Wie vermiese ich Jugendlichen das Judo!!

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kastow
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Re: Wie vermiese ich Jugendlichen das Judo!!

Beitrag von kastow »

Antonio hat geschrieben:"Muss ein Kind (6. Kyu, also ca. 8 Jahre alt)"
Es gibt auch ältere 6. Kyu. "Meiner" ist 13.
...weil es aufgrund eines nachvollziehbaren, instinktiven Reflexes (Vermeidung eines Sturzes) ein für das Wurftraining nicht angemessenes Verhalten zeigt? Es handelt sich um EIN KIND, welches noch lernt und sich manchmal eben nicht logisch verhält und eben nicht so, wie man es als Erwachsener gerne hätte (was auch sein gutes Recht ist!)!
Es ist NICHT sein gutes Recht jemanden zu verletzen, wenn genau dieses Verhalten über 6 Monate jedes Mal beim Training angesprochen wurde! Da ist mir die Unversehrtheit seines Partners wichtiger als sein Seelenheil. Dem Kind müssen die Partner schon zugeteilt werden, weil sie Angst haben verkletzt zu werden. Nein, es ist nicht sein gutes Recht! Wenn es geistig nicht auf dem notwendigen Niveau ist, dann muß es warten.
Hervorhebung von mir

Genau so etwas höre ich häufig. Und genau hier liegt meines Erachtens das Problem. Ansprechen - erst recht niedermachen - ist fruchtlos. Den Grund der Fruchtlosigkeit haben tutor! und CasimirC mehrfach erläutert. Eine systematische Fehleranalyse und -korrektur und in diesem konkreten Fall eine ausführlichere Vermittlung der Fallschule zur Reduzierung der Sturzangst wären sinnvoller. Es gibt sicherlich hin und wieder hoffnungslose Fälle, aber in den meisten Fällen würde es wohl nicht schaden, wenn die Übungsleitung ihre Methode überdenkt und erweitert.
Herzliche Grüße,

kastow

Since the establishment of Kôdôkan jûdô, jûdô has become something that should be studied not only as a method of self-defence but also as a way of training the body and cultivating the mind. (Jigorô Kanô: MIND OVER MUSCLE)
CasimirC
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Re: Wie vermiese ich Jugendlichen das Judo!!

Beitrag von CasimirC »

Antonio hat geschrieben:Zu Legasthenie:
Bewegungslegastheniker ist ein allgemein bekannter und eingebürgerter Begriff im außerfachlichen Bereich. Ob er nun sprachlich/inhaltlich richtig ist oder nicht spielt dabei keine Rolle, jeder weiß, was damit gemeint ist. Klar könnte ich auch von motorischen Defiziten oder Diskrepanzen sprechen, aber das würde es nicht treffen bzw. so gut verstanden werden. Und da dies KEIN wissenschaftliches Forum ist, ist das meiner Meinung nach so schon OK. Es heißt leider auch in der technischen Fachliteratur massenhaft "Schieblehre", obwohl da nichts mit Lehre ist. Und solche Beispiele gibt es zu Hauf. So ist nun mal Sprache.
Du hast aber meine Aussage zu Legasthenie aufmerksam gelesen? Ich bitte Dich nochmals darum, das Essenzielle hast Du nämlich nicht verstanden. Es ist, ebenso wie dein Begriff "Scheiß", eine Herabwürdigung des/ der Betroffenen. Im Übrigen ist es egal, ob der Begriff "allgemein bekannt und eingebürgert" ist - er ist eine Verballhornung, wenn nicht sogar eine Pejoration des Begriffs "motorische Defizite" und in einer Fachdiskussion nicht angebracht!
Antonio hat geschrieben:1. Wo spreche ich von "sämtlichen Judoka, die meinen Erwartungen an körperliche Leistungsfähigkeit nicht erfüllen"?
2. Wo assoziiere ich damit eine "(psychische) Erkrankung" bei den Betreffenden?
zu 1.: Deine Postings legen diesen Zusammenhang nahe. Ich zitiere:
Warum sollte es beim Judo nicht auch so sein? Warum müssen wir jeden Bewegungslegastheniker durch die Prüfungen und Lehrgänge tragen? Jeder hat seine individuellen Grenzen, und die gilt es zu erkennen und zu akzeptieren.
Das lässt nur den Schluss zu: Du befürwortest, dass diejenigen, die nicht die (deine) Leistungsanforderungen erbringen, nicht gefördert werden und verallgemeinerst das im letzten Satz mit deinen berühmten "Bewegungslegasthenikern". Die Verbindung ist somit hergestellt. Im Übrigen verweise ich auf das Posting von tutor!.
zu 2. Ich habe Dir die Bedeutung und die Assoziation beim Wort '(Bewegungs)Legasthenie' erläutert, in diesem Wort steckt der sprachliche Hinweis auf eine psychische Störung (das Wort Erkrankung ist in diesem Fall umstritten).
Antonio hat geschrieben:Es gibt auch ältere 6. Kyu. "Meiner" ist 13.
Wenn Du eine bestimmte Altersklasse meinst, dann nenne die auch, und nicht Begriffe wie "Gelb-Orange-Gurt" ;)
