Der Unterschied ...

Hier könnt ihr alles posten was mit Judo zu tun hat

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HKE

Der Unterschied ...

Beitrag von HKE »

Mein Statement, Judo beinhaltet einen elementaren Auftrag.

Ein Zitat aus dem aktuellen Verbandsfaden hierzu:
Hofi hat geschrieben:Auch jeder gute Tischtennis-Verein vermittelt Gemeinschaftsgefühl, lehrt soziale Verantwortung und was man noch alles an positiven Nebeneffekten des Judo ins Feld führen könnte.
Nur wenn man Judo als Sport (Japora halt, wie Tom und Stephan es treffend bezeichnen) reduziert. Ein klares NEIN wenn man in die Breite und Tiefe geht.
Hofi hat geschrieben: Dennoch würde keiner daran zweifeln, dass so ein Verein sich an die Satzung halten muss. Wieso sollte es also für Judo eine Sonderregelung geben. Sind wir etwas besseres? Naja, im Vergleich z.B. zum Fußball hoffe ich das, aber formal doch eigentlich nicht.
Formal juristisch ist jeder Verein, na ... :alright Sind wir besser als die Fußballtruppe (nur ein Beispiel)? JA. Warum?

Gruß
Helge
tutor!
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Re: Der Unterschied ...

Beitrag von tutor! »

Nun ja - in wenigen Sätzen und stark verkürzt.

Judo ist ein Erziehungssystem, das den Menschen ganzheitlich - also Körper, Seele und Geist (körperliche, moralische und intellekutelle Erziehung) - entwickeln soll. Zu den körperlichen Aktvitäten gehören (Wett-)Kampf und Komposition/Darstellende Form (=Kata). Die Entwicklung und Erziehung des Menschen ist aber zentraler Kerngedanke von Judo.

Andere Sportarten haben im Kern den Wettkampf oder den kompositorischen Gedanken und können zur körperlichen, moralischen und intellektuellen Erziehung eingesetzt werden. Der erzieherische Gedanke ist aber nicht der Kern der "normalen" Sportarten, sondern ein durchaus gewünschter Nebeneffekt.

Letztlich kommt es aber darauf an, wie man es beteibt: Beim Judo kann der Erziehungsgedanke verloren gehen, während andere Sportarten duchaus als "erziehender Sport" betrieben werden können. Es gibt also keinen Automatismus in der Pädagogischen Wirkung.

Mir ist in der Sportgeschichte nur ein dem Judo vergleichbarer erzieherischer Ansatz bekannt: Die "Gymnastik" von GutsMuths, die er rund 100 Jahre vor Kano in Schnepfental/Thüringen entwickelte. In meinem Eröffnungsbeitrag zur Geschichte des Sportbegriffs habe ich kurz über ihn geschrieben.
I founded a new system for physical culture and mental training as well as for winning contests. I called this "Kodokan Judo",(J. Kano 1898)
Techniques are only the words of the language judo (Cichorei Kano, 24.12.2008)
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Syniad
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Re: Der Unterschied ...

Beitrag von Syniad »

"Das Pferd ist der beste Reitlehrer. Er ist der Meister, der straft und belohnt: er verschließt sich dir, wenn du auf andere Lehren hörst als die seinen. Lerne vom Pferde.
Reiten ist erst dann eine wahre Freude, wenn du durch eine lange Schule der Geduld, der Feinfühligkeit und der Energie gegangen bist, die dir das Pferd erteilt."
(S. 8 ) ;)

Rudolf Bindings "Reitvorschrift für eine Geliebte" (München, Gütersloh, Wien: Bertelsmann 1975). Erstveröffentlichung 1924. Jaja, es geht genau um den national eingestellten Binding. Spielt aber in diesem Fall keine Rolle.
Ich weiß, es ist kein theoretischer Ansatz... aber derlei Ideen findest Du in der gesamten Reiterliteratur, von kitschig-verklärt bis hin zu sehr sinnig. ;) Und der "Ritter" und die "Ritterlichkeit" kommen etymologisch nicht von ungefähr, sondern vom Reiter.

Ob es wohl mit der Übernahme von Verantwortung für ein anderes Wesen zu tun hat, dass der Erziehungsgedanke für Reiter und Judoka so häufig auftaucht? Oder der (auch) militärischen Vergangenheit?
"Begriffe - Fehlschlüssel"
(E. Benyoëtz)
HBt

Pferd und Reiter

Beitrag von HBt »

Hallo Sonja,
ich muß in den letzten Jahren ziemlich blind durch die Gegend gestolpert sein :irre Dein Beispiel ist genial und trifft es,
...bin ich blöd ;)
tutor!
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Re: Der Unterschied ...

