Kosen-Judo

Hier könnt ihr alles posten was mit Judo zu tun hat

Benutzeravatar
nur_wazaari
2. Dan Träger
2. Dan Träger
Beiträge: 507
Registriert: 02.10.2013, 10:59

Re: Jeder kann zu Hause ...

Beitrag von nur_wazaari »

HBt. hat geschrieben:
05.11.2023, 22:23

Das ganze Szenario etwas moderater ausgeführt, mit sicheren Regeln und dem Wunsch im Fluss' mit permanentem Positionswechseln zu bleiben - zu lernen, nicht zu siegen ... ist vielleicht bereits eine optionale Form der Art Judo nach Kosen-Tradition zu praktizieren /zu simulieren. Außer es geht um den Sieg und der verkorksten Ansicht, dass es einen Überlebenden geben muss und eben nur EINEN geben kann - nämlich mich!
+1
Ist dieser Faden damit bereits beendet oder können wir ihn unter der Rubrik Trainingsgestaltung weiterführen?
Das wäre nach dem holprigen Aufhänger aus meiner Sicht eine gewinnbringende Überleitung. Ich habe hier schon einige Konzepte erleben dürfen, alle hatten Vor- und Nachteile. Ok, manche waren auch äußerst dürftig...
.
HBt.
3. Dan Träger
3. Dan Träger
Beiträge: 2177
Registriert: 18.10.2016, 10:31

Ein Leitfaden

Beitrag von HBt. »

Einen hervorragenden Leitfaden zu erstellen wird kein leichtes Unterfangen werden /sein, das muss man wissen bevor man sich an die Arbeit macht - schlussendlich muss man das Rad auch nicht mehr neu erfinden.

Möchte man das Thema Katamewaza in Bodennähe und in der Bodenlage, aus der Bodenlage heraus im Rahmen einer Masterarbeit umfänglich durchkauen, dann nur zu! - es winkt im Endprodukt ein klassisches Lehrbuch. Ein gutes Lehrbuch kann ein Einzelner (m/w/d) in dem zu erwartenden Umfang und der erforderlichen Qualität nicht auf die Beine stellen. Es muss also eine Zusammenarbeit realisiert und koordiniert werden. Illustriert mit Zeichnungen und bitte monochrom, nicht mehrfarbig, von dem bunten Zeugs gibt es bereits viel zu viel am Markt der Lehrbücher.

Die andere Schiene wäre ein brennnender Mitarbeiter (m/w/d) im eigenen Verein, der sich selbst (und andere) systematisch in den Komplex einarbeiten will und bereits über ein pädagogisches Rüstzeug verfügt. Aus der Perspektive des Judoka und Übungsleiter erarbeitet dieser ein Konzept; ganz nebenbei, weil er selbst dabei übt. In meinem Heimatverein hatte diese Rolle ein gymnasialer Lehramtsstudent (vor mehr als einem Jahrzehnt) ganz fabelhaft ausgefüllt, die Progression war kaum zu glauben. Den Lackmustest - nein, soweit darf man nicht gehen ... anders formuliert: ein weiteres Mitglied des Ensembles verschlug es in die semiprofessionelle Szene des BJJ & MMA. Mit ihm zu "rollen" war kein Vergnügen, denn wenn wir alleine übten, lagen meine Defizite offen ... einen Stich mit Nagewaza konnte man (ich) vergessen und die unendlich vielen "Takedowns", "Guards", waren zum Fürchten.

Schlagwörter: "grenzenlose Beweglichkeit", "ein systematisches Vorgehen", ..., pädagogisch, didaktisch, methodisch - wissenschaftlich!


#
'Caesars' Eingangsfragen sind leicht zu beantworten, hier ein Beispiel: Ja - in Japan - gut. Ich hoffe, 'Caesar' erzählt uns noch etwas mehr. Alleine' das wir hier im Forum seit vielen Jahren nicht mehr über "Kosen-Judo" diskutieren oder debattieren, kann der Beweggrund doch nicht gewesen sein? Jeder kann sich völlig eigenständig über die Historie und die Gegenwart ein Bild verschaffen.

Bitte 'Caesar',
mache mehr aus diesem Faden, belasse es nicht alleine bei einer enttäuschenden Anfrage. Wie lautet Dein Appell? Wir alle wissen, dass die Bodenarbeit im internationalen Judozirkus unterbelichtet ist, wir alle kennen die Gründe und Ursachen, auch das Regelwerk ist weitestgehend jedem bekannt. Mehr Förderung - Newaza - vom übergeordnetem Verband ? Jeder ist frei in seiner Suche nach dem Glück.