Im Übrigen: Ab welchem Alter sind Kinder denn so weit, dass man sie vom autoritären Stuhl aus verbal erniedrigen kann?
Antonio hat geschrieben:Es ist NICHT sein gutes Recht jemanden zu verletzen, wenn genau dieses Verhalten über 6 Monate jedes Mal beim Training angesprochen wurde! Da ist mir die Unversehrtheit seines Partners wichtiger als sein Seelenheil. Dem Kind müssen die Partner schon zugeteilt werden, weil sie Angst haben verletzt zu werden. Nein, es ist nicht sein gutes Recht! Wenn es geistig nicht auf dem notwendigen Niveau ist, dann muß es warten.
Das relativiert die Sache, wenn auch kaum. An diesem Punkt ist aber der ÜL gefragt: Wie kann ich dem Kind beibringen, dass es weniger/ keine Angst mehr vorm Fallen hat? Warum hat es überhaupt diese Angst?
Als Beispiel: Wir haben im Verein einen jungen Mann, wenig jünger als ich, der seit ca. 15 Jahren Judo macht. Er ist aufgrund einer ganz leichten motorischen Behinderung nicht richtig fallen, er hat durchaus Angst davor und "klammert" auch gerne, das Üben mit ihm ist durchaus 'anstrengend'. Dennoch ist dieser junge Mann seit jeher fester Bestandteil unseres Vereins und man kann sehr viel Spaß mit ihm haben und v.a.: er hat viel Spaß! Wir haben gelernt, er hat gelernt und das voneinander Lernen geht immer weiter - eine Win-Win-Situation! Nach deinen bisherigen Aussagen (Bewegungslegastheniker, kein gutes Verhalten als Uke) hat der junge Mann im Judo allerdings nichts zu suchen...
Antonio hat geschrieben:Theorie. Tut mir leid, aber hier scheinst Du mir viel Theorie und wenig Praxis bzw. Lebenserfahrung zu haben. Das liest sich wie die vielen Erziehungsratgeber für Eltern, wo der Autor viel Theorie und noch mehr super Vorschläge hat, aber selbst wenig Praxiserfahrung, weil nie Zuhause bei den Kindern.
Ich habe im Vorstellungs-Thread meine Lebensumstände geschildert (zur Info: Judoka seit 20 Jahren, Judo-ÜL seit knapp 10 Jahren, zusätzlich seit 4 Jahren Betreuer in einer Ganztagsschule mit 80 Kindern) ;) Ich denke, dass ich sehr wohl genügend Erfahrung im Umgang mit Kindern und v.a. Trainingserfahrung habe, das beurteilen zu können. Im Übrigen funktioniert mein Vorgehen im eigenen Verein hervorragend, und auch in der Ganztagsschule, in der ich arbeite, funktioniert das.
Im Gegenteil finde ich es immer recht erbärmlich, wenn statt einer Annahme der Kritik und Hinterfragung der eigenen pädagogischen Grundsätze plötzlich der Gegenseite unterstellt wird, dass die Theorie fehlerhaft sei und die eigene Lebenserfahrung folglich über der Theorie stehe. Dabei ist es das simpelste der Welt zu verstehen, dass man (den Inhalt des Gesagten außen vor) durch eine brutale Sprache eher negative Reaktionen hervorruft, mit einer sanften Sprache eher positive, und dass besonders Kinder sprachlich mit Gelassenheit und Einfühlungsvermögen konfrontiert werden sollten.
Leider ist es unglaublich schwer, diese Bretter früherer Umgangsformen und Erziehungsmethoden zu bohren...
Antonio hat geschrieben:Blödsinn. Entschuldige die Vulgärsprache, aber das ist Bullshit.
Gerade heute versucht jede Schule einen Sozialpädagogen an Bord (Stichwort Insel) zu haben. Wozu? Nun, um problematische Kinder umgehend aus der Gruppe/Klasse/Unterricht herauszuholen. Damit soll die Konzentration der Gruppe gehalten werden und das auffällige Kind kann "betreut" werden. Wenn das allerdings nichts hilft, dann ziehen die Lehrer/Schule ganz andere Seiten auf. Beliebte Maßnahme: Anruf bei den Eltern um Kind abzuholen. Die Eltern freut's. :alright Oder Ausschluß vom Unterricht auf Zeit (bis zu 2 Wochen in S-H). Schuster, bleib bei deinen Leisten.
Ich möchte gern diesen Punkt aus der Diskussion herauslassen, da das, was Du da schreibst, leider komplett falsch ist. Sozialpädagogen sind nämlich NICHT dafür da, Problemkinder aus dem Klassenverband zu holen, damit der brave Rest in Ruhe lernen kann! Ihre Aufgaben sind im Gegenteil dazu die Integration von solchen Kindern in den Klassenverband, die sozialpädagogische Beratung und Betreuung von Kindern, Eltern und Schülern, die Gewaltprävention,...usw. Problematische Kinder gibt es immer (aus subjektiver Sicht vielleicht sogar 'immer mehr') und sollen eben nicht aus dem Klassenverband herausgenommen werden, da durch diese Handlung eine Stigmatisierung dieser Kinder einerseits und eine psychologische Verschlechterung des Zustands des betreffenden Kindes eintreten kann.
Dass einzelne Schulen das anders handhaben, ist schlimm genug, man sollte es sich nicht zum Vorbild nehmen.

