryu Bujutsu angeht, die dem Kodokan beitraten und / oder dessen Grundlagen schufen - was nützt es euch?
Was könnt ihr denn anfangen mit Namen wie Sosuishi Ryu oder Shin no Shindo Ryu? Was wißt ihr denn über die Techniken des Sekiguchi Ryu, des Jikishin Ryu, des Tenshin Shindo Ryu, des Kito Ryu, des Takenouichi Ryu oder des Miura Ryu
Also:

Sosuishi Ryu
Shin no Shindo Ryu
Sekiguchi Ryu
Jikishin Ryu,
Tenshin Shindo Ryu,
Kito Ryu,
Miura Ryu

Gut, daß sind dann schonmal sieben Schulen...
Kannst Du die restlichen sieben von den 14 bitte auch noch angeben?
Hast Du (zur Abrundung)
eine kurze Aufstellung über die Charakteristiken der
jeweiligen Schule - Verweise würde natürlich auch genügen...?

Jetzt komme ich zu dem Teil, der mich verwirrt:

Du schreibst auf der einerseits:
Ich dachte, man könne das Wissen weitergeben an die, denen es erkennbar fehlt. Ich dachte, es würde ein entsprechendes Interesse vorhanden sein, eine notwendige Aufnahmebereitschaft und genügend Grundwissen, um begeistert zu sein davon, dem Judo endlich näherzukommen.
Aber andererseits begannen viele Deiner Sätze mit:
Was nützt hilft es euch...
Was hilft es euch...
Warum sollen wir denn jetzt nun eigentlich
Interesse am Kodokan-Judo haben,
wenn es uns Antworten auf konkrete, vertiefende Fragen zu Deinen
Aussagen nichts helfen oder nützen? Versteh ich nicht...
Es ist also schlicht unhöflich, einem höhergraduierten Judoka, noch dazu einem Meister, zu widersprechen - jedenfalls dann, wenn der Höhergraduierte diese Graduierung sichtbar rechtfertigen kann und der Widerspruch lediglich aus Trotz erfolgt, zudem nicht durch Wissen untermauert ist, sondern nur eine Meinung widergibt.
Ich nehme an, Du meinst mit "Meister/ Höhergraduierten" dich selbst ;-)
Dieser Anspruch bzw. die "sichtbare Rechtfertigung" der Graduierung geht aber in _diesem_ Forum
- meiner Meinung nach - nur mittels umfassender, präziser Antworten auf die jeweiligen
konkrete Fragen des interessierten Teils der Forumsteilnehmer.

Mit Ignorieren von Fragen, ausweichenden und Teilantworten,
Pauschalisierungen und ständigen Wiederholung immer der gleichen
Vorwürfe an uns "Nicht-Experten" fällt es schon sehr schwer
sich "auf Dich einzulassen" -- Jemanden, der so auf meinen
Fragen antwortet, dem traue ich ehrlich gesagt auch nicht sehr
zu, daß er es dann auf der Matte besser macht.
Jemand der versucht, mir das Gefühl zu geben "unwürdig" zu sein, den werde ich nicht als Lehrer/Meister wählen,
egal wie kompetent er tatsächlich ist :-(
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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kamiu
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Beitrag von kamiu »

Jikishin Ryu, Tenshin hindo Ryu, Kito Ryu... so unbekannt sind diese Schulen nicht. Und selbst wenn. Wenn wir deinen Text nicht verstehen, haben wir 1. die Möglichkeit nachzufragen und 2. die Möglichkeit selbst ein wenig zu suchen, damit wir wissen, was damit gemeint ist.

Warum glaubst du, dass du der Einzige bist, der Ahnung davon hat? Das soll jetzt kein Angriff gegen deine Person sein, aber wenn du so schreibst, aber unschlüssige Antworte gibst, wenn andere nachfragen, dann zweifle ich an deinem Wissen.

Lass uns doch an deinem Wissen teil haben. Das ist die Einstellung die ein "Sensei/ Höhergraduierter" meiner Ansicht nach haben sollte.