Gruß,
HBt.
Caesar hat geschrieben:Kosen-Judo
Der letzte Faden dazu ist schon ein paar Jahre alt. (...)
Ich kann keinen alten Faden ausmachen' der sich explizit und umfänglich mit dem Begriff kosen judo auseinandersetzt.
HBt.
3. Dan Träger
3. Dan Träger
Beiträge: 2177
Registriert: 18.10.2016, 10:31

Vor 71 Jahren ...

Beitrag von HBt. »

veröffentlichte Moshe Feldenkrais ein kleinens Buch mit der namentlichen Bezeichnung: Higher Judo! Untertitel: Groundwork.
Feldenkrais bezeichnet die Bodenarbeit als 'Höheres Judo'. Warum? Wer die Antwort wissen möchte, sollte die Kapitel 1 bis 4 selbst lesen - und selbst schlussfolgern, vielleicht eine Liste mit Fragen aufstellen, u.s.w.

Ich ziehe mich aus diesem Faden zurück, er langweilt mich.
caesar
3. Dan Träger
3. Dan Träger
Beiträge: 1102
Registriert: 07.04.2007, 21:44

Re: Kosen-Judo

Beitrag von caesar »

tutor! hat geschrieben:
04.11.2023, 06:07
In Japan wird m.W. kein Kosen-Judo als eigenständiger Bereich systematisch praktiziert
Was verstehst du unter "eigenständig systematisch praktiziert"?
tutor! hat geschrieben:
04.11.2023, 06:07
Die Clubs der sieben Unis machen das ganz "normale" Judo, die heutigen Nanatei-Wettkämpfe sind Fun-Veranstaltungen nach traditionellen Regeln - nicht mehr und nicht weniger.
Meines Wissens nach sind die Nanatei-Wettkämpfe das Hauptziel dieser sieben Unis und keine wirkliche Fun-Veranstaltung. Da Regeln auch das Training bestimmen, war meine Frage nach der Erfahrung gedacht, um zu sehen, in weit sich das eben dort niederschlägt.
tutor! hat geschrieben:
04.11.2023, 06:07
Da aber Stand- und Bodenradori sowieso immer getrennt gemacht wird, fallen die typischen Übergänge vom Stand in die Bodenlage nicht weiter auf. Ich gehe auch davon aus, dass sie heutzutage nicht trainiert werden.
Bei der Ne-waza-kenkyu-kai, im Kodokan, im Kosen-Judo oder allgemein in Japan?
tutor! hat geschrieben:
04.11.2023, 06:07
sondern auch Lehrer als der Todai-in Tokio - letztere ist natürlich eine der kaiserlichen Unis gewesen.
Interessanterweise findet sich der Abschnitt zum Wirken an der Tokio Universität in keiner Suchanfrage. Hier könnte man auch sehr schön die Frage aufmachen, wann jemand zum Kosen-Judo zählt oder was Kosen-Judo (von mir aus auch die Tradition) überhaupt ist. Kashiwazaki hat selbst nie unter diesen Bedingungen trainiert oder gekämpft, war aber als Trainer gerade im Technikbereich an der Tokio Universität extrem angesehen.
nur_wazaari hat geschrieben:
04.11.2023, 09:11
Allerdings lernten wir ja nun...egal, steht ja alles da.
Mir erschließt sich nicht wirklich, was du hier bereits gelernt hast.
Cichorei Kano hat geschrieben:
05.11.2023, 03:54
Matsumura war zwar einer der letzten überlebenden Lehrer, die noch in der Kôsen-Newaza-Tradition ausgebildet wurden, aber er war nicht der letzte.
Was meint die Kôsen-Newaza-Tradition in diesem Zusammenhang? Warum gibt es diese heute nicht mehr, wenn die ursächliche Struktur dafür nach wie vor besteht?
Vielen Dank für die sehr interessanten Ausführungen, auch wenn sie nicht unbedingt das waren, wonach ich suchte. Ein Bericht zum heutigen Training an z.B. der Kyoto-Universität wäre genau dies. Allerdings scheint es niemanden mit Erfahrungen in diesem Bereich hier zu geben.
nur_wazaari hat geschrieben:
05.11.2023, 17:05
Es ist unter dem aktuellen Regelwerk der IJF offenbar unattraktiv, in Ne-waza zu arbeiten, Zeit zu investieren, Präzision und nicht zuletzt Expertise zu entwickeln.
Witzigerweise ist das Regelwerk heute wesentlich bodenfreundlicher als noch vor 10 Jahren. Zumindest was die reine Arbeit am Boden angeht. Auch gibt es nach wie vor herausragende Bodenkämpfer. Die Gründe für die häufig eher spärliche Bodenarbeit liegen für mich woanders, aber nicht im momentanen Regelwerk für Bodenarbeit.
HBt.
3. Dan Träger
3. Dan Träger
Beiträge: 2177
Registriert: 18.10.2016, 10:31