Persönliche Anmerkung: "Bewegungslegastheniker", "Scheiße", "Bullshit",...ich lese da ein Schema heraus ;)

Des Weiteren verweise ich auf die Beiträge von tutor! und kostow, vielen Dank Euch Beiden!
Theorie: Wenn alle wissen, wie es geht, und es geht nicht.
Praxis: Wenn es geht, und keiner weiß, warum.
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Antonio
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Re: Wie vermiese ich Jugendlichen das Judo!!

Beitrag von Antonio »

Du hast aber meine Aussage zu Legasthenie aufmerksam gelesen? Ich bitte Dich nochmals darum, das Essenzielle hast Du nämlich nicht verstanden. Es ist, ebenso wie dein Begriff "Scheiß", eine Herabwürdigung des/ der Betroffenen. Im Übrigen ist es egal, ob der Begriff "allgemein bekannt und eingebürgert" ist - er ist eine Verballhornung, wenn nicht sogar eine Pejoration des Begriffs "motorische Defizite" und in einer Fachdiskussion nicht angebracht!
Ich habe Deinen Beitrag gelesen und ich sage es nochmals: ich gebrauche den Begriff Bewegungslegastheniker nicht im Verhältnis mit der betroffenen Person, sondern im Umgang mit Dritten. Dir mag der Begriff politisch nicht korrekt erscheinen, gut, Dein Recht. Mein Recht ist es anderer Meinung zu sein.
zu 1.: Deine Postings legen diesen Zusammenhang nahe. Ich zitiere: "Warum sollte es beim Judo nicht auch so sein?
Meine Frage an Dich: Weshalb sollte es keine Mindestanforderungen geben?
zu 2. Ich habe Dir die Bedeutung und die Assoziation beim Wort '(Bewegungs)Legasthenie' erläutert, in diesem Wort steckt der sprachliche Hinweis auf eine psychische Störung (das Wort Erkrankung ist in diesem Fall umstritten).
Das versteht so, wer es so verstehen will.
Als Beispiel: Wir haben im Verein einen jungen Mann, wenig jünger als ich, der seit ca. 15 Jahren Judo macht. Er ist aufgrund einer ganz leichten motorischen Behinderung nicht richtig fallen, er hat durchaus Angst davor und "klammert" auch gerne, das Üben mit ihm ist durchaus 'anstrengend'.
Genau das meinte ich, als ich sagte "Wenn es geistig nicht auf dem notwendigen Niveau ist, dann muß es warten.". Euer Kollege hat die notwendige Reife und dann passt es. "Mein" 13jähriger eben noch nicht.
Im Übrigen funktioniert mein Vorgehen im eigenen Verein hervorragend, und auch in der Ganztagsschule, in der ich arbeite, funktioniert das.
Gratuliere, Du hast für Dich den richtigen Weg gefunden. Er ist aber nicht der Richtige für mich oder für unseren Verein. Willst Du beurteilen können, ob er deswegen richtig oder falsch ist?
Im Gegenteil finde ich es immer recht erbärmlich, wenn statt einer Annahme der Kritik und Hinterfragung der eigenen pädagogischen Grundsätze plötzlich der Gegenseite unterstellt wird, dass die Theorie fehlerhaft sei und die eigene Lebenserfahrung folglich über der Theorie stehe.
Aha, interessant. Mir wirfst Du vor, nicht meine "pädagogischen Grundsätze" (ich bin kein Pädagoge, bist Du es?) hinterfragen zu wollen; selber beharrst Du aber auf Deine "pädagogischen Grundsätze" und der Richtigkeit Deiner Theorie. Wer hat nun Recht und gleiches Recht für Beide? :dontknow
Ich möchte gern diesen Punkt aus der Diskussion herauslassen, da das, was Du da schreibst, leider komplett falsch ist. ...Dass einzelne Schulen das anders handhaben, ist schlimm genug, man sollte es sich nicht zum Vorbild nehmen.
Rhetorische Frage ein:
Erst "herauslassen wollen" und dann doch seine Meinung/Wissen dazu kund tun? Was denn nun? Und wieso ist mein Wissensstand falsch? Hast Du engeren Kontakt zu unserer Schule hier, vielleicht zum Rektor oder dem Sozialpädagogen. Kennst Du die hiesige offizielle Schulpolitik? Hast Du das S-H Schulgesetz samt Durchführungsverordnung studiert? Was läßt dich besser informiert sein als einen Involvierten? Das scheinen zumindest in S-H aber viele Schulen zu sein. Aber klar, alle irren. Keine von denen hat kompetente pädagogische Beratung gehabt.
Rhetorische Frage aus.
Persönliche Anmerkung: "Bewegungslegastheniker", "Scheiße", "Bullshit",...ich lese da ein Schema heraus ;)
Und mich läßt Dein pädagogischer Eifer ebenfalls ein Schema erkennen. :D

Also, ich klinke mich hier und jetzt aus dieser Diskussion aus.

Schönen Abend
Antonio
CasimirC
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Re: Wie vermiese ich Jugendlichen das Judo!!

Beitrag von CasimirC »

Antonio hat geschrieben:Meine Frage an Dich: Weshalb sollte es keine Mindestanforderungen geben?
Ich bin der Meinung, dass es nicht im Sinne des Erfinders war, Judo zu einem Ding für die Elite zu machen, sondern dass das Judo-System offen für alle sein sollte. Das deckt sich ja ungefähr mit tutor!s Aussage.
Hinzu kommt, dass Judo angesichts sinkender Mitgliederzahlen (zumindest im DJB) es sich nicht wirklich erlauben kann, da großartige Vorbedingungen aufzustellen.
Ich persönlich halte von Ausgrenzung rein gar nichts und setze vielmehr auf Integration.
Antonio hat geschrieben:Genau das meinte ich, als ich sagte "Wenn es geistig nicht auf dem notwendigen Niveau ist, dann muß es warten.". Euer Kollege hat die notwendige Reife und dann passt es. "Mein" 13jähriger eben noch nicht.
Unser "Kollege" hatte die notwendige Reife auch nicht, als er mit dem Judo begonnen hat (wer hat die schon?), und trotzdem ist es gelungen, ihn voll und ganz und parallel zu Gleichaltrigen in den Verein zu integrieren. Mit Vorgaben und Ausgrenzung schafft man so etwas nicht.
Antonio hat geschrieben:Gratuliere, Du hast für Dich den richtigen Weg gefunden. Er ist aber nicht der Richtige für mich oder für unseren Verein. Willst Du beurteilen können, ob er deswegen richtig oder falsch ist?
Ich sage lediglich, dass ich Dir eine intensivere Beschäftigung mit neuen pädagogischen Modellen ans Herz lege. Nicht um Dich bekehren zu wollen, sondern zum Wohl Deiner Schüler, Deines Vereins und des Judo an sich! Ehrlich gesagt tut es auch niemandem weh, wenn man sich im Ton ein wenig mäßigt und eine vernünftige Kommunikation mit seinen "Untergebenen" sucht.
Antonio hat geschrieben:Aha, interessant. Mir wirfst Du vor, nicht meine "pädagogischen Grundsätze" (ich bin kein Pädagoge, bist Du es?) hinterfragen zu wollen; selber beharrst Du aber auf Deine "pädagogischen Grundsätze" und der Richtigkeit Deiner Theorie. Wer hat nun Recht und gleiches Recht für Beide?
Es handelt sich hierbei nicht um meine Theorie, sondern um die anerkannte Theorie der heutigen pädagogischen Ausbildung. Die muss man nicht komplett gut finden, das tu ich auch nicht, aber man sollte sich zumindest an die Regeln der respektvollen Kommunikation halten, denn diese Regeln sind allgemeingültig und gesellschaftlich anerkannt.
Antonio hat geschrieben:Erst "herauslassen wollen" und dann doch seine Meinung/Wissen dazu kund tun? Was denn nun? Und wieso ist mein Wissensstand falsch? Hast Du engeren Kontakt zu unserer Schule hier, vielleicht zum Rektor oder dem Sozialpädagogen. Kennst Du die hiesige offizielle Schulpolitik? Hast Du das S-H Schulgesetz samt Durchführungsverordnung studiert? Was läßt dich besser informiert sein als einen Involvierten? Das scheinen zumindest in S-H aber viele Schulen zu sein. Aber klar, alle irren. Keine von denen hat kompetente pädagogische Beratung gehabt.
Ich möchte das Thema in erster Linie nicht in die Diskussion einbauen, weil es nichts mit dem Thread zu tun hat. Aber zu deiner Versicherung:
Ich habe lediglich die Leitlinien sozialpädagogischer Arbeit in Schule wiedergegeben (kann man für SH übrigens hier nachlesen). Ich arbeite selber eng mit einer Sozialpädagogin zusammen, darf regelmäßig von Freunden/ Bekannten Arbeiten zur Sozialen Arbeit korrekturlesen und bin auch durch mein Studium nicht ganz ahnungslos bei dem Thema. Ich ziehe mir das mit Sicherheit nicht aus den Fingern, es entspricht der Tatsache! Ich bin mir sicher, dass das auch in SH nicht flächendeckend anders gehandhabt wird, als von mir dargestellt, jedoch kann es durchaus unrühmliche Ausnahmen geben.

edit: Neue Idee für einen Thread gefunden.
Theorie: Wenn alle wissen, wie es geht, und es geht nicht.
Praxis: Wenn es geht, und keiner weiß, warum.
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Fritz
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Re: Wie vermiese ich Jugendlichen das Judo!!