Wissen ist dazu da um es weiterzugeben - und nicht um es für sich zu behalten und sich damit zu rühmen wie toll man ist.

Grüße
Sigrid
seki ekisei
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Clonk
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Beitrag von Clonk »

Ich würde mich auch freuen, einen Artikel über die Bedeutungen lesen zu können. So lernt jeder davon.
Clonk
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kamiu
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Beitrag von kamiu »

@ Clonk:
Gib im Google mal den Namen der Kampfkunstschule ein und du bekommst grundlegende Informationen.

Ansonsten kenne ich genug Leute die mir Informationen über Stile/ Schulen geben können und auch noch eine kleine Erklärung dazu...
seki ekisei
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Clonk
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Beitrag von Clonk »

Hab ich, danke. Aber bei "Tenshin hindo Ryu" habe ich nichts gutes gefunden. 3 Homepages, keine in Deutsch. Allerdings wurde oben gefragt, ob ich denn "Tenshin shinyo Ryu" meine.
Clonk :winken
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kamiu
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Beitrag von kamiu »

Dann versuch die englischen zu lesen. Die meisten Infos findet man auf englisch, gewöhn dich schonmal dran ;) .

Freundliche und aufmunternde Grüße
Sigrid
seki ekisei
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Beitrag von Clonk »

Hab ich auch. Allgemein kann ich Englisch aber nicht leiden: Es ist einfach zu ... naja, "gewöhnlich".
Clonk
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kamiu
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Beitrag von kamiu »

Offtopic: Ich mags auch nicht immer ;) .
seki ekisei
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Syniad
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Nur mal zum Nachdenken

Beitrag von Syniad »

Hallo,
eigentlich hatte ich vor, mich aus diesem Thread jetzt komplett herauszuhalten (zumal ich nicht anmaßend sein möchte), aber hier entwickelt sich ja ein wahrer Bienenhaufen, und meine weibliche, harmonische Seite muss mal wieder als Mediator eingreifen ;) . Ich gebe gern und jederzeit wieder (habe ich schon häufiger gemacht) zu, keine Ahnung von Judo zu haben.
Deshalb gebe ich auch keine Defizite zu. Ich habe keine. Ein Defizit ist nämlich ein Mangel, und ein Mangel setzt ein vorhandenes Wissensgerüst voraus, und das habe ich im Judo nicht (deshalb habe ich, wie bereits einmal im entsprechenden Thread erwähnt, auch keine „Spezialtechnik“ – ich kann nichts Spezielles haben, wenn ich keine Basis habe).

Mit menschlicher Kommunikation kenne ich mich allerdings ein wenig aus. Und die ist hier gerade ein ganz großes Problem.
Tom: Das Internet ist wahrscheinlich die demokratischste menschliche Kommunikationsform, die es gibt. Mit den entsprechenden technischen Voraussetzungen kann JEDER mit jedem kommunizieren, ohne Ansehen von Geschlecht, Hautfarbe und auch nur Aussehen. Das Gegenüber ist unsichtbar. Man diskutiert „auf Augenhöhe“. Ob man das nun mag oder nicht, es ist so. Ein Internetforum ist innerhalb des Internets nun wieder extrem demokratisch: Es ist zum Meinungs- UND Faktenaustausch gedacht und steht jedem offen. Man duzt sich sogar (ich habe mich daran übrigens noch nicht gewöhnt) über Alters- und Wissensunterschiede hinweg.
Wer hier eine hierarchische Diskussion führen will, und dies nur mit einem erlesenen Personenkreis, hat schlicht das falsche Medium gewählt. Klassische hierarchische Medien wären Lehrvorträge oder Demonstrationen. Vielleicht wärest Du, Tom, damit besser beraten. Es ist unfair, Deine hierarchischen Strukturen einem Medium aufzuzwingen, dessen Grundstruktur auf dem genauen Gegenteil beruht. Man könnte sogar sagen, es sei - bei allen hehren Vorsätzen, die ich Dir sofort abnehme- unredlich. Ich kann und darf nicht die Vorteile des Internets (weite Verbreitung, Abrufbarkeit und Verwendbarkeit immer und jederzeit möglich) nutzen und mich gleichzeitig über seine Nachteile beschweren. Klassisches venire contra factum proprium.