Vernachlässigung des Komplex Ne-waza

Beitrag von HBt. »

"Die Gründe für die häufig eher spärliche Bodenarbeit liegen für mich woanders, aber nicht im momentanen Regelwerk für Bodenarbeit." [Zitat Caesar]

Wo liegen die Ursachen und wie könnte man sie beseitigen? Hypothesen!?

Caesar,
bitte antworte nicht mir persönlich* und möglichst nicht ausschließlich im Rhythmus von sieben Tagen - sondern dem Forum.

Danke,
HBt.


*das Du 'HBt.' ignorierst ist bekannt und putzig zugleich - bleibe standhaft ;-)
Benutzeravatar
nur_wazaari
2. Dan Träger
2. Dan Träger
Beiträge: 507
Registriert: 02.10.2013, 10:59

Re: Kosen-Judo

Beitrag von nur_wazaari »

caesar hat geschrieben:
11.11.2023, 17:26
Mir erschließt sich nicht wirklich, was du hier bereits gelernt hast.
Aus dem Hut:
- ich lernte etwas über die Geschichte von Kosen-Judo
- ich lernte etwas darüber, wie andere Judoka, auch solche, die die japanischen Gegebenheiten gut kenne, Kosen-Judo einordnen
- ich lernte, dass ich meine eigenen Fragen und Antworten präziser fassen muss, damit mich Leute verstehen
- ich lernte, dass es auch hin und wieder nicht darauf ankommt, dass mich Leute verstehen

Schlussfolgerung hinsichtlich Kosen-Judo: eine Spielart, eine Art der Trainingsgestaltung, eventuell ein Regelwerk, dass Ne-waza möglicherweise etwas in den Vordergrund rückt. Kann man machen, hält für mich historisch, systematisch und philosophisch gesehen keine neuen oder weiterführenden Erkenntnisse bereit. Wenn ich lange Randori in Ne-waza, vielleicht mit weiterführenden Aufgabenstellungen, und gelegentlichem Beginn in Tachi-waza durchführe, dann habe ich annähernd dasselbe Ergebnis.
caesar hat geschrieben:
11.11.2023, 17:26
Witzigerweise ist das Regelwerk heute wesentlich bodenfreundlicher als noch vor 10 Jahren. Zumindest was die reine Arbeit am Boden angeht. Auch gibt es nach wie vor herausragende Bodenkämpfer. Die Gründe für die häufig eher spärliche Bodenarbeit liegen für mich woanders, aber nicht im momentanen Regelwerk für Bodenarbeit.
Technisch gesehen ist es nahezu dasselbe; es wurden aber wieder einmal ganz im üblichen Stile der IJF einige Dinge (leider) herausgenommen. Die subjektive Ungeduld der Kampfrichter hinsichtlich Ne-waza könnte etwas geschrumpft sein, das war es aber auch schon. Ansonsten muss man vor allem in den Teil des Regelwerks für Tachi-waza schauen: Die aktuellen Regeln begünstigen es, dass Ne-waza vor allem dazu genutzt wird, die Kampfzeit herunterzuarbeiten. Nahezu immer zu sehen, wenn eine Waza-ari-Führung besteht. Viele Kämpfe gehen außerdem in Golden-Score - hier reicht die Kraft entweder nicht mehr für ausufernde Ne-waza oder umgekehrt ergibt sich Uke regelrecht in Ne-waza, weil die Kräfte aufgebraucht sind. Mit Arbeit in Ne-waza hat das alles nichts zu tun. Ausnahmen bedürfen meiner Meinung nach keiner gesonderten Erwähnung.