Beitrag von Fritz »

Ich finden CasimirCs Hinweise bzgl, des auf eine psychische Störung abzielende Bedeutung des Begriffes
"Bewegungslegasthenie" durchaus wichtig.
Denn gerade um solche Leute geht es auch... Anders als mit einer psychischen Störung kann man das Verhalten
einiger Üblinge nicht erklären.

(Wobei ich überzeugt bin, daß Legasthenie an sich gar keine psychische Störung ist, so gesehen
beleidigt CasimirC gerade nach seinen eigenen Maßstäben gerade die Legastheniker. :-(
Nebenbei: Die Legastheniker, welche sich hier im Forum also solche zu erkennen gaben, zeichneten sich nahezu alle durch
große Sorgfalt bei der Erstellung ihrer Beiträge hinsichtlich Rechtschreibung aus... aber bleiben wir beim "Volksmund")


Oder soll man es sonst erklären, wenn man einem dieser "Bewegungskünstler" langsam und deutlich erklärt
a) was falsch ist b) warum es falsch ist und c) wie er es richtig macht kann, und man sieht in den großen, ungläubig staunenden Augen
das nun gleich folgende vorweg: Selbstverständlich wird beim darauffolgenden Üben "der Murks" von vorher "exakt" so reproduziert, als ob
a-c) nicht stattgefunden hätten - ich würde ja nicht mal erwarten, daß der Übling dann es richtig macht, davon kommt man mit der Zeit "weg",
nein - ich würde nur erwarten, daß er wenigstens etwas anders macht, aber offensichtlich gibt es einige, deren geistige Fähigkeit und deren Willen,
Informationen zu verarbeiten, gegen Null geht... Und die bekommen dann durchaus mal einen deftigen Spruch zu hören, ...

Und da wären wir beim zentralen Punkt, der bisher mehr oder weniger außen vor gelassen wurde:
Den Willen. Ich erwarte von einem Kind auf meiner Matte einfach, daß es Judo lernen will. Punkt.
Kinder, die nicht wollen, sind fehl am Platz. Und mittlerweile hab auch keinen Nerv mehr, nun herauszufinden, warum
jemand nicht will. Diejenigen, die von ihren Eltern von Anfang an gezwungen wurden, enttarnen sich in der Regel schon
beim Probetraining. Und entsprechend wirken wir auf die Eltern ein...
Mir persönlich ist ein motorisch völlig Unbegabter, der aber will und deswegen bereit ist, hart zu an sich zu arbeiten, deutlich lieber als
ein echtes Bewegungstalent, was lustlos die Matte vollsteht oder gar noch andere stört...
Judo ist von Kano u.a. als System der Leibeserziehung konzipiert worden. Gerade diejenigen, die eine Förderung im körperlichen Bereich am Nötigsten haben, für "zum Judo nicht geeignet" zu klassifizieren, ist vor diesem Hintergrund geradezu absurd. Vielmehr ist es doch wohl so, dass diese Kinder nicht in der Lage sind, den Leistungsvorstellungen des Trainers gerecht zu werden. So herum zu denken heißt aber, die besonders förderungsbedürftigen nicht fördern zu wollen...
Das ist sicherlich richtig, es ist natürlich aber alles einen Frage des Ausmaßes... In der Regel kann eine Gruppe ein, evt. zwei "problematische" Üblinge
"wegstecken", aber in dem Moment, wo der Betreuungsaufwand für die besonders Förderungsbedürftigen so hoch wird, daß er die normal Förderungsbedürftigen,
also den Rest der Gruppe, schädigt in dem Sinne, daß deren Förderanteil unter ein akzeptables Mindestmaß fällt, dann wird es kritisch und es bleibt zu fragen,
ob für solche Üblinge a) Judo überhaupt der richtige "Sport" ist und ob b) die konkrete Vereins-Judogruppe der richtige Platz ist...
Wie gesagt, ich mache für mich die Förderungswürdigkeit persönlich am Willen der Üblinge fest, daran, ob sie die geistige Bereitschaft zeigen, sich mit
dem Dargebotenen auseinanderzusetzen, oder ob sie halt nur "bespaßt" werden möchten...

Nur beim Eingangs-Beitrag ging es um Judo-Betreibende, die in etwa 12 Jahre und älter sind und auch schon einige Jahre Judotraining absolviert
haben müssten... Da würde ich schon erwarten, wenn jemand auf einen Prüfungsvorbereitungslehrgang fährt, er schon den Willen hat zu trainieren und
in der Regel auch schon mit etwas Kritik umgehen kann...
Mit freundlichem Gruß

Fritz
tutor!
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Re: Wie vermiese ich Jugendlichen das Judo!!

Beitrag von tutor! »

Also ich könnte mich mit dem Begriff "Bewegungslegastheniker" durchaus anfreunden, wenn damit ein Umgang mit den Betroffenen verbunden wäre, wie es im Falle der Lese-Rechtschreibschwäche eine Selbstverständlichkeit ist (bzw. als Selbstverständlichkeit gefordert wird - Praxis sieht manchmal anders aus):
  • genaue Diagnose der individuellen Problematik
  • passgenaue, auf die Diagnose abgestimmte Fördermaßnahmen
  • individuelle Erleichterungen bei Prüfungen
Ich erlebe leider die Verwendung des Begriffs "Bewegungslegatheniker" nicht im Kontext einer Förderbedürftigkeit, sondern im Gegenteil eher als ein "mit dem hat das eh keinen Sinn", also eines Abqualifizierens und Ausgrenzens. Auch durch häufige Verwendung des Begriffs wird diese Konnotation nicht akzeptabler.
Fritz hat geschrieben:Oder soll man es sonst erklären, wenn man einem dieser "Bewegungskünstler" langsam und deutlich erklärt
a) was falsch ist b) warum es falsch ist und c) wie er es richtig macht kann, und man sieht in den großen, ungläubig staunenden Augen
das nun gleich folgende vorweg: Selbstverständlich wird beim darauffolgenden Üben "der Murks" von vorher "exakt" so reproduziert, als ob a-c) nicht stattgefunden hätten - ich würde ja nicht mal erwarten, daß der Übling dann es richtig macht, davon kommt man mit der Zeit "weg", nein - ich würde nur erwarten, daß er wenigstens etwas anders macht, aber offensichtlich gibt es einige, deren geistige Fähigkeit und deren Willen, Informationen zu verarbeiten, gegen Null geht... Und die bekommen dann durchaus mal einen deftigen Spruch zu hören, ...
Wie man es erklären soll? Vielleicht mit Überforderung? Vielleicht auch mit einer Wahrnehmungsschwäche. Vielleicht liegt es gar nicht daran, dass er etwas nicht verstanden hat - sondern an etwas ganz anderem?