Desweiteren finde ich es schade, dass Du Anfänger als Diskussionspartner nicht zulässt. Ich habe früher regelmäßig Anfänger unterrichtet (logischerweise nicht im Judo) und kann nur sagen: Man kann von ihnen wahnsinnig viel lernen. Niemand stellt spannendere und klügere Fragen als ein Anfänger. Das Dumme ist nur: Sie stellen ihre Fragen fast grundsätzlich mit dem Körper und eher selten verbal.
Aber wenn ich meinen Schülern zusah und zuhörte, konnte ich von ihnen soooviel lernen… Es ist zugegebenermaßen schwieriger, von einem Anfänger zu lernen, als sich etwas von einem fachlich Besseren zeigen zu lassen. Ich muss bereit sein, ihre „Frage“ zu sehen, in eine tatsächliche sportphysiologische zu übersetzen, innerhalb meines Wissenssystems eine Antwort finden, diese dann didaktisch reduziert und dennoch richtig und meinem Wissenssystem gegenüber in verantwortlicher Weise dem Anfänger geben und schließlich über die Implikationen nachdenken, die alle diese Prozesse für das Wissenssystem bedeuten, innerhalb dessen ich mich normalerweise bewege und aus dem „heraus“ ich mich nun für jemanden denken musste, dem die Strukturen fehlen, um eine zwar richtige und schlüssige, aber eben Grundwissen erfordernde, Antwort zu verstehen.
Und eben weil ich das gemacht habe, kam ich auch das eine oder andere Mal ins Schleudern mit den Richtlinien „meines“ Verbandes (bei dem ich damals schon nicht mehr Mitglied war). Aber für das, was ich unterrichtet habe, konnte ich jederzeit einstehen und es auch haarklein erklären und musste nichts mit „Das steht auf dem Papier und ist so“ beantworten. Daher hege ich eine gewisse Sympathie für „Häretiker“ (aus Sicht des Wettkampfjudos) wie Tom Herold.

@ Tom: Es ist übrigens auch unschön, auf der einen Seite Leute darauf hinzuweisen, dass sie „von Kindheit an“ falsche Hüftbewegungen durchführen (Dabei bin ich als erwachsener Anfänger ja ohnehin schon einmal nicht mit angesprochen. Als Kind bin ich Bäume hochgeklettert und durch die Gegend gerannt, aber niemand hätte mich ohne Androhung von Hausarrest in eine Judohalle zwingen können) und auf der anderen Anfänger, die das noch ändern können, weder wahr- noch als Ansprechpartner ernstzunehmen.
Hier gilt übrigens wieder das generelle Prinzip der klugen Körperfragen des Anfängers, das ich nun aus eigener Anschauung kennenlerne (was ich auch genieße… man sollte als Erwachsener unbedingt neue Sachen erlernen und sich nicht scheuen, etwas gar nicht zu können, das erweitert den Horizont gewaltig). Ich musste beim Lesen von Toms Posts schon mehrfach schmunzeln, weil er gern gerade die Dinge anführt, die bei uns in der Umkleidekabine nach dem Anfängerkurs für Diskussionsstoff sorgen. Jeder von uns hat schon selbst mitbekommen, wie ungeeignet ein Tate-Shiho-Gatame für die Fixierung seines Gegners ist (vor allem die deutlich leichteren unter uns;-) – da braucht keiner von uns jemanden, der ihm das „vorführt“ (unsere These zum doch recht großen Unterschied zu den anderen Haltegriffen ist übrigens die fehlende Flexibilität der Hüfte)! Dass ein De-Ashi-Barai aus der eigenen Vorwärtsbewegung nicht mehr dem (ja gerade erst gelernten und daher noch sofort abrufbereiten) Prinzip des „Bewegungsverlängerns“ entspricht (schließlich will der andere ja mit dem Fuß gar nicht nach vorn, sondern nach hinten) und somit irgendwie „ganz anders“ ist, haben wir auch schon hilflos festgestellt. Tja, und was das von Dir gern zitierte Aneinanderprallen beim Anreißen betrifft – frag doch mal einen unserer Weißgurte nach einer Bahn Uchi-Komi (auch hier am besten einen leichteren, der merkt es noch eher).
Zugegebenermaßen hat unsere analytische Ader auch mit unserem –vergleichsweise- hohen Alter zu tun. Wir Erwachsenen müssen mit unserem analytischen Verstand und dem Durchdenken den Nachteil an Beweglichkeit und Bewegungsintuition, den Kinder haben, wettzumachen versuchen. Aber warum auch nicht? Wir haben den Kopf da oben ja nicht nur, damit er uns beim falschen Fallen stört :) , wir können ihn auch zum Denken nutzen.

