Theorien zur Judokampfführung

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Peter el Gaucho
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Theorien zur Judokampfführung

Beitrag von Peter el Gaucho »

Gibt es im Judosport etwas wie "Theorien zur Führung eines Kampfes"??????????

Es gibt zwar eine Menge einzelner technischer Prinzipien (kuzushi, tai-sabaki, ju-no-ri, u.s.w.) und auch ein technisches Oberprinzip "Sei-ryoku-zen-yo", aber etwas Umfassenderes über Kampfführungen ist mir nicht bekannt. Etwas die Kampfführung betreffend sind die sog. 3 Möglichkeiten der Angriffsinitiative (Mitsu-no-sen). Ansonsten sehe ich eine Unmenge an praktischen Empfehlungen für Taktik und Strategie, aber diese betreffen auch nur ganz kleine einzelne Punkte in einem Kampf.

Kennt jemand mehr zu diesem Thema oder kennt gute Quellen.
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Kumamoto
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Re: Theorien zur Judokampfführung

Beitrag von Kumamoto »

Wenn man grösser als der Gegner ist, hat man - bedingt durch längere Arme und Beine - Reichweitenvorteile. Um diese auszunutzen, bieten sich Fußtechniken an.
Der Gegner wiederum kommt - da er kleiner als ich ist - besser unter meinen Schwerpunkt... also macht er eher Hüfttechniken... Diese sollte ich möglichst unterbinden...
Meinst Du sowas? Also die Vor-Augen-Führung der eigenen Vorteile und der des Gegners, um den eigenen Kampf(stil) danach auszurichten?
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Peter el Gaucho
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Re: Theorien zur Judokampfführung

Beitrag von Peter el Gaucho »

Es geht so in diese Richtung. Es geht um generelle, aber trotzdem kontrete Handlungsempfehlungen im strategischen Sinne, wie man die Oberhand (Führung) übernimmt und einen bestimmten Vorteil (oder Nachteil des Gegners) ausnutzt, der über Sieg und Niederlage entscheidet. Gutes Beispiel ist Go-no-sen, Sen-sen-no-sen, ....

Anderes Beispiel sind die Kampfstile. 2 Beispiel: Wenn Uke sich nur auf einem Punkt bewegt (starke Stellung mit hohem Gleichgewicht), dann soll Tori sich im Kreis um Uke herum bewegen, um eine schwache Position von Uke zu finden, zwecks Wurfangriffs. Oder wenn Ukes Kampfstil das Pressing ist, dann soll Tori antizipativ darauf reagieren und mit einem überraschenden Wurfangriff Ukes Pressing zeitlich zuvor kommen. ....
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makoto
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Re: Theorien zur Judokampfführung

Beitrag von makoto »

Deinen Beschreibungen nach, denke ich, suchst du die biomechanischen Prinzipien der Gleichgewichtsbrechung. Google einfach einmal nach "Judo Biomechanik Gleichgewicht". Vielleicht ist ja etwas dabei, was dir weiterhilft.
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Fritz
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Re: Theorien zur Judokampfführung

Beitrag von Fritz »

Syd Hoare: Judo Strategies, 2002 Ippon Books, ISBN: "1 874572 02 X"
(Ist allerdings auf Englisch)
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Ronin
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Re: Theorien zur Judokampfführung

Beitrag von Ronin »

Im Prinzip sagt "Sei-ryoku-zen-yo" ja eigentlich schon alles aus.
Ich vermute aber mal, dass du es gerne etwas konkreter ausformuliert hättest im Sinne von Handlunsganweisungen wie, wenn der Gegener dies tut, mache ich das?

In dem Fall wären so etwas in die Richtung bei Neil Ohlenkamp "Meisterliches Judo" zu finden. Oder aber in den Ippon Books, aber eine "Anleitng zum erfolgreichen Kämpfen" gibt es meines Wissen nicht, wobei ich das Buch von Syd Hoare noch nicht gelesen habe.
Cichorei Kano
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Re: Theorien zur Judokampfführung

Beitrag von Cichorei Kano »

Two things must be separated:

1. that what we teach, in other words pedagogy and didactics.
2. that what really occurs, i.e. the physics.