Jemandem etwas, was derjenige schon längst kognitiv verstanden hat, besonders kleinschrittig und ausführlich zu erklären, kann schon mal fragende Gesichter produzieren: "Wieso erklärt der mir das schon wieder? Hält der mich für bescheuert? Ich habe das doch längst begriffen!"

Ein in dieser Weise Betroffener wird nach einer erneuten Erklärung ganz selbstverständlich dasselbe machen wie zuvor. Die kleinschrittige Information war ja auch in keiner Weise neu für ihn. Dann deftige Worte? Wie soll denn der Betroffene damit umgehen?

Im beschriebenen Fall liegt möglicherweise ein klarer Diagnosefehler des Übungsleiters vor, der die Ursache des Nicht-Gelingens in mangelnder Information sieht - deshalb nochmal erklärt - während die tatsächliche Ursache vermutlich in der Ausführungsregulation zu finden ist. Diese ist ein SOLL-IST-Abgleich zwischen der beabsichtigten und der tatsächlich durchgeführten Bewegung. Aufgrund der Daten, bzw. ihres Abgleiches, erfolgt eine Korrektur des Bewegungsablaufs, mit dem Ziel, das IST dem SOLL anzunähern.

Entscheidend für das Lernen eines Bewegungsablaufs ist also die eigene Bewegungswahrnehmung, die den IST-Wert liefert. Die Bewegungswahrnehmung ist von vielen Faktoren abhängig und ist ihrem Wesen nach eine Interpretation von Daten.

Diese IST-Daten sind aber mit den SOLL-Daten nicht kompatibel. Als SOLL-Daten bekomme ich:
  • visuelles Bild in einer Außensicht (der ÜL macht vor)
  • Begründung mechanischer Art für dieses Bild (funktionelle Erklärung, die ich auf den visuellen Eindruck beziehe)
  • taktile, vestibuläre und kinesthetische Information als Uke (im Idealfall durch einen Tori, der dies beherrscht)
Wenn ich aber nun die Bewegung selbst ausführe, erhalte ich ganz andere Rückmeldungen:
  • kinsthetisches Bewegungsbild
  • vestibuläre Rückmeldungen als Tori
  • visuelle Rückmeldung aus der Innensicht
Vereinfacht gesprochen müssen diese Daten kompatibel zueinander gemacht werden, damit ein SOLL-IST-Abgleich - und damit Lernen - stattfinden kann. Dies ist ein großes Feld individueller Lernvoraussetzungen und wenn man hier Probleme nicht erkennt, kann man richtig viel Sch**** bauen als Trainer - z.B. mit vollkommen unsinnigen Korrekturen und unangemessenen deftigen Worten. Wichtig wäre hier vielmehr eine gezielte Förderung der Bewegungswahrnehmung, damit die Ausführungsregulation künftig besser gelingen kann.

Dies ist jetzt nur ein Beispiel von mehreren. Denkbar sind noch Kraft- oder Beweglichkeitsdefizite, die zu einer Kompensation führen, die den Bewegungsablauf komplett verfälscht.

Die Verantwortung eines Lehrers zu übernehmen hießt für mich, sich auch in diesen Feldern weiter zu bilden und nicht auf dem Niveau der "subjektiven Theorien", die sich auf "Lebenserfahrung" gründen, verbleiben zu wollen. Viel ehrlicher wäre hier zu sagen, dass man selbst damit überfordert ist, geeignete Hilfestellungen zu geben, weil man nicht über die entsprechende Diagnose- und Förderkompetenz verfügt.
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
Techniques are only the words of the language judo (Cichorei Kano, 24.12.2008)
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Fritz
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Re: Wie vermiese ich Jugendlichen das Judo!!

Beitrag von Fritz »

Tut mir leid tutor! ich glaub, wir reden teilweise von verschiedenen Sachen...

Ich rede von einfachsten Bewegungen,
Du offensichtlich von komplexeren Bewegungsabläufen. Da mag es durchaus zutreffen, was Du
schreibst.
Wie man es erklären soll? Vielleicht mit Überforderung? Vielleicht auch mit einer Wahrnehmungsschwäche. Vielleicht liegt es gar nicht daran, dass er etwas nicht verstanden hat - sondern an etwas ganz anderem?

Jemandem etwas, was derjenige schon längst kognitiv verstanden hat, besonders kleinschrittig und ausführlich zu erklären, kann schon mal fragende Gesichter produzieren: "Wieso erklärt der mir das schon wieder? Hält der mich für bescheuert? Ich habe das doch längst begriffen!"
Was ich meine, läßt sich mit geistiger Trägheit/Faulheit oft völlig ausreichend erklären.

Typisch ist dafür folgendes Szenario: ÜL geht zu einem Übungs-Paar, wo er sieht, daß bei
der gerade neu zu erlernenden Bewegung noch ein Fehler gemacht wird. Er erklärt z.B.
dem einen Partner, "geh auf der Seite zurück, wo Du den Arm gefaßt hast". Zeigt es evt. gar am
anderen... Der übt und macht es evt. sogar so, wie der ÜL möchte...
Und nun darfst Du raten, was oft passiert, wenn sein Übungspartner dann dran ist: Richtig,
er macht exakt den Fehler vom anderen nach - weil er wahrscheinlich gar nicht zugehört
hat, als es der ÜL seinem Partner erklärte, geschweige denn seine Bewegungsvorstellung
entsprechend überprüft hat...