Hier gibt es übrigens wieder eine kleine strukturelle Ungereimtheit: Es ist nicht freundlich, das Schüler-Lehrer-Prinzip verabsolutieren zu wollen, zu erwarten, dass der Schüler seine eigenen Gedanken nicht äußert, weil er keine Ahnung hat (dies ist an sich ja legitim und eine Art des Unterrichtens, wenngleich in unserem Kulturraum, wie auch von mir persönlich, keine generell anerkannte mehr), und gleichzeitig in einem Internetforum (mit, wie gesagt, Zugang für jedermann usw.) gleichsam die Schüler anderer Leute dazu aufzurufen, ihre Lehrer eben doch anzuzweifeln und ihren Verstand selbst anzuschalten. Entweder – oder.
Nun kann Tom gern einwerfen, er selbst sei eben kein Schüler und dürfe die anderen kritisieren -dann stimme ich ihm sofort zu- , aber, wie gesagt, wirkt er im Internet eben auf anderer Leute Schüler ein und muss dies auch wissen. Und wie soll ein Schüler seinem Lehrer bedingungslos folgen, wenn er sieht, wie wenig Respekt ein anderer Lehrer ihm entgegenbringt? Warum sollte er seinen Lehrer für sich denken lassen, wenn er sich doch mit einem Meinungspluralismus konfrontiert sieht?
Hier allerdings vermute ich, dass Tom sich nicht mit meiner Argumentationsbasis des Status Quo zufriedengibt und mir sagen wird, dass es im Kodokan Judo, das er vertritt, eben kein flexibles oder wandlungsfähiges System gibt, sondern nur ein festes und daher eben auch keinen Meinungspluralismus, da nur Kanos Wort gilt. In diesem Fall konstatiere ich dann keinen logischen Fehler, nur eine Missachtung des Gegebenen (und da habe ich persönlich nichts gegen, aber hinweisen muss ich doch darauf, weil es in dieser Diskussion immer diese kleinen, fiesen „mitgedachten“, aber nie ausgesprochenen Denkgrundlagen sind, die für Kommunikationsprobleme sorgen) und eine kleine Ungenauigkeit nur auf der Betrachtungsebene des Schülers (diese beiden Ebenen, Schüler- und Lehrersicht, gehen in der Diskussion hier übrigens auch gern mal durcheinander und blockieren dann die Kommunikation): Den Vorwurf, die bisher beteiligten Gesprächspartner ließen das Lehrer-Schüler-Prinzip nicht gelten, darf ich nicht, zumindest nicht als solchen, Leuten gegenüber erheben, deren Lehrer eben nicht innerhalb dieses festen Systems agieren, sondern in der Meinungsvielfalt und die sich auch als in einer Meinungsvielfalt handelnde und lehrende Personen verstehen.
Mit anderen Worten: Was für Tom als Argumentationsbasis untrennbar zusammengehört (lebenslanges Lernen der Lehrpersonen, große Kompetenz, ein festes System, daraus folgend die Möglichkeit des Schülers, dem Lehrer bedingungslos zu folgen), wird von der anderen Seite eben nicht ohne weiteres vorausgesetzt. Ich finde das in Ordnung, nur: Damit passen die Argumentationen nicht mehr zusammen, jedenfalls nicht, wenn man sich dessen nicht bewusst ist. Das kann nur für Verwirrung sorgen.