Wo liegen denn die Gründe für eine Vernachlässigung der Ne-waza im Wettkampf nach IJF, wenn nicht maßgeblich im Anreiz, solche zu betreiben?
.
Benutzeravatar
Fritz
Moderator
Moderator
Beiträge: 5160
Registriert: 14.11.2003, 11:06

Re: Kosen-Judo

Beitrag von Fritz »

nur_wazaari hat geschrieben:
14.11.2023, 11:33
Die aktuellen Regeln begünstigen es, dass Ne-waza vor allem dazu genutzt wird, die Kampfzeit herunterzuarbeiten. Nahezu immer zu sehen, wenn eine Waza-ari-Führung besteht.
Aber liegt darin nicht auch eine Chance für den Kämpfer ohne die Wertung? Natürlich müsste dieser dann am Boden richtig gut sein, so daß er den
hoffnungsfrohen Zeitschinder nach allen Regeln der Kunst verarztet?
nur_wazaari hat geschrieben:
14.11.2023, 11:33
Wenn ich lange Randori in Ne-waza, vielleicht mit weiterführenden Aufgabenstellungen, und gelegentlichem Beginn in Tachi-waza durchführe, dann habe ich annähernd dasselbe Ergebnis.
Ja, das wird so sein, aber nur, wenn es ausreichend Randoripartner gibt, die gut am Boden arbeiten.
Wenn Du an Leute gerätst, für die Ne-waza-Randori darin besteht, sich aus nahe zu jeder Ausgangssituation heraus auf den Bauch zu legen, den Kopf einzuziehen und den Rest des Halses unter
dem max. festgezogenen Kragen zu verstecken, wird der Lernfortschritt sehr gering sein ... ;-)
Mit freundlichem Gruß

Fritz
Benutzeravatar
nur_wazaari
2. Dan Träger
2. Dan Träger
Beiträge: 507
Registriert: 02.10.2013, 10:59

Ne-waza ist leider oft Nö!-waza

Beitrag von nur_wazaari »

Fritz hat geschrieben:
14.11.2023, 20:43
Aber liegt darin nicht auch eine Chance für den Kämpfer ohne die Wertung? Natürlich müsste dieser dann am Boden richtig gut sein, so daß er den hoffnungsfrohen Zeitschinder nach allen Regeln der Kunst verarztet?
Das ist für mich die entscheidende Frage - auch technisch gesehen. Ich habe keine Statistiken dazu geführt, aber doch den Eindruck, dass gerade die in Rückstand geratene Person das eher selten nutzen kann. Weshalb, vielleicht? Einfach weil Uke einerseits oft zu gut verteidigt, andererseits Tori in der zur Verfügung stehenden Zeit diese Verteidigung nicht nutzen kann. Das wäre der Schluss, den ich aktuell aus meinen Beobachtungen ziehen würde...interessanterweise sieht man oft große Fortschritte: Uke wird bewegt, Arme werden herausgearbeitet, Uke wird sogar mehrfach übergerollt, Uke wird teilweise sogar halbwegs fixiert, aber es reicht dann nicht für Osae-komi oder Ippon durch Aufgabe. Ich vermute, am günstigsten ist die Gelegenheit direkt nach dem Übergang von Tachi-waza, allerdings ist hier gerade ein die Führung verteidigender Uke oft schon im zu Boden gehen in der Verteidigung. Für das Training bedeutet das für mich: in der Regel 1-3 Sekunden Zeit, die Sache im Übergang so durchzuziehen und die Fixpunkte für die eigene Technik so zu sichern, dass Uke möglichst nicht mehr verteidigen kann. Herausfordernd und von nicht allzu vielen Judoka wirklich gut beherrscht.
Ja, das wird so sein, aber nur, wenn es ausreichend Randoripartner gibt, die gut am Boden arbeiten. Wenn Du an Leute gerätst, für die Ne-waza-Randori darin besteht, sich aus nahe zu jeder Ausgangssituation heraus auf den Bauch zu legen, den Kopf einzuziehen und den Rest des Halses unter dem max. festgezogenen Kragen zu verstecken, wird der Lernfortschritt sehr gering sein ... ;-)
Ja, das ist leider auch wahr. Ich kenne es von einigen, dass die das in den ersten 1-2 Randori so machen, um erstmal richtig reinzufinden. Deshalb berücksichtige ich das im Training und stelle die Aufgbe dementsprechend. Und auch könnte gelten: immer in Bewegung bleiben, nie stoppen, immer Fortschritt erzielen und als Trainer versuchen verbal klarzumachen, dass nur so ein Fortkommen aller möglich ist. Welche Maßnahmen und Übungsformen kann man für die Ne-waza-Muffel sonst anbieten?*

*Mir gefiele auch, wenn das Thema des Fadens so wie gerade in eine deutlich praktischere Richtung ginge, da der Begriff "Kosen-Judo" für sich nicht viel mehr herzugeben scheint, als einen etwas mystischen Anstrich.
.
Antworten