Everything that takes place in jûdô are Newtonian physics. Some of it is simple, some of it is hugely complicated. It is not something I can simply explain on a forum as there is a lot to learn and unless I would be able to also show practical examples on the tatami, it would not make much sense. In any case, some of the things that happen in jûdô are quite different from the pedagogical terminology as explained in Kôdôkan jûdô. For example, there really isn't any separate tsukuri, kuzushi, kake. In reality, what takes place is closing the distance between two opponents, and attempting to break the symmetry of the body with as purpose making the center of mass fall out of the area of support. This is done by a number of push-pull actions and the application of two systems of throws, either the application of a lever or the application of a so-called mechanical couple of opposing forces around the center of mass. The skilled jûdôka excels by seeing opportunities and the effectiveness with which he applies these actions. Some actions are more effective than others: for example, one groupe of jûdô throws can be performed without first bringing the opponent in an ideal position (by momentarily stopping an action and by kuzushi), whereas the others cannot. Sen-no-sen, sen-sen-no-sen or gô-no-sen are also mainly pedagogical terms. In reality in terms of physics they share the same purpose: attempting to make the opponent's center of mass fall out of the basis of support.

In an actual competitive environment, the situation becomes even more complicated than when simply demonstrating a throw on an uke. This is due to an indefinite and unpredictable trajectory completed on the tatami by both jûdôka, and the fact that what one is doing is not predetermined but a response to actions/reactions.

The issue of "fighting style" in terms of physics is of little importance since it also is a simple matter of push-pulling actions intended to close the distance and break the symmetry of the opponent. style is not a physics concept, and more one of aesthetics and coaching in terms of believing that a certain approach will be more successful in breaking the opponent's symmetry and allowing to apply one's preferred techniques.

In a realistic competitive situation, any stylistic approach could constantly be changed and alternated.

Secondly, understanding what the physics are, does not mean one can effectively teach them to others. Thirdly, even when knowing all this, that does not mean one can effectively use it in every circumstance, since it is well possible that the physical and physiological capacities of the opponent are so that one is simply gassed (out of breath).

There exist scholarly articles that deal with these issues, but as said, this isn't simple material.
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Fritz
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Re: Theorien zur Judokampfführung

Beitrag von Fritz »

Neben der Physik, existiert meiner Meinung nach auch eine psychische bzw. psychologische Komponente, die das Kampfverhalten
beeinflußt...
Mit freundlichem Gruß

Fritz
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Peter el Gaucho
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Re: Theorien zur Judokampfführung

Beitrag von Peter el Gaucho »

Danke Fritz für die Buchempfehlung von Syd Hoare. Ich konnte im Internet auch ein pdf-Dokument von ihm entdecken, mit Aussagen über Tricks, Taktik und Strategien im Judo. Es ist auch in Englisch, aber nicht so schwer, notfalls hilft auch Google-Übersetzer etwas nach.

Das pdf-Dokument findet man hier: http://www.sydhoare.com/TACTICS%20&%20strategy.pdf
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Peter el Gaucho
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Re: Theorien zur Judokampfführung

Beitrag von Peter el Gaucho »

Vielen Dank für die zahlreichen Tipps.

Seit einem Jahr bin ich auf der Suche, nach Informationen, wie man den Judokampf deutlich effektiver und effizienter gestalten kann, damit er richtig gefährlich für den Gegner ist. Mir geht es auf den Geist, dass einige wenige (die es aber überall gibt) versuchen, mit möglichst viel Kraft in den Armen einen Kampf gewinnen zu wollen.

Etliches habe ich dazu schon gefunden und ausprobiert, was aber eher in den Bereich TAKTIK gehört, und nur sehr weniges, welches ich in den Bereich STRATEGIE einordnen würde. Darum wollte ich nochmals bei Euch nachfragen, ob es da bekannte Quellen gibt bzw wenn euch dazu auch nur weniges bekannt ist, dann scheint es wohl so zu sein, dass es viel über Taktik und wenig über Strategie im Judosport gibt. Dann wäre mein Eindruck nicht falsch.

Ich suche auf jeden Fall weiter, denn diese Suche lohnt sich wirklich.
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tutor!
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Re: Theorien zur Judokampfführung

Beitrag von tutor! »

Es gibt eine Diplomarbeit, die vor rund 30 Jhren an der Sporthochschule Köln geschrieben worden ist. Der Titel ist (ungefähr) "Taktik und Strategie des Judokampfes". Die Arbeit wurde aber nie veröffentlicht. Es existieren darüber hinaus noch weitere unveröffentlichte Arbeiten, die Teilaspekte beinhalten, z.B. (ca. 1989 - Titel ebenfalls aus dem Kopf) "Handlungstheoretische Grundlagen bei der Schulung von Judo-Bodentechniken", bei der es um Strategien und deren Vermittlug geht.
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
Techniques are only the words of the language judo (Cichorei Kano, 24.12.2008)
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