Hier muss ich noch einmal anführen, dass ich immer noch meiner bereits erwähnten Meinung bin, jeder dürfe auch gern Wettkampfjudo, eine Variante des ursprünglichen Systems, betreiben. Da geht Tom glücklicherweise auch (widerstrebend, wenn ich das richtig interpretiere) mit mir konform, wenn ich das richtig sehe. Systeme wandeln sich nun einmal, wenn sie von Menschen genutzt werden. So überleben sie und können zu etwas ganz anderem werden, das man mögen kann oder auch nicht. Ich persönlich finde das übrigens spannend!
Natürlich darf man sie dann auch anders nennen (Ich bin aber entschieden gegen Japora, weil ich als Breitensportlerin keine Pokale bekommen kann und will!). Und mein Hinweis, JEDER möge sich seiner eigenen Beschränkungen bewusst sein, gilt auch noch immer.
Mein Anliegen war es nur, ein paar grundlegende Kommunikationsprobleme aufzuzeigen, denn, wie gesagt, darin fühle ich mich einigermaßen kompetent.

Viele Grüße, FRIEDLICHE NACHT,
Syniad
PS: In „Metaphors we live by“, einem nur teilweise veralteten Buch der Sprachexperten Lakoff und Johnson, erklären beide, dass in unserem Kulturraum das Wortfeld „Streit“ mit der Metaphorik des Krieges belegt werde und dies eben auch unsere Wahrnehmung präge. Sie meinen, wir hätten eine ganz andere, potenziell produktivere, Streitkultur, wenn wir Streit mit der Metaphorik des Tanzes belegen würden.
Mit anderen Worten, ich befinde mich hier mit niemandem auf dem Kriegspfad, respektiere die Gesprächspartner und hoffe, dass dies deutlich geworden ist!
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Fritz
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Beitrag von Fritz »

@Syniad:

Sehr guter Beitrag!
Spricht mir aus dem Herzen...

:XXsunsmile
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Clonk
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Beitrag von Clonk »

Guter beitrag, auch von mir! Und man hat auch was zum lesen... ;)
Clonk
tom herold
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kodokan judo

Beitrag von tom herold »

Ihr Lieben, nachdem die Debatte nunwieder etwas lebhafter geworden ist, möchte ich an einen Punkt erinnern: ich habe ausdrücklich geschrieben, daß ich euch NICHT unterstelle, gar keine Ahnung zu haben. Es ist nur unendlich schwierig, hier in einem Forum Dinge zu vermitteln, die man im wahrsten Sinne des Wortes erleben und "be-greifen" muß.
Und genau da liegt ein gar nicht mal so kleines Problem: die allermeisten dieser grundlegenden Erfahrungen und Er-"lebnisse" kann man nur durch bestimmte Dinge im Training, auf der Matte entdecken.
Und genau dazu bedarf es eines Lehrers, eines Sensei.
Es ist zwar interessant, sich mit der Geschichte des KodokanJudo und mit dessen Prinzipien auseinanderzusetzen, (und ich bin hocherfreut, daß da offenbar doch ein reges Interesse besteht), aber um ein wirkliches Verständnis dafür zu entwickeln (was letztlich konkret bedeutet, daß man auch Nutzen daraus ziehen kann!) bedarf es wiederum der Anleitung, der Hilfe, der auf Erfahrung beruhenden Erklärung.
Dies ist hier nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich, und genau das wollte ich zum Ausdruck bringen - und meinem Bedauern darüber ebenfalls Ausdruck verleihen.