Und wie gesagt, ich rede nicht von komplexen Bewegungsabfolgen und Dingen
wie Abständen und Winkel...
Ich rede von "rechts, links, vor, zurück, unten/oben am Ärmel"
und ich rede auch nicht von Leuten, die kognitiv etwas verstanden haben (das kann man
in der Regel leicht überprüfen, indem man sie auffordert zu erklären, was sie tun wollen)

sondern von denen, die unmittelbar nach der Erklärung ganz treuherzig
behaupten, sie würden nicht wissen, was sie tun sollen... ;-)

Für "meine Theorie" spricht, daß es regelmäßig eine sprunghafte Verbesserung der "Lernleistung"
gibt, wenn man es schafft, sie aus ihrer geistigen Lethargie aufzurütteln... ;-)
Die Verantwortung eines Lehrers zu übernehmen hießt für mich, sich auch in diesen Feldern weiter zu bilden und nicht auf dem Niveau der "subjektiven Theorien", die sich auf "Lebenserfahrung" gründen, verbleiben zu wollen. Viel ehrlicher wäre hier zu sagen, dass man selbst damit überfordert ist, geeignete Hilfestellungen zu geben, weil man nicht über die entsprechende Diagnose- und Förderkompetenz verfügt.
Evt. ist es aber auch so, daß die geeignete Hilfstellung zwangsläufig
dann dazu führt, daß der Rest der Gruppe nicht die ihm zustehende Hilfestellung und
Aufmerksamkeit bekommt... Was dann?
Mit freundlichem Gruß

Fritz
tutor!
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Re: Wie vermiese ich Jugendlichen das Judo!!

Beitrag von tutor! »

Fritz hat geschrieben:Tut mir leid tutor! ich glaub, wir reden teilweise von verschiedenen Sachen...

Ich rede von einfachsten Bewegungen,
Du offensichtlich von komplexeren Bewegungsabläufen. Da mag es durchaus zutreffen, was Du
Gesetzmäßigkeiten des Lernens hängen unabhängig vom Schwierigkeitsgrad eigentlich von denselben Faktoren ab. Das, was ich beschrieben habe, kann für den ein oder anderen durchaus auch bei sehr einfach erscheinenden Bewegungen ein Problem darstellen.

Wie ich aber auch schrieb: es gibt eine ganze Reihe möglicher Ursachen für Probleme beim Bewegungslernen. Ich verwechsle zum Beispiel noch heute mitunter rechts und links. Ein anderes Problem sind schlicht mangende Gedächtnisleistungen aufgrund von tatsächlichen Konzentrationsschwächen.

Mangende Bereitschaft, etwas lernen zu wollen, gibt es natürlich auch. Gegen den eigenen Willen kann niemand gefördert werden. Diejenigen sollten einen Weg zum Aussteigen eröffnet bekommen. Alle anderen dürfen aber weder abqualifiziert noch ausgegrenzt werden.

Für dieses Mädchen ist Judo z.B. genau das Richtige:
Aber nicht jeder Trainer - ich persönlich zum Beispiel gar nicht - und nicht jede Gruppe ist für dieses Mädchen geeignet. Im Mittelpunkt muss doch immer der Mensch stehen und das, wie er durch Judo profitieren kann.

Wir sollten uns vielleicht hin und wieder einmal klar machen, dass wir selbst uns auch nur an einer bestimmten Stelle im Kontinuum der Begabungen befinden.
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Fritz
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Re: Wie vermiese ich Jugendlichen das Judo!!

Beitrag von Fritz »

Mangelnde Bereitschaft, etwas lernen zu wollen, gibt es natürlich auch. Gegen den eigenen Willen kann niemand gefördert werden. Diejenigen sollten einen Weg zum Aussteigen eröffnet bekommen. Alle anderen dürfen aber weder abqualifiziert noch ausgegrenzt werden.
Deshalb schrieb ich ja bereits mehrfach
über den "Willen"... ;-)
Und man merkt schon sehr deutlich, wer will oder halt eben nicht.
Mit freundlichem Gruß

Fritz
HBt.

Wie generiere ich Lernfreude?

Beitrag von HBt. »

Dreht die Medaille doch einmal um und fragt euch: welche Bedingungen müssen erfüllt sein, um voller Freude zu lernen ... allgemein und individuell.

Stimmen die Rahmenbedingungen überhaupt?
Zuletzt geändert von HBt. am 28.02.2012, 13:07, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Wie vermiese ich Jugendlichen das Judo!!

Beitrag von Makikomi Kid »

Da auf meine Frage nicht geantwortet wurde, gehe ich davon aus, dass die Leute wirklich grottig waren, und damit die Aussage des LG-Leiters gerechtfertigt. Und wenn er recht hatte, dann darf und muss er das auch sagen dürfen.
Und hätten die Lehrer die Betroffenen dies schon früher gemacht, dann hätte es dieses Problem wohl auch nicht gegeben.

Und ansonsten sollte der eine oder andere sich mal ein dickeres Fell anschaffen, insbes. wenn er in einem körperbetonten Kampfsport unterwegs ist.
Alternativ kann er ja auch Flöte spielen, oder wenn er auf Fernost-Romantik steht mit Ikebana anfangen.
"Es gibt auf Dan Prüfungen zu höheren Stufen noch Dan-Träger, die noch nicht richtig fallen können" - Judoka50
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Fettzi
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Re: Wie vermiese ich Jugendlichen das Judo!!

Beitrag von Fettzi »

Ist es denn berechtigt, Leuten den Lernwillen abzusprechen, nur weil sie mit, für uns, einfachen Dingen wie vor, zurück, oben, unten überfordert sind? Man sollte doch davon ausgehen, dass manche eben noch nicht über die Erfahrung verfügen, und wissen, was mit "Arm hoch" gemeint ist. Wenn einem die Bewegungsvorstellung dafür fehlt, und man auch mit einfachen Anweisungen überfordert ist, heißt das nicht, dass man fürs Judo nicht geeignet ist. Das hat m.E. auch nichts mit einer "Wir lassen keinen zurück"-Mentalität zu tun. Aber als Trainer/Übungsleiter muss man in der Lage sein, auch mit niedrigen Vorraussetzungen was zu erarbeiten.

Ob solche Leute dann für eine Prüfung bereit sind, steht auf einem anderen Blatt. Aber wie schon einige vor mir gesagt haben: durch Überforderung, Anschreien, Meckern erreiche ich keine Verbesserung. Ein persönliches Gespräch, in dem ich den Anwärter darauf hinweise: Du pass auf, aktuell ist deine Leistung bei weitem nicht ausreichend aufgrund: bla bla Keks.