Beitrag von tutor! »

Syniad hat geschrieben:"Das Pferd ist der beste Reitlehrer. Er ist der Meister, der straft und belohnt: er verschließt sich dir, wenn du auf andere Lehren hörst als die seinen. Lerne vom Pferde.
Reiten ist erst dann eine wahre Freude, wenn du durch eine lange Schule der Geduld, der Feinfühligkeit und der Energie gegangen bist, die dir das Pferd erteilt."
(S. 8 ) ;)

Rudolf Bindings "Reitvorschrift für eine Geliebte" (München, Gütersloh, Wien: Bertelsmann 1975). Erstveröffentlichung 1924. Jaja, es geht genau um den national eingestellten Binding. Spielt aber in diesem Fall keine Rolle.
Ich weiß, es ist kein theoretischer Ansatz... aber derlei Ideen findest Du in der gesamten Reiterliteratur, von kitschig-verklärt bis hin zu sehr sinnig. ;) Und der "Ritter" und die "Ritterlichkeit" kommen etymologisch nicht von ungefähr, sondern vom Reiter.

Ob es wohl mit der Übernahme von Verantwortung für ein anderes Wesen zu tun hat, dass der Erziehungsgedanke für Reiter und Judoka so häufig auftaucht? Oder der (auch) militärischen Vergangenheit?
Danke Sonja! Duch Deinen Beitrag kommen mir wieder einmal einige Gedanken in den Sinn.

Ritterlichkeit, Bushido, Ehrenkodex - das alles hat eine Menge mit Verantwortung zu tun, oder auch mit dem unverantwortlichen Missbrauch des Begriffs.

"Verantwortung" war eines der Erziehungsziele nationalsozialistischen Sportunterrichts. Es ging dabei - wie könnte es auch anders sein - um die Verantwortung des Führers (einer Gruppe) für die Gruppe und jeden Einzelnen bzw. für die Resultate. Der Führer war verantwortlich, er hat Verantwortung abgenommen, er hatte sie zu tragen - man selbst hat nur getan, was die Verantwortlichen von einem wollten. Schließlich hatten sie die Verantwortung. Die Übernahme der Verantwortung durch andere hatte etwas Entlastendes für den, der sie nicht nicht trug, dem blieb nur noch "Gehorsam" und "Einordnung" in die Gruppe.

Der Verantwortliche hatte aber stets auch nur eine begrenzte Verantwortung und führte immer nur Befehle aus, die diejenigen gaben, die die größere Verantwortung trugen. Diesen Befehlen musste man Folge leisten, schließlich wusste man ja selbst am besten, dass man der Verantwortung nur gerecht werden kann, wenn andere wiederum gehorsam sind.

Verantwortung war die Krücke um Gehorsam zu erreichen. Lesetipp:
http://de.wikipedia.org/wiki/Milgram-Experiment

Ein völlig anderes Bild von Verantwortung finden wir bei Erich Weniger (geistiger Vater der deutschen Bildungstheorie), für den Verantwortung der Kernbereich der Bildung ist und genau das, was Bildung von bloßem Wissen unterscheidet. Oder denken wir an Kant und seinen kategorischen Imperativ. Und was hat das mit Judo zu tun?

Kano als Erzieher wollte, dass alle Menschen nützliche Mitglieder der Gesellschaft werden. Von daher hat er sein moralisches Prinzip formuliert, das nicht lautet "bedingungsloser Gehorsam", sondern als Ziel das "allgemeine Wohlergehen" im Fokus hatte. Die Gedanken von Kano, Klafki und Weniger sind also gar nicht weit voneinander entfernt.

Bei allen drei geht es um das "größere Bild" und die Verantwortung des Einzelnen für das Wohl der Allgemeinheit. Aber es ging auch um Kritikfähigkeit statt blinder Gefolgschaft.

Update: da will ich den Bogen von Bildungstheorie zum kategorischen Imperativ spannen und schon verwechsele ich Kant mit Klafki - Kant muss es natürlich heißen!
Zuletzt geändert von tutor! am 25.10.2008, 22:45, insgesamt 1-mal geändert.
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HBt

Re: Der Unterschied ...

Beitrag von HBt »

Tutor! hat geschrieben:Klafki
:D
@Tutor, ich würde noch Jank u. Meyer empfehlen, z.B. Didaktische Modelle. Naja, der alles entscheidene Punkt ist das (Sport)Gerät selbst, der Mensch.

Unser Objekt lebt, es bewegt sich ... hierzu ein blödes Beispiel: Tennis, das Match läuft nicht so wie der Tennismann (oder Frau) sich das wünscht. Die Reaktion: das Blut kocht, man verkloppt sein Racket und macht es kaputt. Ein neuer Schläger muß her, das ändert aber bekanntlich nix.

Verantwortung ist der eine Punkt, Rückmeldungen ein anderer - eine Progression ist nur möglich mit dem Partner, seine (ihre) Entwicklung ist noch wichtiger als meine.

Sehr anspruchsvolle Geschichte "das".
tutor!
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Registriert: 08.08.2008, 10:41

Re: Der Unterschied ...

Beitrag von tutor! »

HBt hat geschrieben:
Tutor! hat geschrieben:Klafki
:D
@Tutor, ich würde noch Jank u. Meyer empfehlen, z.B. Didaktische Modelle.
Peinlich, peinlich - ich meinte Kant und nicht Klafki. Über didaktische Modelle insbesondere die Bildungstheoretische Didaktik wollte ich eigentlich nichts schreiben, sondern nur über Verantwortung und Bildung.
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