Zu den Erklärungen, um die hier gebeten wurde: ich versuche, die Dinge so knapp und präzise zu fassen wie das eben möglich ist. Ich mache euch aber schon jetzt darauf aufmerksam, daß Mißverständnisse nicht ausbleiben werden ...

Das Prinzip des Bunbu Ryodo kann man so ausdrücken: "Schwert/ Kampf und Schrift (=Kultur) in Verbindung".
Da Kodokan Judo prinzipiell eine militärisch-hierarchische KK ist, legte Kano Wert darauf, durch das Prinzip des Bunbu Ryodo einen Unterschied zu den KK des Koryu Bujutsu kenntlich zu machen.
Man kann das nun unvollständig so übertragen: Macht (= Schwert / Kampf) ohne Schrift (=Kultur) ist Barbarei; Schrift (=Kultur) ohne Macht ist nutzlos (=geht unter)."
Diese Maxime müsste nun im Dojo auf der Matte anhand von Beispielen erläutert werden ... und das geht hier eben leider nicht.
So, vielleicht merkt ihr jetzt, wie schwierig das alles zu erläutern ist, wenn dem Gesprächspartner gewisse Kenntnisse fehlen.
Diese Kenntnisse sind ja nicht geheim, und ich bemühe mich durchaus darum, sie weiterzugeben - der Rahmen hier verwehrt mir aber logischerweise anschauliche Beispiele, und manchmal ist das doch ein wenig frustrierend. (Das ist so, als ob man stumm ist und nur Zeichensprache kann, während alle anderen die Zeichensprache nur bruchstückhaft verstehen - und dann ist auch noch nix zum Schreiben da ...

;)

So, das erst mal dazu.
da Interesse besteht, wie ich hier herauslesen konnte, werde ich heute oder morgen eine Aufstellung der Ryu-ha ins Forum stellen - ich nenne dann auch die Namen der entsprechenden Meister, die dem Kodokan beitraten (soweit diese Namen in den Aufzeichnungen überliefert sind).
Es möge nützen.

Ich bin nach wie vor der Überzeugung, daß es am besten wäre, grundlegende Inhalte methodisch auf der Matte zu erarbeiten. Leider kann ich zum Forumstreffen im November nicht anwesen, da ich abwese - ich bin eine ganze Woche in Portugal als Referent eines Judoseminars.


@Syniad: kluger Beitrag, der mich ein wenig innehalten ließ.
Ja, ich neige hin und wieder zur Unduldsamkeit, vor allem dann, wenn ich etwas zum achtzigsten Mal erläutern soll. (Im Training auf der Matte bin ich im übrigen extrem geduldig, wie dir jeder meiner Schüler und auch jeder Seminarteilnehmer bestätigen kann).
Vielleicht liegt es daran, daß mir hier im Forum die Möglichkeiten fehlen, Dinge (bzw. Fehler) sofort eindeutig nachzuweisen - das geht eben nur auf der Matte.
Ich habe auch so meine Schwierigkeiten damit, daß die Gesprächspartner prinzipiell anonym sind. Nun gut, das sind die Regeln ...
Zudem ist es enorm schwierig, überhaupt (verbal!) zu vermitteln, daß und wie die allermeisten Judoka sich falsch bewegen. Es ist beinahe unmöglich, darzustellen, warum man vor allem als Judoka exzellente Kenntnisse über Körperstruktur und Bewegungsmuster haben muß ...
Die Schwierigkeit besteht darin, gegen Einstellungen anzugehen wie: "Ich mache das schon dreißig Jahre so, und das hat immer funktioniert!"
Mach so jemandem hier im Internet mal klar, wie verschlissen seine Gelenke sind und wie traurig das eigentlich ist - von dysfunktionalen Muskeln mal ganz abgesehen ...
Da fehlt eben im wahrsten Sinne des Wortes mal wieder das "Be-Greifen" ...