Ich erwische mich auch gern mal bei solchen verbalen Rundumschlägen, aber die helfen niemandem weiter, außer das ich vllt. kurzzeitig Frust abbauen konnte.

Gruß Otsche

P.s.: Fritz, kannst du mir bitte erklären, wieso ein Lehrgang zur eigenen "Horizonterweiterung" nur mit Trainer absolviert werden sollte? Oder hab ich dich da falsch verstanden?
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Ronin
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Re: Wie vermiese ich Jugendlichen das Judo!!

Beitrag von Ronin »

ich gehe ja mit ganz vielem (nicht mit allem) in diesem Thread konform. Glaube nicht dass man jede pädagogishe Spielrichtung mitmachen muss und denke trotzdem nicht, dass man die Üblinge niedermachen muss. Gerade was die Willenssache angeht, müssen wir uns jetzt nicht mit Wortklaubereien aufhalten. Alle wissen was gemeint ist.

Aber jetzt mal ganz im Ernst:
Man sollte doch davon ausgehen, dass manche eben noch nicht über die Erfahrung verfügen, und wissen, was mit "Arm hoch" gemeint ist.
Bei aller pädagogischer Aufgeschlossenheit, jetzt wird es echt irrsinnig, oder?
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Fettzi
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Re: Wie vermiese ich Jugendlichen das Judo!!

Beitrag von Fettzi »

Das war nicht direkt auf die angehenden Braungurte bezogen. Und auch nicht auf das normale "Arm heben" sondern auf das Heben eines Armes in einer spezifischen Judotechnik. Quasi als "abstraktes Beispiel". Tut mir leid, das ich mich schlecht ausgedrückt habe.
Joerch
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Re: Wie vermiese ich Jugendlichen das Judo!!

Beitrag von Joerch »

otsche hat geschrieben:Ist es denn berechtigt, Leuten den Lernwillen abzusprechen, nur weil sie mit, für uns, einfachen Dingen wie vor, zurück, oben, unten überfordert sind? Man sollte doch davon ausgehen, dass manche eben noch nicht über die Erfahrung verfügen, und wissen, was mit "Arm hoch" gemeint ist. Wenn einem die Bewegungsvorstellung dafür fehlt, und man auch mit einfachen Anweisungen überfordert ist, heißt das nicht, dass man fürs Judo nicht geeignet ist.
Den Lernwillen möchte ich eventuell nicht absprechen (wobei, manchmal schon, aber das sage ich denen dann beim wiederholten Mal auch ohne Kuschelpädagogik), doch wenn ein Schüler wiederholt nicht durch Vormachen und Erklären versteht, was, wie hier im Beispiel genannt, mit "Arm hoch" gemeint ist, dann sollte er doch überlegen, ob er Judo wirklich lernen will und kann.
Zum verdeutlichen, ich freue mich über jeden, der sich wirklich redlich bemüht, Judo zu verstehen, zu erfahren und zu erlernen. ABER, da bleiben immer welche über, die haben keine Lust, werden zum Training gedrängt, möchten lieber Triangel spielen, bitteschön, sollen sie. Dann sollen diese aber nicht jene behindern, die wirklich wollen und können.
Wir können nicht aus jedem Mattenschluffer einen Mifune machen, und das müssen wir auch nicht!

Gruß
Joerch
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Re: Wie vermiese ich Jugendlichen das Judo!!

Beitrag von CasimirC »

Fritz hat geschrieben:Typisch ist dafür folgendes Szenario: ÜL geht zu einem Übungs-Paar, wo er sieht, daß bei
der gerade neu zu erlernenden Bewegung noch ein Fehler gemacht wird. Er erklärt z.B.
dem einen Partner, "geh auf der Seite zurück, wo Du den Arm gefaßt hast". Zeigt es evt. gar am
anderen... Der übt und macht es evt. sogar so, wie der ÜL möchte...
Und nun darfst Du raten, was oft passiert, wenn sein Übungspartner dann dran ist: Richtig,
er macht exakt den Fehler vom anderen nach - weil er wahrscheinlich gar nicht zugehört
hat, als es der ÜL seinem Partner erklärte, geschweige denn seine Bewegungsvorstellung
entsprechend überprüft hat...
Typisches Problem, in der Tat. Warum kann Uke die Bewegung nicht so wiedergeben, wie du sie für Tori demonstrierst hast?
Weil er nicht aufgepasst hat, korrekt. Möglich, dass es ihn überhaupt nicht interessiert hat, aber dann fehlt ihm ohnehin in dem Moment die nötige Ernsthaftigkeit. Weitere Möglichkeit: Er war selber Uke, er hat sich darauf konzentriert als Uke keinen Fehler zu machen, hat also gar nicht so recht verfolgt, was Tori da macht.
Zudem wurde die Technik für Tori gezeigt, weil der Fehler bei ihm festgestellt wurde. Uke bezieht das zunächst nicht auf sich.
Weiteres Problem: Tori konnte die Fehlerkorrektur von außen betrachten, so dass er ein Bild von der Situation hatte. Für Uke hat sich die Situation aus einem anderen, vielleicht ungünstigen Blickwinkel abgespielt, er konnte die Korrektur nicht so sehen wie Tori. In dem Falle könnte auch die Erklärung zutreffen: Weil er es nicht verstanden hat.

Idee für den ÜL: Bei einem häufiger auftretenden Fehler die komplette Gruppe unterbrechen, für alle demonstrieren (am besten mit dem Co-ÜL als Uke, falls das nicht möglich ist mit zwei(!) Kindern als Uke) und dann noch einmal neu üben lassen. Falls der Fehler nur bei einem Pärchen auftritt, die Korrektur einmal für Uke und einmal für Tori demonstrieren.

Ich finde es grundsätzlich besser, wenn man zunächst Verbesserungen bei sich selber sucht, statt das Verschulden direkt beim Gegenüber zu suchen. Durch entsprechendes Verhalten kann man möglichst viele eigene Fehler ausschließen.
Theorie: Wenn alle wissen, wie es geht, und es geht nicht.
Praxis: Wenn es geht, und keiner weiß, warum.
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Fritz
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Re: Wie vermiese ich Jugendlichen das Judo!!

Beitrag von Fritz »

P.s.: Fritz, kannst du mir bitte erklären, wieso ein Lehrgang zur eigenen "Horizonterweiterung" nur mit Trainer absolviert werden sollte? Oder hab ich dich da falsch verstanden?
Klar kann ich das. Soll ich wirklich?

Ok, überredet. ;-)

Also es ging bei der Aussage um den Kyu-Bereich.

Nun unterscheiden wir erstmal beim ÜL/Trainer zwei "Sorten":
a) hat wenig Ahnung.
b) hat viel Ahnung.
- in Beziehung zum auf dem jeweiligen Lehrgang dargebotenen Stoff/Thema.

Im Fall a) dient die Teilnahme des ÜL/Trainers gleich dessen Weiterbildung, er kann gleich vor Ort sehen,
was vermittelt wurde. Sein Übling steht dann hoffentlich nicht vor dem Problem, beim Training zu Hause durch Unverständnis des ÜL/Trainers von vornherein ausgebremst zu werden...

Im Fall b) hilft es dem ÜL-Trainer, evt. rechtzeitig gegensteuern zu können, wenn sein Übling im
Heim-Training behauptet, beim Lehrgang wurde es aber so und so erklärt u. gezeigt.
Bzw. der ÜL/Trainer kann zeitnah mit dem Übling klären,
was vom auf dem LG vermittelten Stoff in sein Lehrgebäude paßt und was nicht und warum, bzw.
den Lehrgangs-Stoff entsprechend "einordnen"...

Also egal ob a) oder b) oder was dazwischen ;-) der ÜL-Trainer sollte m.M.n.
genau wissen, was sein Übling wo von wem lernt... ;-)

Bei Dan-Inhabern dagegen sollte sich die Notwendigkeit nicht stellen, sie sollten in der Lage sein,
die Einordnung und Bewertung des Lehrgangs-Stoffes in das entsprechende Trainings-Konzept
ihres eigenen "Stalles" selbst zu schaffen ;-)
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Makikomi Kid
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Re: Wie vermiese ich Jugendlichen das Judo!!

Beitrag von Makikomi Kid »

Ich bin der Meinung, dass es nicht im Sinne des Erfinders war, Judo zu einem Ding für die Elite zu machen, sondern dass das Judo-System offen für alle sein sollte. Das deckt sich ja ungefähr mit tutor!s Aussage.
Sicher. Offen für alle.
Wer aber auf einen Braungurt-LG geht, der sollte auch die Anforderungen erfüllen. Wer dies nicht tut, der hat da eben nichts verloren und darf gerne auf einen anderen LG gehen.

Ich bin mir sicher, der eine oder andere kennt sicher auch Übungseinheiten, die für bestimmte Leistungsstufen gedacht sind, bei denen Leute, die eben nicht auf dieser Stufe sind, nichts zu suchen haben.

Daher noch mal die Frage:
Was war der konkrete Anlass? Wie war das generelle Niveau der Betroffenen? Was hätte der LG-Leiter tun sollen? Sie ihre Namen tanzen lassen, während der Rest trainiert?
"Es gibt auf Dan Prüfungen zu höheren Stufen noch Dan-Träger, die noch nicht richtig fallen können" - Judoka50
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Re: Wie vermiese ich Jugendlichen das Judo!!

Beitrag von Hofi »

Hi!
Wo soll ich jetzt anfangen?
Zunächst einmal bin ich durchaus eher ein Vertreter einer im Zweifel politisch unkorrekten Sprache, wenn es mir passend erscheint.
Das Problem bei Kritik ist (egal in welche Formulierungen man sie verpackt), dass der Adressat erkennen muss, was das Problem ist und wie er es abstellen kann. Wenn er dass kann, kann die auch mal ohne weiteres mit "Das war gerade Bockmist" eingeleitet werden, wenn es denn wirklich solcher war. Und ja, in meinen Augen muss man sowas irgendwann abkönnen. Aber man muss halt auch als Trainer einschätzen können, wer das aushält und wo man besser anders formuliert. Und wenn man das kann, läuft es schon mal des öfteren nach dem Motto "Erst zieht man sie frech und dann werden sie groß". Gegen das was ich mir von meinen Nachwuchs-Leuten anhören muss, wenn ein Liga-Kampf nicht gerade überzeugend ist, bin ich fast harmlos.

Judo nur für Elite:
Das sicher nicht. Aber wir können auch nicht jeden "retten". Irgendwo sind Grenzen. Insbesondere die PO gibt halt gewisse Mindestanforderungen vor und da muss man halt sehen, ob es möglich ist und dann auch offen kommunizieren, wenn es nicht reicht.
Wobei ich sagen muss, ich hatte noch nicht den Fall, dass es selbst bei dem schlimmsten Bewegungslegastheniker (ja, auch ich benutze den Begriff) nicht möglich gewesen wäre, zumindest ausreichende Ergebnisse zu schaffen, wenn der Wille da war.

Was mich vielmehr ankotzt, ist diese verbreitete Erscheinung von "Ich mach Judo, aber anstrengen oder gar kämpfen will ich nicht". Da frage ich mich dann doch, was soll ich mit so einem "Schüler".
Bis dann
Hofi
Wer die Wahrheit sagt, braucht ein verdammt schnelles Pferd.

Heimat ist dort, wo man von der Dorfbevölkerung, die einen duzt, gelyncht wird.
HBt.

Wie vermiese ich Jugendlichen das Judo?

Beitrag von HBt. »

Judo_HoHan hat geschrieben: Und ein anderer Trainer nur mit negativer Bestärkung arbeitet und ihnen immer vor Augen hält, wie schlecht sie denn seien. Das die dann irgendwann keine Lust mehr haben, kann ich nachvollziehen.
Wie vermiese ich (als ÜL/TR/Lehrer/Elternteil...) ..., indem ich ihnen
permanent mitteile, wie scheiße sie sind. Weitere Möglichkeiten sind: Über- u. Unterforderung (gehört zu den Rahmenbedingungen).
Makikomi Kid hat geschrieben: Daher noch mal die Frage:
Was war der konkrete Anlass? Wie war das generelle Niveau der Betroffenen? Was hätte der LG-Leiter tun sollen? Sie ihre Namen tanzen lassen, während der Rest trainiert?
Ich entnehme dem Eingangsbeitrag so etwas wie, "eine fehlende Basis". Grundlagen, Basics!

Auf Kyu-Lehrgängen kann man dieses Phänomen sehr häufig beobachten, wie man dem begegnet, ist vom Lehrteam und dem pädagogischen Geschick (auch dem Konzept) abhängig. Wenn ein Sportler natürlich zu Hause nicht lernt/übt/nachbereitet (Defizite aufarbeitet), aus welchen Gründen auch immer, ja dann ...


In welche Richtung soll diese Diskussion gehen?
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