Im Übrigen geht es mir nicht darum eine "Expertendiskussion" zu führen.
Meine Schüler dürfen und sollen mich schließlich auch alles fragen - wie sollen sie sonst etwas lernen (und wie soll ich sonst vermeiden, betriebsblind zu werden?).
Mir ging es um etwas anderes - erstens sind etliche Fragen schon sehr, sehr oft von mir und anderen hinreichend ausführlich beantwortet worden. Zweitens gibt es bei Fragen nur eines, was ich ablehne: wenn ich eine Frage ausführlich beantwortet habe; Quellen angebe; auf weiterführende Texte hinweise; meine Tel.-Nr. für Rückfragen zur Verfügung stelle - und dann erleben muß, daß Anfänger mit einem "ja, aber ..." kommen.
Auch ich habe durch Frank Thiele Sensei bspw. vor einigen Jahren erfahren müssen, daß ich in praxi längst nicht so gut war, wie ich selbst annahm. Daraufhin habe ich tief durchgeatmet, über meine Anmaßung mich selbst tadelnd den Kopf geschüttelt und mich begeistert auf die Matte gestürzt, um zu lernen, zu lernen ...
Ich erwarte ganz einfach die gleiche Haltung von jedem Judoka. (Was soll ich machen?)
Im Übrigen darf natürlich auch ein Anfänger seine Meinung äußern - es kommt aber auf die Art und Weise an, wie er das tut und wann er das tut.

Was das Kodokan Judo betrifft: Kanos Ideen sind die Grundlage, er ist die letzte und höchste Autorität.
Da er aber nun leider schon eine Weile nicht mehr unter uns weilt, müssen wir uns mit seinen Schriften behelfen, wenn es um die Grundlagen des Judo geht. das bedeutet doch nicht, daß das Judo unflexibel, unwandelbar und starr (geworden) sei.
Es bedeutet lediglich, daß man Judo NICHT verstehen kann, wenn man erstens die Grundlagen nicht hervorragend beherrscht und sich zweitens auf einen winzig kleinen Teil des Judo beschränkt, alles andere vergessend oder ignorierend.
Da "JU" "flexibel/ökonomisch" bedeutet, kann Judo nichts Starres sein - starr und unflexibel ist imho nur die ausschließliche Fixierung auf Judo als Wettkampfsport.
Dennoch wiederhole ich es: wer Judo als Wettkampfsport verstehen will, der kann und darf das selbstverständlich tun!!
Ich finde es nur sehr schade, daß dann etwa 95 % der Lehrinhalte des Judo dabei auf der Strecke bleiben.

Meine Frage "Was nützt es euch?" war im übrigen ernst gemeint. Es würde mich doch sehr interessieren, was ihr mit den Informationen so anfangt, die ich euch bisher gegeben habe ...

Freundliche Grüße
Tom
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Maki-Komi
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Beitrag von Maki-Komi »

Moin Tom,

die Inhalte die du bislang zu vermitteln suchtest haben glaube ich viele angeregt sich mit unserem Sport/unserer Kampfkunst auf einem ganz anderen level auseinanderzusetzen. Und das ist zumindest mal ein Anfang.

Ich fand, das habe ich dir schon mehrfach bestätigt, deine Beiträge bislang sehr gut und sehr lehrreich, sofern ich mir dieses Urteil als Anfänger erlauben darf.

In sofern: "Was nutzt es uns?" Viel! Denkanstösse, das Angebot sich mit Dingen intensiver zu beschäftigen usw.

Ich finde die Diskussion mittlerweile klasse, sofern dazu. Ich würde auch gerne intensiver mitdiskutieren, nur bin ich an einem Punkt anbelangt, wo ich nur noch Wissen aufnehmen kann, weil mir jetzt zum grössten Teil die Fachkenntnisse zum mitreden fehlen.

Mit freundlichen Grüssen aus Hamburg,

Jan
"It´s not the fall that hurts - it´s when you hit the ground."
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